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Gehrig Twins-Blog – EWS Tweed Valley
Bäume, Racing – alles dicht in Schottland!

EWS Tweedlove 2021, Innerleithen Scotland

Ich packe meinen Koffer und mit dabei sind: wasserdichte Socken, Regenjacken, Mütze und allerlei nützliche Dinge, wenn es kalt und nass wird. Unsere Packliste unterscheidet sich ganz schön vom EWS-Rennen in Finale. Statt Staub und Gelato erwartet uns wohl eher Matsch und nasse Füße. Doch wir freuen uns sehr auf den Trip nach Schottland, schließlich waren wir schon zweimal da und haben von den hammer Trails und der schönen Landschaft beste Erinnerungen. Seit die EWS zu Besuch im schottischen Tweed Valley war, sind einige Jahre vergangen, 2015 war der letzte Event. Viel Spaß mit dem Rennbericht.

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Unsere Reise beginnt mit einem Super-GAU am Flughafen in Edinburgh! „Entschuldigen Sie Frau Gehrig, leider können wir Ihnen das Mietauto nicht geben. Als professionelle Athletin sind sie von unserer Versicherung nicht abgedeckt und deshalb dürfen wir Ihnen kein Auto aushändigen!“ Mir bleibt die Spucke weg! Noch ein paar Tage vorher hatte ich telefonischen Kontakt mit der Mietstation, das hätte man mir doch mitgeteilt? Ich vergewissere mich noch ein paarmal, ob wir wirklich nicht bei „Versteckte Kamera“ sind, doch es scheint kein Späßchen zu sein. Für 1.800 Pfund könnten wir die Buchung transferieren, darauf lassen wir uns aber sicher nicht ein. Irgendeine Lösung wird sich schon finden! Die Situation ist so absurd, dass es schon wieder lustig ist. Es ist 20.00 Uhr, Nieselregen und wir sind im stockfinsteren auf einem Parkplatz mit viel zu viel Gepäck gestrandet. Ein paar Telefonate später sind wir wieder auf Kurs, unsere Vermieterin holt uns am Flughafen ab. Später offeriert sie uns sogar ihren VW-Van für die Woche. Ach, es findet sich doch fast immer eine Lösung!

# Harzige Ankunft in Schottland - die Mietautofirma möchte uns kein Auto geben, da wir als Athleten angeblich nicht versichert sind.
Diashow: EWS Tweed Valley: Bäume, Racing – alles dicht in Schottland!
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# Mit unserem Haus in Schottland landen wir einen richtigen Glückstreffer, im Garten gibt es sogar einen Hot Tub mit kaltem Badeteich daneben
# Wir wissen nun, warum die Schotten alle so gemütliche Häuser haben.

Nach einem turbulenten Beginn haben wir eine recht gemütliche Woche. Wir groven uns im Trail Center von Glentress auf die Trails in der Region ein und haben mächtig Spaß. Ganz im schottischen Stil wärmen wir uns bei Kaminfeuer und Tee jeweils wieder auf.

# Schottland - Trails ohne Ende und Fahrspaß pur! Da wir ein paar Tage vor dem Rennen schon anreisen, können wir noch etwas die Umgebung erkunden. | Foto: Sven Martin
# Ein Anblick, bei dem jedes Mountainbikerherz höher schlägt - das Tweed Valley ist eine Reise wert. | Foto: Sven Martin
# Ein super Trailtag in Glentress mit unserer schweiz-kanadisch-schottischen Reisegruppe, um uns auf die Trails einzugrooven.

Am Freitag steht das Training zur Enduro World Series an. Es gibt 5 Stages zu trainieren und dabei 35 km und 1.700 Höhenmeter zu absolvieren. Das Eventgelände befindet sich in Innerleithen und alle Abfahrten sind relativ nahe drumherum gelegen. Über Nacht hat es geregnet und nun ist es mit rund 10° C zwar etwas frisch, doch die Sonne drückt immer wieder durch. Alle Stages haben etwas gemeinsam: enge Bäume, matschiger Boden und rutschige Wurzeln. Wir haben einen spaßigen Besichtigungstag und freuen uns, ins Rennen zu starten.

# Im Trainingstag am Freitag scheint die Sonne und der Übergang vom offenen Gelände in den dichten Wald glich einer totalen Irrfahrt. - Der Wald ist so dunkel, dass sich die Augen erst mal an die Dunkelheit gewöhnen mussten. | Foto: Sven Martin
# Caro wählt wie auch schon in Finale das Norco Range und Anita das Sight für das Rennen. - Foto: Sven Martin
# Nachdem wir quasi die ganze Saison Rennen mit Liftunterstützung hatten, kommen am Ende der Saison die wahren Fitness-Tests. Weder beim Rennen in Finale noch Schottland gibt es Aufstiegshilfen. - Foto: Sven Martin

Die Pro-Stage vom Samstag wurde schon am Vortag trainiert und so starten wir direkt ins Rennen. Das Wetter zeigt sich von seiner garstigen Seite: Regen und dazu ein echt kalter Wind. Das hält die Schotten aber keinesfalls ab, es hat massig Zuschauer und die Stimmung am Streckenrand ist wahnsinnig. Wir beide haben einen gefühlt guten Run ohne große Fehler – die Zeiten, die wir fahren, sind aber nicht sonderlich gut. Platz 17 für Anita und 19 für Caro. Hmm, war trotzdem geil und die Zeiten sind relativ nahe beieinander. Offensichtlich müssen wir morgen dem Boden etwas mehr Grip zutrauen und die Bremsen mehr offenlassen.

# Pro-Stage: Die erste Stage am Samstagnachmittag ist mit Zuschauern gesäumt, obwohl es in Strömen regnet. - Foto: Sven Martin
# Nach der Pro-Stage gibt es erst mal jede Menge nasses und dreckiges Material zu reinigen.
# Auch wenn die Bedingungen sehr nass waren, in Schottland fährt es sich auch so sehr gut auf den Trails. - Foto: Sven Martin

Über Nacht fällt nochmals viel Regen, doch die Wettervoraussagen lassen auf einen schönen Tag hoffen. Mit der Stage „Pre Drinks“ geht es los. Dass die Abfahrt alles abverlangt, wissen wir schon vom Training – es geht flach und matschig los. Ein Kickstart in den Tag und alle Fahrer sind froh, als diese Abfahrt geschafft ist, denn von nun an sind alle Abfahrten richtig geil. Die Trails sind trotz des nassen Untergrundes richtig gut zu fahren – dank der eher steinigen und teilweise moorigen Bodens steckt man nicht so schnell im Matsch fest.

Die Stimmung im Wald ist bombastisch, die Zuschauer sind in Scharen gekommen und feuern uns mit einer Riesenbegeisterung an. Einfach schön, so Rennen zu fahren!

# Auf der schmierigen ersten Stage am Sonntag kommt Caro nicht in Schwung und hat einige grobe Schnitzer, welche viel Zeit einschenken. - Foto: Sven Martin

Der harte Anstieg zur zweitletzten Abfahrt zuckt ganz schön in den Waden, gefühlt schieben wir unsere Bikes zwei Schritte vorwärts und einen zurück, so steil geht es den Hang hinauf. Doch wir werden mit der längsten und wohl besten Abfahrt belohnt: „Big Deal“ geht rasant durch den dichten Wald und ist erstaunlich flowig zu fahren. Anita fährt mit Platz 11 ihr bestes Resultat ein und auch Caro zeigt sich zufrieden.

# Auf der zweiten Stage des Tages gibt es einen üblen Sprint auf einer Schotterstraße, um zum nächsten Trail-Abschnitt zu gelangen. - Foto: Sven Martin

Nach einem kurzen Stopp im Teampit sind unsere Bikes wieder einigermaßen sauber und um wohl rund 4 kg Matsch leichter. Auf geht’s zur letzten EWS-Stage des Jahres! Noch einmal kommen wir in den Genuss der Pro-Stage, einer schnellen Downhill Strecke, die direkt im Eventgelände endet. Wir Mädels feiern uns am Start alle selbst und können es kaum glauben, dass die Enduro World Series 2021 nach dieser Abfahrt schon wieder Geschichte ist!

# Mit einer Länge von 2,1 km und 366 hm negativ ist die Stage 3 „New York New York“ die längste Stage des Rennens. - Foto: Sven Martin
# Das Level im Frauenrennen ist der absolute Wahnsinn - die Zeitabstände sind unglaublich eng! Anita lässt ihr Norco Sight laufen. | Foto: Sven Martin

Angefeuert von den Rufen der vielen Zuschauer gelingt uns beiden nochmals eine gute Fahrt. Nur ein fetter Sprung aus dem Wald heraus und eine lange, rutschige Wiesenpassage trennen uns vom Ziel. Erleichtert und mit etwas Stolz überqueren wir die Ziellinie. Mit Platz 14. (Anita) und 17. für Caro gelingt uns zwar überhaupt kein Spitzenresultat, doch anhand der Umstände (Anita Ellbogen Luxation und Caro Bandscheibenvorfall) müssen wir froh sein, dass wir in die letzten Rennen der Saison überhaupt starten konnten.

# Endlich mal wieder ein Rennen fahren zu können mit richtig vielen Zuschauern und Stimmung am Streckenrand, ist eine schöne Belohnung zum Abschluss der Saison. Wir hoffen, nächstes Jahr wird noch etwas mehr Normalität in das Renngeschehen einkehren. - Foto: Sven Martin

Etwas resigniert sind wir mit den Resultaten schon – wenn man als regelmäßige Top 5-Kandidatin seinen Namen von hinten suchen muss, schmerzt das schon etwas. Doch realistisch gesehen ist die Leistungsdichte im Frauenfeld so eng wie noch nie, die Top 20 liegt so nahe beieinander wie bei den Männern. Nur wer über eine Top-Gesundheit verfügt, kann mit einem guten Resultat rechnen. Das motiviert, weiter an uns zu arbeiten und in der Offseason hart zu trainieren, um unser volles Potenzial wieder abrufen zu können.

# Zieleinfahrt über die Schlammwiese, welche Richie Rude zum Verhängnis wurde. - Er wurde disqualifiziert, weil er eine der Fahnen auf der falschen Seite gefahren hatte. | Foto: Sven Martin
# Der Rennplatz am Sonntagnachmittag glich einer einzigen Rutschpartie.
# Anita ist glücklich, wieder Spaß auf dem Bike zu haben nach ihrem Horror Unfall - der Speed und das Selbstvertrauen, ganz ans Limit zu gehen, sind aber noch nicht zurück. | Foto: Sven Martin

Dieses Wochenende steht die erste Schweizer Meisterschaft im Enduro an, wir hoffen, dass wir den Titel unter uns ausmachen können! ;-)

Was sagst du dazu, dass die beiden Schwestern sich trotz Verletzungen und widriger Bedingungen so durchgekämpft haben?


Mehr Berichte von unseren schnellen Gehrig-Twins findet ihr hier: 

Text: Anita Gehrig | Bilder: Sven Martin/privat
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