Hallo Rennradler,
habe Deinen Fred "Bremstechnik" neulich gelesen u. wollte Dir auch noch was dazu schreiben, aber jetzt tu ich es eben gleich hier, da Du Dein Problem Dampfblasenbildung beim Dauerbremsen auf Deinen krassen Abfahrten mit Gefällen >30% u. etlichen HM am Stück erwähnst. Ich kann mir bei den Aussagen, die da lauten, musst halt richtig
bremsen, nicht Dauerbremsen,
Bremsen immer wieder aufmachen, auch nicht vorstellen, wie das bei dem Gefälle überhaupt funktionieren soll.
An den steilen Rampen am Gardasee nur einen kurzen Moment die Bremse geöffnet u. man kriegt im Nu ein irre Tempo drauf. Aber vielleicht kann ich für sowas auch einfach nicht gut genug fahren, um unter solchen Bedingungen im Auf-Zu-Auf-Zu-Modus zu
bremsen. Und ob das dann die Bremse überhaupt nennenswert entlasten würde, sei auch mal dahin gestellt.
Und der Tipp mit dem Anhalten u. Abkühlen lassen ist zwar noch am ehesten realistisch, aber auch nicht wirklich zufrieden stellend.
Große Scheiben sind in Deinem Fall wohl Pflicht, wirst Du ja vermutlich auch dran haben. Aber noch besser wäre eine Bremse, bei der das Problem der Dampfblasenbildung gar nicht erst auftreten kann... nie... gar nicht ... auch bei den krassesten Dauerbremsungen nicht.
Ich selbst bin auch erst letzte Saison von meinem Retrobike mit HS33-
Bremsen auf mein AM-Hardtail um- oder besser gesagt aufgestiegen und ich habe mir lange überlegt, was ich mir für eine Scheibenbremse dranbauen soll. Auf meine Anforderungen wie maximale Betriebssicherheit auch bei extremen Belastungen, Stressfreiheit (z. B. unerwünschte Geräusche, schleifende Beläge, häufiges Entlüften), simple Wartung u. robuster Aufbau hat die
Avid BB7 am besten gepasst.
Die
Avid BB7 ist mechanisch und auch für mich war zuerst ganz klar, mechanische Scheibenbremse = billiger Baumarktschrott. Nach meinen bisherigen Erfahrungen mit dem Thema wage mal die Aussage, dass das genauso auch immer noch in den meisten Köpfen drin ist. In meinem Fotoalbum Projekt On One 456 carbon / Foto #003 kannst Du an den Kommentaren ein paar typische Reaktionen ablesen, wenn es um die BB7 geht.
Es gibt ja einen eigenen BB7-Fred hier, die positiven Erfahrungsberichte kann ich bestätigen. Zusammengefasst kann man sagen, mit den richtigen Hebeln (Speed Dial SL oder 7), den richtigen Zügen (Jagwire Ripcord L3) u. der entsprechenden Zugverlegung ist sie von der Bremskraft her absolut auf einer Höhe mit vergleichbaren hydraulischen
Bremsen wie z. B einer XT-775.
Was sie nicht hat ist eine automatschen Belagnachstellung, einen maximal harten Druckpunkt u. der Bling-Bling-Faktor ist auch im tief roten Bereich. Wenn Dir das wichtig ist, dann ist die BB7 eher nix für Dich. Aber rein sachlich betrachtet müsstest Du Dir Null Gedanken mehr über Dampfblasenbildung machen.
Und noch etwas zum Thema Wärmeableitung in den Bremssattel - bei einer hydraulischen Bremse wird das, wie Du ja aus eigener leidvoller Erfahrung weißt, bei extremer Belastung zum Problem. Simano baut ja die neuen
Bremsen mit Keramikkolben, die den Bremssattel gut isolieren. Die Hitze konzentriert sich praktisch ausschließlich in der Scheibe u. den Belägen, daher wird dort mittels "Icetech" für möglichst gute Kühlung gesorgt.
Belagsfading tritt bei der BB7 natürlich genauso auf wie bei jeder hydraulischen Bremse. Allerdings dürfte auch hier die BB7 eher einen Vorteil haben, da die Beläge direkten u. guten thermischen Kontakt zum
Sattel haben, da ist Metall direkt auf Metall u. entsprechend gut ist die Wärmeableitung in den
Sattel, sofern man Sinterbeläge fährt.
Was bei Hydros ein Nachteil ist, wird hier zum Vorteil, da Beläge u. Scheibe thermisch entsprechend "entlastet" werden.
Folgende Erfahrungswerte:
1) Trailabfahrt 80HM bei durchschnittlich ca. 20%, Schrittempo, am VR Trickstuff NG organisch, am HR original
Avid Sinter, gleiche Scheiben jeweils 180mm Centerlock, Umgebungstemp. ca. 20°C.
Ergebnis: der vordere
Sattel ist grade mal lauwarm (ca. 40-45°C), den hinteren kann man nicht mehr anfassen (ca. 60-70°C).
Abschätzung: der hintere
Sattel hat sich etwa doppelt so stark erwärmt bei max. halber Bremsenergie am HR. Also ist die Wärmeableitung in den
Sattel mit den
Avid Sinter mindestens um den Faktor 4, eher wohl 5 stärker als mit den Trickstuff NG.
2) Am Gardasee Abfahrt vom Aussichtspunkt nach Pregasina, ca. 300HM. Die HR-Bremse mal so gut es ging gequält, Dauerschleifbremsung an der Blockiergrenze, das Gewicht dabei noch möglichst weit nach hinten verlagert, mit der VR-Bremse nur soviel gebremst, wie es noch notwendig war. Leichtes Belagsfading stellte sich nach ca. 50-80HM ein, nahm dann aber nicht mehr weiter zu, die Bremse blieb eine Einfingerbremse, weiter unten kam der zweite Finger dazu weil's bequemer war, nicht weil es sein musste.
Ergebnis: der
Sattel war knackeheiß, die Wärme wurde über den Adapter in den Rahmen weitergeleitet, die Sitz- u. Kettenstrebe konnte man in diesem Bereich auch nicht mehr anfassen. Schade, dass ich vergessen habe, mal etwas Wasser drauf zu kippen, hätte mich mal interessiert, wo es überall gedampft hätte. Werde ich beim nächsten "Test" mal nachholen.
Diese Info über die BB7 für Dich, da Dich das Thema Dampfblasenbildung ja anscheinend immer noch beschäftigt.
Grüße,
Michael