Rockymountix - von Mexiko nach Kanada

Stuntzi wurde, nachdem ihn der Ranger in die Phantom Ranch gelockt hatte, dort gefeselt und geknebelt und wird nun seit 24h, nachdem er mit Spaghetti-Meatloafs narkotisiert wurde, vom CIA gewaterboarded und sonstigen Spaßveranstaltungen ausgesetzt ... Tja, das passiert, wenn man ohne Permit den Kebabweg runterfällt und dann nicht rechtzeitig auf der anderen Seite wieder hochkommt.
 
Denkt an die Zeitverschiebung. Dort ist es grad mal 5:30h. Da müßte bald ne Meldung kommen. Netz dürfte in der Touriregion vorhanden sein und die Akkus sind bestimmt auch noch nicht am Limit. Hoffentlich hast du was gutes zum Frühstück. Heut wird es sicherlich besonders hart. Alles Gute aus der Ferne.
 
Die Spionin kam auf einem Raft, hat Stuntzi und Specki aufgeladen und jetzt sind die beiden Richtung Lake Mead unterwegs. Das Ganze ist sozusagen die vorgezogene Flitterwochentour bevor dann in Las Vegas geheiratet wird ...
 
Ja, genau: Zeitverschiebung! Die Nacht in der Phantom Ranch (sehr geiler Name für diese Location! :) ) war von Samstag auf Sonntag - somit sollte er seit heute Nacht bereits seine "Aufstiegswunden" lecken! ;-)
 
16.05. 06:00 Phantom Ranch im Grand Canyon, 750m

Hier unten auf der Ranch zu übernachten ist kein ganz billiges Vergnügen. Das Bett im 8er-Schlafhüttchen kostet stolze 40$, und da ist noch nicht mal ein klitzekleiner Kaffee mit dabei. Das nächste mal vorher doch lieber ein Campingpermit besorgen?

Naja, dafür gibts heissen Duschen, Aircondition und WLAN. Und die anderen Gäste berichten von teils mehrmonatigen Wartezeiten und Vorbuchungsfristen. So gesehen vielleicht doch kein schlechter Deal.

Mein Frühstück bestreite ich wie schon das Dinner mit Rangerreserven aus der Restetonne. Dann pack ich Specki auf die noch von gestern schmerzenden Schultern und wandere im Seitencanyon des Bright Angel Rivers nach Norden.


Aufi aufn Berg, der frühe Vogel fängt den Wurm. Später am Tag wird man hier gebraten.
 
16.05. 15:00 Grand Canyon North Rim, 2600m


Langsam geht die Sonne auf.


Specki lastet schwer auf den müden Schultern.


Aber warum man auf diesem Kinderwagenweg sein Rad nun unbedingt tragen muss?! Die ersten fünfzehn Kilometer führen zudem fast flach am Bright Angel Fluss entlang, das macht die Sache nicht eben leichter.


Endlich gehts mal ein bisserl nach oben, das Panorama entschädigt für die Mühen. Und die sind durchaus beträchtlich, Schultern, Rücken und Füße haben schon bessere Zeiten gesehen.


Hübsch ist's hier durchaus, aber so richtig genießen kann ich die Gegend grade nicht. Bin schon einigie Stunden unterwegs und ein Ende ist noch lange nicht in Sicht.


Irgendwann interpretiere ich die strengen Nationalparkregeln auf meine Weise. Kann ja nicht sein, dass ich mich hier zum Krüppl schleppe. Getragen wird nur noch streckenweise auf den erdigen Abschnitten, wo deutliche Reifenspuren zu sehen wären.


Ist das etwa eine Spionagevogel, der den Rangern von meinem Frevel berichten wird?


Einige Stücke sind mit dem Rad auf der Schulter sowieso nicht zu bewältigen.


Der North-Kaibab-Trail führt streckenweise mitten durch eine Felswand.


Einfach faszinierend, aber auch scheusslich anstrengend. Mittlerweile könnte echt mal Schluss sein, aber das rettende Northrim ist noch immer weit über mir.


Selbst bei einer kurzen Pause werde ich misstrauisch beobachtet. Hilft nix, der letzte Müsliriegel muss gegessen, der letzte Tropfen Wasser getrunken werden.


Weit ist's nimmer... oder doch? Die Dimensionen hier täuschen.


Ab und zu heb ich den Bock auch nochmal auf die Schulter, aber mindestens ein Drittel des Anstiegs wird geschoben. Wheels may not touch the ground? Sorry, ich konnte einfach nicht mehr.

Gegen Ende werde ich immer langsamer. Kondition ist zwar noch vorhanden, aber meine Füße bringen mich um. Das bergab latschen gestern war schon ungewohnt genug, die vielen Stunden heute geben ihnen den Rest. Zudem noch mit neuen Schuhen, kein Spaß.

Kurz vor Ende des Trails begegnet mir, schiebenderweise, der erste Nationalparkranger. Ganz unvermittelt steht er vor mir, Specki bleibt keine Zeit mehr, auf die Schulter zu hüpfen. Der Kerl ist aber völlig cool drauf und supernett, schieben oder tragen ist überhaupt kein Thema. Im Gegenteil, er beglückwünscht mich zur bescheuerten Aktion und feuert mich über die letzten Meter noch kräftig an.

Überhaupt waren alle Leute unterwegs, und das waren an einem Sonntag nicht wenige, mit Abstand die freundlichsten Wanderer denen ich jemals begegnet bin. So viele nette Gespräche am Wegesrand hatte ich noch nie, was wohl auch dem seltsamen Erscheinungsbild eines abgekämpften Radlers der nicht radelt geschuldet ist. Hat jedenfalls großen Spaß gemacht, immer wieder die selbe Geschichte zu erzählen und die ungläubigen Kommentare anzuhören.


Geschafft!

Nach 2000 Höhenmetern Anstieg und ungezählten flachen Wanderkilometern bin ich dann endlich oben. Der Canyon ist bezwungen, ha!

Das war wohl unbestritten die anstrengendste Aktion, die ich jemals mit meinem Radl unternommen habe. Und so sinnlos... aber doch auch wunderschön. Der riesige Straßenumweg stand nie wirklich zur Debatte, das war schon vorher klar. Dass mich die Geschichte allerdinds so schlauchen würde, hätte ich nicht gedacht. Glaub ich brauch jetzt erst mal einein Ruhetag, um meine Wunden zu lecken :).

Am Trailhead erwartet mich neben einigen applaudierenden Hikern auch bereits die Nationalparkpolizei in Form eines weiblichen Sherrifs. Ein Radler im Canyon bleibt nicht unbeobachtet, bereits seit gestern früh bin ich "on file". Die Unterhaltung verläuft auch hier überaus freundlich und die paar Schiebe- statt Tragepassagen scheinen kein Problem zu bedeuten. Trotzdem werden meine Personalien aufgenommen. Falls in den nächsten Stunden jemand einen Bericht über einen radelnden Radler im Canyon abgeben sollte, wissen sie dann wenigstens, wen sie einbuchten dürfen. Land of the free...
 
Zuletzt bearbeitet:
maximalen respekt für deine schiebe-trage-aktion!
diese innere stärke nicht einfach aufzusteigen und loszuradeln ist bewundernswert :daumen:

ps: was wäre denn die strafe gewesen hättest du es doch getan???
 
Hey Stuntzi, du warst wohl noch nie im Pfälzerwald biken - sogar auf Trails hatte ich hier schon nette Gespräche mit Wanderern.
Natürlich meckern auch ab und zu mal welche, die sind aber deutlich in der Unterzahl.

Ride on! (as soon as allowed...)

PS:
Danke nochmal für die genialen Canyon-Bilder .... ein Canyon im Canyon...
 
Oh armer Stunzi... aber du hast es jetzt ja geschafft und musst nicht direkt wieder nach Deutschland fliegen... ;-)

Ich finds ne richtig coole Aktion, "bisschen" verrückt, aber das gehört bei dir ja eh zum Programm. Alle anderen Touris kommen da nur per Esel oder Pedes rein, oder wie ist das für Normalsterbliche?

Deine Fussbilder von heute sind auch erste Sahne.... :love:

Keep on going bzw. leg erst mal die geplagten Füße hoch... ;0)
 
@sideshowbob, Ich möchte es nicht wissen, wie hoch die Strafe gewesen wäre.
... wenn schon die Polizei vorsorglich eine Strafakte anlegt, nur unter Verdacht er hätte vielleicht unter Umständen gefahren sein können...
Ob dieser Eintrag wirklich gelöscht wird?


Nichtsdesttrotz, tolle Bilder :daumen: und noch extremere Aktion :daumen:

ray
 
16.05. 21:00 Campground am Grand Canyon Northrim, 2600m

Amerikaner sind wirklich begeisterungsfähig. Während ich etwas geplättet am North-Kaibab-Trailhead in der Sonne liege, kommen reihenweise die Dayhiker vorbei die mir unterwegs begegnet sind, wollen Fotos machen, Geschichten hören, mich zum Grillen eindladen, ihre Campsite mir mit teilen, das volle Programm eben. Lustigerweise quatschen mich auch viele Leute an denen ich unterwegs gar nicht begegnet bin. Die Story vom Biker im Canyon macht die Runde.
Mit so viel "Publicity" hatte ich gar nicht gerechnet, schleppen doch die Radler vom Arizonatrailrace ihren Drahtesel erst kürzlich genau so durch die Schlucht wie ich. Vor einer Woche war das Northrim allerdings noch gesperrt, da waren wohl keine Touristen hier. Außerdem halten sich die "Rennfahrer" sicher nicht mit Gesprächen auf. Wie viele sind überhaupt durch, hat das jemand verfolgt? Ich weiss eigentlich nur von einem "Kurt", wahrscheinlich dreimal so schnell wie ich :).

Mich bringen heute jedenfalls keine zehn Pferde mehr weiter. Wozu auch, der Campground am Northrim ist einer der schönsten, die mir jemals untergekommen sind.


Als erste Belohnung gönne ich mir eine heisse Dusche und saubere Wäsche. YEEHA!


Dann stelle ich mein kleines Zelt auf den absolut perfekten Platz, keine zehn Meter von der Abbruchkante entfernt.


Abendessen gibts auf der Bank mit dem besten Panorama in den USA...


.. zu dem sich bald auch noch nette Begleitung einfindet.

Die Anstrengungen sind schon fast vergessen, die letzten beiden Tage waren einfach super. Bin ja sowieso ein Canyonfreak, da konnte ich den "Großen" natürlich nicht auslassen. Kann die Traverse wirklich jedem empfehlen, allerdings vielleicht lieber mit leichtem Gepäck. Das Radl da durchzuschleppen ist eher was für Verrückte und dem Genuss nicht unbedingt förderlich. Nachher fühlt man sich dafür um so cooler :)
 
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