!!! Potzhuäräsiech !!! (schweizerdeutscher Ausdruck für extrem starke Begeisterung).
Heute wurde es gefährlich während der Abfahrt. Schon beim Hochfahren habe ich festgestellt, dass die Federung hinten spürbar sensibler arbeitet und beim Hochfahren noch ein wenig mehr Traktion generiert als vorher, wobei ich schon vor der Modifikation beim Hochfahren absolut nichts auszusetzen hatte. Das liegt sicher an der nun abgeschwächten High Speed Druckstufe und weniger an der angepassten High Speed Zugstufe. Bei langsamerer Fahrt fiel mir bei Gabel und Hinterbau ein etwas lebendigeres Federverhalten auf.
Dann die Abfahrt. Wie immer in den letzten Wochen war es nass, Jurakalksteine und Wurzeln sind dann bei uns sehr glitschig. Ich fuhr auf dem ersten etwas verblockten, recht steilen Teil der Abfahrt mit einigen Stufen und kurzen Felspartien noch eher vorsichtig, aber schneller als sonst an dieser Stelle bei Nässe. Die Kontrolle war ausgezeichnet. Etwas weiter unten folgen Wurzel-Steinfelder auf dem sehr schmalen Trail - es gibt nicht viel Raum zum Ausweichen und einige Wurzeln verlaufen diagonal oder sogar mehr längs als diagonal. Dabei hat es einen längeren Abschnitt mit nur leichten Richtungsänderungen. Nach dem ersten schnell gefahrenen Teil liess ich die Bremse offen und kam zum Staunen kaum mehr heraus: Das Bike lag unglaublich ruhig, obwohl ich schneller fuhr als ich es vorher jemals bei Trockenheit gemacht hatte. Erst als ich anbremsen musste, um die scharfe Linkskurve zu erwischen, realisierte ich, wie schnell ich effektiv unterwegs war und begann kurz etwas zu schwitzen, denn die Bremstraktion auf nassen Steinen und Wurzeln (die zum Glück nicht überall den Trail bedeckten) ist nicht wirklich toll...
Als ich dann die Kurve noch gut erwischte und auf den kürzeren letzten Abschnitt dieses Trails einbog, hatte ich vermutlich ein ziemlich breites Grinsen im Gesicht.
Auf dem zweiten Teil der Abfahrt, der auch einige mit Steinen gespickte Abschnitte bereithält, fuhr ich durchs Band schneller als je zuvor und ich merkte, dass das nicht ungefährlich ist, denn der Bremsweg wird gleich viel länger und man realisiert zuerst gar nicht, wie schnell man plötzlich unterwegs ist, bis man dann zu
Bremsen beginnt...
Ich kam jedenfalls heil und ohne Sturz zuhause an.
Wie fühlten sich nun die Federelemente im Vergleich zu vorher an?
Die Federgabel: Bei langsamer Fahrt sind kaum Unterschiede spürbar, sie fühlt sich etwas lebendiger an, viel mehr Unterschied ist nicht zu spüren. Ganz anders, wenn man schnell fährt: Das Vorderrad behält gefühlt viel länger Bodenkontakt und folgt dem Boden viel präziser - vor allem verhärtet die Gabel nicht mehr bei vielen kurz aufeinander folgenden Schlägen - genau in diesen Passagen ist der Unterschied zu vorher sehr gross und auch für Ungeübte und Unsensible sehr gut spürbar - das Vorderrad beginnt nicht zu springen, man kann die Linie viel besser halten, es verschwimmt nicht vor den Augen.
Trotz wieder auf die ursprünglichen höheren Druckwerte 48/80 psi gepumpten Gabel, habe ich heute etwa 122 mm Federweg ausgenutzt, also auf derselben Strecke 5 mm mehr als mit vorher tieferen 40/70 psi. Das liegt an der deutlich höheren gefahrenen Geschwindigkeit, denn an der Druckstufe habe ich ja nichts verändert.
Der Dämpfer: Bei langsamer Fahrt über kleine und grosse Hindernisse ist in erster Linie die schwächere Druckstufendämpfung spürbar, die Schläge werden mit weniger Feedback geschluckt, kleinere Kräfte kommen durch. Je schneller man fährt und je grösser die Schläge, desto mehr spürt man, dass das Hinterrad länger Bodenkontakt hat und ruhiger bleibt, es ist vom Gefühl her im Vergleich zu vorher ein wenig wie mit zu wenig Druck im
Reifen fahren (bei einem gut dämpfenden
Reifen). Es werden spürbar weniger hohe Kraftspitzen an den Rahmen / Fahrer durchgereicht, was sicher ein Verdienst von weniger Highspeed Druck- und Zugstufe ist. Ich war zwar bei der verstellbaren Lowspeed Druckstufe fast am Anschlag (fast komplett geschlossen), habe aber extra darauf geachtet, was bei der Landung nach einem (nicht allzu hohen) Sprung passiert: Die Landung ist sehr komfortabel und ohne jegliches Gefühl, dass es einen hinten aushebeln will.
Fazit: Je nach Dämpfer und Federgabel kann es für sehr leichte (oder sehr schwere) Fahrer sehr sinnvoll sein, sich die High Speed Zugstufe und allenfalls die Druckstufe weicher (härter) abstimmen zu lassen, damit die Dämpfung in einem sinnvollen Bereich arbeiten kann. Der Unterschied kann sehr gross sein und ist auf jeden Fall für alle spürbar, die auch mal etwas schneller fahren und in gröberem Gelände unterwegs sind.
Was für mich in diesem Zusammenhang sehr erstaunlich ist: Ich fahre auf einem Prototypen (Hardtail) ab und zu eine Judy Gold RL Solo Air, die ich auf etwa 110mm getravelt habe. Dort ist die Zugstufe auch für mein Leichtgewicht in einem wunderbar passenden Bereich. Es muss also nicht jede Federgabel und jeder Dämpfer für leichte Fahrer umgeshimt werden....