Schönes Thema!
1. Ich war in Südamerika unterwegs, irgendwo in Araucania in Chile. Es war Herbst und in den Nächten gab es schon Frost. Im Hinterland muss man sich Araucania vorstellen, wie man sich ein Indianerreservat vorstellt: Viel Armut, schon am Nachmittag alkoholisierte Männer auf der Strasse, irgendwie ungemütlich. Ich komme also in das Dorf und überlege, wo ich schlafen könnte. Soll ich mich irgendwo im Wald verstecken und hoffen, das niemand über mich stolpert, oder im Dorf fragen? Ein Mann ist gerade dabei, den Zaun vor seinem Haus zu streichen und trotz der vorgerückten Stunde scheinbar noch nüchtern. Also frage ich, ob ich bei ihm im Garten zelten darf. Er schaut mich gross an, meint: sicher nicht zelten! Ich will schon weiterfahren, da sagt er, ich könne im Gartenhäuschen schlafen. Er ruft seiner Frau, die kommt mit dem Schlüssel und zeigt mir das Häuschen, in dem es zwei bezogene Betten hat. Im einen könne ich schlafen. Und in einer halben Stunde gebe es Abendessen. Ich solle einfach rüber ins Haus kommen.
Ich gehe rüber, da werde ich "genötigt" zuerst zu duschen und dann gibt's Znacht. Und dann "muss" ich noch etwas bei ihnen an der Wärme bleiben, denn das Gartenhäuschen ist dann doch nicht geheizt.
Am anderen Morgen gibt's Frühstück. Und bevor ich mich wieder auf den Weg mache, betet der Hausvater noch mit mir, damit ich eine gute Reise habe.
In der nächsten Nacht finde ich kein Obdach. Ich befinde mich weiterhin in Mapuche-Gebiet und die Armut ist weithin sichtbar. Auf einer kargen Hochebene verstecke ich mich zwischen Büschen, bin allerdings in Hördistanz zu einem Haus, in dem die halbe Nacht rumgeschrien wird - äusserst unangenehm. Immerhin ist der Morgen schön:
1.1 Das passiert nur in Südamerika? Mitnichten! Irgendwo im Aostatal in Italien. Die Berge sind bis weit hinauf zersiedelt, darum frage ich wieder bei einem Mann, der etwas an seinem Chalet rumwerkelt, ob ich im Garten schlafen könne. Er meint: Im Garten nicht, aber auf dem Sofa, holt mir ein Bier und sagt, dass seine Frau bald nach Hause komme, die bringe was zu Essen mit. Mein Protest, dass ich selbst Essen hätte, nützt nicht. Ich sei sein Gast und basta. Die Frau kommt, wieder "muss" ich unter die Dusche und dann wird gespiesen: Brot Käse und Wein, so muss das sein. Wir sprechen und diskutieren. Vor Mitternacht komm ich nicht auf mein Sofa. Am Morgen gibt's Frühstück - zum Glück muss die Frau früh raus, so komm ich auch beizeiten wieder aufs Bike.
1.2 Und in der Schweiz? Ich bin im Wallis unterwegs und hab mir auf der Karte einen Übernachtungsplatz vorgemerkt. Gerade als ich auf den Wanderweg einbiegen will, um zu dem Platz hochzuschieben, kommt ein Hippiemädchen den Pfad runter. Da ich nicht unnötig Energie verschwenden will, frag ich sie, was sie denke, ob da oben ein brauchbarer Biwakplatz zu finden sei. Nachdem wir eine Sprache gefunden haben, die wir beide sprechen, erklärt sie mir, dass sie Aprikosenpflückerin sei, und dass ihr Lager beim Schulhaus des Dorfes sei, ich solle doch dahin kommen. Das scheint mir eine etwas abenteuerliche Geschichte zu sein, aber neugierig, wie ich bin, mach ich mich auf den Weg zu besagtem Dorf, finde das Schulhaus und die Aprikosenpflücker. Nachdem ich erklärt habe, wie ich den Weg dahin gefunden habe, werde ich freundlich aufgenommen, verköstigt und mit selbstgebranntem Apricotine abgefüllt. Einige Zeit später taucht auch das Hippiemädchen wieder auf. Der Abend endet dann damit, dass sie mich einlädt, ihr Zelt und ihren Schlafsack mit ihr zu teilen. Das ist mir dann allerdings etwas zu viel Gastfreundschaft.