Änderung Forstgesetz Hessen

Hab mal über die Stellungnahmen der verschiedenen Verbände gescrollt ( http://www.hessischer-landtag.de/ic...l_startDate=07.03.2013&cal_endDate=07.03.2013 ))

Ab und an wird ja das Thema des nächtlichen Betretens thematisiert. Wurde es seitens der DIMB eigentlich schonmal diskutiert, ob es hier eine einheitliche Meinung/Empfehlung zu gibt, gerade eben in Bezug auf Nightrides?

Grüße,
Jan

@Jan: Txs für das Posten des Links. Nachfolgend dazu noch unser Statement auf Facebook:

"Am Donnerstag fand im Hessischen Landtag die Anhörung durch den Umweltausschuss zum Hessischen Waldgesetz statt. Auch die DIMB war vertreten. Die Stellungnahmen der DIMB sowie der anderen Verbände sind auf der Landtags-Homepage dokumentiert... und teils sehr lesenswert. Besonders erwähnenswert ist dabei das Fazit der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald:

"Die SDW trägt den am Runden Tisch miteinander vereinbarten Kompromiss voll umfänglich mit. Möglicherweise ist die gefundene Formulierung die Beste, die je ein hessisches Waldgesetz zu dieser Thematik hatte."

Wir sind stolz, dass wir mit Euch zusammen dazu einen "kleinen" Beitrag leisten konnten ;-)"

Der zitierte SDW sowie auch einige andere Verbänden haben das Thema Betretungsverbote bzw. -einschränkungen in der Nacht in ihren Stellungnahmen angesprochen, jedoch basiert dies weder auf Ergebnissen des Runden Tischs noch ist derzeit beabsichtigt, dies im Gesetz zu verankern. Dass man über Nightrides geteilter Meinung sein kann, ist bekannt und auch in der DIMB diskutieren wir darüber immer wieder. Allerdings betrifft dieses Thema nicht nur Mountainbiker, denn auch andere Menschen suchen aus den unterschiedlichsten Gründen (Jagd, Wildbeobachtung, Sport, Spazierengehen, mit dem Hund "Gassi" gehen, etc.) zu Dämmerungs- und Nachtzeiten den Wald auf.
 
[...]Dass man über Nightrides geteilter Meinung sein kann, ist bekannt und auch in der DIMB diskutieren wir darüber immer wieder. Allerdings betrifft dieses Thema nicht nur Mountainbiker, denn auch andere Menschen suchen aus den unterschiedlichsten Gründen (Jagd, Wildbeobachtung, Sport, Spazierengehen, mit dem Hund "Gassi" gehen, etc.) zu Dämmerungs- und Nachtzeiten den Wald auf.

Hi Helmut,

danke für die Info. Das irgendwie alle betroffen sind ist klar, mich interessierte nur obs zu "unserem" Teil dieser Baustelle konkrete Überlegungen (im Sinne von Richtlinien/Trail Ruhe oÄ). gibt.

Grüße,
Jan
 
...
Ab und an wird ja das Thema des nächtlichen Betretens thematisiert. Wurde es seitens der DIMB eigentlich schonmal diskutiert, ob es hier eine einheitliche Meinung/Empfehlung zu gibt, gerade eben in Bezug auf Nightrides?

Grüße,
Jan

Von den 32 Stellungnahmen greifen vier das Thema nächtliches Betretungsverbot für Waldbestände auf. Obwohl jeweils der Naturschutz als Grund angegeben wird, ist es tatsächlich nur ein Verband der diesen tatsächlich vertritt:

Hessischer Grundbesitzerverband
Schutzgemeinschaft Deutscher Wald
Jagdklub St. Hubertus
Hessischer Landesnaturschutzbeirat

Von den übrigen Naturschutzverbänden,
NABU, BUND, Initiative Wald mit Wild, Greenpeace und HGON spricht keiner ein nächtliches Betretungsverbot an.
Noch nicht einmal der Landesjagdverband Hessen, der zum Mountainbiken sehr kritisch Stellung bezieht, geht darauf ein.

Nebenbei sei noch erwähnt, dass das Rheinland-Pfälzer Umweltministerium in seiner Stellungnahme ausdrücklich erwähnt, dass nach dem dortigen LWaldG jeder Wald an jeder Stelle, zu jeder Zeit und beliebig oft von jeder Person zum Zwecke der Erholung betreten werden kann, soweit sich nicht aus anderen Rechtsvorschriften Einschränkungen ergeben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hi Helmut,

danke für die Info. Das irgendwie alle betroffen sind ist klar, mich interessierte nur obs zu "unserem" Teil dieser Baustelle konkrete Überlegungen (im Sinne von Richtlinien/Trail Ruhe oÄ). gibt.

Grüße,
Jan

Die Trailrules sind eindeutig:

5. NIMM RÜCKSICHT AUF TIERE!

Weidetiere und alle anderen Tiere in Wald und Flur bedürfen besonderer Rücksichtnahme! Schließe Weidezäune, nachdem du sie passiert hast. Verlasse rechtzeitig zur Dämmerung den Wald, um die Tiere bei ihrer Nahrungsaufnahme nicht zu stören.
 
Ab und an wird ja das Thema des nächtlichen Betretens thematisiert.

Also, wenn man gegen das nächstliche Radfahren vorgeht, wie sieht es dann in der Hinsicht aus, daß niemand mehr nachts durch den Wald darf ? Das bedeutet auch, daß jedes Auto, Motorrad und Züge nicht mehr durch den Wald fahren dürfen.
Natürlich sind nicht nur die einfachen Waldwege gemeint, dann natürlich jeder Straße durch den Wald, auch Autobahnen ... und auch Schienen durch den Wald.
Also, wenn schon, denn schon.

Tschau
Martin
 
Also, wenn man gegen das nächstliche Radfahren vorgeht, wie sieht es dann in der Hinsicht aus, daß niemand mehr nachts durch den Wald darf ? Das bedeutet auch, daß jedes Auto, Motorrad und Züge nicht mehr durch den Wald fahren dürfen.
Natürlich sind nicht nur die einfachen Waldwege gemeint, dann natürlich jeder Straße durch den Wald, auch Autobahnen ... und auch Schienen durch den Wald.
Also, wenn schon, denn schon.

Tschau
Martin

Ich glaub hier gibts auch nicht nur schwarz oder weiß. Ist unterm Strich wie vieles Wahrscheinlich von den örtlichen Gegebenheiten abhängig. Bisschen Mitdenken/ präventive Rücksicht nehmen kann man ja nun auch ohne gesetzliche Grundlage ;).


@mw.dd
Den Satz in der "Langfassung" der TrailRules hatte ich tatsächlich schlichtweg überlesen. Danke, Frage beantwortet :).

grüße,
Jan
 
Die Trailrules sind eindeutig:

Verlasse rechtzeitig zur Dämmerung den Wald, um die Tiere bei ihrer Nahrungsaufnahme nicht zu stören.

Was absoluter Schwachsinn ist.
Dieser Passus gehört dringest gestrichen.

Das war der Grund warum ich dem DIMB erst letztes Jahr beigetreten bin, obwohl ich mit den DIMB vorher schon Kontakt hatte.

Es gibt keine uhrzeitspezifische Störung des Wildes.
So was glaubt nur jemand der selbst nie im Wald unterwegs ist.

Das Wild hat seine Scheu vorm Menschen schon lange verloren.
Ich begegne bei fast jeder Tour Rehe, und das nicht nur bei Niterides.
Das interessiert die Rehe kein bisschen.
Maximal wird man kurz angeschaut.
Rehe können Feind und Freund durchaus unterscheiden.
Tiere sind anpassungsfähiger als viele denken, diese müssen nicht betüttelt werden. ;)

Womit Rehe Probleme haben sind Hunde und Lärm.

Vor Wildschweinen habe ich Schiss. Die halten einfach ihre Spur, egal wie nah man dran ist.

ray
 
Dass man über Nightrides geteilter Meinung sein kann, ist bekannt und auch in der DIMB diskutieren wir darüber immer wieder. ...

Dass sich die DIMB mit der Thematik auch aktuell befasst, kann man auch am Beitrag auf Facebook vom 15.02.2013 sehen.

Dabei wird auf eine Entscheidung des Amtsgerichts Gemünden am Main (noch nicht Hessen) über das nächtliche Joggen im Wald verwiesen.

Im Landtreff-Forum gibt`s dazu ein paar schöne Zitate aus der Verhandlung: Pinkeln an der Kirrung Viertelmillion Euro Strafe?
 
Was absoluter Schwachsinn ist.
Dieser Passus gehört dringest gestrichen.

Das war der Grund warum ich dem DIMB erst letztes Jahr beigetreten bin, obwohl ich mit den DIMB vorher schon Kontakt hatte.

Es gibt keine uhrzeitspezifische Störung des Wildes.
So was glaubt nur jemand der selbst nie im Wald unterwegs ist.

Das Wild hat seine Scheu vorm Menschen schon lange verloren.
Ich begegne bei fast jeder Tour Rehe, und das nicht nur bei Niterides.
Das interessiert die Rehe kein bisschen.
Maximal wird man kurz angeschaut.
Rehe können Feind und Freund durchaus unterscheiden.
Tiere sind anpassungsfähiger als viele denken, diese müssen nicht betüttelt werden. ;)

Womit Rehe Probleme haben sind Hunde und Lärm.

Vor Wildschweinen habe ich Schiss. Die halten einfach ihre Spur, egal wie nah man dran ist.

ray

Danke für den Beitritt und Deinen Begründung, denn damit machst Du deutlich, worum es gerade auch in einem Verband wie der DIMB geht bzw. gehen sollte.

Es geht nicht darum, dass Einzelne in der Spitze bzw. im Vorstand Ihre eigenen Ansichten und Meinungen als einzige Wahrheit propagieren. Es geht auch nicht darum, dass wir althergebrachte Weisheiten kritiklos und ohne sie auf ihre Sinnhaftigkeit zu hinterfragen einfach so durchschleppen. Es geht - mir zumindest - vielmehr darum, dass wir uns gemeinsam mit unserem Sport befassen und ihn voranbringen und vor allem, dass wir die Rahmenbedingungen für seine Ausübung verbessern. Dafür braucht gerade ein Verband wie die DIMB auch kritische Mitglieder.

„Zur Umweltverträglichkeit des Mountainbiking gibt es viele Meinungen und einige Studien. Vor allem die Meinungen gehen stark auseinander." zitieren wir hier http://dimb.de/images/stories/pdf/a...dG_Anlage_1_zur_Offiziellen_Stellungnahme.pdf

Und das gilt auch in Bezug auf Nightrides. In den DIMB TrailRules haben wir dazu eine Aussage, aber es sollte für uns alle, egal ob nun Mitglied oder nicht Mitglied in der DIMB, selbstverständlich sein, dass wir solche Aussagen immer wieder auf den Prüfstand stellen und kritisch hinterfragen, ob sie berechtigt sind oder ob sie geändert werden können/müssen.

Was mir dabei wichtig erscheint, ist dass wir uns immer wieder und in der Zukunft sogar noch verstärkt, mit dem Thema Vorurteile und Wirklichkeit beschäftigen. Ist es ein Vorurteil, dass wir Tiere in der Dämmerung und in der Nacht stören und deshalb zu diesen Zeiten den Wald verlassen sollten? Manches spricht dafür, dass es ein Vorurteil ist. Vielleicht spricht auch manches dagegen bzw. wird in Diskussionen immer wieder vertreten. Aber entscheidend ist, dass wir nicht nur die Meinungen sammeln und diskutieren, sondern uns auch intensiv damit befassen, welche belegbaren Erkenntnisse es dazu gibt und welche Verhaltensweisen diese nahelegen und welche Konsequenzen wir daraus ziehen oder nicht ziehen sollten. Lesestoff dazu gibt es hier http://dimb.de/aktivitaeten/online-bibliothek
 
Ich wollte hier keineswegs über Sinn und Unsinn einzelner Trailrules diskutieren, sondern Jan nur auf die entsprechende Stelle aufmerksam machen.

Die anscheinend notwendige Diskussion, auch über die anderen Regeln, sollten wir in einem eigenen Thread weiterführen.
 
Ich wollte hier keineswegs über Sinn und Unsinn einzelner Trailrules diskutieren, sondern Jan nur auf die entsprechende Stelle aufmerksam machen.

Die anscheinend notwendige Diskussion, auch über die anderen Regeln, sollten wir in einem eigenen Thread weiterführen.

Richtig, danke.
 
Nur ein kleiner Einwand ... im Wald leben nicht nur Rehe ;) und die Fluchtdistanz ist nicht bei allen Waldbewohnern gleich.

Bin ab und zu auch mit dem Bike zu dunkler Stunde unterwegs und bleib dann auf den breiten Wegen. In der Natur bewegen verlangt auch Kompromisse.
 
Das größte Problem bei den Nightrides ist nicht etwa, dass man die Tiere stört. Dadurch, dass der Wald nachts ohnehin fast leer ist, gibt es genug Fluchtraum.

ABER:

Der Jäger bekommt große Probleme das Wild zu kontrollieren, den Bestand abzuschätzen und zu schiessen (und damit den Bestand zu kontrollieren), weil die Tiere sich nicht in Ruhe und gesammelt zu den üblichen Futterstellen bewegen.
 
Das größte Problem bei den Nightrides ist nicht etwa, dass man die Tiere stört. Dadurch, dass der Wald nachts ohnehin fast leer ist, gibt es genug Fluchtraum.

ABER:

Der Jäger bekommt große Probleme das Wild zu kontrollieren, den Bestand abzuschätzen und zu schiessen (und damit den Bestand zu kontrollieren), weil die Tiere sich nicht in Ruhe und gesammelt zu den üblichen Futterstellen bewegen.
... und daraufhin wird der Jäger seitens der Forstwirtschaft angegangen, weil er seinen Job nicht macht, zu viel unkontrollierbares Wild unterwegs ist und den Forstbestand schädigt. Da sowohl Jäger als auch Forst dann :heul: und später :mad:, bekommen wir Biker als einer der mutmaßlichen Verursacher Probleme mit beiden. Diese Wirkungszusammenhänge waren mir als Laien bisher auch fremd und erfordern von uns Bikern zweierlei: Offenheit für die Probleme anderer Waldnutzer und Kooperation. Dann wird alles gut!
 
Das größte Problem bei den Nightrides ist nicht etwa, dass man die Tiere stört. Dadurch, dass der Wald nachts ohnehin fast leer ist, gibt es genug Fluchtraum.

ABER:

Der Jäger bekommt große Probleme das Wild zu kontrollieren, den Bestand abzuschätzen und zu schiessen (und damit den Bestand zu kontrollieren), weil die Tiere sich nicht in Ruhe und gesammelt zu den üblichen Futterstellen bewegen.

Nicht alle Tiere im Wald werden bejagt, z.B. Singvögel ;)

Für die Tierwelt muss es eben auch Tageszeiten geben, in welchen gar kein Fluchtraum benötigt wird ...
 
Servus,

was die so genannte Forstwirtschaft teilweise im Wald hinterlässt, ist nicht in Worte zu fassen. Außerdem wird z.B. grade am Winterstein vieles dafür getan, dass der Wald leider einen eher parkartigen Charakter bekommt. Das steht ganz sicher nicht im Einklang mit dem Wunsch die Natur zu erleben - auf welchem Weg auch immer. Mir scheint es, als wären die "nicht sportlichen Besucher" des Waldes damit beschäftigt, den Wald zu "verbessern", allerdings auf eine negative Art und Weise.
In der Natur bewegen verlangt auch Kompromisse.
Dies bedeutet aber auch der Natur den freien Lauf zu lassen ... Der Mtbler, Wanderer oder Jogger wird der Natur, sofern er sich angemessen verhält, sicher nicht schaden egal zu welcher Uhrzeit...
 
Hm, warum gibt es dann in empfindlichen Naturräumen eine Besucherlenkung ... weil es wohl doch Tiere gibt, die extrem empfindlich reagieren?

Mit dem angemessenen Verhalten stimm ich Dir voll zu.
 
Wollte nochmal nachfragen, ob mit dem neuen Waldgesetz denn auch eine Vereinfachung der Genehmigungsverfahren für MTB-Strecken einhergeht.
 
Das liegt eher weniger an Gesetzen als an den Verwaltungsjuristen, die darüber jammern, dass ihre Arbeit so schwer ist und dann völlig schwachsinnige Formulare und Vorgehensweisen bestimmen.
 
Dies bedeutet aber auch der Natur den freien Lauf zu lassen ... Der Mtbler, Wanderer oder Jogger wird der Natur, sofern er sich angemessen verhält, sicher nicht schaden egal zu welcher Uhrzeit...

Wenn Radfahrer mit flulichtähnlichen Lampen in Gruppen Nachts durch den Wald rasen, ist das aber kein angemessenes Verhalten!
 
nicht wirklich, da hast du recht ... das liegt aber auch an der Region und Größe des Waldgebietes. Etwas weit hergeholt, aber in Norwegen stresst sich da keiner ...
 
nicht wirklich, da hast du recht ... das liegt aber auch an der Region und Größe des Waldgebietes. Etwas weit hergeholt, aber in Norwegen stresst sich da keiner ...

... und genau das ist der Punkt. Norwegen hat eine Einwohnerdichte von 14 Einw./km. Hier in D als einem der dichtbesiedelsten Regionen der Welt leben mehr als 230 Einw./km! Das verlangt dann auch von ALLEN Waldnutzern deutlich mehr Rücksichtnahme als sonst wo auf der Welt. ... und dann wäre es doch supi, wenn wir Biker, als die schlausten Waldnutzer überhaupt, nicht nur von anderen Waldchaoten (wie z.B. den Abholzern am Winterstein) Entgegenkommen erwarten, sondern selbst durch faires und rücksichtsvolles Verhalten ggü. Mensch und Natur den Anfang zum Besseren machen!
 
Wollte nochmal nachfragen, ob mit dem neuen Waldgesetz denn auch eine Vereinfachung der Genehmigungsverfahren für MTB-Strecken einhergeht.

Genau darin sehe ich immer noch ein großes Problem für uns beim Geländeradsport, wenn es um die Einrichtung von dauerhaften Strecken, spots und Geländen geht. Waldbetretungsrecht ist eine Sache, die andere ist das Planungsrecht mit den ganzen Auflagen bis hin zur Waldumwandlung, wo uns immer noch die Projekte kaputt gemacht werden können. Also, die nächste Baustelle!
 
Auf FB haben wir heute ein paar Gedanken - man könnte auch Sagen ein paar Worte zum Sonntag - gepostet, die wir auch denjenigen, die nicht auf FB unterwegs sind, nicht vorenthalten wollen:

Verbote und Einschränkungen - Sind die Mountainbiker wirklich selbst schuld?

Es gibt kaum eine Diskussionen über Wegesperrungen und weiträumige Verbote des Befahrens mit Fahrrädern (Mountainbikes), in der nicht früher oder später die Auffassung vertreten wird, die Mountainbiker seien daran doch selbst schuld und hätten dies durch ihr Fehlverhalten selbst provoziert. Aber ist das wirklich so? Kann und darf man so Verbote begründen?

Wenn in derartigen Diskussionen von "die" oder "den" Mountainbiker/n die Rede ist, so wird damit unterschwellig die Behauptung aufgestellt, dass dies auf alle Mountainbiker zuträfe. Wie belastbar solche Aussagen sind, zeigte sich erst letztes Jahr in Hessen, als in der Gesetzesbegründung von Problemen und Konflikten mit Mountainbikern die Rede war und dann eingeräumt werden musste, dass es diese auf 99% der Waldwege gar nicht gibt. Auch in Bezug auf den diskriminierenden Wegeplan im Siebengebirge, der Mountainbiker weitestgehend aussperrt, haben wir schon solche Behauptungen gelesen. Mit der Wirklichkeit, wie sie z. B. in wissenschaftlichen Studien belegt wird, haben solche Behauptungen allerdings wenig zu tun. Denn wie sonst sollte man solche Erkenntnisse werten:

"Wie die vorliegende Untersuchung jedoch zeigt, halten sich, trotz der relativ hohen Frequentierung zu Stoßzeiten am Wochenende und an Feiertagen, die Belastungen und Konflikte im Siebengebirge in Grenzen. .... Insgesamt hat die Befragung aber gezeigt, dass im Siebengebirge nur wenige Konflikte zwischen Wanderern und Mountainbikern vorhanden sind. Die Mehrzahl der Befragten nimmt auf die andere Gruppe Rücksicht." (Universität zu Köln, Geographisches Institut, Geländepraktikum "Natursportarten und Ökologie, Ergebnisbericht, S. 59)

Da kommt man nicht nur ins Staunen, sondern auch ins Grübeln und fragt sich bei einem derartigen Befund, was denn die wahren Motive sind? Wir wollen diese Fragen diesem Beitrag nicht weiter vertiefen. Aber wir wollen aufzeigen, welche Dimension Verbote und Beschränkungen haben, die einer sachlichen Grundlage entbehren und warum wir uns dagegen zur Wehr setzen müssen.

Häufig beschuldigen wir uns sogar selbst, in dem wir einzelnen schwarzen Schafen in unseren Reihen die Schuld an Verboten zuweisen. So schreibt ein Leser in der aktuelle Bike (04/2013) zum Wegeplan im Siebengebirge:

"Einen sicherlich nicht unerheblichen Anteil an dieser Entwicklung tragen einige wenige Hardcore-Mountainbike, welche sich mit rüpelhaften Manieren bei Wandersleuten äußerst unbeliebt machen, die dann wiederum ihre Kontakte zur Politik ... nutzen und uns unser Hobby erfolgreich vermiesen."

Auch in Mountainbikeforen und FB finden wir solche oder ähnliche Aussagen aus unseren eigenen Reihen. Aber stellt Euch einmal folgende einfache Kontrollfrage: Ist schon mal jemand auf den Gedanken gekommen, einzelne Straßen oder generell alle Straßen großräumig für den Autoverkehr und alle Autofahrer zu sperren, nur weil manche Autofahrer die Straßenverkehrsregelungen nicht einhalten? Nein, aber sicherlich werden jetzt manche sagen, dass das der ADAC als einflussreiche Organisation schon verhindern würde. Aber es geht hier nicht alleine um Einfluss und Macht, sondern auch um Recht und Wahrung rechtsstaatlicher Grundlagen.

Das Verwaltungsgericht Münster (Urteil vom 19.09.2005, 7 K 1509/02 - Wegedefinition) äußerte sich zu einer Wegesperrung einmal wie folgt:

„Gelegentliche MIßbrauchsfälle rechtfertigen es nicht, ..... die Betretungs- und Befahrensrechte gänzlich auszuschließen."

Diese zunächst banal klingende, Aussage eines Gerichts ist von großer Bedeutung und basiert auf den elementarsten rechtsstaatlichen Grundpfeilern des Grundgesetzes. In einem freiheitlich demokratischen Rechtsstaat haben Beliebigkeit und Willkür keinen Platz und verstoßen gegen die verfassungsmäßige Ordnung des Grundgesetzes. Es ist verfassungsrechtlich schlicht nicht haltbar, alle Mountainbiker für das Fehlverhalten weniger zu bestrafen und in ihren Rechten zu beschneiden, geschweige denn Verbote derart zu begründen. Derartige Denkmuster und Begründungen belegen nicht nur ein seltsames Verständnis von Rechtsstaatlichkeit, sondern führen auch zu verfassungswidrigen Ergebnissen.

Verbote und Einschränkungen von Rechten stellen den gravierendsten Eingriff in die Freiheitsrechte von Bürgern dar. Das Grundgesetz setzt daher für solche Maßnahmen hohe Hürden. Der ungeschriebene Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit (auch Übermaßverbot genannt) ist dabei von elementarster Bedeutung und durch Art. 1 Abs. 3 und Art. 20 Abs. 3 für die gesamte Staatsgewalt unmittelbar verbindlich. Aber worum geht es bei diesem Grundsatz?

Eine in Rechte eingreifende und/oder diese beschränkende Maßnahme muss zunächst einen legitimen öffentlichen Zweck verfolgen und sich an diesem Zweck messen lassen sowie darüber hinaus auch geeignet, erforderlich und angemessen sein. Dazu ein paar Beispiele:

Mit dem ersten Entwurf des Hessischen Waldgesetzes wollte man eine leichter handhabbare gesetzliche Grundlage für das Verbot des Radfahrens abseits von festen Wegen schaffen (legitimer öffentlicher Zweck). Dies wollte man durch eine faktische Wegbreitenregelung erreichen. Wir haben in diversen Stellungnahmen deutlich gemacht, dass man das Radfahren abseits von Wegen nicht mit einem Verbot des Befahrens von schmalen Wegen erreichen kann. Ein solches Verbot hätte daher trotz des legitimen öffentlichen Zwecks gegen das Merkmal der Geeignetheit verstoßen, das eine Kausalität zwischen Zweck und Maßnahme verlangt.

In manchen lokal begrenzten Gebieten, wie z. B. am Feldberg im Taunus, herrscht an manchen Tagen ein hoher Besucherandrang. Wir alle kennen diese Tage, z. B. Wochenenden und Feiertagen mit schönem Wetter oder anlässlich von Veranstaltungen. Und wir sperren uns auch gar nicht, gegen erforderliche Regelungen. Aber leider wird das Kind häufig mit dem Bade ausgeschüttet und das Merkmal der Erforderlichkeit nicht beachtet. Dieses besagt, dass kein milderes Mittel zur Verfügung stehen darf, mit dem in gleicher oder sogar besserer Weise derselbe Zweck erreicht werden kann. Was bedeutet das konkret? Wenn man z. B. nur an ganz wenigen oder ganz bestimmten Tagen ein Problem lösen muss/will, dann kann man nicht einfach so Verbote für "alle" Tage erlassen, denn mit temporären Verboten hätte man ein milderes Mittel zur Verfügung, ganz abgesehen davon, dass für temporäre Verbote alle Landesgesetze auch Rechtsgrundlagen bieten. Aber auch wenn man nur auf bestimmten Wegen oder an bestimmten Stellen ein Problem hat, dann kann ebenfalls nicht so einfach das Mittel des Verbots aus der Jacke ziehen. Vielmehr muss man auch hier sorgfältig untersuchen, was denn die Ursachen des Problems sind und ob man dieses nicht anders, nämlich ohne Verbote, lösen kann und man muss dann das dann auch tun. Verbote können immer nur die ultima ratio in einem freiheitlichen Rechtsstaat sein.

Verbot und Einschränkungen von Rechten müssen Angemessen sein. Wir sprechen hier von der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne, dem dritten Merkmal des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Gemeint ist damit, dass die Nachteile der Maßnahme (also z. B. ein Verbot oder eine Einschränkung) nicht völlig außer Verhältnis zu den Vorteilen stehen darf. Auch hier zeigt das Beispiel des ersten Entwurfs des Hessischen Waldgesetzes sehr schön, wie man gegen diesen Grundsatz verstoßen kann, wenn man es sich zu einfach macht. Obwohl nach offizieller Aussage auf 99% aller Waldwege gar keine Konflikte existierten, wollte man 75% aller Waldwege für Radfahrer sperren - von Verhältnismäßigkeit keine Spur! Auch dies haben wir in mehreren Stellungnahme hervorgehoben und damit letztlich auch Gehör gefunden.

Viele uns bekannten Verbote und Einschränkungen hätten bei genauerer Beachtung dieses ungeschriebenen Verfassungsgrundsatzes nie verhängt werden dürfen.

Aber die Rechtsstaatlichkeit von Verboten und Einschränkungen hat noch weitere Facetten. Immer wieder stellen wir fest, dass Verbote und Einschränkungen faktisch gar nicht kontrolliert und durchgesetzt werden bzw. auch gar nicht kontrolliert und durchgesetzt werden können. Dass in solchen Konstellationen eine dann doch einmal durchgeführte Kontrolle und daran anknüpfende Sanktionen (Verwarnung- und Bußgelder) von den Betroffenen als willkürlich angesehen werden, ist dabei wenig verwunderlich. Aber bei genauerer Betrachtung muss man auch aus verfassungsrechtlicher Sicht darüber nachdenken, ob solche nicht kontrollierbaren und nicht durchsetzbaren Verbote und Einschränkungen nicht sogar verfassungswidrig sind. Das Bundesverfassungsgericht spricht in solchen Fällen von einem strukturellen Vollzugsdefizit. Auch dies kann zu einer Verfassungswidrigkeit von Verboten führen.

Mancherorts wird sogar bewusst von Kontrollen und der Rechtsdurchsetzung abgesehen und die Nichteinhaltung der verhängten Verbote toleriert. Teilweise wird sogar öffentlich im Zusammenhang mit der Verhängung von Verboten kommuniziert, dass man diese gar nicht kontrollieren und durchsetzen wolle, und in dem Kontext darauf verwiesen, dass es die Mountainbiker durch "ihr Verhalten" selbst in der Hand hätten, ob man die Nichteinhaltung der verhängten Verbote weiter tolerieren würde, sie also quasi "auf Bewährung" weiter auf den Wegen fahren lassen würde. Abgesehen davon, dass Bewährungsstrafen nur gegen einzelne Personen im Strafrecht und auch dort nur durch ein Gericht verhängt werden können (richtigerweise müsste man von der Aussetzung einer Strafe zur Bewährung sprechen), so kann man sich als Jurist bei derartigen Aussagen nur noch wundern. Eine ganze gesellschaftliche Gruppe in Sippenhaft für das Verhalten Einzelner nehmen zu wollen, kann man nur als Rückfall in mittelalterliche Denkmuster bezeichnen. Und wer dann noch etwas genauer recherchiert, kann auch durchaus Bezüge zu den Denkweisen totalitärer Regime finden. In einem Rechtsstaat jedenfalls haben solche Denkmuster und "Praktiken" nichts zu suchen.

Lange Rede - Danke für's Durchhalten - Kurzer Sinn: In einem Rechtsstaat haben sich Verbote und Einschränkungen an rechtsstaatlichen Grundsätzen zu orientieren. Tun sie das nicht und verstoßen gegen rechtsstaatliche Grundsätze, so können sie auf dem Rechtsweg angegangen und aus der Welt geschafft werden. Wenn einzelne schwarze Schafe den Anlass und die Begründung für Verbote geben sollen, so scheint dies nur auf den ersten Blick nachvollziehbar zu sein. Einer näheren rechtlichen Betrachtung hält das nicht stand und wir sollten uns gut überlegen, ob wir selbst auf solche Begründungen reinfallen und uns mit gegenseitigen Schuldzuweisungen zerfleischen.

Als Mountainbiker haben wir uns an Recht und Gesetz zu halten und auch die Rechte anderer Besucher und Nutzer der Natur und des Waldes zu achten. Gleichermaßen können wir aber auch erwarten und müssen uns notfalls auch dafür engagieren, dass unsere Rechte geachtet werden und man sich bei Verboten und Sperrungen an Recht und Gesetz hält. In Hessen ist uns dies im Rahmen eines nicht immer einfachen und häufig auch hohe Wellen schlagenden Prozesses gelungen und wir werden nach dem Stand der Dinge ein Waldgesetz bekommen, das nicht einseitig diskriminiert, sondern gegenseitigen Respekt und gegenseitige Rücksichtnahme in den Vordergrund stellt und in diesem Sinne bundesweit eine Vorbildfunktion einnehmen wird. Dass das gelungen ist, basiert aber nicht alleine auf unserer Kampagne gegen das Waldgesetz, sondern auch auf einem Richtungswechsel in der Politik, die unsere Kritik konstruktiv aufgenommen hat, sowie nicht zuletzt auf vielfältigen Dialogen, z. B. im Rahmen der Runden Tische, zwischen allen Interessensgruppen, die sich angenähert und nicht mehr übereinander, sondern miteinander geredet haben. Es konnten Vorurteile und Mißverständnisse auf allen Seiten, sowohl bei Mountainbikern als auch z. B. bei Waldbesitzern, im Dialog bereinigt und beseitigt werden. Und davon werden alle Beteiligten in der Zukunft profitieren, wenn wir diesen Weg weiter gehen.

Aber nur alleine mit Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit in Gesetzgebungsverfahren und Runden Tischen alleine, werden wir nicht alle Probleme lösen und nicht alle rechtswidrigen Verbote verhindern oder beseitigen können. Dazu bedarf es mehr. Es bedarf sachkundiger und kritischer Mountainbiker im ganzen Land, die Verbote aufnehmen und kritisch hinterfragen sowie zeigen, dass wir rechtswidrige Verbote nicht einfach hinnehmen. Und es bedarf einer starken Interessensvertretung, die Verbote notfalls auch vor Gericht bringt und überprüfen lässt. Und um zukünftig verstärkt für Eure Rechte auch vor Gericht streiten zu können, werden mehr finanzielle Mittel - Streiten kostet nicht zur Zeit, sondern auch Geld - aufzubringen sein. Wir machen uns darüber schon Gedanken und werden vielleicht schon zur Jahreshauptversammlung am 06. April in Fulda (Hessen) dazu erste konkrete Vorschläge unterbreiten.
 
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