Fahrtechnik Uphill trainieren

Registriert
31. März 2004
Reaktionspunkte
19
Ort
Rheinland
Hallo Kollegen,

gestern hab ich am Berg mal wieder mein Waterloo erlebt. Musste absteigen und schieben. Die Steigung war recht krass und vor allem lang andauernd. Anfangs ging es noch leidlich aber mit schwindenden Kräften und Konzentration fiel ich auf knapp 4 Km/h zurück und musste kurz drauf absteigen. Der Untergrund war ein schmaler Waldweg mit Schotter, Rinde und Geröll aber weitgehend ohne Wurzeln. Nass und etwas vermatscht waren die Wege allerdings noch.

Ich hatte Probleme, dass das Fahren im Stehen irgendwann zu anstrengend wurde, im Sitzen ging mir das Vorderrad hoch, was dazu führte, dass ich ziemlich nach vorne gebeugt sitzen musste - letztlich konnte ich aber in dieser "Klappmesserhaltung" schlechter treten. Durch das Abfallen der Geschwindigkeit sank auch die Trittfrequenz und irgendwann waren dann die Beine "sauer".
Klar: Ich hatte mir gestern deutlich zuviel vorgenommen.

Meine Frage: Abgesehen von Ausdauer, Kraft und Kraftausdauer, die ich durch verschieden lange/intensive Fahrten derzeit schon zu trainieren versuche, was für Tipps und Tricks bezüglich Uphill-Fahrtechnik gibt es von Euch? Wie kann man sowas sinnvoll trainieren bzw. üben? Was ist mit Click-Pedalen? Habe sie gestern nicht benutzt, weil ich aufgrund des niedigen Speed irgendwie ständig am Stürzen war... ;-)

Ich sehe mich selbst als Anfänger, der die ersten Hürden gemeistert hat. Ich habe mich für ein Fahrtechnik-Training angemeldet, dass in ca. einem Monat stattfinden wird. Gibt es Dinge, die ich vorab schonmal üben kann?

Würde mich über Eure Erfahrungen sehr freuen.

Grüße
Michael
 
Hallo Michael,

Deine Erfahrungen teilen wohl Millionen von BikerInnen!!
Mit steigender Kondition und Kraftausdauer wird es Dir natürlich leichter fallen, bergauf zu fahren. Überfordere Dich am Anfang nicht, sondern achte sofort auf richtige Technik und richtige Belastungen. Absteigen ist keine Schande!!!!!!

Hier einige technische Tipps.
1. der runde Tritt.
der ist beim uphill extrem wichtig. runder Tritt bedeutet ein gleichmäßiges und gleichzeitiges Treten des vorderen Pedals und Ziehen des hinteren Pedals. Das bewirkt einen gleichmäßigen Kraftfluss, es gibt keinen toten Punkt beim Kurbeln mehr. Auf diese Weise fließt alle Kraft in die Beine, die ruhig und gleichmäßig pedalieren. Wenn Du nur in die Pedale drückst, fängt Dein Oberkörper an, von einer Seite zur Anderen zu pendeln. Dadurch fährst du unruhig und vergeudest extrem viel Energie! Sehr gut lässt sich der runde Tritt folgendermaßen üben.
Fahre auf ebener Fläche nur mit jeweils einem Fuss und achte dabei besonders auf das Ziehen des Pedals. Natürlich solltest Du dabei mit Click-Pedalen fahren. Clickpedale erleichtern das Uphill-Fahren ungemein!!!
Wenn Du in der Ebene ein gutes Gefühl für den runden Tritt bekommen hast, dann suche Dir mit der Zeit immer deutlichere Steigungen, an denen Du diese Technik einsetzt. Setz Dich nicht unter Druck, sondern fahre erstmal langsam und auf den runden Tritt konzentriert. Der Erfolg kommt mit der Zeit. Und achte dabei darauf, dass Dein Oberkörper nicht mitpendelt, sondern ruhig bleibt.

2. Wie schon gesagt: Click-pedale. Sie sorgen für den ungestörten Kraftfluss zwischen Bein, Fuß und Pedal. Beim runden Tritt helfen sie, das hintere Pedal nach vorne/oben zu ziehen!

3. gegen das Steigen des Vorderrades hilft es, den Lenker gleichsam nach unten zu ziehen. Viele bikerInnen ziehen an Steilpassagen intuitiv nach oben/hinten. Dadurch steigt das Vorderrad natürlich extrem schnell. Stell Dir vor, Du ziehst den Lenker gegen den Boden.

4. zur richtigen Lenkerstrategie kommt auch noch die richtige Sitzhaltung. Der Oberkörper flacht ab (deine "Klappmesserhaltung"). Gleichzeitig solltes Du aber auf dem Sattel ein wenig nach vorne rutschen, damit Du das Gefühl hast, von oben in die Pedale treten zu können. Außerdem musst Du Deinen Oberkörper dann nicht zu extrem abflachen.

5. Im Wiegetritt solltes Du darauf achten, den Oberkörper nicht so weit nach vorne über den Lenker zu beugen. Dadurch verändert sich zum einen der Schwerpunkt im Rad, das ganze Gewicht geht nach vorne auf die Steuerung, die traktion des Hinterrades geht verloren. Das Hinterrad rutscht durch, und Du lässt extrem viel Kraft. Richtig ist eine mehr aufrechte Position, die es Dir ermöglicht, Dein Körpergewicht als Energie ins Wiegetritt-Pedalieren einfließen zu lassen. Dadurch sparst Du Kraft und schonst auch Deinen Rücken. Außerdem kannst Du in dieser Körperhaltung das Durchrutschen des Hinterrades viel besser verhindern bzw. konrtollieren, weil der Schwerpunkt mehr mittig im Rad mit (ganz ganz leichter) Tendenz nach hinten liegt.

Ein Fahrtechnikseminar ist sicherlich eine gute Idee!
Viel Erfolg beim Üben! Und lass Dir Zeit dabei!

Grüße!
 
Ich gebe dem Prediger völlig recht. hier noch ein Hinweis zu Click-Pedalen.
ich fahre erst seit kurzem damit und meine Reaktionszeit, bis ich ausgeklickt habe, ist noch nicht optimal.
Ich hatte nun am WE an einem steilen Berg das Phänomen, dass ich das Gefühl hatte, unbedingt absteigen zu müssen, wußte aber, dass ich sicher nicht richtig aus den Clickies rauskommen würde, da ich ja gleichzeitig fürchterlich am Treten war. :D
Naja, ich musste ihn dann halt bis zum Ende fahren ;) , war danach aber platt (und schon irgendwie zufrieden).
Was ich damit sagen will, ist: Bis Du Dich an die Clickies gewöhnt hast, lieber keine Berge fahren, bei denen Du sicher bist, absteigen zu müssen...

An die Clickie-Experten: Wie in dem Moment am geschicktesten ausklicken?
 
swe68 schrieb:
...ich fahre erst seit kurzem damit und meine Reaktionszeit, bis ich ausgeklickt habe, ist noch nicht optimal.
Ich hatte nun am WE an einem steilen Berg das Phänomen, dass ich das Gefühl hatte, unbedingt absteigen zu müssen, wußte aber, dass ich sicher nicht richtig aus den Clickies rauskommen würde, da ich ja gleichzeitig fürchterlich am Treten war. :D ...
...An die Clickie-Experten: Wie in dem Moment am geschicktesten ausklicken?


Wie wär's mal mit ein paar Gleichgewichtsübungen. ;) Wenn Du in der Lage bist, zumindest ein paar Sekunden auf der Stelle zu stehen, hast Du jede Menge Zeit, um aus den Klickies rauszukommen.
 
PREDIGER schrieb:
Hallo Michael,

Deine Erfahrungen teilen wohl Millionen von BikerInnen!!

[...]

Ein Fahrtechnikseminar ist sicherlich eine gute Idee!
Viel Erfolg beim Üben! Und lass Dir Zeit dabei!

Oha,

vielen Dank für die tollen Beiträge besonders an den Prediger für das lange "Traktat" :-)

Das sind wirklich viele Anregungen drin, die man ins tägliche Training einbauen kann.

Grüße
Michael
 
swe68 schrieb:
An die Clickie-Experten: Wie in dem Moment am geschicktesten ausklicken?

Meine ersten Clickies haben mir ähnlichen Stress bereitet. Habe verschiedene ausprobiert und bin seit ein paar Jahren bei den 959 gelandet. Meine Knie haben sich bedankt (ausreichend Spiel) und entsprechend eingestellt, kommt man wirklich zu jeder Zeit "raus".
Das zu wissen hilft sehr, dann den Berg doch noch durchzufahren.... :lol:
 
swe68 schrieb:
An die Clickie-Experten: Wie in dem Moment am geschicktesten ausklicken?

einfach noch kurz warten. nachdem du umgekippt bist, bist du höchstwahrscheinlich auch schon ausgeklickt. geht ganz automatisch ;)

Klickies sind wirklich was feines. Und wenn es extrem steil berghoch geht, ich sehr langsam bin und mir das Hinterrad wegrutscht dann kommt es schon noch vor, dass ich umkippe. Ist für mich aber keine Schande. Passiert halt :D
 
PREDIGER schrieb:
3. gegen das Steigen des Vorderrades hilft es, den Lenker gleichsam nach unten zu ziehen. Viele bikerInnen ziehen an Steilpassagen intuitiv nach oben/hinten. Dadurch steigt das Vorderrad natürlich extrem schnell. Stell Dir vor, Du ziehst den Lenker gegen den Boden.
ist das denn wirklich so?
ich hab am wochenende beim fahren drüber nachgedacht, und eigentlich kann das ziehen, egal in welche richtung, doch keinen einfluss auf körperschwerpunkt, steigen des vorderrades o.ä. zu tun haben, oder?! zumindest wenn ich mal der einfachheit halber davon ausgehe, dass ich immer an der gleichen stelle auf dem sattel sitze.

ist es nicht besser, einfach mehr oder weniger entspannt den lenker zu halten und alles andere mit verlagerung von oberkörper, sitzposition etc. zu machen?

bitte um aufklärung...
 
dubbel schrieb:
ist das denn wirklich so?
ich hab am wochenende beim fahren drüber nachgedacht, und eigentlich kann das ziehen, egal in welche richtung, doch keinen einfluss auf körperschwerpunkt, steigen des vorderrades o.ä. zu tun haben, oder?!

das ist richtig. wenn das funktionieren würde, könnte man auch auf einem segelboot einen riesen-fön installieren, der ins segel bläst und somit das boot antreibt :).
 
Aber um den Oberkörper auf einem Mountain Bike in die Position nach vorne und unten zu bringen, muss man , je steiler es wird, um so mehr "ziehen". Praktisch zieht man natürlich nicht, sondern leistet Haltearbeit.
 
dubbel schrieb:
ist das denn wirklich so?
ich hab am wochenende beim fahren drüber nachgedacht, und eigentlich kann das ziehen, egal in welche richtung, doch keinen einfluss auf körperschwerpunkt, steigen des vorderrades o.ä. zu tun haben, oder?! zumindest wenn ich mal der einfachheit halber davon ausgehe, dass ich immer an der gleichen stelle auf dem sattel sitze.

ist es nicht besser, einfach mehr oder weniger entspannt den lenker zu halten und alles andere mit verlagerung von oberkörper, sitzposition etc. zu machen?

bitte um aufklärung...

Du hast natürlich völlig Recht. Sonst könnte man sich ja auch am Schopfe aus dem Sumpf ziehen (hat seit Münchhausen keiner mehr geschafft). Was der Prediger aber sicher meint und bewusst vereinfacht dargestellt hat: Wenn man versucht, den Lenker nach unten zu drücken, verlagert man das Gewicht nach vorne.

Im Übrigen: Mit steigender Kraft fällt es auch leichter, bergauf sicher über die Hindernisse zu fahren. Je schneller, desto besser. Auch hier gilt: Geschwindigkeit bringt Sicherheit.

Genug der Floskeln...
 
..ich muss da auch dubbel zustimmen, bei mir gehts besser, wenn ich mich ganz bewusst entspanne, die Schultern und Ellenbogen locker lasse und ansonsten nur das Gewicht nach vorne verlagere. Je mehr ich mich im Schulter-/ Oberkörperbereich "verkrampfe", desto schwerer tu ich mich mitm Schnaufen... Und das is bergauf echt schlecht... :D
 
dubbel schrieb:
ist es nicht besser, einfach mehr oder weniger entspannt den lenker zu halten und alles andere mit verlagerung von oberkörper, sitzposition etc. zu machen?
Das überleg ich mir auch schon eine Weile. Uphill ist für mich freilich keine Gelegenheit, bei der ich irgendwas entspannen könnte. Entspannt heißt kraftlos, und eine gewisse Kraft ist schon nötig, um bei der Präsenz schräger Steine und Wurzeln den Lenker gerade zu halten, wenn's mit "Geschwindigkeit bringt Sicherheit" nix mehr ist. Geschätzt der Hälfte meiner "Absteiger" geht in der Tat auch wildes, unkoordiniertes Kurvenfahren voraus. (Vielleicht sollt ichs ja doch mal mit krampfhafter Entspannung *hr* versuchen.)

Runterziehen des Lenkers -> Körperspannung + psychologische Hilfe.

ad onkel: Zum Vorverlagern des Gewichts müsste man den Lenker aber doch eigentlich hoch (= zu sich her) ziehen, oder?
 
onkel schrieb:
Du hast natürlich völlig Recht. Sonst könnte man sich ja auch am Schopfe aus dem Sumpf ziehen (hat seit Münchhausen keiner mehr geschafft).

noch besser: man drückt den lenker nach vorn und wird dadurch schneller :).

ich denke entspannung ist wichtig (angepsannte muskeln verbrauchen energie), nur ist das nicht so einfach zu bewerkstelligen. ich muss mich darauf konzentrieren. wenn ich das nicht tue verkrampfe ich wieder, vorallem im schulterbereich.
 
carmin schrieb:
ad onkel: Zum Vorverlagern des Gewichts müsste man den Lenker aber doch eigentlich hoch (= zu sich her) ziehen, oder?

Na ja, entweder man zieht sich zum Lenker, oder man versucht den bösen Lenker mit dem eigenen Gewicht auf den Boden zu drücken....oder so. Hauptsache man verkürzt den Weg zwischen Brust und Lenker.
 
Sobald man den Oberkörper nach vorne bringt, verlagert man sein
Gewicht automatisch nach vorne, ist doch irgendwie logisch, oder?
Somit macht man es dem Vorderrad erheblich schwerer in die Luft zu steigen.

Damit man nicht wie oben schon geschrieben, den Kopf auf den Vorbau legen muß kann man durchaus mit den Armen nachhelfen und mit deren Hilfe
versuchen das Vorderrad mehr auf den Boden zu drücken.
Ich hoffe es wird jetzt etwas klarer!

Gruß
Thorsten
 
dr flitzer schrieb:
Sobald man den Oberkörper nach vorne bringt, verlagert man sein Gewicht automatisch nach vorne, ist doch irgendwie logisch, oder?
klar. volle zustimmung.


dr flitzer schrieb:
... [man kann] durchaus mit den Armen nachhelfen und mit deren Hilfe versuchen das Vorderrad mehr auf den Boden zu drücken.
Ich hoffe es wird jetzt etwas klarer!
eben nicht. was du auf dem rad drückst, schiebst, ziehst etc. hat keinen einfluss auf das steigverhalten und/oder deinen schwerpunkt.
mechanisch gesehen bildest du auf dem rad eine geschlossene kinematische kette.
stell dir vor, du stellst einen stuhl auf ne waage. dann ziehst du an der lehne oder drückst auf die sitzfläche o.ä. - das wird keinen einfluss auf das haben, was an (gewichts-)kraft als resultat unten ankommt.
und ähnlich stelle ich mir das auf dem beik vor.
 
dubbel schrieb:
eben nicht. was du auf dem rad drückst, schiebst, ziehst etc. hat keinen einfluss auf das steigverhalten und/oder deinen schwerpunkt.
Du weißt doch, wie's gemeint ist ;)

Natürlich ändert sich nix am Schwerpunkt, wenn man nur Kräfte in irgendwelche Richtungen ausübt; man will sich aber nach vorn beugen und diese Bewegung (gegen die schlecht gedehnte Rückenmuskulatur oder so...) behufs des Lenkers unterstützen, gleich, in welche Richtung man ihn nun ziehen mag...
 
Hab net alles gelesen, hier noch paar Tips bei Steilpassagen bergauf:

1) Sitzposition: steilerer Sitzwinkel bringt Vorteile, man kippt weniger leicht nach hinten, Vorderrad bleibt länger am Boden. Also evtl. muß Sattel paar cm weiter nach vorne. Dazu bei Steilpassagen auf den vordersten teil des Sattels setzen.

2) Vorbau/Lenker: evtl. ist der Lenker zu hoch oder zu weit am Fahrer. Entweder längeren oder flacherer Vorbau oder beides. Oder aber Vorbau umdrehen, also z.B. statt +6° hat man dann -6°.

3) Gabel: ideal ist das ECC von Marzocchi, besonders bei gabeln mit mehr als 8cm Federweg.

4) Oberkörper möglichst weit nach vorne beugen, dabei (1) nicht vergessen: auf dem sattel möglichst weit vor!

5) pei Kurzpassagen: schneller Antritt und im Sprint rauffahren. Dies geht aber nur bei guter Kondition!

6) im schwierigen Gelände: auf griffige Reifen achten!


Gruß Robert
 
dr flitzer schrieb:
versuchen das Vorderrad mehr auf den Boden zu drücken.

eben nicht. wenn ich am lenker nach oben ziehe geht das vorderrad nach oben ? (ich meine keinen impuls durch heftiges ziehen sondern eine statische kraft - physikalisch ne andere geschichte) wenn ich nach vorm drücke werd ich schneller? wenn ich entgegen der fahrtrichtung ziehe bremse ich?

nöö du, dat geht nicht :D
:bier:
 
Zurück