TAG 1: Sanfter Aufgalopp
Bedingt durch die recht weite Anreise (rd. 700 km) schlagen wir erst gegen 16:00 Uhr in Scuol im Engadin auf. Eigentlich wollten wir ja am ersten Tag gleich durch die Uina-Schlucht und über die Fuorcla-Sesvenna nach S-Charl, aber nach McNultys Befund, dass man für die viele Schieberei und Tragerei mit sehr wenig Abfahrtsspaß belohnt wird, fahren wir am ersten Tag direkt zum Gasthaus Mayor in S-Charl, wo wir die Übernachtung gebucht haben.
Das Auto wird auf dem öffentlichen und kostenfreien Dauerparkplatz am Ortsrand von Scuol abgestellt. Räder raus, Luftdruck an den
Reifen überprüft, Radklamotten an, Trinkflasche ans bike, Rucksack auf und los.
Die ersten Höhenmeter geht es auf einer schmalen Asphaltstraße durch den Nadelwald.
Und mit jeder Kehre, die man hochkurbelt und jeder neuen Schweißperle auf der Stirn tritt wieder dieser erstaunliche Effekt ein, den ich bei keiner anderen Art von Urlaub so erlebt habe: Der Alltag wird ganz schnell ganz klein.
Man ist fasziniert von der Landschaft, den Gerüchen, den Ausblicken. Man beschäftigt sich mit so profanen Dingen wie: Sitzt der Rucksack gut? Reicht das Wasser? Was schleift da hinten? Sind wir noch auf dem Track? Wie weit bis zum nächsten Kaffee?
Es ist ein völlig anderer Rhythmus als gewohnt, gewissermaßen eine Entschleunigung, eine Konzentration auf eine überschaubare Aufgabe, die einen körperlich wie geistig in einer Art fordert, die man im Alltag so nicht kennt. Ich nenne es mal: TRANSALPMODUS
Im Talboden rauscht die Clemgia dem Inn entgegen. Die Erosion hat skurrile Formen hervorgebracht (erinnern ein wenig an die Erdpyramiden, die ich aus Südtirol kenne).
Steinmännchen sind für mich der ultimative Beweis, dass Menschen Herdentiere sind.
Schönes, klares, türkisblaues Wasser rinnt von allen Seiten herbei.
Nach einer guten Stunde Fahrzeit sehen wir die ersten Hütten des kleinen Weilers S-Charl...
und bald darauf schieben wir unser bikes in den Schuppen am Gasthaus Mayor (viel Holz vor der Hütte...)
13 km, 750 HM, nach der anstrengenden Autofahrt genau das Richtige Pensum.
Die Unterkunft und das Essen sind sehr gut, die Preise allerdings schon recht üppig (selbst für Schweizer Verhältnisse). Bei einer so tollen Lage und überschaubarer Konkurrenz am Ort aber wiederum nachvollziehbar.