Wir waren Helden. Genau so, nicht anders und noch ein bißchen mehr, war meine Kindheit. Ich danke Gott, meinem Schicksal, Karma oder sonstwem, dass ich wenige Jahre nach dem Krieg geboren und aufgewachsen bin. Und ich danke, wem auch immer, dass ich das auf dem Lande durfte, mitten in der Pampa.
War das eine geile Zeit. Vor der Schulzeit morgens raus aus dem Haus, kurz zum Mittagessen eingelaufen, dann wieder raus und zum Abendessen zurück. Wo ich war und was ich gemacht habe, hat keinen interessiert, Hauptsache am Stück wieder da. Wetter spielte keine Rolle, Regen, Nebel, Schnee oder 30 Grad war völlig egal. Kanufahren auf der Wied mit geklautem Boot, Pflaumen pflücken oder Erdbeeren ernten beim Bauer, Kartoffel lesen und im brennenden Kartoffelfeuer rösten auf irgendeinem Feld, Traktor fahren, Schweine und Hühner schlachten, Butter machen und Heu fahren, in Strohhaufen Verstecken spielen, Verstecke und Baumhäuser im Wald bauen, in der Wied barfuß rumlaufen, sich die Füße an Flaschenglas aufschneiden, im Krankenhaus wieder zunähen lassen, geklaute Zigarren mit einäugigem Romanowski rauchen, tiefsinnige Gespräche mit ihm führen und vieles mehr war mein tägliches Tun. Langeweile? Nö, wirklich nicht.
Zur Grundschulzeit morgens um sechse los und zu Fuß die vier Kilometer hin und um einse wieder zurück. Irgendwann zu Hause aufgeschlagen, abhängig vom Weg, den ich nahm und was ich sonst noch so vorhatte. Vier Jahre lang jeden Tag. Fast jeden Tag. Einer fehlt. Das war der, an dem meine Mutter versuchte mich mit einer NSU Quickly zur Schule zu bringen. Bei dem einen Versuch blieb es jedoch, offensichtlich war sie dafür nicht gebaut. War einfacher mich laufen zu lassen.
Während der Ferien war ich meist auf einem Campingplatz in der Nähe. Dort trieb ich mich den ganzen Tag herum, schnorrte in der angeschlossenen Gartenwirtschaft Bier und Zigaretten und hatte einen Mordsspaß mit den Campern.
Ich möchte keine Sekunde missen.