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Eurobike 2010 – Fahrbericht Nicolai Helius AM

Ihr erinnert euch sicher noch: zusammen mit dem Bike-Magazin haben wir euch gefragt, welche Enduro-Bikes eurer Meinung nach endlich einmal einem Test unterzogen werden sollten. Das Ergebnis war recht eindeutig: Das Bike, das laut Umfrage das größte Interesse erregt hat, war das Nicolai Helius AM. Doch ausgerechnet dieses Bike war im Test nicht vertreten.

Am Demoday der Euro Bike haben wir aus inzwischen alter Gewohnheit heraus gleich den Stand von Nicolai angesteuert und was wohl wartete dort schon auf uns? Eben jenes begehrte Bike, das so hoch in der Forumsgunst stand. In Schwarz und Gold und bereit, gefahren zu werden. Hier kommt also der Bericht von eurem Wahlbike Nummer 1. Zwar mag das Fehlen von STW- und Steifigkeitswerten sowie tiefschürfenden Analysen der Hinterbaukennlinien manchem als gewisses Manko erscheinen, doch auch so gibt es einiges über das Bike zu erzählen:

Im Stand

Nicolai hat das Helius AM für die kommenden Saison einer moderate Modellpflege unterzogen. Ein besonders heiß diskutiertes Thema sei dabei zum Beispiel die Frage nach dem richtigen Lenkwinkel gewesen, erzählt Vincent Stoyhe von Nicolai. Viele Kunden hätten sich einen flacheren Lenkwinkel gewünscht, andere jedoch auch wieder nicht. In der Konsequenz hat man sich bei Nicolai dazu entschieden, auf Wunsch und gegen Aufpreis ein One.Five-Steuerrohr zu verbauen und dazu ein Cane Creek Angleset zu verkaufen. Damit lässt sich der serienmäßige Lenkwinkel um +/- 1,5° variieren. So kann jeder für sich entscheiden, welchen Winkel er fahren will. Diese Lösung sei flexibler, einfacher und günstiger als eine individuelle Maßanfertigung, hieß es am Nicolai-Stand. Ebenfalls gegen Aufpreis bietet Nicolai Zuganschläge für eine automatische Sattelstütze an, die am Messerad allerdings noch nicht verbaut war. Auch bei den verfügbaren Dämpfern wird kommende Saison eine größere Auswahl feilgeboten: Gegen stolze 675€ Aufpreis gibt es einen speziell auf das Helius AM abgestimmten Cane Creek Double Barrel Dämpfer, auf den wir natürlich besonders gespannt waren. Wer es etwas günstiger vorzieht, hat nach wie vor die gewohnte Qual der Wahl: vom Rock Shox Monarch über einen Fox DHX Air bis hin zu einer Reihe Stahlfederdämpfern. Kostenlos hingegen kann bei der Bestellung zwischen den verschiedenen verfügbaren Ausfallenden gewählt werden, um so den bevorzugten Achsstandard am Rad zu erhalten. Der Federweg des Bikes lässt sich mit vier Dämpferpositionen einstellen, am Innenlager finden nicht nur Kettenführungen Platz, sondern auch die Hammerschmidt von SRAM.

Unverändert sind die vielen schönen Details des Rahmens geblieben. Da wären zum Beispiel die Schweißnähte, die unter der schwarzen Eloxierung gut zur Geltung kommen und einen qualitativ hochwertigen Eindruck machen. Farblich darauf abgestimmt sind die golden eloxierten Extra-Love-Parts und der ebenfalls goldene Nicolai-Schriftzug. Andererseits gibt es seit letztem Jahr einen soliden geschraubten Kettenstrebenschutz, der jedoch die Unterseite der Kettenstrebe unbedeckt lässt.

Das Helius AM ist im vorliegen Aufbau ausgehend vom verbauten Cane Creek Double Barrel Dämpfer und einer Rock Shox Totem an der Front konsequent auf den Einsatz als Mini-DH-Bike ausgelegt. Passend dazu gibt es ein ebenso breites wie kurzes Truvativ-Cockpit und die bereits angesprochene Hammerschmidt Getriebekurbel, die auch ein gewisses Hangauftriebspotential erhalten soll. Eher weniger in Bild passen die Maxxis Larsen Reifen, aus Zeitgründen haben wir jedoch auf einen Wechsel der Reifen verzichtet und das Positive im Negativen gefunden: Wenn die Reifen auf dem matschigen Untergrund wegschmieren, lässt sich wenigstens so einiges über das Verhalten des Bikes im Grenzbereich herausfinden.

Auf dem Trail

Der Weg zur geplanten Downhillabfahrt führt zunächst leicht bergauf und ermöglichte so eine erste Bewertung des Hinerbaus. Obwohl der Hinterbau spürbar weich abgestimmt war, verhielt sich dieser überraschend ruhig, als ich den Berg hinauf kurbelte. Ein leichtes Wippen war zwar zu spüren, in Anbetracht der bereits zu erahnenden Downhillqualitäten war das aber leicht zu verschmerzen. Zusätzlich half die Hammerschmidt mit schnellen Schaltvorgängen, viel Bodenfreiheit und der integrierten Ketteführung. Spürbar war andererseits auch das vergleichsweise hohe Gewicht des vorliegenden Aufbaus. Ein Stückchen weiter verlief der Trail dann in der Ebene und trotz der schweren Rock Shox Totem fuhr sich der 3,2kg schwere Rahmen handlich und agil, wozu auch der breite Lenker maßgeblich beigetragen hat. Angenehm wäre eine Vario-Sattelstütze gewesen, um noch spontaner auf die verschiedenen Fahrsituationen reagieren zu können. Im anschließenden Downhill hätte mich das Nicolai Helius AM dann wie erwartet voll überzeugen können – zumindest, wenn denn die Reifen genügend Grip aufgebaut hätten. Wer sich das Video vom Demoday anschaut, der wird sehen, dass bei so matschigen Bedingungen wie in Ratzenried mit diesen Reifen kein Land zu gewinnen ist. Den Reifen zum Trotz lag das Helius AM mit seiner Vertrauen stiftenden Geometrie dennoch satt auf der Strecke. Der Hinterbau schluckte jegliche Unebenheit auf beeindruckende Art und Weise – eine Eigenschaft, die vor allem auch dem individuell abgestimmten Dämpfer zugeschrieben werden kann. Mit einem Wort würde ich die Funktion des Hinterbaus als unauffällig bezeichnen und genau das ist es, was in meinen Augen ein wirklich gut funktionierendes Fahrwerk auszeichnet. Der mit dem Angleset ein Grad flacher gestellte Lenkwinkel vermittelte in Kombination mit der langen Totem an der Front den Eindruck, ein kleines Downhillbike zu fahren.

Fazit

Allmountain nennt Nicolai diese Version des Helius und in der Tat trägt das Bike diesen Namen zu Recht. Für eine eher stolzen Preis erhält man damit ein Bike, das trotz downhilllastiger Ausstattungnoch gute Uphillqualitäten bereit hält und dank Sram’s Hammerschmidt weder die Kette verliert, noch mit Übersetzungsbandbreite geizt. Allerdings würde dem Bike ein etwas leichterer und eventuell mit verstellbarer Gabel ausgestatteter Aufbau besser zu Gesichte stehen.

Eurobike 2010: Alle Videos, Infos und Bilder zur Eurobike 2010 findet ihr hier: Eurobike 2010

Wichtige Anmerkung: Viele von euch haben sich über den Aufbau des Bikes gewundert. Dazu habe ich bei Nicolai gefragt und folgende Antwort bekommen: Das gezeigte Helius AM hat das Unterrohr eines AFR und ist damit auch für 180er Gabeln uneingeschränkt freigegeben. Bei der Bestellung kann man diese Option kostenfrei aktivieren und damit wäre die Frage nach der Bikepark-Freigabe geklärt.

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