Abruzzix - durch Italiens Mitte

26.06. 12:30 Calcinere im Valle Po, 730m


Gehen wir's an... meine Garrita Nuova ist knapp 2400m hoch, der anvisierte Talboden im Valle Po liegt bei 700m. Kein schlechter Höhenunterschied... allerdings ist der Weg anfangs etwas schwer zu finden. Macht nix, Gelände ist recht übersichtlich und das Experimentalstricherl auf der Karte passt zur Position.


Da ist er ja, der Trail.


Und wenn ich mal nimmer weiter weiß, fahr ich einfach nem anderen Zorro hinterher. Gibt ja genug hier oben! Das ist übrigens mein einsamer Selbstauslöserrekord bisher: zehn Zorros, mehr Bilder macht die Kamera nicht. Das Timing muss dazu exakt passen und die Einzelradler dürfen sich nicht überlappen, sonst krieg ichs mit meinem Smartphone nicht zusammengepappt.


Nach schönem, teilweise anspruchsvollem Trail am Grat der Garrita Nuova erreiche ich ein kleines Skigebiet und vernichte ein paar hundert Höhenmeter auf denkbar blöde Weise... steile, holprige, bremsenkillende Karrenwege machen echt keinen Sinn. Aber hilft nix, so viel war vorher auf der Karte ja auch schon zu sehen... ist also eingeplant.


Nachdem dem Karrenwegintermezzo folgt etwas Isogehypse auf einer Forstpiste, dann erreiche ich den zweiten Trail.


Waschlappenschmal schlängelt sich ein kleinstes Weglein durch dichten Dschungelwald hinab ins Valle Po. Die Hänge sind teilweise extrem steil, der Weg bleibt angangs eher flach und meistert das Gefälle mit vielen Kehren. Später wirds etwas breiter und schneller...


... und noch später dann offener und richtig fetzig. Nach dem oberen Teil am Grat also nochmal siebenhundert Höhenmeter Downhillspaß... würde sagen, das Routenexperiment vom Valle Stura ins Valle Po hat verdammt gut funktioniert.


Der Weiler "Calcinere" beim Trailende am Talboden ist allerdings die blanke Enttäuschung: Keine Bar, kein Cappucco, kein Futter, kein gar nix. Talauswärts rollen wär jetzt doof, also muss ich wohl oder übel mit leicht knurrendem Magen sechshundert Höhenmeter rauf ins nächste Dorf strampeln. Egal, der Trail war gut, die Sonne lacht, der Rest ist Nebensache.
 
@keinTrinkwasser, hoppala... sieht dann wohl so aus, als hätte ich sowohl Glück mit dem Wetter als auch mit dem Schnee. Na gut... dann vergessen wir mal das Gewinsel wegen der "Depriwolke". Inzwischen kann ich mich jedenfalls gar nicht mehr beklagen... alles in sonniger Butter. Danke für die Story!
 
Du bist 2850 Hm gefahren und mußt jetzt noch 600 Hm stramplen zur nächsten Hütte, und das um die Uhrzeit. Respekt !
 
26.06. 20:30 Albergo Alpino am Pian del Re an den Sorgenti del Po, 2020m


Zwischenstation in Crissolo zum Kalorien fassen. Qualität? Egal... Hauptsache Kalorien. Dann häng ich ein wenig bademäßig am und im jungen Po ab, der ist allerdings verdammt frisch hier oben.


Abends werden dann nochmal siebenhundert draufgepackt, schon bin ich am "Pian del Re" bei der Quelle von Italiens größtem Fluss und beim Namensgeber von Italiens grusligster Gegend, der Po-Ebene: nur ein paar Kilometer von hier aus den Bergen raus. Dahin bringen mich keine zehn Pferde mit dem Bike.


Rifugio Pian del Re in der Abendsonne. Von aussen nachts nicht so viel her.


Aber innen ists saugemütlich.


Das Essen reicht für drei, ist aber nur für mich allein. Genau richtig so: Zuerst mal aus jedem Töpfchen naschen und sie dann alle leer machen.


Der cottische Kaiser gibt sich abends auch noch mal die Ehre und taucht mit Mond aus dem Nebel auf. Das Wetter morgen kann nur gut werden!
 
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@rayc, hab am Ende nicht den RifRifugioSellaKringel gemacht. Konnte die Downhill"trails" von Crissolo zumindest ein Stück weit einsehen. Was auf OSM wie ein netter Single aussieht, war in Wirklichkeit einfachen nur ein lieblos an den Berg geklatschter, ultrasteiler Karrenweg. Wenigstens die untere Hälfte macht also sicher keinen Bikespaß.

Schade :(
Aber vielen Dank für die Info, hast uns einen Griff ins Klo erspart. Das Wegerl war nämlich schon fest auf der To-Do-Liste. Jetzt nicht mehr.
Wenn du ein anderes Mal aus Norden an den Viso kommst, kannst mal übers Q.Sella hoch und die Abfahrt vom Chiaffredo nach Castello versuchen. Die ist geil. Hatte deswegen irgendwie gehofft, dass das nach Crissolo genauso cool wäre.

Und Respekt, dass du die Futter Portion am Pian del Re bezwungen hast ;)
Ganz haben wir das noch nie geschafft, nicht mal zu zweit und egal wie viele Höhenmeter davor kamen, aber dafür hatten wir dann immer für mindestens ein Jahr die Schnauze voll von Polenta. Das Zeug stopft ganz schön :D

Du gibst aber grad ganz schön Gas, oder? Eiltempo durch die Alpen? o_O
 
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27.06. 09:15 Colle Gianna, 2525m


Frühstück von halb acht bis acht, dann rauf auf den Bock und mit der Morgensonne und dem Monte Viso im Rücken vom Pian del Re losgekurbelt.


Quäl dich du Sau.


Colle Gianna schon im Blick.


Und oben. Die Radlbilder waren übrigens alle recht sinnlos, denn eigentlich müssen fast die kompletten 550 Höhenmeter auf den Colle Gianna geschoben werden. Macht nix... ist ein guter Weg dazu. Und die Belohnung folgt hoffentlich auf der anderen Seite.


Ist der Viso jetzt eigentlich ein hübscher oder ein hässlicher Berg? Kann mich nicht entscheiden.
 
Hässlich isser nur, wenn eine Wolke davor hängt, bei dem Wetter auf deinem Foto find ich ihn hübsch ;)
Deine Colle Gianna Abfahrt haben wir mal hochgetragen. Runterwärts ein eher leichter Flowtrail. Hat dir sicher geschmeckt.
 
27.06. 09:15 Colle Gianna, 2525m


Frühstück von halb acht bis acht, dann rauf auf den Bock und mit der Morgensonne und dem Monte Viso im Rücken vom Pian del Re losgekurbelt.


Quäl dich du Sau.


Colle Gianna schon im Blick.


Und oben. Die Radlbilder waren übrigens alle recht sinnlos, denn eigentlich müssen fast die kompletten 550 Höhenmeter auf den Colle Gianna geschoben werden. Macht nix... ist ein guter Weg dazu. Und die Belohnung folgt hoffentlich auf der anderen Seite.


Ist der Viso jetzt eigentlich ein hübscher oder ein hässlicher Berg? Kann mich nicht entscheiden.

Es ist ein hübscher :D:daumen:
 
Der Monte Viso ein ist Monster, hübsch anzuschauen aber grausam.

Es lohnt sich die Kapelle beim Refugio Q. Sella zu besuchen, die Liste der Opfer ist lang. :(
 
Deine Colle Gianna Abfahrt haben wir mal hochgetragen. Runterwärts ein eher leichter Flowtrail. Hat dir sicher geschmeckt.
Es gibt zwei Abfahrten nach Norden... meine war in der unteren Hälfte reichlich unflowig. Entweder hast du die andere raufgetragen oder die vielen spitzen, unförmigen Felsen in dem schmalen Lärchentrail vergessen :).
 
Es gibt zwei Abfahrten nach Norden... meine war in der unteren Hälfte reichlich unflowig. Entweder hast du die andere raufgetragen oder die vielen spitzen, unförmigen Felsen in dem schmalen Lärchentrail vergessen :).

Ich hab's mir gerade in der Karte angeschaut: ja, wir haben den "rechten" Trail hochgetragen. Kommt erst weit oben zusammen. Da gab's keine spitzen Felsen. Aber hört sich doch eigentlich ganz lustig an, ich steh auf unflowig :D
 
Grossartig! Besonderst die Bilder mit dir und dem Viso (einer DER Alpengipfel überhaupt, schön ist er sowieso) fantastisch! Vielen Dank fürs dabeisein dürfen und noch viel Glück.
 
27.06. 10:30 Rifugio Barbara Lowrie, 1750m


Los gehts...


... erst mal...


... mit unvergleichlichem...


... Alpinflow!


Panorama-Kontrastverstärkerzoom auf dem Gianna-Trail, von Mont Blanc (links unter der Wolke) bis zum Monte Rosa (rechts) sind die höchsten Berge der Alpen am Horizont versammelt.


Es gibt zwei Abfahrtsvarianten vom Colle Gianna nach Norden: Die rechte ist bereits als leichter Trail auf der OpenStreetMap eingetragen und sieht aus wie viel Spaß. Drum wähl ich die linke... bisserl auf Krawall und Experiment gebürstet heute scheint mir.








Ein wirklich schöner Trail, meine Wahl... bis man unten in die Lärchen eintaucht. Dann wirds auf einmal schmal und sehr felsig, spitze Zacken ragen von links und rechts in den Trail, vernünftiges Durchkommen ist nicht mehr möglich. Ein Viertelstünderl hopple ich ganz langsam und mit vielen Schiebepausen talwärts und denke mir, ich hätte besser die andere Abfahrt gewählt. Na was solls... ist kein besonders langes Käsestück und der Rest war einfach nur ober...a...t...g.


Talboden beim Rifugio Barbara... geschafft.


Hierhin kommen auch die Autos aus dem Tal, was am Samstag natürlich diverse picknickende Italiener zur Folge hat. Normalerweise sitzen die immer direkt neben ihrer Kofferraumklappe, dieses Pärchen hier hat sich schon erstaunlich weit vom Auto entfernt. Ob das mal gut geht?!

Soll mir wurscht sein, mir gehts jedenfalls gut... erster Pass und erste Abfahrt des Tages mit 800hm Singletrack erfolgreich beendet. Zwei Pässe und zwei lange Trails folgen noch... wenn ichs pack.
 
27.06. 12:00 Colle Barant, 2390m


Zweiter Uphill des Tages: 700 pistige Hömes auf den Colle Barant. Vor allem unten recht steil, aber gut zum fahren.


Futter im Rifugio am Pass. Glaub die Hüttendichte hier auf dem gta-Weitwanderweg ist noch größer als in den Alpen. Der Nebel macht schon wieder mobil... schleicht euch... dumme Wolken.
 
27.06. 13:25 Talboden im Val Pelice, 1030m


Ein kurzes Pistenstück bringt mich vom Col Barant hinüber ins Val Pelice.


Hier beginnt ein weiteres Schmankerl: Zwölfhundert Tiefenmeter auf dem uralten "Sentiero dell'Aqutanha".


Erste der gefühlten dreihundert Serpentinen und nur ein Alibishot, der ganze Trail ist im dichten Wald. Ich verschwinde zudem in einer Wolke und sehe rein gar nix.


Aber cool... und schnell!
 
27.06. 17:40 Colle Giulan, 2480m


Im Minimaldorf Villanova ein paar Meter die Straße rauf brauch ich dringend Kalorien. Heute steht noch ein dritter Pass auf dem Programm, Fünfzehnhundert Höhenmeter zum Colle Giulan als Nachtisch. Dort oben war ich beim Heraklix schon mal, das passt mir jetzt nicht so ganz in den Kram. Aber ich erinnere mich dunkel an Dreckswetter, keine Aussicht und an gedankliches Gewinsel wegen der falschen Richtung mit einer endlos langen und langweiligen Pistenabfahrt ins Val Pelice. Von Süd nach Nord so wie heute ist der Pass sicher deutlich sinnvoller.


Nicht erinnert hab ich mich wohl an die Steilheit... die Piste von Villanova hinauf zum Pass ist einfach nur gnadenlos böse. Oder liegts an den vielen Hömes zuvor? Oder daran dass mich schon wieder der Nebel bedroht? Jedenfalls find ich ihn ganz schön knackig hart, den Giulan.


Nach anderthalb Stunden lassen die Prozente endlich ein wenig nach... und auch die Wolken verdünnisieren sich langsam. Besser ist das.


Schiebung auf den letzten 350 Höhenmetern, endlich seh ich das Ziel überhaupt mal. Beim Heraklix war regnerische Nebelsuppe und elende Kuhmatschpampe als Untergrund, das wirkt jetzt ein bisserl anders.


Geschafft... um kurz nach halb sechs sitze ich oben auf dem dritten Pass heute. Von ein bisserl weiter weg und mit fluffigen Spaßwölkchen garniert, ist der Monte Viso eventuell doch ein schöner Berg.
 
Den "Alibi-Shot" am Flowtrail Sentiero dell'Aqutanha ins Pellice Tal haben wir auch gemacht klick.
Wie du siehst hat uns auch die Wolke gefressen.
 
Sentiero dell'Aqutanha

Den fandest du echt cool?

Ja relativ schnell zu fahren war er, etwas krautig, so habe ich ihn in Erinnerung von 2014.
Ist ein alter Karrenweg, teilweise verfallen.
Ich habe ihn eher in der Kategorie einsortiert, macht man wenn er auf den Weg liegt, sonst eher langweilig.
 
@rayc, mei... was heißt schon cool... sieht man ja an der Anzahl der gemachten Bilder... aber immerhin 1200 Tiefenmeter recht flott zum fahren, direkt zum Talboden, ohne Piste am Ende, das letzte Drittel richtig flowig. Kein Holytrail... aber als Teil eines Crosses nicht zu verachten.

Überhaupt ist der Trailanteil auf diesem Wessiverkehrtrum bisher gewaltig hoch. Kann mich an fast keine Abfahrten auf Straßen oder Pisten erinnern. Alles was runter geht, ist schmal.
 
27.06. 19:00 Albergo Miramonte im Valle Prali, 1750m


Wird schon langsam spät heut, nix wie runter vom Giulan.


Erst schön, dann ein kleines Grusel-S4-Stück wos mich das erste mal auf dem Abruzzelbalpix über den Lenker wirft. Keine Experimente mehr nach einem langen Tag bitte, ein paar Meter schieben haben noch niemand geschadet. Sieht ja sowieso keiner.


Und der Trail wird schon bald wieder leichter.


So richtig leicht wird er allerdings nie... weiter unten etwas gemüsig mit ein paar versteckten Holperfelsen. Gesamteinstufung S2 würd ich sagen, aber vielleicht bin ich auch einfach nur müde.


An einem Brückerl über einen Wasserfall hat mans dann geschafft. Der Rest ist Piste, worüber ich heut abend ausnahmsweise mal gar nicht so unglücklich bin.


Blick zurück zum Colle Giulan: als Süd-Nord-Verbindung ein absolut würdiger Pass.


Jetzt Pasta... dann Bett im Albergo Miramonte in Prali. Freilich... der Abenteuerfaktor bleibt als warmduschender Drinnenschläfer etwas auf der Strecke. Aber sollte man sich jetzt deshalb im Land der Rifugi und Cappuccini explizit irgendwo unter eine Brücke legen? Bin halt dieses Mal als Komfortzorro unterwegs und mir gefällts. Nach einem Tag mit 2800 Höhen- und 3200 Trailtiefenmetern freut man sich auch einfach auf ein gemachtes weiches Bett.
 
tja, wer den geist des pantani...

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