5 aus 7 - 700er im Böhmischen Mittelgebirge
Da wir keinen Thread "Böhmische Kegelberge" haben und die Tour in Sachsen startete und endete, bin ich mal so frei, über die vorgestrige Tour an dieser Stelle zu berichten:
Eigentlich sollte es mit dem 5-Uhr-Zug von Dresden nach Usti gehen. Aber irgendwie ist das schon unmenschlich früh. Also nahm ich am Samstagmorgen den 7:47er ins Visier und war letztlich froh, nach einem Zeitfahrrennen (gut, dass um diese Zeit noch nicht so viel Verkehr in der Stadt ist) diesen gerade noch erreicht zu haben. Glücklicherweise hat der "Wanderexpress Bohemica“ sogar (Vorsicht Ironie!) einen Fahrscheinautomat an Bord, was im VVO-Gebiet ja leider keine Selbstverständlichkeit ist. Kurz nach 9 war Usti (Aussig) erreicht und das Abenteuer konnte beginnen.
Inspiriert von karstb's Milesovka Runde MTB
http://www.gpsies.com/map.do?fileId=ktkeyuexzlnfapoz wollte ich mich an diversen linkselbischen Kegelbergen im Böhmischen Mittelgebirge versuchen. Bei ausreichend Zeit sollte es dann rechtselbig nach Schöna zurückgehen oder bereits von Lovosice aus per Bahn.
Zum Warm-up ging es den Radweg zur Vetruse, dem Aussichtshotel im Süden, hinauf (steil, aber kurz).
Heute ohne Schrecken und Casper David Friedrich - Burg Schreckenstein an der Elbstaustufe.
Und weiter über Straßen nach Chvalov (Qualen, Nomen est omen). Der Radweg dort hinunter an die Elbe gehört für mich mit zu den tollsten Radwegen, da wunderbar steil. Dieses Mal ausnahmsweise hinab (max. -14%), dafür ging es auf der anderen Seite akzeptabel steil wieder hinauf (angeblich max. 18% laut Tacho) .-) Hinter Radejcin konnte dann die neue A17/D8 bestaunt werden.
A17/D8 Richtung Prag.
Sanft schlummert die Baustelle nachdem ein Teil der Strecke Hangrutschen zum Opfer fiel. (Meine Meinung, dass die Autobahn besser in den Freiberger Korridor gehört hätte, wenn nicht Lokalpolitiker aus Dresden und Usti unbedingt direkten Autobahnanschluss gewollt hätten, verkneife ich mir mal hier.)
Danach durchs Dorf Kletecna (Kletschen) hinauf zum gleichnahmigen Berg (710m), der auch auch Malá Milesovka genannt wird. Es soll der ersten von mehreren 700er Bergen an diesem Tag werden. Am oberen Dorfende muss man sich entscheiden: ein Weg biegt links ab, einer rechts. Laut Karte führt der Weg auf halber höhe vom Dorf um den Berg und wieder ins Dorf zurück. Ob er wirklich durchgängig ist, vermag ich nicht zu sagen. Ich entscheide mich für den linken Weg, der Traktorbreite hat und leicht fahrbar ist - bis auf 3-4 überbreite Wasserrinnen aus Metall, die einem gelegentlich zum Absteigen zwingen da selbst für ein 29er definitiv zu breit. Nach einem Kilometer biegt ein Trail schrängt nach rechts ab. 200 Meter weiter geht der Trampelpfad steil nach oben weg. Ich schiebe das Rad noch ein paar Meter, bis es mir zu steil und felsig wird. Die letzten Meter daher zu Fuß.
Kletecna/Kletschen (710m)
Oben erwarten mich eine winzige Lichtung, eine kleine Steinpyramide, viel Gestrüpp (Beinlinge/lange Hosen wegen der Brennnesseln nicht vergessen!) und wenig Aussicht. Lediglich nach Nordosten reicht der Blick bis zur Elbe.
Anschließen wieder nach unten, hinterm Ort links nach Westen, über den Pass der Fernstraße E55, die z.Z. die Autobahn ersetzt, durch den Wald (z.T. durch die Regengüsse der letzten Tage doch noch ziemlich schlammig :-( ) und über eine malerische Berwiese mit schöner Aussicht nach Norden. Dann ist die Sachsenkuppe erreicht. Hoffe, dies reicht als Bezug für "Tourenberichte aus Sachsen und Vogtland" .-) Woher der Name kommt, kann ich nicht sagen, vielleicht weil man von hier bis nach Sachsen schauen kann? Hier auf knapp 600m beginnt der Lift zum Milesovka (Milleschauer), mit dem die Bergwirtschaft und Wetterstation versorgt werden. Zum Glück geht es nicht die Liftschneise hinauf, sondern den roten (und später rot-blauen) Wanderweg. (Danke an Suicycle für die Tipps bei der Wahl der Aufstiegsroute!) Ein Teil davon ist fahrbahr, zumindest im unteren Teil. Ich schiebe jedoch größtenteils mangels Kondition, zumal ich meine Körner auch noch für weitere Berge brauchen werde. Der Tacho wird später maximal 22% anzeigen. Reichlich eine Stunde später ist es geschafft.
Kleines Belegfoto fürs Erinnerungsalbum, damit man später zu Seniorenzeiten noch was zum Beweisen hat.-)
Oben erwarten die Wanderer mit dem Gasthaus und der Baude der Wanderfreunde (z.Z. im Umbau) gleich zwei Orte zum Einkehren. Wer mag, kann auch noch gegen Eintrittsgeld auf den Turm steigen. Ich genieße die fantastische Aussicht kurz ein paar Minuten.
Blick zum Lovos/Lobosch (570 m)
Es ist schon halb Drei und ich habe noch einiges vor. Also den blauen und anschließend den roten Wanderweg schiebend hinab (unterwegs begegnen mir zwei Einheimische mit Touringrädern- die einzigen, die ich an diesem Tag hier zu Gesicht bekomme).
Breit getreten, aber felsig & stein - der rote zum blauen Wanderweg.
Anschließend einen breiten Waldweg und schmalen Trek hinunter nach Cernice. Nur ein kurzes Durchschnaufen.
Blick zurück auf den Milesovka (Milleschauer, auch Donnersberg, 836m) mit der drittschönsten Aussicht der Welt - laut Humboldt...
Hinter dem Ort geht es wieder kräftig hinauf (17%), allerdings die nächsten Kilometer auf Waldautobahnen, die teilweise auch als Radwege ausgeschildert sind. Auf der 25819 begegnet mir noch eine Gruppe deutscher Wanderradler. Danach wird es richtig ruhig. Der westliche Teil des Böhm. MIttelgebirges (NSG Brezina) war vor der Wende russisches Militärgelände - die Betonplatten auf einen Teil der Wege zeugen davon - und wird von Touristen auch heute noch kaum besucht. Zum Parez/Klotzberg (736m) muss ich die bequeme Waldautobahn verlassen und nach rechts abbiegen. Ein traktorbreiter Waldweg führt an einer Waldhütte vorbei und bis auf den Gipfel. Eigentlich gut fahrbar, wenn die Kräfte es hergeben würde.
Parez/Klotzberg (736m)
Oben auch hier keine Aussicht, da komplett bewachsen.
Parez/Klotzberg (736m)
Anschließend auf der Waldautobahn (Radweg 231) wieder hinab. Den Lhottaberg streiche ich aus Zeitgründen aus der Route (wäre eh nur ein 500er gewesen) und biege gleich nach Lukov ab. Es ist schon nach 6, aber auf den Hradistany (Radelstein, 752 m) möchte ich heute zumindest noch. Gut ausgeschildert, biegt die Route vom Hauptweg ab. Bis auf die allerletzten Meter ist auch hier der breite Waldweg gut fahrbar. Man darf nur nicht den letzten Abzweig verpassen, was mir fasst passiert wäre. Oben angekommen erwartet einen kein steiler Gipfel sondern ein Hochplatteau mit der Radelstein-Wiese.
Hradistany/Radelstein (752 m)
Auch wenn durch die Bäume ringsum (außer dem Erzgebirgskamm) nichts in der Ferne zu sehen ist, lohnt sich der Weg hierher, finde ich. Der Platz hat etwas Magisches. Wer weiß, wer hier beim Vollmond über die Wiese tanzt .-)
Und noch einmal als Panorama: Hradistany/Radelstein (752 m)
Beim Abstieg nach Drevce würde sich eigentlich für "700er-Sammler" ein Abstecher auf den Ostry (719m) anbieten. Allerdings habe ich auf allen Karten keinen Weg zum Gipfel gefunden und nach Pfadsuche im Unterholz ist mir angesichts der matschigen Beine und der Uhrzeit nicht zumute. Auch den Hradek (nur 566m) schenke ich mir. In Devovka geht es neben einer Angebervilla den roten Wanderweg durchs Unterholz ins Nachbardorf, schließend durch Vlastislav mit seinem Burgfried nach Sutom, wo ich kurz vor 8 raste und die letzte Banane verschlinge. Irgendwie war es wohl ein Fehler, auf dem Milleschauer nicht fürstlich zu tafeln... Ich entschließe mich, das "Restprogramm" zügig durchzuziehen: Die Burgruine Kostal (schöne Aussicht nach Süden) fällt daher genauso weg wie der Borec. Der Radweg 25 macht jetzt einen Bogen durch den Wald, führt durch Borec und an Bilinka vorbei über die A17/D8, die bis an den Lovos (Lobosch, 570 m) bereits in Betrieb ist.
Noch einmal A17/D8 Richtung Prag.
Apropos: Eigentlich sollte der Hausberg von Lovosice der Abschlussberg auf linkselbischer Seite werden. Ich ringe arg mit mir. Allerdings ist es schon 21 Uhr. Bis ich oben bin ist es wahrscheinlich dunkel. Also steiche ich auch diesen und trete statt dessen kräftig in die Pedalen bergab durch das Oparner (Wopparner) Tal mit seine Mühlen und Campingplätzen Richtung Elbe.
Mit etwas Glück erwische ich in Male Zernoseky einen Zug Richtung Norden, war mein Plan. Allerdings ist der Fahrplan mehr als dürftig. Es ist kurz vor halb 10. So richtig schlau werde ich nicht daraus. (Später daheim sehe ich im elektronischen Fahrplan, dass ich bis Decin gekommen wäre, wenn ich den Zug via Lovosice wenige Minuten später genommen hätte.) Die letzten S-Bahnen nach Dresden geht 23:05 ab Schöna und 00:15 ab Bad Schandau. In 2 bzw. 3h ist dies (für mich heute) nicht zu schaffen. Übernachten mag ich eigentlich nicht da ich morgen noch etwas vorhabe. Also entschließe ich mich notgedrungen, die Fernstraße an der Elbe Richtung Usti zu rollen. Da diese inzwischen mautpflichtig ist kommen aller paar Kilometer diverse Kameras. Selten habe ich mich so perfekt überwacht gefühlt. Gut, dass Radler nicht mautpflichtig sind, hoffe ich .-) Kurz vor Dreiviertel 11 bin ich am Hauptbahnhof in Usti. Der vorletzte Zug nach Decin ging vor ein paar Minuten. Der letzte erst gegen 1 in der Nacht. Damit ist klar: Auch die letzte S-Bahn ab Bad Schandau ist nicht zu schaffen. Ich "plündere" erst einmal den Snackautomaten und vertiefe mich in die Landkarte. Wahrscheinlich wird es das beste sein, den kürzesten Weg auf der Landstraße via Bahratal nach Dresden zu nehmen, da vor 5 Uhr kein Zug die Elbe entlang fährt. Also weiter zur nächsten Tankstelle, Cola & Snacks tanken und dann die Serpentinen hinauf aus der Stadt heraus. Irgendwann zwischen 1 und 2 ist der Nollendorfer Pass (700m) erreicht und ich kann mich endlich zum Grenzübergang rollen lassen. Es wird kalt (4°C?). Wer denkt auch im Sommer daran, Handschuhe einzupacken... Bei Gottleuba dann noch ein letzter Anstieg und weiter rollt es via Pirna und durchs Dresdner Zentrum. Halb drei setzt am Himmel langsam die Dämmerung ein. Als ich um 5 daheim bin ist es bereits richtig hell. Am Ende stehen dann 170km/3600hm/20h. (Ohne das Malheur mit dem verpassten Zug wären es humane 77km/2500hm/12h gewesen...)
Es wird ein sehr gemütlicher Sonntag .-)
Fazit: Die 700er im Böhmische Mittelgebirge erscheinen an einem Tag machbar. Allerdings sollte man zeitiger starten, mehr Kondition haben und spätestens 19:30 Uhr an der Elbe sein, um den letzten Zug noch zu schaffen.
(Wenn man den rechtelbigen Sedlo - siehe
http://www.ceskestredohori.cz/clanky/vysokohorsky-prechod.htm - noch dazunimmt, müsste man aber noch 1-2 Gänge im Tempo hochschalten, um es an einem Tag zu schaffen.)
Hoffe, ich habe dem einen oder anderen etwas Appetit auf die Trails rund um dem Milleschauer gemacht...
Gut Roll und wenig Tragen
wünscht
Leler