Radreiseausflug Karakoram Highway 31.8. - 15.9.2012

Suoper Bilder, toller Bericht. :)
Jetzt wo Stuntzi wieder aus dem Urlaub zurück ist, wurds schon langweilig im Büro; Ist ja quasi ein Post-Livebericht, so jeden Tag was Neues. Das Brot in Upal sieht aber lecker aus, mit so Kringeln oben drauf. War das süß?

komamati
 
Das Brot ist ein mit Butter bestrichenes einfaches Weizenfladenbrot, dass an die Innenseite eines Holzofens geklebt wird und dann dort ein paar Minuten bäckt.
 
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Mittwoch: Karakul - Tashkurgan

Dieser Tag kam sehr schleppend in Gang, wurde zum Ende hin aber sehr dynamisch.


In der Nacht fing es an zu regnen, und als wir morgens aufwachten war die Stimmung entsprechend schlecht. Die Innentemperatur der Jurte (deren Schafsfelle nun stark nach vergossener Milch rochen) betrug 8 Grad Celsius, draussen war es kälter. Wir richteten uns darauf ein, einen weiteren Tag am See zu bleiben. Ich las endlich mal alle englischsprachigen chinesischen Zeitungen, die ich so eingesammelt hatte (sehr interessant), und wir hörten dem Regen zu.




Gegen Mittag hörte der Regen aber auf, und wir beschlossen, uns doch noch auf den Weg zu machen. Eilig packten wir ein, um noch genügend Zeit vor dem Einbruch der Dunkelheit zu haben. Es galt, einen 4200 Meter hohen Pass zu überqueren und 95 Kilometer zurückzulegen. Auf dieser Karte sieht die Angelegenheit sehr flach aus, aber es sollten am Ende über 1000 Höhenmeter werden:

large_3karakul-tashkurgan.jpg



Gleich nach einem Kilometer ereilte mich mein erster Platten, welcher uns noch ein wenig aufhielt, und kurz nachdem nach 5 Kilometern das folgende Bild entstanden war, begann meine Freundin ihr Mobiltelefon zu vermissen. Ein Durchsuchen aller Taschen ergab kein Ergebnis und so fuhren wir zur Jurte zurück. Das Telefon wurde gefunden und als es dann gegen halb zwei wirklich losging, war klar, dass wir schnell fahren müssten.




Mit zum Glück kräftigen Rückenwind ging es die Hochebene weiter hinauf.




Der obere Teil des Tales wird von Tajiken besiedelt, die in solchen Dörfern wohnen:




Kamele sind ausserordentlich niedliche Tiere.






Dem Pass, den wir heute erklimmen sollten, sah man von weitem schon ganz genau an, was zu tun ist: 200 Höhenmeter nach links, 200 Höhenmeter nach rechts. Wir verspeissten die zweite Runde Powerbars dieses Tages (es sollten noch einige mehr werden) und hechelten in stetigem Tempo den Hügel hinauf.




Auf über 4000 Metern! Ein ziemlich tolles Gefühl.




Auf Wiedersehen Kirgisischer Autonomer Bezirk Kizilsu!




Hallo Tadschikischer Autonomer Bezirk Tashkurgan! Es ist kalt, aber alle Beteiligten sind sehr zufrieden.




Dem Pass folgte eine Abfahrt von 1200 Höhenmetern verteilt auf 50 Kilometer. Doch wie so oft im Gebirge, wenn der Wind bei Sonne überall bergauf weht, sahen wir uns plötzlich einem heftigen Gegenwind ausgesetzt, welcher die Abfahrt ähnlich anstrengend wie den Aufstieg machte.


Doch zunächst erst noch einmal ein Kamel (vor dem Muztagh Ata):




Und wir (vor dem gleichen Berg):




Mittlerweile waren wir ernsthaft in Eile, und wir entwickelten im Laufe der Abfahrt eine sehr effiziente Führungswechseltechnik: Ich zog auf flachen Stücken und bergauf, und meine Freundin bergab (ich konnte aufgrund von grossem Ritzel auf der Nabe nicht mehr als 35 km/h treten, meine Freundin mit ihrem Rennrad schaffte jedoch deutlich mehr).




Eine Oase.




Eine allgemeine Erschöpfung begann einzusetzen. Bis zu den Bergen am Horizont mussten wir noch, und dann nochmal 15 Kilometer bergauf. Doch die Langschaft war toll.




Ein tajikisches Dorf kurz vor Tashkurgan. Hinter den Bergen im Hintergrund beginnt Afghanistan.




Wir erreichten Tashkurgan in den fast letzten Stadien der Dämmerung (welche um so kürzer ist, je näher ein Ort am Äquator liegt) und nahmen das erste Hotel, das wir fanden. Im Restaurant bestellten wir wieder, in dem wir zufällig auf der Karte herumzeigten (das grüne im Bild) und bekamen diesmal eine Algensuppe mit Knochen sowie irgendetwas unglaublich scharfes. Später bestellten wir auch noch das, was die Tischnachbarn so hatten und bereicherten damit die ohnehin schon sehr positive kulinarische Bilanz unserer Reise um ein weiteres tolles Abendessen.




Zurück im Hotel genossen wir den Luxus einer warmen Dusche (wir hatten uns seit drei Tagen nicht gewaschen) und schliefen recht bald erschöpft aber glücklich ein.
 
Donnerstag: Tashkurgan - Sost

Über die Grenze nach Pakistan darf man nicht mit dem Fahrrad fahren. In diversen Foren steht als Begründung, dass vor ein paar Jahren ein paar Radfahrer von der Strasse abgebogen waren, um über die grüne Grenze nach Afghanistan zu fahren. Ein Chinese erzählte uns, dass damit die Radfahrer vor freilaufenden Hirtenhunden geschützt werden sollen. Und ich denke, dass es dies ganz normale Paranoia eines Polizeistaates ist.

original_4tashkurgan-sost.jpg



Stattdessen mussten wir den Bus nehmen. Auf Nachfrage im Hotel erfuhren wir, dass dieser um 7:30 Uhr Pekingzeit am Busbahnhof abfahren würde. China hat nur eine Zeitzone, und Pekingzeit 7:30 heisst eigentlich 4:30 Uhr im Westen Chinas. Im Dunkeln ohne Frühstück zogen wir los, und es stellte sich im weiteren Verlauf des Morgens heraus, dass der Rezeptionist im Hotel keine Ahnung hatte. Nachdem am Busbahnhof eine ganze Weile nichts passierte, fingen wir an, wahllos Leute auf der Strasse zu fragen. Eine Gruppe Bauarbeiter aus Saudi-Arabien wusste schliesslich den Weg und so fanden wir uns bald vor dem Toren der Stadt vor der Grenzkontrollstation wieder. Diese war scheinbar erst vor kurzem gebaut worden (auf den Satellitenbildern von Google Earth ist sie noch nicht zu sehen) und ist gefühlt darauf ausgelegt, mehrere zehntausend Passagiere pro Tag abzuwickeln.




Tatsächlich sollten es heute 15 Reisende werden, von denen die ersten zwei pakistanische Händler waren, die den Bus als ihr Warentransportmittel benutzten.




Insgesamt warteten wir 3 Stunden, bis irgendwas los ging. Eine weitere Stunde verbrachten wir mit Ausreiseformalitäten (wir mussten unsere Pässe insgesamt 7 verschiedenen Leuten zeigen) und noch eine weitere mit dem Verstauen der Waren:




Insgesamt gaben die grimmig schauenden chinesischen Offiziere, die japanischen und koreanischen Touristen und die Händler ein sehr amüsantes Schauspiel ab. Ja, die zwei gebrauchten Reifen mussten auch mit.




Ready to go!




Am frühen Nachmittag ging es dann los. Der Bus war brechend voll, und vorne unterhielten sich Soldaten auf dem Weg zur Grenzstation in einer infernalischen Lautstärke.




Der Bus war schon ein etwas älteres Modell, und alle halbe Stunde kippte der Fahrer Wasser aus einem Bach in ein Loch neben seinem Sitz.




Die Strasse wurde schliesslich steiler und der Bus schraubte sich unter grossem Geächze zum Khunjerab Pass hinauf. Es kann am Bus oder aber auch an der noch einmal dünneren Luft als am Vortag (4700 Meter Höhe) gelegen haben, jedenfalls bekamen wir beide leichte Kopfschmerzen.


Hallo Pakistan! Nach der Grenze hatten wir gehofft, den Bus verlassen zu dürfen (diverse Berichte erwähnten diese Möglichkeit je nach Laune des Busfahrers), doch wir durften nicht.




Es folgte eine lange Abfahrt durch die wunderbar schroffen Schluchten des Khunjerab National Park.




Platz für eine Strasse gab es in diesem Tal eigentlich nicht und praktisch ständig sind Bauarbeiter mit dem Beseitigen der Hinterlassenschaften von Erdrutschen beschäftigen. An dieser Stelle warteten wir eine halbe Stunde bis es weiterging.




Unser Reisemittel.




Und weiter:




Am späten Nachmittag erreichten wir die Grenzkontolle in Sost. Der Kontrast zu den unfreundlichen und selbstbezogenen Chinesen war enorm: die Grenzbeamten waren nett und gelassen, und selbst das informelle Gespräch mit dem Geheimdienst war sehr angenehm. Ein toller Einstieg in ein neues Land.


Unser Zimmer in einem Hotel mit einem unglaublich netten Wirt.




Wir verbrachten den Abend essend und lesend im Restaurant des Hotels. Ab nun wurde ein Schleier getragen, wofür meine Freundin auch sofort Komplimente bekam. Wir unterhielten uns lange mit dem Wirt (endlich wieder einmal jemand, dessen Sprache wir verstanden), und später kam der Geheimdienst noch mal kurz vorbei um nach dem rechten zu schauen.

 
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Freitag: Sust - Passu

Nach den doch recht anstrengenden Etappen der letzten Tage sollte es heute über nur 40 Kilometer nach Passu gehen, wo wir den Nachmittag mit wandern zu verbringen gedachten.

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Das sehr zu empfehlende Asia Star Hotel in Sust:




Sust selbst ist eine dreckige Grenzstadt. Wir sahen ausschliesslich Männer, und diese schienen alle entweder von Handel oder dem Transportgewerbe zu leben.




Ein Blick zurück talaufwärts:




Ein Anblick, den man normalerweise eher mit Indien verbindet, ist der eines reicht geschmückten Holz-LKWs. Nun, diese sind in Pakistan ebenso üblich und die meisten Fahrer dieser Fahrzeuge hatten das durchaus nette Anliegen, uns irgendwie zu grüssen (ich denke, es lag an meiner Freundin).




Getreideernte vor der Erfindung des Mähdreschers. Geschnittene Ähren werden zum Trocken auf das Feld gestellt, um später gedroschen zu werden.




Die Wolken wurden immer dichter, und kurz vor Mittag fing es leider an zu regnen.




Am Fusse des Passu Glacier, dem zweitlängesten Gletscher der Welt ausserhalb der Antarktis. Leider regnete es mittlerweile stärker, sodass wir diese Attraktion nicht näher in Anschein nehmen konnten oder wollten.




Am frühen Nachmittag erreichten wir Passu und machten erst einmal einen längeren Mittagsschlaf. Später gingen wir noch ein wenig im Regen spazieren, machten sonst nichts, und gingen in der Hoffnung auf besseres Wetter am nächsten Tag relativ früh schlafen.

 
Weitermachen-weitermachen-weitermachen!!!
:)

Sehr sehr interessanter Bericht den ich förmlich verschlinge!

Kleine (vielleicht doofe) Frage nebenbei: Warum fährst du im Hemd?

LG
 
Kleine (vielleicht doofe) Frage nebenbei: Warum fährst du im Hemd?

LG

In vielen Teilen dieser Welt (einschliesslich Pakistan) gilt es als unschicklich (oder auch obszön), als Mann mit unbedeckten Armen und Beinen herumzulaufen (als Frau sowieso). Nun ist es in meinen Augen falsch (oder auch praktisch unmöglich), als Gast in einem Land sämtliche Konventionen und Regeln beachten zu wollen, aber es ist eventuell ein Zeichen von Respekt und Empathie, in solchen Ländern keine kurzen Hosen und Obertrikotagen anzuziehen.


Mit solch einer Denkweise schliessen sich eigentlich sämtlich Arten von Fahrradbekleidung von vornherein aus (und meine langarmige Winterfahrradjacke blieb zu Hause, weil deren Hersteller Assos ein in islamischen Ländern eher kontroverses Symbol benutzt).


Wenn man dann überlegt, was eine gute langarmige Oberbekleidung zum Radfahren in warmen Klimabedingungen ist, bleiben eigentlich nur Hemden übrig. Die beiden Hemden, die ich während der Reise trug, hatte ich vor Jahren in Indien erworben. Mit einem Kunstfaseranteil von fast 90% würde ich sie als Funktionsklamotten einordnen, da sie gut waschbar, atmungsaktiv und angenehm auf der Haut zu tragen sind.
 
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Und (vielleicht auch doofe )Frage) warum hat die Frau kein Gepäck?

Ich wurde so sozialisiert das Frau kein schwaches Geschlecht ist und immer gleichberechtigt zu behandeln sei.
Trotzdem buckelt Mann das ganze Gepäck?

Gleichberechtigung ist die unrelevante Betrachtung in diesem Fall. Der Sport meiner Freundin ist Klettern, weswegen sie bei gemeinsamen Touren prinzipiell immer vorsteigt. Mein Sport ist dann unter anderem eher Fahrradfahren, weswegen ich automatisch darin einen gewissen "Trainingsvorsprung" habe.


steht glaube ich auf der ersten seite: damit beiden halbwegs gleiches reisetempo haben.

So ist es:

Bei eigentlich jeder Radtour ist es von enormen Vorteil, wenn die Teilnehmer über ein ungefähr ähnliches Leistungsniveau verfügen. Es muss nicht exakt gleich sein, denn in der Ebene gibt es die Möglichkeit des sogenannten Windschattenfahrens und am Berg muss sowieso immer irgendwer warten. Trotzdem sollte sich keiner mit der Streckenlänge, der Fahrzeit und den Höhenmetern über- oder unterfordert fühlen.

Bei uns wird dieser Zustand erreicht, wenn meine Freundin mit einem leichten Rennrad reist und ich alles Gepäck mitführe.
 
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@ãߢ¬×ÿz

Danke für die schnelle Antwort.
Ich muss zugeben, dass es mir gar nicht bewusst war, dass das bei Männern ähnlich eng gesehen wird.
Interessant ist auch die Assos "Problematik"
(Woran man nicht alles denken muss:eek:)

Jetzt brauch ich wenigstens keine Unsumen mehr für Funktionswäsche ausgeben, sondern kauf mir nur noch indische Hemden:p

Top! Weitermachen:daumen:
 
Samstag: Passu


Am nächsten Morgen regnete es immer noch und der Entschluss war schnell gefasst, nicht weiterzufahren. Die Attraktivität unserer Route besteht nicht in der schlechten Strasse, sondern in den Bergen links und rechts des Weges. Wenn man diese aufgrund von Wolken nicht sieht, sollte man auf besseres Wetter warten. Ausserdem erhöht Regen die Wahrscheinlichkeit von Erdrutschen, womit auch nicht zu spassen ist.


So verbrachten wir den Vormittag nach einem späten Frühstück mit Lesen (ich empfehle ausdrücklich noch einmal dieses Buch) und brachen gegen Mittag, als der Regen nachliess, zu einer kleinen Wanderung auf. Die Hauptdorfstrasse von Passu:




Ein Blick in einen der Höfe:




Die Bewohner der Dörfer im oberen Teil des Karakoram Highways sind Ismaliten, eine im achten Jahrhundert im Rahmen irgendeines Machtkampfes vom shiitischen Islam abgespaltene Sekte. Wir empfanden diese Leute als unglaublich freundlich und nett sowie angenehm "modern" in der Auslegung des Islams. So führt zum Beispiel eine grosse Wertschätzung von Bildung zu einer der höchsten Alphabetisierungsraten in Pakistan. Auch toll: so ziemlich alle Mädchen schienen zur Schule zu gehen (hier auf dem Heimweg):




Ställe.




Stallbewohner.




Ein eher trauriger Aspekt an Pakistan ist, dass die gesellschaftlichen und ökonomischen Strukturen des Landes kein stabiles Stromnetz hervorbringen (was fatal für eine wirtschaftliche Entwicklung ist). Überall wo wir waren, gab es nie für länger als eine Stunde zusammenhängend Strom (es sei denn es gab einen Dieselgenerator).

Dies war jedenfalls die Stromleitung nach Passu:




Das Ziel unserer Wanderung: der Gletscher von Passu.




Wenn die Flanken der Berge senkrecht in den Fluss fallen, ist die Zunge eines Gletschers manchmal der einzige Ort, um ein Dorf zu gründen:




Den Abend verbrachten wir im kerzenbeschienenen (Strom gab es prinzipiell nur am frühen Abend) Restaurant unseres Hotels und unterhielten uns mit einem netten neuseeländischen Pärchen auf Weltreise und mit einem Franzosen im Pakistanwanderurlaub.
 
Sonntag: Passu - Karimabad


Als wir am nächsten Morgen aufwachten, schien die Sonne durch das Fenster und voller Erwartung auf einen weiteren Tag in den Bergen machten wir uns auf den Weg.




Es sollten heute nur 50 Kilometer talabwärts werden, doch dies würde lange dauern, da wir zwischendurch mit dem Boot fahren müssten. Das liegt daran, dass es im Winter 2010 einen grösseren Erdrutsch gab, der das Tal blockierte und in folge dessen der Attabad Stausee entstand.

large_6sost-karimabad.jpg



Morgens um halb zehn in Pakistan.




Langsam war es wieder möglich, etwas von den Gipfeln des Karakoram Gebirges zu sehen.




Kulturell respektvolle Fahrradfahrbekleidung:




Eine Seilbrücke über den Fluss.




Einige von euch haben angezweifelt, dass ich während der Tour nur zwei Platten hatte, und nun ja, es war eigentlich ein Platten, der einen längeren Schleichplatten nebst Flickversuchen nach sich zog. Beim "zweiten" Platten half dann auch Nachpumpen nix mehr und nach längerem Suchen wurde der durch den Reifen stechende Draht gefunden.




Ab diesem Punkt war der Karakoram Highway bereits vom Stausee überflutet und der Verkehr führte über Schotterpisten durch Flüsse hindurch am Ufer des Sees entlang:




Glücklicherweise gab es für Fussgänger einen als Brücke umfunktionierten Strommast.




Nach ein paar weiteren Kilometern war wirklich Schluss. An einer Art Hafen wurden sämtliche Waren und Passagiere auf Boote umgeladen.




Wir verstauten unsere Fahrzeuge an Bord eines dieser Boote und schauten die nächsten zwei Stunden dabei zu, wie diese bis kurz vorm Sinken überladen wurden.




Es war ein tolles Schauspiel.




Ein überschwemmtes Dorf.




Irgendwann ging es los in die immer noch reissende Strömung des Flusses. Unsere Adrinalinpegel waren hoch, doch das Vertrauen in unsere
Seefahrer auch. Er hier war ein Student aus Lahore, der in den Sommerferien als Hafenarbeiter arbeitete.




Nach 20 Minuten sassen wir jedenfalls (wie auch zwei andere mit uns losgefahrene Boote) auf einer Sandbank fest. Alle Versuche, das Boot mit Stangen und Motor von dieser herunterzuheben, scheiterten und so verbrachten wir über eine Stunde auf der Sandbank und unterhielten uns mit unseren sehr netten Gastgebern.




Hilfe nahte in Form eines leeren (und damit nicht hoffnungslos überladenen) Bootes und Millimeter um Millimeter wurden die drei feststeckenden Boote von ihren Sandbänken gezogen.




Unser Kapitän.




Überschwemmte Dörfer.




Diese Aussenbordmotoren stammen wohl noch direkt aus der britischen Kolonialzeit und machen permanent das Geräusch von zwei Presslufthämmern.




Vertikale Landschaften.




Gegen vier Uhr nachmittags erreichten wir den vom Erdrutsch gebildeten Damm.






Beim Aussteigen rissen uns einige Kinder Gepäck und Fahrräder aus der Hand und rannten damit in der Hoffnung auf eine Gepäckträgergebühr den Berg hinauf. Die Verhandlungen um die Nichtbezahlung dieser waren etwas unangenehm, aber ich hatte ein effizientes Nein-Sagen schon in anderen asiatischen Ländern gelernt.




Der Attabad Lake von oben.




Am Überlauf des Stausees.




Wenn alle Waren auf Boote verladen werden, müssen sie hinterher auch wieder auf LKWs zurückverladen werden. Hier sieht man einen Reifenhändler beim Einsammeln seiner aus China importierten Reifen.




Mittlerweile war es 17:00 Uhr, und um noch bei Helligkeit anzukommen, mussten wir uns schon wieder beeilen. Die verbleibenden 15 Kilometer fanden bergab auf einer recht brutalen Schotterpiste statt, die aufgrund der Reisemittelwahl noch einmal einiges an Konzentration erforderte.




Die letzten Höhenmeter hinauf nach Karimabad legten wir dann im Dunkeln zurück, aber es war innerhalb eines Dorfes, wodurch kein Gefühl von Unsicherheit entstand.


Das Serena Hotel Karimabad war von allen Herbergen auf unserer Reise mit Abstand das Beste und die in dessen Restaurant angebotene lokale Küche absolut fantastisch. Was für ein verrückter Tag!

 
Montag: Karimabad

Karimabad liegt im sogenannten Hunza Valley, und seine Einwohner stammen der Legende nach von den Soldaten Alexander des Grossen ab. Die Details sind dann etwas komplizierter (Afghanen, Zigeuner, sibirische Stämme), auf jeden Fall gibt es aber viele Kinder mit blauen Augen und die Leute sind für ihre Freundlichkeit und Gastfreundschaft berühmt. Hier wollten wir einen Tag zu Fuss verbringen und machten uns nach einem sehr leckeren Frühstück auf den Weg.


Unser erstes Ziel war das Cafe de Hunza, in welchem es zu unserer grossen Begeisterung echten Espresso gab. Wir blieben eine Weile und unterhielten uns mit einer äthiopischen Ärztin, die in Kabul im Krankenhaus arbeitet, sowie mit ihrem Bekannten, einem Arzt aus Islamabad, und mit dem Wirt. Wir erfuhren so einiges über Schwierigkeiten beim Aufbau eines Gesundheitswesens unter kriegsartigen Bedingungen und über die Auswirkungen der Weltpolitik auf die Region. Noch vor 9/11 war der Norden Pakistans mit all seinen tollen Bergen und Menschen ein Trekking-Paradies für Weltenbummler und Hippies (so ähnlich wie vielleicht Nepal heute). Die Tourismusinfrastruktur dafür ist immer noch vorhanden, doch eine Verschlechterung der (gefühlten) Sicherheitslage mit der Verdrängung radikalislamischer Gruppen aus Afghanistan führte zum Ausbleiben der (ausländischen) Besucher, was viele vorher vom Tourismus lebende Menschen vor Probleme stellt.




Irgendwann liefen wir weiter und deckten uns auf dem Basar der Stadt mit Mitbringseln ein.




Baumarkt




Elektrizität zum Anfassen. Drei Phasen Starkstrom gehen rein, 2 Phasen Wechselstrom kommen raus (wer Strom braucht, einfach ranhängen).




Trafos mit Handgewickelten Spulen (wahrscheinlich auch noch aus der Kolonialzeit).




Hatte ich schon erwähnt, dass es immer nur einige Stunden am Tag Strom gab?




Eine Gasse auf dem Weg zum Baltit Fort:




Als nächstes besuchten wir das Baltit Fort, dem Sitz der Hunza-Könige bis 1975.






Wir bekamen von einem Student aus Gilgit eine sehr gute Führung durch das Museum und lernten ausserordentlich viel über Feudalismus unter den Bedingungen der totalen Isolierung und über Lebensweisen und Architektur.




Danach ging es weiter den Berg hinauf (das Fort im Hintergrund).




Im ganzen Tal würde kein Grashalm wachsen, gäbe es nicht ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem, welches den Inhalt der Gletscherbäche entlang der Hänge verteilen würde.




Ja, es ging recht weit senkrecht bergab und ja, es war durchaus aufregend.




Den Rest des Nachmittag liefen wir eine Weile das Tal hinab (und später wieder hinauf) und sogen die Landschaft und ihre Menschen in uns auf.




Getreideernte.




Kinder auf dem Weg von der Schule.




Trocknende Aprikosen.




Bewässerungsgräben mit Dornen als Schutz vor Ziegen und Schafen (die meisten Gräben waren direkt nach dem Monsun leer).






Ein Stall.




Gelegentlich (ziemlich oft) kündigte sich durch einen sehr vertrauten Geruch schon einige Ecken vorher der Anblick einer überaus prächtigen Hanfhecke an. Diese Hecken stellten alles, was ich vorher an Menge, Pflanzehöhe und Knospengrösse gesehen hatte bei weitem in den Schatten, und wer eine maximal dämliche Debatte über Drogen lesen möchte, dem seien die Kommentare zu diesem Bild empfohlen.




Wir machten den Fehler, diese Herren auf einem Dorfplatz nach dem Weg zu fragen, denn nun hatten wir ein längeres Gespräch am Knie und die Kinder des Dorfes wurden damit beauftragt, uns ihre Schule zu zeigen.




Irgendwann waren wir die Kinder wieder los und weiter ging es durch eine ziemlich traumhafte Kulturlandschaft.






Ein muslimischer Friedhof.




Gärten.




Hier bastelt jemand mit Kupferdraht am Telefonnetz herum.




Auf dem Weg zurück entlang eines Bewässerungskanals.




Spielende rotharige Kinder mit blauen Augen.




Alpenglühen.




Aus irgendeinem unerklärlichen Grund konnte man in diesem Ort Bier kaufen. Auf der Terrasse vom Hotel nach einem tollen Tag:




Den Rest des Abends verbrachten wir mit Fernsehen. Das war nicht ganz so spannend wie in China (Soaps, Casting- und Talkshows), interessant jedoch war der relativ hohe Anteil von indischen Produktionen, da Pakistan und Indien sich quasi immer noch im Kriegszustand befinden. Ein hoch auf die völkerverbindende Kraft des Fernsehens!
 
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Wenn die Flanken der Berge senkrecht in den Fluss fallen, ist die Zunge eines Gletschers manchmal der einzige Ort, um ein Dorf zu gründen:


Täusche ich mich, oder steht auf dem Abhang über dem Gletscher im linken Bilddrittel etwas geschrieben? Und wenn ja, was bitte?

Ansonsten: Spannend, mir gefällt die Herangehensweise an die besuchten Kulturräume.:daumen:
 
Vielen Dank für den Bericht Eurer beeindruckenden Reise!
Es kommt so herrlich normal und ganz unaufgeregt rüber, dabei bleibt einem ja schon beim Betrachten der Bilder fast der Atem weg!
 
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Das erste Wort scheint 'Welcome' zu sein...

WELCOME TO PASU OUR BELOVED HAZIR IMAM
18 NOV 1987

So etwas ähnliches werde ich mir auch schreiben lassen. Vielleicht an den Buntzelberg. :anbet::daumen:

Sehr interessanter Bericht! Auch wenn ich anfangs dachte, die Bilder stammen aus Welzow-Süd. ;)
Eine eindrucksvolle Landschaft! Bin auf die Fortsetzung gespannt.
 
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