Aaalso... ich hab das Buch jetzt durch. An und für sich ganz kurzweilig. Viel neues erfährt man allerdings nicht - weder über Ullrichs Motivations- und Demotivationsphasen, über den Radsport, Training, die Konkurrenz, den Ausgang der Tour 2004, ...
Dennoch: das Buch wirkt "ehrlich". Ullrich und sein Autorenteam sind redlich bemüht, weder das Bild von einem talentierten Superstar, der nichts anderes zu tun hat, als sein Talent zu verschleudern, noch von einem karriereversessenen Sportprofi, der alles andere in den Hintergrund stellt, aufkommen zu lassen.
Jan Ullrich präsentiert sich in dem Buch in erster Linie als "Mensch". Blöderweise ist das Buch gerade deswegen zu flach. Die zweite Direktive zielte nämlich wohl leider darauf ab, so viel wie möglich von der Privatsphäre eines Mannes zu schützen, der neben seinem Beruf insbesondere seine Familie liebt.
So bleibt das Buch weit hinter Armstrongs Erstlingswerk zurück, welches aufgrund der sehr authentisch berichteten Krankengeschichte, den fühlbaren Selbstzweifeln, dem gerade noch erträglichen Patriotismus (der gerade noch erträglich amerikanisch ist) und der größeren Offenheit profitiert. Armstrong wollte seinen Lesern etwas vermitteln - zusammen mit seiner Autorin ist ihm das definitiv gelungen (oder wem sind keine Schauer den Rücken runter gelaufen, als er das Buch gelesen hat?). Ullrich dagegen beschreibt schön biografisch zunächst seine Kindheit, dann die nicht unumstrittene Sportförderung in der ehemaligen DDR, den Aufstieg zum "Superstar" und alle Ereignisse, die wir regelmäßigen "Bild"-Konsumenten (

) ohnehin besser als er selbst kennen.
Allerdings gibt es Lichtblicke: noch nie habe ich so detailliert gelesen, wie sich der Weg eines Profis vom Jugendalter über die Lizenzklasse bis zur Elite zieht. Sehr ehrlich beschreibt Ullrich auch sein Selbstbild: er möchte kein "Armstrong II" sein - dies macht ihn sehr sympatisch. Außerdem ist das Buch ausgesprochen kurzweilig zu lesen - Annekdoten aus "längst vergessenen Tagen" finden sich zuhauf.
Fazit:
Armstrongs Buch ist mitreißender. Man liest es, nimmt etwas für sich mit und hat sofort Lust mit dem Rad rauszugehen.
Ullrichs Buch ist sehr kurzweilig und auf jeden Fall zwei, drei Leseabende wert. Ist man selbst eher "Normalo" denn makellos und perfekt, wünscht man Ullrich nach der Lektüre den Toursieg. Mag man selbst (wie ich übrigens auch) Schokolade ohne Einschränkung erst recht

)
Ich würde es wieder kaufen und lesen. Aber wenn mir jetzt unbedingt jemand mein Exemplar abkaufen wollte würde ich mich auch nicht wehren.