Rechtliche Situation in RLP

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Im Westerwald, da pfeifft der Wind so kalt
Hallo,

komme aus RLP und habe eine Frage zur Auslegung zur Waldbegehung.

Wenn ich im Verein als Führer mit einer Gruppe fahre und mich z.B. auf schmalen Fußwegen bewege, bin ich dann nur "illegal" unterwegs oder auch noch der Anstiftung zu illegalem Handeln verdächtigt, da ich das meinen Anvertrauten beibringe ?

Bekomme ich mildernde Umstände, wenn amtliche Würdenträger mit dabei sind und die Touren klasse finden?

Wenn das ganze organisiert im Verein betrieben wird, ist das die Vorstufe zur Bildung einer kriminellen Vereinigung?

Konkrete Probleme hat es noch nie gegeben, aber da ich den Vereinsjob neu mache, habe ich mich in den threads umgeguckt und möchte ein mögliches Risiko aus der Ecke abschätzen und abwehren.

Danke für juristische Nachhilfe

Weizenbiker
 
Weizenbiker schrieb:
Wenn ich im Verein als Führer mit einer Gruppe fahre und mich z.B. auf schmalen Fußwegen bewege, bin ich dann nur "illegal" unterwegs oder auch noch der Anstiftung zu illegalem Handeln verdächtigt, da ich das meinen Anvertrauten beibringe ?

Muß man mal in den Gesetzen etc. sehen, was es in RhlPf so an aktuellen Bestimmungen gibt. Ergänzungen sind immer willkommen.

Aus dem Waldgesetz RhlPf

§ 22 Betreten, Reiten, Befahren
(1) Jeder darf Wald zum Zwecke der Erholung
betreten. Das Betreten erfolgt auf eigene Gefahr.
Neue Sorgfaltspflichten oder
Verkehrssicherungspflichten der Waldbesitzenden
werden hierdurch nicht begründet. Das Fahren mit
Rollstühlen steht dem Betreten gleich.
(2) Die Lebensgemeinschaft Wald und die
Bewirtschaftung des Waldes dürfen nicht gestört
werden. Auf die Walderholung sowie auf
Nutzungsrechte anderer am Wald ist gegenseitige
Rücksicht zu nehmen.
(3) Radfahren und Reiten sind im Wald nur auf
Straßen und Waldwegen erlaubt; darüber
hinausgehende Reit- und Befahrensmöglichkeiten
können die Waldbesitzenden gestatten, soweit
dadurch nicht die Wirkungen des Waldes und
sonstige Rechtsgüter beeinträchtigt werden........


Also siehe §22 Abs.2: Rücksichtnahme ist Trumpf!


Weizenbiker schrieb:
Bekomme ich mildernde Umstände, wenn amtliche Würdenträger mit dabei sind und die Touren klasse finden?

Wenn die Würdenträger gleichzeitig von Genehmigungsbehörden oder gar deren Chefs sind, bist Du, wenn sie die Sache vor Zeugen Klasse finden, in den meisten Fällen auf der sicheren Seite.
 
Wie das Leben so spielt, gab es gesern den ersten richtig schönen Ärger. Wir fahren mit ca. 15 Bikern einen schönen Trail, der dummerweise an einer Hütte vorbeiführt. Da saßen 5 grünberockte Menschen, die sich als Förster bzw. Jäger zu erkennen gaben und den Weg versperrten. Die Stimmung heizte sich mächtig auf beiden Seiten auf.
Auf die Drohung der Feststellung der Personalien und einer Anzeige warfen wir unsere Übermacht ins Spiel und verwiesen auf das umweltfreundliche Verhalten, mit dicken Jeeps in den Wald zu fahren und den Feierabend biertrinkenderweise zu gestalten. Na ja, unter den Umständen wurde das Thema Anzeige ad acta gelegt, da die Jungs ja auch noch mit ihren Autos nach Hause fahren wollten sich das mit der Bierflasche am Hals nicht so gut macht.
Alles hat sich dann wieder abgeregt und die Situation wurde beidseitig de-eskaliert. Schöner Saisonauftakt.

Was machen ? Diesen Trail meiden und auf andere ausweichen? Die Provokation suchen ? Am besten wäre natürlich den grünen Jungs klarzumachen, daß wir nur unseren Spaß haben wollen und sie durch das Befahren nicht ärgern wollen. Aber wie soll das bei den Emotionen gehen?

Vielleicht suche ich einen von denen mal privat auf und unterhalte mich einfach.

Gruß

Weizenbiker
 
Weizenbiker schrieb:
Vielleicht suche ich einen von denen mal privat auf und unterhalte mich einfach.

Ich glaube, daß ist 'ne ganz gute Idee, aber das würde ich mit vorheriger (freundlicher!) telefonischer Ankündigung machen.

Darf ich fragen, in welcher Region in RLP das passiert ist?

So 'ne grobe Angabe, ob "Pfalz, Eifel, Westerwald"?

Servus, Thomas (der versucht hat, am Montag mit zwei Spaziergängern auf einer Autobahnbaustelle zu diskutieren, weil ich die angeblich "frisch eingesäte" Autobahnböschung runtergerollt bin :rolleyes:)
 
Tilman schrieb:
Muß man mal in den Gesetzen etc. sehen, was es in RhlPf so an aktuellen Bestimmungen gibt. Ergänzungen sind immer willkommen.

Zum aktuellen LWaldG RLP fehlt in Deiner Zusammenstellung noch §3
(nur damit keine falschen Hoffnungen aufkommen):

§ 3 Begriffsbestimmungen
(7) Waldwege im Sinne dieses Gesetzes sind nicht dem
öffentlichen Verkehr gewidmete, dauerhaft angelegte oder
naturfeste forstliche Wirtschaftswege; Maschinenwege,
Rückeschneisen, Gliederungslinien der Betriebsplanung
sowie Fußwege und -pfade sind keine Waldwege.




Zweckbestimmung und daraus resultierende Wegbreiten, Definition, Beschaffenheit usw. "forstlicher Wirtschaftswege" finden sich in der einschlägigen Literatur. Schneller Link z.B. http://www.forstvorschriften.nrw.de/30_hoheit/31_walderhaltung/31-10.htm
Hauptwege: befestigte Fahrbahnbreiten von 3,0 m bis 4,0 m.
Zubringerwege: befestigte Fahrbahnbreiten von 3,0 bis 3,5 m (von Natur aus fest oder mit ungebundenen Mineralstoffen befestigt).
Rückewege sind in der Regel unbefestigt, weitere Feinerschließung durch Rückegassen. Beide sollten mindestens 4 m breit sein.

Armin
 
Weizenbiker schrieb:
Hallo,
Wenn ich im Verein als Führer mit einer Gruppe fahre und mich z.B. auf schmalen Fußwegen bewege, bin ich dann nur "illegal" unterwegs oder auch noch der Anstiftung zu illegalem Handeln verdächtigt, da ich das meinen Anvertrauten beibringe ?

[...]

Wenn das ganze organisiert im Verein betrieben wird, ist das die Vorstufe zur Bildung einer kriminellen Vereinigung?

Konkrete Probleme hat es noch nie gegeben, aber da ich den Vereinsjob neu mache, habe ich mich in den threads umgeguckt und möchte ein mögliches Risiko aus der Ecke abschätzen und abwehren.
Ziemlich viele Fragen auf einmal :)

Ich versuch‘ mal die wichtigsten Aspekte kurz aufzudröseln:

1.) Rein nach der Gesetzeslage begehst Du mit Deiner Gruppe durch das Befahren schmaler Fußwege in RLP gemäß LWaldG § 22 (3) und § 3(7) eine mit Bußgeld behaftete Ordnungswidrigkeit:
§ 37 (2) 3.:[...], die übrigen Ordnungswidrigkeiten mit einer Geldbuße bis zu fünftausend Deutsche Mark, in besonders schweren Fällen bis zu zwanzigtausend Deutsche Mark, geahndet werden.

Wenn das Befahren von Singletrails in Deiner Gegend bislang toleriert wird, halte ich das Risiko einer kostenpflichtigen Verwarnung oder gar Anzeige für relativ gering. Sicher müßtest Du erst einmal in den Akten landen, dass Dir dann mal eine "Anstiftung zu illegalem Handeln" unterstellt werden kann.


2.a) Als "Führer einer Gruppe" (betrifft bei losen Gruppen auch das erfahrenste Gruppenmitglied durch seine "faktische Führungsrolle") haftest Du bei Fahrlässigkeiten (je nach Grad und Art) bezüglich Deiner Sorgfaltspflichten gegenüber Deinen Gruppenteilnehmern sowohl zivil- als auch strafrechtlich. Im Rahmen von Vereinsaktivitäten bist Du zivilrechtlich relativ gut abgesichert (Vereins-/Privathaftpflicht).
Strafrechtlich stehst Du bei fahrlässiger Körperverletzung oder Tötung in der vollen Verantwortung (und ggfs. im Knast).

Ob nun das Befahren gesperrter Wege (pauschal gemäß LWaldG oder explizit mit/ohne konkreten Gefährdungsanlaß) eine haftungsverschärfende Wirkung hat, kann nur im Einzelfall entscheiden werden. Ein Richter wird hier immer nach Zusammenhängen zwischen Deinem Fehlverhalten (hier also dem Befahren eines illegalen/gesperrten Wegs) und dem Schadenseintritt suchen.
Und genau in diesem Punkt musst Du Dich als Guide bezüglich Deiner Sorgfaltspflichten auch ständig überprüfen, damit Deinen Leuten nichts passiert und falls doch, dass man Dir diesen Unfall nicht zum Vorwurf machen kann.


2.b) In ähnlicher Weise haftest Du als verantwortlicher Guide auch bei Unfällen Dritten gegenüber (Fußgänger, Reiter, Radfahrer usw.). Auch hier mußt Du im Rahmen Deiner Sorgfaltspflichten Deine Gruppenteilnehmer (im Vorfeld, in der konkreten Situation, mehrmals, unter Zeugen usw.) auf die besonderen Gefahren beim Befahren bestimmter Wege und die erforderliche Rücksichtnahme aufmerksam machen und mögliche Handlungsstrategien aufzeigen (z.B. Anhalteweg halbe übersehbare Strecke, ggfs. frühzeitiges akustisches Zeichen, Anhalten/Absteigen/nach unten zur Seite treten usw.).


Konkrete Bikeguide-Urteile sind mir bislang noch keine bekannt. Gute Anhaltspunkte, was hier alles auf einen zukommen kann, liefern verwandte Bergsportarten wie Skifahren, Bergsteigen, Klettern usw.

Aber macht Euch keinen Kopf. Wo kein Kläger, da kein Richter und schließlich sind wir ja alle kleine Easy Rider :rolleyes:




Weizenbiker schrieb:
Bekomme ich mildernde Umstände, wenn amtliche Würdenträger mit dabei sind und die Touren klasse finden?

Klar, in jedem Fall! ;)
Vor allem seh‘ zu, dass Deine "amtlichen Würdenträger" der DIMB beitreten und sich bei der nächsten LWaldG-Novelle für die Legalisierung unseres Sports einsetzen.

Armin
 
Gute Antworten, da weiß ich jetzt wo ich theoretisch stehe.

Wie sieht es eigentlich mit dem Gewohnheitsrecht aus. wenn ich 10 Jahre einen Trail fahre und keinen interessierts oder duldet es still, kann ich daraus ein recht zur weiteren Benutzung ableiten ?

Hoffentlich kräht weiter kein Hahn, aber der erste Ärger war auch aus heiterem Himmel aufgezogen.

Das Thema des DIMB Beitritt hab ich direkt im Verein angeleiert, ist auf jeden Fall sinnvoll.

Aber jetzt aufs Bike und das Leben im Sattel genießen.

Weizenbiker
 
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