Titanrahmenbau

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Hallo Rahmenbauinteressierte,

nachdem ich immer wieder einmal gebeten werde zu erklären wie ich so einen Rahmen aus Titan denn herstelle, was es dabei mit diesem und jenem so auf sich hat und ob ich denn dazu einmal eine Fotostrecke zeigen kann, möchte ich hier den Bau eines Maßrahmens einmal dokumentieren. Vermutlich werde ich dabei ein bisschen Redundanz erzeugen da vieles schon gesehen wurde, auch passt es vielleicht nicht nur in dieses Unterforum, aber vielleicht erfreut sich der eine oder andere geneigte Leser ja an dem Thema Rahmenbau generell. Ich freue mich über Anregungen!

Und schon gehts los, es entsteht ein maßgefertigtes Fahrrad aus Titan:

Das Objekt der Begierde wird ein Rad sein, welches ich kaum in eine Kategorie einordnen mag. Das Pflichtenheft räubert in einigen Revieren und enthält folgendes durchaus wiedersprüchliche Eckdaten:

_ Rahmen aus Titan
_ starre Gabel
_ gemäßigt aufrechte Sitzposition
_ Pinion Getriebe
_ Zahnriemenantrieb
_ leichtlaufende Räder für überwiegend festen Untergrund
_ Schutzbleche
_ Frontgepäckträger
_ Licht
_ kein Bling Bling

Dass das Ding leicht werden soll ist ein frommer Wunsch der sich sicher nur in Relation zu den genannten Parametern messen lassen wird.

Basierend auf den Körpermaßen des Fahrers und habe ich folgende Zeichnung erstellt, aus der man ein wenig schon ein Farbkonzept ablesen kann:



Herzlichen Gruß
Daniel
 
Teil 2: Pinion-Brücke aus Titan

Der schwierigste und langwierigste Part des ganzen ist die Pinion Brücke, das Bauteil welches das Getriebe aufnimmt und natürlich aus Titan bestehen muss da es in den Rahmen geschweisst wird. Daher kreisten meine Sorgen zunächst um die Beschaffung dieses Teils.

Pinion selbst verkauft diese Teile aus Aluminium und neuerdings auch aus Stahl an Rahmenhersteller und Rahmenbauer. Daher galt mein erster Gedanke einer selbst konstruierten Aufnahme, geschweisst aus geschnittenen Titanblechen. Dagegen spricht eigentlich nur der horrende Preis des geschnittenen Bleches.



Alternativ gab es Prototypen von Paragonmachineworks aus den USA mit Preisen um die 800 US Dollar und einer Liefermöglichkeit von vielleicht Mitte 2014. Hmmm. Vielleicht sollte ich meinem Kunden auch zur Alternative Rohloff raten? Oder bei Lieferanten in Asien suchen, die bereit wären mir eines zu verkaufen?

Parallel habe ich alle drei Wege weiter verfolgt, einige Prototypen in der Hand gehalten und vieeel Lehrgeld gezahlt.



Das Resultat besteht aus diesem (jetzt einsatzbereiten) Titanhaufen:



Die Pinion-Native-Version ist etwas schwerer, dafür denke ich leichter einzubauen. Die gefräste Version bringt etwas weniger Gewicht auf die Waage, ist dreimal so teuer und besteht dazu noch aus 4 Teilen die erst einmal zusammengeschweisst werden wollen!

Voila!
 
Erzähl uns doch auch bitte mehr zu diesem Bild.

Hier Pinion-Brücken aus Titan im Ultraschallbad.

Mit Titan arbeiten heisst vor allem Sauberkeit:): Generell bearbeite ich Rohre und Anbauteile zunächst mechanisch (bohren, sägen, fräsen, feilen...), dann werden die Oberflächen innen und aussen geschliffen, es folgt die Reinigung im Ultraschallbad und erst dann geht es zum Schweissen. Einmal mit den Fingern berührt = wieder ist reinigen angesagt um eine wirklich saubere Schweissnaht zu bekommen.
 
Teil 3: Grobzuschnitt

Bevor ich mich in den Details und Problemchen verliere, sammle ich zunächst einmal alles zusammen was den späteren Rahmen ausmachen wird. Rohre werden auf ein grobes Maß zugeschnitten, die passenden Teile zur Seite gelegt damit sie nicht aus versehen an einem anderen Rahmen landen. Hier erkennt das geübte Auge von oben nach unten:

Sattelrohr, Verstärkung für die Sattelstütze,
Kettenstreben, daneben Steuerrohr (welches später noch abgedreht wird),
Sitzstreben,
Führungsröhrchen für innenliegende Schalt- und Bremszüge,
Ausfallenden rechts daneben,
Pinion Brücken Teile, Hinterbau-Yoke Teile,
die Speerspitzen dienen einem sanften Übergang der Streben an die Ausfallenden,
Rahmenschloss für den Gates-Riemen,
"Anlötteile" die eigentlich Anschweissteile heissen müssten,
Oberrohr,
Unterrohr.



Zur groben Vorbereitung gehört die Zusammensetzung dieses Puzzles für das die Entscheidung gefallen ist (die anderen Brücken, die man im Ultraschallbad gesehen hat hätten diesen Arbeitsaufwand nicht nötig....):



Hier schweisse ich den Hinterbau-Yoke zusammen, die Küchenfolie ist dabei ein wichtiger Helfer! Die Teile werden rückseitig mit Argon gespült um dem hier bösen Sauerstoff keine Chance zu lassen von Hinten in die Schweissnaht einzudringen:



Brücke und Yoke sind frisch geschweisst, nirgendwo sind blaue Stellen zu sehen, die auf eine kontaminierte Schweissnaht hindeuten könnten. Die Mittelnaht der Brücke wird später zum großen Teil hinter Yoke, Sattelrohr und Unterrohr verschwinden:



Im nächsten Teil müssen die Führungsröhrchen in das Unterrohr und die Verstärkung an das Sattelrohr gelangen. Das wird es morgen zu sehen geben!

Daniel
 
Abo! Spannendes Konzept - mit genug Geld würde ich mir auch genauso ein Fahrrad machen lassen (mal abgesehen vom Farbkonzept).
 
Abo! Spannendes Konzept - mit genug Geld würde ich mir auch genauso ein Fahrrad machen lassen (mal abgesehen vom Farbkonzept).

Freut mich dass es Dir gefällt! Ein bisschen Geld braucht es leider... sonst könnte ich die Dinger gleich in großer Serie fertigen. Natürlich in allen Farbvariationen die man sich vorstellen kann:)
 
Sowas finde ich immer sehr interessant. Besonders schön ist es, dass du das Thema mit sehr gut gemachten Bildern bereicherst!
 
Schönes Projekt, ein nicht näher genannter User mit seiner Illusion eines Sub 5 Fullys sollte sich ein Beispiel an dir nehmen.
Hört sich sehr durchdacht an, was hier entsteht. Ich bin auf das Endprodukt gespannt. Bitte mehr davon!
 
Ich freue mich über Euer Interesse und mache gleich weiter mit Teil 4, der Zugverlegung, auch das noch ein Vorbereitungsschritt der noch lange nicht zu einem Rahmen führt:

Kurzfristig gab es doch eine Kursänderung da mit drei oder vier (Bremse, 2x Schaltung, Strom) in das Unterrohr eingeschweisste Röhrchen doch etwas suspekt waren. Also wird jetzt alles in ein Rohr kommen was die anderen schon zugeschnittenen Röhrchen erst einmal überflüssig macht. Das passende Rohr wird passend zurechtgebogen, gesägt und gefeilt. Das Unterrohr braucht die entsprechenden Aufnahmen dafür:



Das ganze sollte an beiden Enden gleichermassen passen! Im Hintergrund wartet schon das Sattelrohr mit der Verstärkung, dann kommt wieder das Schweissgerät zum Einsatz:



Die Schweissnaht rund um die Verstärkung drehe ich ab, da ich sie nicht sehen möchte, man könnte sie aber auch stehen lassen wie es viele der "Großen" auch tun:



Zum Abschluss wird auch das eingeschweisste Röhrchen mit viel Handarbeit "gesäubert":



Schönen Sonntag!
Daniel
 
Hey Daniel habe dein unterfangen sofort, nachdem ich es gefunden habe, Abonniert.
Habe selber auch einen Pinion Bike :love: (hiermit sehr zufrieden und überzeugt von bin)
Somit neugierig auf das Titan-Pinion-Projekt.:daumen:
 
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