Ungelochte Bremsscheiben für MTB

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Hi @Mr. Tr!ckstuff,

ich hätte eine Frage an dich als Bremsen Experten und würde mich mega über eine Antwort freuen.
Die frage stelle ich hier offen im Forum, um die auch für die Nachwelt zu erhalten.

Bevor ich zur eigentlichen Frage komme, muss ich nochmal etwas ausholen:
Ich besuche zurzeit die Vorlesung Fahrzeugtechnik in der Uni. Letzten hatten wir das Thema Bremsen und der Prof hat uns eine Anekdote aus seiner Zeit als Abteilungsleiter für Bremsenauslegung bei VW erzählt. Anscheinend hatten sie damals bei der Auslegung vom Sharan Probleme mit dem Bremsweg, welche sich vollständig durch den Wechsel auf ungelochte Bremsscheiben lösen ließ. Sie waren sich am Ende auch nicht ganz sicher, warum die Löcher die Bremsleistung so negativ beeinflusst hat und konnten sich das nur dadurch erklären, dass sich wahrscheinlich zwischen Belag und Scheibe sich eine Schicht aufbaut, die durch die Löcher wieder abgescharbt wurde. Zitat vom Prof: "Ist alles etwas Black-Magic". (Laut meinem Verständis baut sich beim Einbremesen Belag auf der Scheibe auf und könnte daher nicht durch die Löcher weggescharbt werden, aber was weiß ich).

Jetzt zur Frage:
Habst du schon mal blanke Bremsscheiben fürs MTB getest? Wenn man bei Fahrzeugen heute mal in die Felgen reinschaut sieht man bei fast allen Fahrzeugen nur noch ungelochte Bremsscheiben.

Vielleicht nochmal angemerkt, welche (mir bekannten) Vor- und Nachteile sonnst noch durch gelochte Bremsscheiben auftreten:

Vorteile:
-Besseres Nassbremsverhalten, da nicht nur diese ominöse Schicht weggescharbt wird, sondern auch Wasser und Dreck weg kann.
-Leichter bei gleichen Durchmesser.
-Schaut Cool aus!!!

Nachteile:
-Schlechtere Wärmekapazität, da weniger Masse.
-Schlechtere Kühlung, da weniger Oberfläche.

Habe ich noch was vergessen?

Würde mich wirklich sehr über eine Antwort freuen.

Viele Grüße
Philipp
 
Hilfreichster Beitrag geschrieben von Mr. Tr!ckstuff

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Hallo Philipp,

das ist eine interessante Frage, aber dennoch recht leicht zu beantworten: Die Verhältnisse beim Auto sind ganz andere als beim Fahrrad, weil das Bremsscheibenmaterial unterschiedlich ist: Beim Auto besteht die Bremsscheibe aus Grauguss, beim Fahrrad (und den meisten Motorrädern auch) aus Edelstahl. Mit Grauguss kenne ich mich nicht aus, der Professor als ehemaliger VW-Bremsenexperte aber sicher sehr gut.

Bei Edelstahlscheiben ist es für den Belag gut, wenn er "gereinigt" wird. Das geschieht dadurch, dass immer wieder eine Kante über den Belag streicht und dort sich einschweißende Partikel herausreißt. Was passiert, wenn das nicht geschieht, sieht man gut an Bereichen auf der Scheibenoberfläche, wo der Belag nicht in den Genuss einer solchen Reinigung kommt: Die Scheibe wird von den eingeschweißten Partikeln aufgeraut und stärker verschlissen, zudem führt es zu schabenden Geräuschen. Eine geschickte Lochanordnung hat also einen tieferen Sinn als nur eine hübsche Optik.

Gruß, KL
 
Hilfreichster Beitrag geschrieben von Mr. Tr!ckstuff

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Vielen Dank für die Antwort! Würde für die Reinigung nicht eine Kante in der Scheibe reichen? Ich mein die Partikel schweißen sich da ja nicht im 2°-takt ein oder irre ich mich? :)
 
was zwischen PKW und MTB auch noch zu berücksichtigen ist:
die bremsscheiben am PKW sind meist innenbelüftet, um die wärme abzuführen. das wäre am MTB konstruktiv "schwierig" umsetzbar. die löcher sorgen für zusätzliche oberfläche, wo die wärme weg kann
 
was zwischen PKW und MTB auch noch zu berücksichtigen ist:
die bremsscheiben am PKW sind meist innenbelüftet, um die wärme abzuführen. das wäre am MTB konstruktiv "schwierig" umsetzbar. die löcher sorgen für zusätzliche oberfläche, wo die wärme weg kann
Dazu müssten die Durchmesser der Bohrungen allerdings schon sehr klein sein, weil normalerweise verliert man mehr Oberfläche and den Stirnseiten des Zylinders (den man wegbohrt) im Vergleich zu der Oberfläche die man an der Seite gewinnt. Beim KFZ kann man natürlich noch eher damit argumentieren, dass der Air Flow verbessert wird, da auch von der Seite Luft in die innenbelüfteten Bremsscheiben rein kann. Das wäre also noch ein Grund mehr bei KFZs Bohrungen zu machen und bei MTBs nicht, also ist widersprüchlich zu dem wie es aktuell umgesetzt wird.

Da macht die Antwort von @Mr. Tr!ckstuff schon mehr Sinn. Diese Beantwortet aber auch noch nicht ganz, warum man so viele Löcher braucht. (Siehe vorherige Antwort). Vielleicht gibts da noch einen Nachtrag dazu? :)
 
Dazu müssten die Durchmesser der Bohrungen allerdings schon sehr klein sein, weil normalerweise verliert man mehr Oberfläche and den Stirnseiten des Zylinders (den man wegbohrt) im Vergleich zu der Oberfläche die man an der Seite gewinnt
klar. die relation ist gegeben

Diese Beantwortet aber auch noch nicht ganz, warum man so viele Löcher braucht.
ein aspekt: gewicht! ist am rad ja immer ein thema
 
Die Extreme habe ich nicht ausprobiert. Ich meine aber, dass es der Selbstreinigung bei Nässe enorm hilft, wenn die Abstände glatter Fläche zwischen den Löchern möglichst groß sind. So wird die Scheibe schneller trocken.
 
Das ist ja logisch. Wo weniger Oberfläche ist, ist weniger Wasser. Und dazwischen mehr Platz, wo es hin kann

Weniger Fläche am reibring der Scheibe bedeutet ja letztlich weniger Fläche die reibung mit den Belägen erzeugen kann. Und reibung bringt Verzögerung. Oder hab ich einen Denkfehler?
 
druck (p) = F / A.
ich glaube du meinst oben die anpresskraft. unten ist es richtig.

aber war es bei bremsen nicht so, dass die fläche irrelevant ist und lediglich die kraft ausschlaggebend ist? Ich meine mich zu erinnern, dass die Fläche von Bremsbelägen (Hitzebeständigkeit mal aussen vor) keinen Einfluss auf die Bremskraft haben sollte. Sondern eben nur die Kraft mit der die beiden Reibpartner aufeinandergedrückt werden. Somit sollte es bei den Scheiben in Punkto reiner (trocken) Bremskraft keinen Unterschied machen, ob sie Löcher haben oder nicht.

edit: habs grad nachgelesen:
Code:
F(Reibung) = µ * F(Anpress)
wobei µ der spezifische Reibungskoeffizient der beteiligten Reibpartner ist.
damit ist die Fläche für die Bremskraft primär irrelevant. Das sicht bestimmt anders aus, wenn Verschleiss, Dreck, Flüssigkeiten oder Wärmefluss berücksichtigt werden sollen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Daß das Wasser und Dreck bei gelochten MTB-Scheiben schnell weg können, ist schon ein starkes Argument. Auch deshalb, weil am Bike die Scheiben ganz frei liegen, im Gegensatz zum Auto.

Am Auto hatte ich nach einer längeren Starkregenfahrt auf der BAB auch schon mal ein Schreckmoment, wo die Bremsen erst nach einer Verzögerung gebremst hatten.

Aber natürlich spielen am MTB auch Gewichtsreduzierung und die schnellere Kühlung eine weitere Rolle.
 
@bone0815
Hm, wenn man MTB fährt, dann sollte die Bremse schon für alle Fälle ausreichend hitzeresistent ausgestattet sein.

Man möchte ja nicht jedesmal wg. der aktuellen Anforderung für die Tagesfahrt umbauen müssen. Wahrscheinlich machst du das so? :awesome:
 
Zuletzt bearbeitet:
Ist gar kein Argument. Ist eher das Gegenteil der Fall, Dreck und Wasser setzen sich in den Löchern "fest". Wenn es richtig dreckig wird, haben ungelochte Scheiben da eher einen Vorteil. Deshalb wird z.B. sowas verkauft.
Das wird dann aber eher was für eine spezielle Anforderung sein.

Bei MTB-Scheiben mit Löchern ist der Weg zum nächsten Loch/Schlitz nicht weit und so kann das Wasser sehr schnell zwischen Scheibe und Belag herausgedrängt werden. Durch die Rotation der Scheibe fliegt das Zeuch dann ab.
 
falsch... reibung ist und bleib stoffparungsspezifisch... die fläche ist irrelevant

Obacht, nur weil die Coulomb'sche Reibung mit konstanten Reibwert µ für z.B. Stahl auf Stahl eine gute Vereinfachung ist, heißt das nicht, dass das für alle Stoffparungen gilt. Sieht man sich z.B. Gummi auf Asphalt an, wird relativ schnell klar, dass unser µ sich hier auch sehr stark in Abhängigkeit von der Fläche verändert (d.h. Riefenbreite, Reifenumfang, Reifendruck...). Wie viel die Fläche hier bei den Scheibenbremsbelägen aus macht, kann ich nicht sagen, aber spätestens bei Felgenbremsen wäre ich sehr vorsichtig, ob sich nicht doch eine bessere Bremsleistung durch eine größere Kontaktfläche erreichen ließe.
 
Ist gar kein Argument. Ist eher das Gegenteil der Fall, Dreck und Wasser setzen sich in den Löchern "fest". Wenn es richtig dreckig wird, haben ungelochte Scheiben da eher einen Vorteil. Deshalb wird z.B. sowas verkauft.
hier geht es um bremsbelags
Obacht, nur weil die Coulomb'sche Reibung mit konstanten Reibwert µ für z.B. Stahl auf Stahl eine gute Vereinfachung ist, heißt das nicht, dass das für alle Stoffparungen gilt. Sieht man sich z.B. Gummi auf Asphalt an, wird relativ schnell klar, dass unser µ sich hier auch sehr stark in Abhängigkeit von der Fläche verändert (d.h. Riefenbreite, Reifenumfang, Reifendruck...). Wie viel die Fläche hier bei den Scheibenbremsbelägen aus macht, kann ich nicht sagen, aber spätestens bei Felgenbremsen wäre ich sehr vorsichtig, ob sich nicht doch eine bessere Bremsleistung durch eine größere Kontaktfläche erreichen ließe.
nö immer noch nicht! breitere reifen haben den vorteil, dass der wärmeeintrag nicht so groß ist und daher der verschleiss sich in grenzen hält, größere scheibenbremsen haben den gleichen effekt... sollte dieses fundamentale naturgesetz sich mal ändern, lass es mich wissen

vor allem finde ich aber reifendruck witzig da ja die kraft (auto=gegen..asphalt auf reifen) völlig losgelöst vom reifendruck ist :D, der einzig und allein über etweder eine linienlast (viel luft) oder flächenlast (wenig luft) entscheidet.

umfang des reifens (kopfschüttel) mach die fläche wegen mir unendlich gross... bleibt die gleiche reibkraft!

so schönen abend noch
 
"Nachteile:
-Schlechtere Wärmekapazität, da weniger Masse."

das bisschen an Wärmekapazität was durch Löcher verlohren geht, spielt keine Rolle. Vor allem da die Wärmekapazität sowieso kaum eine Rolle spielt.
Sportscheiben im Auto sind übrigens fast alle gelocht. Ebenso bei den üblichen Sportwagen serienmäßig.
 
hier geht es um bremsbelags

nö immer noch nicht! breitere reifen haben den vorteil, dass der wärmeeintrag nicht so groß ist und daher der verschleiss sich in grenzen hält, größere scheibenbremsen haben den gleichen effekt... sollte dieses fundamentale naturgesetz sich mal ändern, lass es mich wissen

vor allem finde ich aber reifendruck witzig da ja die kraft (auto=gegen..asphalt auf reifen) völlig losgelöst vom reifendruck ist :D, der einzig und allein über etweder eine linienlast (viel luft) oder flächenlast (wenig luft) entscheidet.

umfang des reifens (kopfschüttel) mach die fläche wegen mir unendlich gross... bleibt die gleiche reibkraft!

so schönen abend noch
Klar, auf mein Mtb mache ich den breiteren Reifen drauf, weil der immer so zum Überhitzen neigt und nicht weil es mehr Grip bringt…
Kann da nur Fachliteratur zum Thema Reifentechnik empfehlen. Hier z.B. ein Auszug aus meiner Vorlesung angehängt.
 

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"Nachteile:
-Schlechtere Wärmekapazität, da weniger Masse."

das bisschen an Wärmekapazität was durch Löcher verlohren geht, spielt keine Rolle. Vor allem da die Wärmekapazität sowieso kaum eine Rolle spielt.
Sportscheiben im Auto sind übrigens fast alle gelocht. Ebenso bei den üblichen Sportwagen serienmäßig.
Hmm, korrigiere mich, wenn ich falsch liege, aber durch erhöhte Wärmekapazität wird die Scheibe bei gleicher Energiezufuhr weniger stark warm und es gibt geringeres Fading.
 
Durch Löcher, Langlöcher usw. vergrößert man Oberfläche. Dadurch kann mehr Wärme abgegeben werden. Zu groß dürfen sie nicht sein, denn Luft bremst schlechter als Metall. Das Wasser verdampft auf der Scheibe, dafür braucht es keine Löcher.
2mm starke Scheiben aus Guss sind keine gute Idee. Innenbelüftete gab's schon von Hope. Wie groß der Effekt ist weiß ich aber nicht. Hatte sie auch noch nicht am Rad.
Ungelochte Scheiben gab es tatsächlich schon einmal in grauer Vorzeit bei der Gustav M von Magura.
 
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