Ist das hier Tradition mit nem Rennbericht? Dann schließ ich mich natürlich gerne an...
Meine ersten 12 h waren eher 2x 12 h. Im Lauf des Freitags erreicht mich die Nachricht von Robert, dass ein Mitfahrer gesucht wird. Für den Samstag. Ich bin nicht wirklich fit, ordentlich übernächtigt und habe kein geeignetes Fahrrad. Was ist also die naheliegende Antwort: Zusage! Zum Rennen angemeldet werde ich dann buchstäblich 12 Stunden vor dem Start von meinem mir noch unbekannten Teampartner.
Samstag, Renntag. Um 5:45 klingelt der Wecker, ich packe die letzten Klamotten und steige ins Auto, in dem schon mein Enduro liegt, falls Werners Ersatzrad nicht passen oder nicht funktionieren sollte. Er hat es zwar mit übrigen Teilen aufgebaut, konnte es aber noch nicht probefahren. Eine gute Stunde Anfahrt, Parkplätze sind schon knapp, aber Werner hat mir zum Glück einen im Fahrerlager freigehalten. Überhaupt ist er gut vorbereitet, mit Klapptisch, Sonnenschirm, Kühlbox und allem, was man so brauchen könnte.
Eine halbe Stunde vor dem Start treffe ich also meinen Teampartner zum ersten Mal und setze mich auf sein Rad, das ich jetzt stundenlang über eine mir unbekannte Strecke prügeln darf. Kurze Fahrereinweisung im Startbereich, dann rolle ich zurück ins Fahrerlager, um die Startnummer anzubringen. Vom Start um acht bekomme ich nichts mit, Werner fährt die ersten beiden Runden.
Beim Gang zur Wechselzone schieße ich einen Bock: Ich kenne nur den direkten Weg zum Start, den wir um kurz vor acht gelaufen sind, also gehe ich den jetzt auch. Und komme der Zeitmessschleife gefährlich nahe. Die Techiker drohen mir an, dass ich damit vielleicht Werners erste Runde genullt habe. Schei....! Hinterm Absperrband gibt es tatsächlich einen schmalen abgesteckten Pfad vom Fahrerlager zur Wechselzone. Mit Suhle, hier wird das Rad mehr eingesaut als auf der ganzen Strecke.
Um 8:40 schlage ich mit Werner ab zu meiner ersten Runde. Mal schauen, wie die Strecke aussieht... Im ersten steilen Anstieg halte ich mich zurück, zu viel Respekt habe ich vor der Renndauer. Die 1x9 mit 30/34 passt genau für die unangenehme, aber nicht zu steile Auffahrt. Mein
Sattel rutscht langsam runter. In der ersten Abfahrt ist's dann aber vorbei mit der Zurückhaltung - ich habe Spaß und fahre eher, als wär's ein Enduro-Rennen. Hinter einer Kurve ist die Waldautobahn mit Flatterband gesperrt, es geht scharf links runter. Voll in die - glücklicherweise frisch entlüfteten - Eisen, das Hinterrad nicht überholen lassen und auf der letzten Rille in den Trail. Hinter mir höre ich eine lange Blockierbremsung. Da war jemand an meinem Hinterrad. Jetzt nicht mehr...
Auf und ab auf Forstwegen. Ein linker Handschuh liegt auf der Strecke - er wird bis zum Schluss eine Wegmarke bleiben. Der 1x9 fehlt's an Entfaltung in den flachen schnellen Abschnitten. Es rollt, wieder ein Absperrband am Ende des Forstwegs, nach links sehe ich schon den breiten, querenden Weg. Erst in der Kurve dann den schmalen Schotterweg, in den die Strecke eigentlich abknickt! Gemein. Für die viel schärfere Kurve bin ich viel zu schnell, dazu lauert im Scheitel auch noch ein tiefes Kiesbett.
Bremsen zu, über beide Räder rutschend gerade so rum - hinter mir höre ich eine lange Blockierbremsung. Da war jemand an meinem Hinterrad. Jetzt nicht mehr. Ich bin schon ein Arsch.
Es geht in die eine schöne Abfahrt der Runde, zuerst schottrig mit einer schmalen, freigefahrenen Linie. Wer die verfehlt, fliegt. Dann Waldboden mit Wurzeln und ein wenige Meter langes Steilstück. Über eine hängende Kurve und in die Gegenrampe, die noch mal richtig Körner zieht. Noch etwas Wald, dann ein Kilometer über Asphalt, auf den jetzt schon die Sonne brennt und später strammer Seitenwind gehen wird. Von der Asphaltabfahrt biegt's auf eine Wiese mit tiefen Wellen ab, ich sehe in der ersten Runde nur den "chickenway" weiter unten, in der zweiten folge ich einem anderen Fahrer und bemerke den Sprung. Yay!
Die Durchfahrt durchs Fahrerlager ist das brutalste Stück, der sehr harte, bucklige Wiesenboden ist eine Strafe für Hardtailfahrer. Meine Sattelstütze knarrt und rutscht weiter. Übergabe an Werner, er will gleich drei Runden fahren. Ich frühstücke erstmal.
Um kurz vor halb 11 fahre ich meine nächsten beiden Runden. Die Sattelstütze rutscht, ich muss anhalten und korrigieren. Werner will wieder 3. Ich nutze die Zeit, um mich der Verpflegung etwas intensiver zu widmen.
Viertel nach 12, wieder zwei Runden. Das war erst ein Drittel der Rennzeit? Puh. Der Minimalsattel wird unangenehm. Sonst läuft's gut, die Solofahrer sind jetzt merklich langsamer unterwegs, die Fahrer der 4er und 6er-Teams stechen nach wie vor hochmotiviert vorbei in den Anstiegen. Stütze nachstellen in der zweiten Runde, aber sie sackt auf der Wiesenquerung sofort wieder ab...
Wieder drei für Werner, ich wechsle in der Zeit auf seinen bequemeren Reservesattel, der zum Glück schon mit Stütze kommt. Sogar Montagepaste hat er dabei, er ist auf alles vorbereitet!
Zehn nach zwei, nächster Durchgang. Halbzeit! Ich fahre die Abfahrten inzwischen nicht mehr ganz so risikofreudig, die Konzentration lässt ein wenig nach. Die Sattelstütze rutscht. Ich bin direkt ein wenig überrascht, dass meine Oberschenkel kaum protestieren, ich dachte immer, ich wäre empfindlich gegen zu niedrige Sattelhöheneinstellung.
Um drei fährt Werner in seine drei Runden, ich gehe die Stütze noch mal an. Mehr Paste. Und vielleicht den Schnellspanner gegen die Schraubklemme tauschen. Nach der Montage rauscht der
Sattel ganz nach unten, als ich mich kurz mal draufstütze. Wie bitte?! Beim anschließenden gefühlvollen Anziehen der Schraubklemme reiße ich den Schraubenkopf ab. Und jetzt? Werner ist doch vorbereitet, er hat bestimmt Ersatzschrauben... Hat er! Die nächste hält. (Ist auch keine Titanschraube mehr.
)
Ich will mich gerade zur Wechselzone aufmachen, als Werner durchs Fahrerlager fährt. Den hatte ich doch um frühestens Viertel nach erwartet?! Fährt der immer noch so schnell? Fährt er. Er hängt ganz locker eine vierte Runde dran und behält seine gute Laune.
Die nächste Übergabe um kurz vor halb fünf versaue ich nicht. Wir haben nur ein paar Meter, um die Taktik für das letzte Drittel zu besprechen - weiter Zweier? Ab wann Einzelrunden? Meine Sattelstütze rutscht. Aber nicht mehr so schnell wie vorher, jetzt nur noch einen guten Zentimeter pro Runde, nicht mehr zwei. Ich würge die Klemme soweit zusammen, bis der Spalt verschwindet.
Um 17:20 macht Werner zwei, um sechs ich zwei, danach wollen wir Einzelrunden fahren.
In meine letzte Runde starte ich um 19:13. Wenn Werner noch eine schaffen soll, muss ich Gas geben. Um 20:00 wird das Rennen beendet, wer danach durchs Ziel kommt, dessen Runde wird nicht mehr gewertet. Puh! Aber der
Sattel bewegt sich nur noch einen halben Zentimeter nach unten, das motiviert mich. Um 19:37 rolle ich durch die Zeitmessung und übergebe an Werner. Das müsste er schaffen.
Und wie er es schafft! Bestzeit, die letzte ist seine schnellste Runde! Der hat noch Körner übrig gehabt! Punktlandung um 19:56.
Das Verpflegungszelt ist übervoll während der Siegerehrung, wir sitzen außerhalb bei einem alkoholfreien Bier. Wir rechnen sowieso nicht damit, irgendwie erwähnt zu werden, schließlich sind wir ohne Ambitionen ins Rennen gegangen. Beide unvorbereitet, ohne Streckenkenntnis, ich auf einem geliehenen Rad... Und dann schreibt mir Robert am Sonntag, wir hätten den 10. in unserer Klasse (2er Herren, 20 Teams) gemacht. Ui! Ich plan' den Termin mal ein für 2017...