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Yeti SB4.5c Trailbike im Test
Ist das noch ein Kompromiss?

Yeti SB4.5c im Test: Es kommt aus Colorado, verfügt über eine der ungewöhnlichsten Hinterbau-Konstruktionen am Markt und sieht schon auf dem Papier schnell aus. Wir haben den Carbon-Rahmen in der X01-Ausstattung über unsere Trails gescheucht – hier ist der Test.

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# "Aggressives Trailbike" - den Begriff kennt man, hier sieht man es auch. 140 mm Gabel, 114 mm Heck.

Yeti SB4.5c – kurz & knapp

Das SB4.5c ist ein 29″-Trailbike, das am Heck 114 mm Federweg bietet und mit 140 mm Federgabeln ausgeliefert wird. Es ist Yetis erster 29er mit Switch Infinity Hinterbau, hat inzwischen aber auch noch einen großen Bruder, das SB5.5c. Wofür das Bike gut sein soll? Mit einem strafferen Heck soll es auch im Wiegetritt die pure Effizienz versprühen. Bergab soll es dagegen ganz Trailbike sein und all jene belohnen, die die Bremsen aufmachen und die großen Räder rollen lassen.

UVP: Modell „X01“ wie gezeigt 8390 € / Rahmen mit Dämpfer 4190 €| Bikemarkt: Yeti SB4.5c kaufen

# Rundgelutscht - organisch fließende Formen, wo das Auge hin schaut.
# Kultlogo am Steuerrohr - das mit 95 mm in Größe M sehr kurz ausfällt. Aber was soll die hohe obere Steuersatzkappe? Ein Einschlagen der Brems/Schalthebel im Oberrohr verhindern!
# Voluminöse Ausfallenden

Yeti SB4.5c – Technische Daten

Highlights des Rahmens gibt es viele. Da ist einerseits die Vollcarbon-Konstruktion, die Yeti so einmalig organisch gezaubert hat. Der Rahmen scheint sich zwischen den Anschraubpunkten für Dämpfer, Tretlager und Hinterachse aufzuspannen, ja fast zu fließen. Rundliche Übergänge wo das Auge hinfällt, eine scharfe Kante sucht man vergebens. Das Grellgrün unseres Testbikes ist mächtig ungewöhnlich für ein Yeti, eigentlich gehört das Rad natürlich türkis lackiert, als dritte Option ist Carbon-Grau im Angebot.

# Der Drehpunkt hebt und senkt sich - das ändert die Kettenstrebenlängenänderung
# Zwei zusätzliche Fox-Dämpfer? - Nein, Linearführungen, die eine Bewegung gerade nach oben und unten erlauben.
# Bis zur Unendlichkeit - die untere Linearführung entspricht einer Rotation um einen Drehpunkt im Unendlichen.

Dann ist da der Hinterbau. Switch Infinity nennt Yeti die Konstruktion. Der Name beschreibt recht gut, worum es dabei geht: Switch Infinity. Zwei Eigenschaften machen die Konstruktion aus. Zuerst einmal „Switch“. Wie auch bei der Vorgänger-Konstruktion, die mit einem Exzenter über dem Tretlager arbeitete, wechselt (switcht) der untere Umlenkpunkt seine Bewegungsrichtung. Neu gegenüber dem Vorgänger ist der „Drehpunkt“ im Unendlichen (infinity). Klarer formuliert: Der untere Drehpunkt wurde durch eine Linearführung, bestehend aus zwei zylindrischen Lagern, ersetzt. Der untere Drehpunkt wandert also auf einer Geraden auf und ab, was der Rotation um einen Punkt im Unendlichen gleich kommt.

# Race Bred - Yeti-Motto und Yeti auf dem Oberrohr

Wozu das Ganze? Wer die beiden Kashima-beschichteten zylindrischen Lager im Herzen des Rahmens sieht, der fragt häufig ganz direkt heraus: Was bringt das? Die Frage scheint vor allem berechtigt, weil die Bewegung des Drehpunktes minimal scheint, beim Einfedern aus dem Stand kaum wahrnehmbar. Die Idee dahinter ist aber schlüssig: Zu Beginn des Federwegs, also in Bereichen, in denen der Fahrer pedaliert und beschleunigt, sorgt der nach oben steigende Drehpunkt für eine gesteigerte Antriebseffizienz, da er einem Einfedern durch Kettenzug entgegen wirkt. Im tieferen Bereich des Federwegs, wo der Fahrer sich in der Abfahrt und bei großen Schlägen bewegt, sorgt der sinkende Drehpunkt für einen reduzierten Pedalrückschlag.

Geometrie

RahmengrößeSMLXL
Sitzrohrlänge419445483521
Steuerrohrlänge579605630655
Lenkwinkel67.467.467.467.4
Effektiver Sitzwinkel73.373.373.373.3
Kettenstrebenlänge437437437437
Radstand1127115311801207
Innenlagerhöhe334334334334
Steuerrohrlänge9095105120
Axle to Crown547547547547
Stack608613622636
Reach397421444465
# Entwickelt in Colorado - gefertigt werden die Bikes auch in Taiwan.

Ausstattung

Yeti bietet das SB4.5c in den USA in drei Ausstattungsvarianten an. Importeur Silverfish bringt allerdings nur ein Komplettbike und nur die Rahmengrößen M – XL nach Deutschland, empfiehlt kleineren Fahrerinnen und Fahrern das SB5c mit 27,5″-Rädern. Wir beschränken uns daher bei der Ausstattung auf die hier getestete X01 Variante.

Die Ausstattung unseres Bikes ist vernünftig und bietet alles, was man sich von einem modernen Trailbike erwarten würde: 1×11-Antrieb, Teleskopstütze, recht leichte Laufräder. Bezogen auf den stolzen Preis des Bikes wirkt die Alu-Kurbel aber zu billig. Am grünen Rahmen sind Anbauteile mit türkisen Akzenten (Fox Gabel, WTB Sattel) montiert, was nicht so richtig perfekt zu passen scheint, aber vielleicht Geschmacksache ist. 11,7 kg sind ein klasse Wert für einen Twentyniner mit 140 mm Gabel.

# Haven Carbon Lenker - Sram Guide RSC Bremsen und Yeti-eigene Griffe.
# Fox 34 Factory - Boost Einbaumaße, 140 mm Federweg.

Yeti SB4.5c in der Hand

Yeti Bikes aus Golden in Colorado – da kommen Erinnerungen an Downhillbikes mit Linearführungen, an aufwändige Umlenkungen und an Rennsiege von Jared Graves und aktuell Richie Rude auf. Der aktuelle Switch Infinity Hinterbau kommt auf die meisten EWS-Siege überhaupt, insgesamt hat Yeti ein äußerst gutes Händchen bei der Förderung von Teamfahrern bewiesen. Daran erinnert der Schriftzug „Race Bred“ auf dem Oberrohr – und dennoch soll ein Bike wie das 4.5c natürlich nicht nur Racer ansprechen, sondern im Alltag gut funktionieren. Yeti gibt auf den Rahmen eine Garantie von 5 Jahren, der Switch Infinity Link selbst bekommt 2 Jahre Garantie verpasst. Er kann abgeschmiert und im Falle eines Falles ersetzt werden, soll hinsichtlich Verschleiß jedoch einem Federbein ähneln und damit praktisch wartungsfrei daher kommen.

# Weit umschließender Kettenstrebenschutz - Manko: Der harte Kunststoff klappert laut.
# Konsequent intern verlegte züge
# Boost-Gabel - sichtbar breiter aufbauend.

„Was für ein leichtes Bike!“ ist mein erster Eindruck, als ich das SB4.5c aus dem Karton nehme.  Die Verarbeitung des Rahmens ist erstklassig: Ob das aufgenietete Logo am Steuerrohr oder die Abstände zwischen Hauptrahmen und Hinterbau, alles einwandfrei. Auch der Kettenstrebenschutz, der großflächig Sitz- und Kettenstrebe umschließt, ist aufwändig und einfach schön gemacht. Details wie das eingeschraubte Gewinde für die Hinterachse sind eigenständig gelöst, ein Alu-Plättchen schützt die Kohlenstofffasern bei Chain-Sucks. Außerdem gibt es einen Steinschlag-Schutz am Unterrohr, keine ISCG-Aufnahme und eine konsequente Innenführung für die Züge. Schön gemacht – in dieser Preisklasse aber auch zu erwarten.

Am Heck gibt Yeti die Reifenfreiheit mit 29 x 2,3″ an. Das heißt: Weder dicke Schlappen noch 27,5+ finden Platz, und das trotz Boost- einbaubreite vorne und hinten. Heißt auch: Yeti nutzt Boost so, wie es gedacht war, nämlich um einen 29er mit steifen Rädern zu bauen. Sonst nichts.

Yeti SB4.5c auf dem Trail

Vorne und hinten gibt’s Schnellspanner, werkzeugfrei ist das Bike aufgebaut. Pedale ran und am Heck 14-15 mm Sag eingestellt, was empfohlenen 28 % Negativfederweg entspricht – damit ist das Yeti bereit für die Ausfahrt.

Uphill

Yeti verspricht, dass das SB4.5c straff und ruhig selbst im Wiegetritt bergauf geht – das Bike hält das Versprechen. Auch ohne Plattform benimmt sich das Heck, man mag sagen: Kein Wunder bei nur 114 mm Federweg, aber so ruhig wie der Hinterbau dann bleibt, wundert man sich eben doch. Das Staunen bleibt erhalten, als sich Wurzeln querstellen, denn dann zeigt sich, dass man eben wirklich ohne Plattform und mit aktivem Federbein unterwegs ist.

# Trail 2

Dazu kommt, dass die Maxxis Reifen sehr gut rollen, wodurch das Gesamtpaket traumhaft beschleunigt werden kann, bis die Beine brennen. Auch im Sitzen lässt sich leicht Strecke machen, der Yeti-Pilot sitzt trotz 55 mm kurzem Vorbau ausreichend gestreckt, auch weil der Sitzwinkel nicht zu steil gewählt ist.  Bis das Vorderrad steigt, muss dank der großen Laufräder doch ein mächtig steiler Anstieg aufwarten. Die Übersetzung ist dabei so gewählt, dass auch ein moderat fitter Fahrer selten in Verlegenheit kommt, besonders auch deshalb, weil sich kurze, steile Rampen locker hinauf sprinten lassen.

Die Kombination aus steil und grob geschottert führt dann aber doch dazu, dass der Maxxis Ikon im Wiegetritt die Traktion verliert. Dann helfen nur Schwung und Power… unter dem Unterrohr lässt sich ein Flaschenhalter anbringen. Das ist eine Notlösung, mehr aber eben auch nicht – in jedem Fall braucht es eine perfekt sitzende Flasche, sonst wird sie nicht nur zugematscht sondern geht auch flöten.

# Trail 1
# Passt Giftgrün zu einem Yeti? - In jedem Fall ist es schwer zu übersehen!

Trail

Trails. Dafür ist ein Trailbike gemacht, oder? Tatsächlich blüht das Testbike hier auf. Das Heck ist kurz genug, um Wheelies locker aus der Hüfte zu treten oder einfach von der nächstbesten Geländekante wegzusurfen. Die leichten Laufräder und das effiziente Fahrwerk ermöglichen es, auch auf kurzer Strecke stark zu beschleunigen. Und die gute Balance zwischen den Rädern sorgt für Grip und dafür, dass der Fahrer mit dem Rad spielen kann. Bunny-Hops über Wurzeln, kurz das Hinterrad entlasten und driften, dann gleich im Sprint zur nächsten spannenden Stelle – dafür ist dieses Bike gemacht.

# Leichtfüßig - das straffe heck lädt zum Abziehen ein, das leichte Rad zum Richtungswechseln
# Hier fühlt sich das Bike pudelwohl - kurvige Trails, leicht geneigt

Downhill

Ehrlich gesagt: Von einem 114 mm Federweg Bike habe ich erwartet, dass es gut klettert und mich dazu verleitet, länger und weiter zu fahren, als gewohnt. Doch wie würde es sich bergab anfühlen? Dieses ungleiche Fahrwerk mit 140 mm vorne und nur 114 mm hinten? Das ungleiche Fahrwerk fühlt sich in erster Linie ziemlich gleich an, soll heißen: Ausgewogen. Hätte ich raten müssen, hätte ich dem Bike wohl quasi so viel Federweg hinten attestiert, wie es an der Gabel bietet. Der Hinterbau präsentiert sich deutlich feinfühliger als an den meisten 29″-Trailbikes, die wir letztes Jahr im Test hatten, und das ohne zu Durchschlägen zu neigen. Das Bike liegt auch bei hohen Geschwindigkeiten ausreichend stabil, obwohl es sich auf flachen Abschnitten (siehe „Trail“) absolut handlich fuhr.

# Sehr gute Balance zwischen den Rädern - mit 437 mm sind die Kettenstreben nicht die kürzesten - aber genau richtig.

Das Bike springt gut, liegt gut, fährt sich absolut ausgewogen. Sein Heck ist kurz, aber nicht das kürzeste. Der Lenkwinkel flach, aber nicht der flachste. Der Reach ist mit 421 mm (Größe M) mittelmäßig lang, aber keinesfalls sehr lang. Nirgendwo radikal, aber insgesamt ausgewogen kann das Bike unheimlich überzeugen, bis die 180/160 mm Bremsscheiben warm werden. Schwächen im Downhill? Der schöne Kettenstrebenschutz ist aus recht hartem Plastik, die Kettenstreben voluminös – da gibt es wahrlich leisere Bikes. Und: Machen wir uns nichts vor, irgendwann kommt der Moment, in dem die Reifen an ihre Grenzen kommen und weicheres Gummi mit dicker Karkasse die einzige Möglichkeit für noch mehr Spaß wären.

# Um zu sehen, was im Hinterbau steckt, sind wir hier mit einer 150 mm Gabel unterwegs - das Bike wird dann aber schlechter balanciert. Wer mehr will, sollte sich das SB5.5c anschauen.

Tuning-Möglichkeiten

Wie bereits erwähnt, scheint die Tretkurbel das günstigste Teil am Rad – hier ein paar Gramm zu holen, bringt aber vermutlich nur im Kopf etwas. Ein sinnvolles Upgrade könnte eine Zahnscheibe mit feinerer Verzahnung sein, denn verbaut ist die 18er Scheibe.  Yeti selbst bietet ein Upgrade auf ENVE-Carbon Laufräder – wer kann und mag, der möge es tun, rein funktional gibt es an diesem Bike aber keine Tuning-Notwendigkeit.

Haltbarkeit

Obwohl wir das Trailbike auch mal in den Bikepark entführt haben, konnten wir keine Schwachstellen identifizieren. Ein knarzfreies Pressfit-Innenlager, kein Spiel am aufwändigen Hinterbau, allein den Schlauch geplättet und auf Tubeless aufgebaut – das war’s.

Fazit zum Yeti SB4.5c

Die Geschwindigkeit eines XC-Bikes gepaart mit der Souveränität eines All-Mountains und der Lebhaftigkeit eines Trailbikes. Das Yeti SB4.5c ist ein toller Allrounder, beschert auf dem Alpencross so viel Freude wie auf anspruchsvollen Trails, fährt fast so schnell bergab wie bergauf. Hat die Sache keinen Haken? Naja, das Preisschild könnte man durchaus als Haken bezeichnen…

Stärken

Schwächen

Testablauf

Das Yeti SB4.5c wurde uns für die Dauer des Tests vom Vertrieb für Deutschland, Silverfish, zur Verfügung gestellt.

Hier haben wir das SB4.5c getestet

  • Testername: Stefanus Stahl
  • Körpergröße: 177 cm
  • Gewicht (mit Riding-Gear): 70 kg
  • Schrittlänge: 82 cm
  • Armlänge: 65 cm
  • Oberkörperlänge: 63 cm
  • Fahrstil: Verspielt, sauber und mit vielen Drifts
  • Was fahre ich hauptsächlich: Trail, Enduro
  • Vorlieben beim Fahrwerk: Die richtige Mischung aus Komfort und Popp macht’s
  • Vorlieben bei der Geometrie: Relativ niedrig, relativ lang

Preisvergleich

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Weitere Informationen zum Yeti SB4.5c

Webseite: www.yeticycles.com
Text & Redaktion: Stefanus Stahl | MTB-News.de 2016
Bilder: T. Stahl, M. Höll

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