Radreiseausflug Karakoram Highway 31.8. - 15.9.2012

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Hallo ihr,

Anfang letzten Septembers unternahm ich mit meiner Freundin eine Radreise von Kashgar im Westen Chinas nach Islamabad in Pakistan. Dabei entstanden eine Menge Bilder, die ich hier auf vielfachen Wunsch im Laufe der nächsten Wochen um jeweils genau ein Jahr versetzt vorstellen werde.

Als kleine Vorschau hier schon mal drei Ansichten, wie das Ganze von meinem Lenker her aussah:







Viel Spass beim Mitlesen,


euer Sonderzeichenbeauftragte
 
Warum nach Pakistan?

The Karakoram Highway (KKH) is the highest paved international road in the world. It connects China and Pakistan across the Karakoram mountain range, through the Khunjerab Pass, at an elevation of 4,693 metres (...). Due to its high elevation and the difficult conditions in which it was constructed, it is also referred to as the "Eighth Wonder of the World." (http://en.wikipedia.org/wiki/Karakoram_highway)


Aus verschiedensten anthropologischen, historischen und religionswissenschaftlichen Interessen heraus (und natürlich getrieben von meinem frühromantischen Hang zu Landschaft und Abenteuer) wollte ich immer schon mal in Zentralasien Fahrrad fahren, und Anfang letzten Jahres begannen konkrete Planungen bezüglich eines solchen Ausfluges.

Neben dem KKH gehören der Pamir Highway von Tajikistan über Kyrgistan nach China und der Xinjiang-Tibet Highway von Westchina nach Tibet zu den drei grössten Radreiseklassikern in der Region. Für die letzten beiden hatten wir keine Zeit (wir brauchten auch noch Urlaubstage zum Paddeln, Ski fahren etc.), und so fiel die Wahl recht schnell auf das "8. Weltwunder".



Es gibt wohl keine andere Strasse auf der Welt, die auf so kurzer Strecke (1100 km) so viele Kultur- und Sprachräume durchquert, und an wessen Strassenrand gleichzeitig so viele Sieben- und Achttausender stehen.
 
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Nicht dein Ernst ? Du jagst deine Freundin im Anzug auf einem Rennrad fahrend ,vor dir her durch Pakistan , und auf dem dritten Bild ist auch schon der Asphalt zu Ende....:confused: wo sind eure Kanus ?
Was für eine grandiose Eröffnung ! Wie ging es weiter,jetzt bin ich aber gespannt ?:)
 
Ich bin auch sehr gespannt! Es muss ein faszinierendes Gefühl sein, am Nanga Parbat vorbei zu fahren. Kann eine Frau so ganz ohne Verhüllung in Pakistan radfahren, ohne mit Steinen beworfen zu werden?
 
ich bin gespannt wie das weiter geht..

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Ja,ich auch. Mehr bitte :) !
 
Ganz kurz:

Im Anzug ist niemand gefahren, allerdings wurden die in unseren Breiten üblichen Strumpfhosen und Trikots weitestgehend zu Hause gelassen.

Ein Schleier (Kopftuch) wurde verwendet, wobei es (wie immer bei Symbolen) erstens nie möglich ist, alles richtig zu machen und zweitens die Intention zählt. Es gab viele Komplimente für den Verschleierungsversuch.

Ausserdem sind die Menschen im Norden Pakistans die freundlichsten und gastfreundlichsten Menschen, die ich jeh erlebt habe.

Des weiteren wurde niemand gejagt, das Tempo war "moderat beschwingt" und das Geniessen der Landschaft hatte klare Priorität.

Zur Wahl der Fahrradfahrgeräte gleich mehr ...
 
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Reisemittel

Bei eigentlich jeder Radtour ist es von enormen Vorteil, wenn die Teilnehmer über ein ungefähr ähnliches Leistungsniveau verfügen. Es muss nicht exakt gleich sein, denn in der Ebene gibt es die Möglichkeit des sogenannten Windschattenfahrens und am Berg muss sowieso immer irgendwer warten. Trotzdem sollte sich keiner mit der Streckenlänge, der Fahrzeit und den Höhenmetern über- oder unterfordert fühlen.

Bei uns wird dieser Zustand erreicht, wenn meine Freundin mit einem leichten Rennrad reist und ich alles Gepäck mitführe.

Beim Fahrradfahrgerät meiner Freundin handelt es sich um einen 9kg schweren aus Ebay-Erwerbungen zusammengebastelten Alu-Rahmen mit Dura-Ace Komponenten (älteres Bild):
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Der Rennlenker an eben jenem Gerät täuscht eine Geländeunverträglichkeit vor, tatsächlich wird dieses Rad jedoch sehr oft dazu benutzt, durch die brandenburgischen Wälder zu streifen. Ich habe schon des öfteren kommuniziert, dass 99% der Wege in Brandenburg mit Crosser (besser) fahrbar sind, und möchte ergänzen, dass ein "Rennrad" für 95% der Wege ein durchaus geeignetes Gerät ist. Möglich wird dies im konkreten Fall durch eine Kombination von Mavic Open Pro Felgen und 28 mm breiten Continental Grand Prix 4-Season Reifen. Platten während der Reise an diesem Fahrzeug: keine.
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...

Das Gerät, mit dem ich selbst schon viele Radreisen unternahm und mit dem mich viele von euch bei gemeinsamen Geländetouren antrafen, ist ein sogenannter Crosser:
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Doch wie viele von euch auch wissen, zählt dieses Arbeitsgerät nicht unbedingt zu den pannensichersten seiner Art. Die nicht unplausible Vorstellung, irgendwo in der Pampa mit einer abgefallenen Schaltung italienischer Bauart dazustehen, führte zu einigem Unbehagen und so kam es zu dem bisher für mich unvorstellbaren Ereignis, dass ich freiwillig länger auf einem sogenannten "Mountainbike" sass:
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Dieses Fahrzeug wiegt 13 kg (nach der Erleichterung um Schutzbleche, Nabendynamo und Bleikurbel), hat eine 8-Gang Nexus Gangschaltung wurde bis vor einigen Jahren von meiner Freundin als Stadtfahrrad gefahren. Die hergestellte Sitzposition ist meinen anderen Rädern sehr ähnlich, und bis auf gelegentliche auf den geraden Lenker zurückzuführende Taubheitsgefühle in der Hand macht es durchaus Spass, damit zu reisen. In manchen Abfahrten hätte ich gerne ein richtiges Fahrrad gehabt, aber dafür war klar, dass wenn es mit diesem Rad ein Problem gibt, dieses vom lokalen Dorfschmied gelöst werden kann. Platten während der Tour: zwei.
 
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Toller Bericht,Abo ist gemacht :daumen:

Faszinierend mit einem Rennrad so ein Tour zu machen,obwohl ich auch manchmal mit dem Renner durch den Wald muss :D

Weitermachen :)
 
Planungen

Normalerweise bestehen bei mir Vorbereitungen für eine Radreise in der Festlegung eines Start- und Zielpunktes sowie in der Definition einer groben Idee einer Strecke. Aufgrund der dann im Vergleich zum z.B. Alpenraum dann doch starken Unterschiedlichkeit der zu bereisenden Gebiete verbrachte ich einen signifikanten Teil des Winters mit der Lektüre relevanter Reiseberichte, Wikipediaeinträge und Forumsseiten.

Unter anderem dieses und dieses Journal halfen uns sehr dabei, eine ungefähre Vorstellung von dem zu bekommen, was uns erwartet. Darüber hinaus gaben sie aber auch sehr wertvolle Tips hinsichtlich Regelungen, Übernachtungen und Sicherheit. Und natürlich bestärkten sie die Vorfreude auf die Unternehmung.

Unter anderem aufgrund dieser Berichte wussten wir, dass wir kein Zelt mitnehmen würden und nach viel Recherche entstand eine Folge fester Etappenorte (mit Puffer). Die Route selbst war einfach: immer der Strasse folgen.

Als Reisetermin wählten wir Anfang September. Dann würde im Pamir noch kein Schnee liegen und ausserdem der Monsun in Pakistan vorbei sein. Flugzeugtickets mit komfortablen Umsteigezeiten wurden erworben und Urlaubsanträge eingereicht.
 
Als Zusammenfassung des bisher Erörterten (Reisemittel, Verschleierung, "immer der Strasse folgen") und zur Einleitung des nächsten Themas hier mal wieder ein Bild:




Diese Kreuzung befindet sich in Abottabad, keine 2 Kilometer Luftlinie vom Ort des Geschehens der Operation Neptune Spear entfernt. An diesem Tag wurden wir permanent von Polizei und Geheimdienst eskortiert, und die gefühlte Sicherheit war nie grösser als an diesem Tag.
 
Sicherheit

Unter allen Atommächten dieser Welt ist Pakistan sicherlich die mit der schlechtesten Sicherheitslage, im Detail variiert die dann stark von Region zu Region. In den Stammesgebieten im Süden sowie in Richtung afghanischer Grenze (das sind die Regionen, von denen man in den Nachrichten hört) hätte man vor 9/11 trefflich Fahrrad fahren können, mittlerweile wird davon klar abgeraten.

Der Norden Pakistans (welchen wir bereisten) gilt hingegen als der ruhige und gastfreundliche Teil des Landes (mit Ausnahmen). Eine der Ausnahmen ist Kohistan im unteren Teil des KKH. Der Lonely Planet schreibt darüber: Indus Kohistan, away from the KKH, is fairly lawless and communities can be very suspicious of outsiders. On top of having a reputation for anarchy, many local men have skewed ideas about foreign women. Obwohl wir nur von Feindseligkeiten und Steinwürfen lasen, war klar, dass wir uns dies nicht antun würden und wir verlegten den späteren Verlauf der Reise in das benachbarte und friedlichere Kaghan Valley.


Das deutlich grössere und tragischere Problem in dieser Region sind jedoch religiöse Konflikte. Während der Grossteil der Pakistanis sunnitischen Glaubens ist, wird der Norden von einer schiitischen Minderheit bewohnt. Aufgrund der massiven Finanzierung durch die CIA in den 80ern und danach durch den pakistanischen und saudischen Geheimdienst, sowie aufgrund der Verdrängung der Taliban aus Afghanistan gewannen in den letzten Jahren radikale sunnitische Gruppierungen enormen Zulauf, und es kam zu einer Zunahme von Gewalt gegenüber Shiiten. Konkret gab es im letzten Jahr zwei Massaker bei welchen Busse angehalten und selektiv alle shiitischen Passagiere erschossen wurden.

Dies verunsicherte uns im vorhinein natürlich sehr und wir verbrachten viel Zeit damit, die Lage näher zu verstehen. Mit Hilfe des Forums von Lonely Planet und sowie der Pamir Times (ein ununabhängiges journalistisches Projekt aus der Region) entstand ein sehr viel differenzierteres Bild und es wurde klar, dass es um Potenzen wahrscheinlicher ist Opfer eines Erdrutsches zu werden als von Gewalt. Es würde wichtig sein, sich von Versammlungen fern zu halten und bestimmte Orte zu meiden.

Während der Reise dann gab es eigentlich keinen Moment, an welchem wir uns nicht sicher gefühlt hätten.
 
Noch zwei Tage bis zum eigentlichen Start, und noch zwei Themen. Das nächste:


Visa

Dieses Thema hatten wir völlig unterschätzt (man könnte auch sagen verpeilt) und im Ergebnis standen wir zwei Tage vor Abreise noch immer ohne Visum da. Drei Tips für Nachahmer: 1. dieses Thema etwas eher als 2 Monate vor Abreise angehen, 2. vorher umfangreich informieren und 3. professionelle Hilfe von Reisebüros in Anspruch nehmen.

Wir gingen davon aus, dass das pakistanische Visum das grössere Problem darstellen würde und beantragten dieses deswegen als erstes. Botschaften gelten als das Aushängeschild eines Landes und als ich an einem schönen Julimorgen vor der pakistanischen Botschaft stand, bot das Schauspiel schon mal einen schönen Ausblick auf das Kommende. Während zwei Berliner Muttis die eigentliche Arbeit (Visa austellen) erledigten, stand eine recht beachtliche Ansammlung von in Bettlaken gehüllten Vorgesetzten herum und beaufsichtigte das Geschehen. Letztendlich gab es aber keinerlei Probleme und nach einer Woche konnte ich unsere Pässe wieder abholen.

Die Beantragung des chinesischen Visums hingegen war unerwartet schwierig. Der erste Fehler war, ehrlich zu sein bei der Angabe unserer Reiseplänge. Der Westen Chinas wird mehrheitlich von den muslimischen Uiguren bewohnt, die wie alle anderen Minderheiten in der Volksrepublik massiven Repressionen ausgesetzt sind und im Gegensatz zu den wesentlich weniger bevölkerungsstarken Tibetern über kein solch charismatisches Maskottchen wie den Dalai Lama verfügen. Auf jeden Fall hat der chinesische Staat in solchen Gebieten Angst vor sich autonom bewegenden Menschen und wir hätten irgendwelche (auf keiner Botschaftswebseite erwähnte) Dokumente aus dem Kultusministerium der Region vorzeigen müssen. Der übliche (uns zu diesem Zeitpunkt nicht bekannte Trick) besteht darin, Peking und die chinesische Mauer als Reiseziel anzugeben.

Das zweite Problem bestand darin, dass die europäische Union im Frühjahr 2012 die Einreisebestimmungen für Chinesen verschärft hatte und in Folge dessen die Berliner Botschaft der Meinung war, Gegenmassnahmen ergreifen zu müssen. Konkret sahen diese so aus, dass die konsularische Abteilung der Botschaft genau 5 Minuten am Tag, nämlich zwischen 9:00 Uhr und 9:05 Antragsteller einliess. Insgesamt stellten wir uns 5 mal zwischen 8:00 Uhr und 8:30 Uhr an die Schlange vor dem schönen Gebäude an der Jannowitzbrücke an, um dann nach jeweils zwei Stunden warten vorsprechen zu dürfen.

Beim erstem mal gab ich einen grossen Stapel Zettel ab, die ich nach ausführlicher Lektüre der Botschaftswebseite für ausreichend hielt. Beim zweiten mal (nach einem längeren Telefongespräch) gab ich noch mehr Zettel ab, bis uns beim dritten mal erklärt wurde, dass es prinzipiell nicht möglich ist, individuell eine Reise zu organisieren und wir bei einer staatlich zertifizierten Reiseagentur eine Reise buchen müssten. Nach fast einem Tag telefonieren hatte ich dann einen Nachweis über die Buchung einer solchen Reise, und das sah dann so aus:

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Als wir beim vierten mal dieses schöne Dokument abgaben, legte unser Bearbeiter fest, dass wir zwei Tage vor Abfahrt erfahren würden, ob das Visum bewilligt wird. Das Bangen und Hoffen, dass dies letztendlich nur ein diplomatischer Warnschuss an die europäische Union sein möge, machten die Woche vor Abfahrt zum eher unangenehmen Teil dieser Reise.

Als wir uns beim fünften mal wieder in die Schlange stellten, war die Anspannung entsprechend gross und die Erleichterung und Vorfreude um so grösser, als wir endlich unsere Pässe nebst Visa in der Hand hielten.
 
Gepäck

Die letzte Schwierigkeit vor der Abreise bestand in der Beschränkung des Reisegepäcks auf das Fassungsvermögen von vier Ortlieb-Packtaschen:

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Das Zelt blieb zu Hause, ebenso wie Kocher, Geschirr und Isomatten. Dennoch nehmen Schlafsäcke, winterfeste Klamotten und Reservereifen so einiges an Volumen ein und der Packvorgang nahm etwas mehr Zeit in Anspruch als von früheren Ausflügen gewohnt.

Wir hatten dabei: diese Karte in Papierform, die relevanten Kapitel des Lonely Planet, 300 Dollar in bar, Kopien unserer Pässe, die übliche Reiseapotheke plus prophylaktisch ein Breitbandantibiotikum, Bücher, jeweils 4 Schläuche plus Flicken, einen Mantel für das Rennrad, Bremsgummis, Speichen + Kranzabzieher, Kettenglieder, Ersatzschrauben, zwei Kameras, und so einiges an Bekleidung.

Zum Radfahren im Hochgebirge braucht man Energie, und da wir eine entsprechende Gastronomie nicht immer voraussetzen wollten, kamen auch 30 Powerbars, etliche andere Riegel und ein beachtlicher Vorrat an Nüssen mit.

Morgen (vor einem Jahr) geht (ging) es los!
 
Freitag/ Samstag: Berlin - Ürümqi

Am Freitag vor 364 Tagen gingen wir noch ganz normal arbeiten und brachen am frühen Abend in Richtung Flughafen auf:



Die freundlichen Beamten an der Sperrgepäckaufgabe erlaubten es uns, Fotos zu machen und so entstand eine Röntgenaufnahme von unseren zerlegten Fahrrädern (interessant insbesondere die Karbongabel):




Einigermassen ausgeschlafen kamen wir auch alsbald (am späten Vormittag) in Peking an. Ein neues Land ist immer spannend, wenn auch nur von seinen Flughäfen aus gesehen. Nach dem wir recht lange in einer imposanten Einreisehalle anstanden, um unsere Pässe vorzeigen zu dürfen, ging es weiter zu einem vierstündigen Inlandsflug nach Ürümqi. Auf dem Weg zum "Overbig Baggage":




Von [URL="http://en.wikipedia.org/wiki/Urumqi"]Ürümqi
selbst hatte ich vorher noch nie etwas gehört, aber es ist die Hauptstadt von Xinjiang und die am weitesten von irgendeinem Meer entfernte Millionenstadt der Welt.

Dort angekommen, suchten wir das im Rahmen unserer Visabemühungen gebuchte Flughafenhotel an Hand der auf der Webseite angegebenen Karte auf, um dort zu lernen, dass sich das gesuchte Hotel ganz woanders befinden würde (es ist in China durchaus üblich, komplette Webseiten inklusive aller Bilder zu kopieren). Egal, wir blieben einfach da, assen fantastisch zu Abend und gingen recht bald schlafen.

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Sonntag: Ürümqi - Kashgar

Die Chinesen gelten nicht unbedingt als höflichstes Volk dieser Erde. Wir selbst durften dies am eindrücklichsten erleben, als wir fünf Uhr Sonntag morgens die Check-in Halle des Flughafens wieder betraten. Wir stellten uns an eine der ca. 30 Schlangen der einzigen Fluggesellschaft in diesem Terminal an und es galt, ca. 20 Meter bis zum Schalter zu überwinden. Für diese Strecke sollten wir dann aber über 2 Stunden benötigen, da wir permanent von allen Seiten überholt wurden und irgendwann selbst zu eher asozialen Methoden greifen mussten, um irgendwie voranzukommen.

Das Flugzeug wartete freundlicherweise, und sogar die Fahrräder fanden ihren Weg an Bord (wenn auch in zunehmend zerfallenden Kartons):



Es folgte ein weiterer 1500 Km langer Flug nach Westen. Ich sass am Fenster und war sehr begeistert von den Ausblicken auf das Tian Shan Gebirge und die Taklaman Wüste.


Am späten Vormittag waren wir dann da und die Erleichterung war gross, dass beide Fahrräder die Anreise unbeschadet überstanden. Unter den Augen vieler um uns herumstehender Fluggäste bauten wir die Räder zusammen und fuhren auf einer Art Autobahn los in die Stadt. So ziemlich alles war natürlich anders und dementsprechend gross auch die Aufregung.






Von anderen asiatischen Städten war ich einen infernalischen Lärm gewohnt, hier war es gespenstig ruhig, was wohl an einem Verbot von Motorrädern mit Verbrennungsmotoren lag (sämtliche Scooter in der Stadt waren batteriegetrieben):






Das zuvor gebuchte Hotel war schnell gefunden und verströmte einen interessanten stalinistischen Charme.




Im nächstbesten Restaurant wurde wieder irgendwas bestellt, und es war fantastisch.




Kashgar ist die westlichste Stadt Chinas (geographisch gesehen) und wird mehrheitlich von den muslimischen Uiguren bewohnt. Hier kreuzten sich verschiedene Routen der Seidenstrasse und entsprechend war die Stadt geprägt von Handel und Austausch.


Was davon noch übrig ist ist eine historische Altstadt, in welcher jeden Sonntag ein Basar stattfindet. Über diesen schlenderten wir ein paar Stunden, besuchten die Moschee und wunderten uns über die verschiedensten Dinge.






Südlich einer bestimmten Strasse von Kashgar wohnen dann die ethnischen Chinesen. Hier sah alles sehr westlich aus (vom Mao Denkmal abgesehen) und die Dimensionen der Stadtplanung sind beeindruckend.






Zurück im Hotel liess in mich noch einigen bizarren Propagandasendungen der mindestens sieben staatlichen Fernsehsender beeindrucken und dann führten zwei Tage Anreise zu einer recht frühen Nachtruhe.

Am nächsten morgen sollte die eigentliche Reise dann losgehen
 
Sehr spannend - getrocknete Krokodilbabies und Kindersitze auf der Vespa. :)
Bis auf das letzte Bild sieht der Himmel auf allen Fotos sehr diesig aus. Ist die Luft in allen chinesischen Städten so schlecht?
Und kannst du etwas schreiben zu dem vorderen Gepäckträger an der Federgabel deines Mtb?
 
Bis auf das letzte Bild sieht der Himmel auf allen Fotos sehr diesig aus. Ist die Luft in allen chinesischen Städten so schlecht?

Wir waren ja nur in zwei Städten, und die lagen beide in der Wüste. Ich würde sagen, dass die Sicht an diesen beiden Tagen vor allem durch Sand und Nebel beeinflusst wurde, vom Flugzeug sah man aber auch beeindruckend viele Kohlekraftwerke.


Und kannst du etwas schreiben zu dem vorderen Gepäckträger an der Federgabel deines Mtb?

Das "Mtb" hatte keine Federgabel, und der Gepäckträger ist ein Tubus Tara (den hatte ich noch vom Crosser). Insgesamt fuhr sich das sehr ruhig und stabil.
 
Montag: Kashgar - Ghez

Mangels früherer Übernachtungsmöglichkeiten bestand unsere erste Etappe aus 120 kontinuierlich ansteigenden Kilometern durch die Wüste in die tieferen Ausläufer des Pamirs. Dementsprechend früh standen wir auf und bestaunten das Frühstücksbüffet des Hotels. Reis, Fleisch, und Dumplings in den verschiedensten Ausprägungen kamen bei den chinesischen Gästen sehr gut an, wir selbst waren noch nicht soweit und kauten an ein paar seltsamen Nudeln rum.

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Und dann ging es endlich los! Durch Vororte, die irgendwie schön osteuropäisch vertraut waren, dann durch bewässerte Felder und Plantagen, und später durch die Wüste ging Richtung Berge. Ein Blick in die Wüste:




In China haben wir noch nicht mit Verschleierung gearbeitet.



Am späten Vormittag, es war mittlerweile deutlich über 30 Grad im Schatten, erreichten wir Upal. In einem Restaurant an der Strasse liessen wir uns nieder, wechselten irgendwelche Gesten mit dem Inhaber und kurz später stand ein wunderbarer Plow mit Zwiebeln und Lamm nebst zwei Tassen Tee auf unserem Tisch.




Wir blieben recht lange und schauten dem Treiben auf der Strasse zu. Hier schieben Passagiere ihren Bus an:




Wie sich herausstellte, findet jeden Montag ein regionaler Viehmarkt statt und so war die ganze Strasse voller Bauern, die ihre Schafe und Kühe zum Basar am Ende der Stadt brachten.










Hinter Upal wurde es deutlich menschenleerer und durch die Mittagshitze strampelten wir bei konstant 1 bis 2 Prozent Steigung in die ersten Bergen im Auslauf der Ghez-Schlucht hinein.






Durch irgendwelche Randerscheinungen der Plattentektonik waren sonst friedlich an irgendeinem Meeresgrunde schlummernden Sedimente und Gerölle angehoben worden, und Regen und Wind hatten daraus etwas sehr wunderbar Verwittertes gemacht.






Auch mal ein Bild von mir! 86 Kilometer sind schon gefahren.




Mittlerweile waren wir auf über 2000 Metern Höhe und die Sandnebelwolken begannen sich zu lichten. Hinter jeder Ecke des Tales ein neuer atemberaubender Ausblick (daran mussten wir uns erst gewöhnen).










Jetlag und Hitze setzten uns langsam ziemlich zu und in einem überraschend auftauchenden Eukalyptushain wurde für einem längeren Mittagschlaf angehalten.


Die letzten Höhenmeter legten wir in der einsetzenden Dämmerung bei zunehmenden Gegenwind und unter Zuhilfenahme einiger Powerbars zurück.




Ghez selbst in ein um einen Miltär-Checkpoint herumgebautes Loch. Die im Reiseführer erwähnte "Basic Accomodation" bestand aus ein paar Holzpritschen in einer Lehmhütte ohne Wasser und Licht, doch wir waren glücklich über unseren ersten Tag in den Bergen. Im benachbarten Truckerstop gab es irgendwelche Nudeln, und nach einem Besuch der am Ende des Dorfes gelegenen "Toilette" fielen wir ziemlich bald in unsere Schlafsäcke.

 
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Dienstag: Ghez - Karakul


Am nächsten Morgen packten wir recht zügig unsere Sachen, verbrachten einige Zeit am Armeecheckpoint mit der Eintragung unserer Passdaten in irgendein Buch, und frühstückten ein paar Kilometer bergaufwärts am Fluss. Beim Verlassen unserer Bleibe:




Diese Etappe sollte mit 65 Kilometern nur etwa halb so lang wie die erste sein, doch das Ziel lag auf 3600 Metern Höhe und wir waren gespannt, wie unsere Körper die dünne Luft vertragen würden (es ging super).

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Schon nach wenigen Talbiegungen türmte sich mit dem Kongur Tagh der erste höhere (mit 7646 Metern der siebenundreissigsthöchste der Welt) Berg unserer Reise vor uns auf. Solch vertikale Landschaften hatten wir beide noch nicht gesehen und die Ausblicke lenkten sehr gut von den meist zweistelligen Steigungsprozenten ab.




5000 Meter Höhendifferenz auf einem Bild. Die Strasse mit 15 Prozent Steigung (wir schoben) sieht flach aus.




Nach ca. zwei Stunden Klettern in zunehmender Hitze weitete sich das Tal wieder und wir fuhren dem Ende der Ghez-Schlucht entgegen.






Oben angekommen waren wir überrascht, statt einer Hochebene einen Stausee vorzufinden. Dieser war noch in keinen Karten verzeichnet und offensichtlich in eher jüngerer Zeit gebaut worden.




Nun ja, wir verweilten recht lange und bestaunten die Landschaft. Aus irgendeinem Grund waren hier auf 3300 Meter Höhe gewaltige Sanddünen entstanden und anschliessend von einem Stausee überflutet worden. Zusammen mit der bizarren Verwitterung des Geländes und der übertrieben erscheinenden Anzahl an hohen Gipfeln ergab das eine ziemlich unvergessliches Panorama.




Bikeporn.




Der Kongur Tagh von der anderen Seite:




Nach einem Mittagsschlaf ging es mit starkem Rückenwind die Hochebene weiter hinauf.




Anders als die Wüste um Kashgar wurde diese Gegend von Kirgisen bewohnt, die hauptsächlich von Viehzucht leben und deren Frauen mit eher russisch aussehenden Kopftüchern und Röcken herumlaufen.




Landschaft.




Kurz vor Ende kam mit dem Muztagh Ata der nächste Siebentausender ins Bild. Die Strasse wurde noch einmal etwas steiler und die Lungen hatten allerhand zu tun, ausreichend Sauerstoff aus der dünnen Luft zu hecheln.




Wir erreichten dann den Karakul See, von welchem wir wussten, dass es dort Übernachtungsmöglichkeiten in Jurten geben würde. Eine solche fand sich auch recht schnell und 10 Minuten später gab es Brot und gesalzenen schwarzen Tee mit Yakmilch und Zucker. Das klingt erst einmal nicht lecker, ist aber eine ausgesprochene Köstlichkeit für einen nach Salz, Wärme und Kalorien lechzenden Körper.




Den Rest des Nachmittags gingen wir am See entlang spazieren, trafen einige andere westliche Touristen (dieser See ist ein beliebtes Ziel für Tagesausflüge von Kashgar aus), und untersuchten die Tierwelt genauer. Hier sieht man zwei Yaks mit dem Kongur im Hintergrund beim weiteren überweiden der eh schon gründlich überweideten Vegetation:




Eine andere Jurte mit See und Muztagh Ata im Hintergrund:




Unsere Jurte:




Während später unsere Wirtin einen einfachen, aber sehr leckeren Plow anfertigte, unterhielten wir uns mit ihrem einigermassen englischsprechendem Sohn über ihr Leben im Hochgebirge und über unser Leben in Europa. Um dabei Dinge nicht unnötig kompliziert zu machen, behaupteten meine Freundin und ich (wie auch im weiteren Verlauf der Reise), verheiratet zu sein.

Zurück in unserer Jurte schliefen wir dann auf mehreren Schichten von Matratzen und Decken gebettet nach kurzen Leseversuchen ziemlich bald ein.
 
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Wahnsinns-Panorama! Es muss unglaublich sein, diese riesigen Berge direkt vor der Nase zu haben...
Habt ihr in der Höhe Aspirin genommen, um Kopfschmerzen zu vermeiden? Schlafen auf über 3000 m kann ja durchaus unangenehm sein, wenn man noch nicht akklimatisiert ist. Und radfahren auch...ich weiß noch, wie ich schon am Galibier auf 2600 m nach Luft geschnappt habe und der Puls auch bei Pausen nicht mehr runter ging.
Gibts in der Gegend auch Wege abseits der (erstaunlich guten?!) Asphaltstraße, die man mit dem Mtb erkunden könnte?
Ich freue mich schon auf die nächsten Etappen! :daumen:
 
Der Arzt, welchen wir im Institut für Tropenmedizin vorher konsultierten, war der Meinung, dass es kein wirksames Medikament gegen Höhenkrankheit gibt. Unser Notfallplan war, im Falle von Problemen ein Auto anzuhalten, um schnell wieder vom Berg herunterzukommen.

In der Gegend gibt es viele kleine Schotterpisten (einfach mal auf Google Earth rumschauen) und ich hatte auch viele Reiseberichte von Offroadtouren im Pamir gesehen (z.B. hier).
 
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