Es wäre sicherlich eine gute Idee gewesen, einen Beitrag über das Verhältnis von Mountainbikern und Harvestern damit zu beginnen, dass es Ziel- und Interessenskonflikte gibt zwischen (1) dem wirtschaftlichen Betrieb eines Waldes, (2) dem Erholungsbedürfnis und den Nutzungsinteressen von Mountainbikern und (3) dem Naturschutz. Während der Forstbetrieb an der möglichst effizienten Produktion von Holz interessiert ist, möchten Mountainbiker einen möglichst naturnahen Wald vorfinden, den sie jedoch für ihre Zwecke nutzen und (mit-)gestalten möchten. Beides kann mit den Zielen des Naturschutzes, dem Erhalt der Biodiversität, in Konflikt stehen. Es wäre sicher nicht verkehrt gewesen, an dieser Stelle zu betonen, dass das Konfliktpotenzial zwischen Mountainbikern und Naturschutz deutlich geringer ausfällt als das Konfliktpotenzial zwischen Forstbetrieb und Naturschutz und dass bei vielen Aspekten die Interessen von Mountainbikern und Naturschutz gleichgerichtet sind.
Der Zielkonflikt zwischen Forstbetrieb und Naturschutz wird geregelt durch einen Ordnungsrahmen, ein System an Gesetzen und Verordnungen, die die Maßnahmen des Forstbetriebs zur Erreichung seiner Ziele begrenzen (Stichwort: Nachhaltige Waldbewirtschaftung). Es wäre in einem zweiten Schritt möglicherweise auch eine gute Idee gewesen, an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass es „die Förster“ oder „die Forstbetriebe“ so als Einheit nicht gibt, dass das eine heterogene Gruppe von Betrieben und Personen ist und dass die Einhaltung der Vorgaben im Sinne einer nachhaltigen Waldwirtschaft einer gewissen Unschärfe unterliegt und (subjektiv) auslegungsfähig ist: Was dem Einen eine nachhaltige Waldbewirtschaftung ist, muss es dem Anderen noch lange nicht sein. Man hätte in Bezug auf den Einsatz von Harvestern auch herausstellen können, dass es bei der Beurteilung der Nachhaltigkeit möglicherweise einen Unterschied macht, ob der Waldbesitzer das Holz selbst schlägt und besonders umsichtig vorgeht, weil er auch Naturliebhaber und Jagdpächter ist, oder ob ein spezialisierter Subunternehmer mit den Arbeiten des Holzschlags beauftrag ist, dem nach Erfüllung seines Auftrags mehr oder weniger egal sein kann, wie der Wald danach aussieht.
Das wäre meines Erachtens eine gute Grundlage gewesen, um drittens über die Probleme eines Forstbetriebes bei der Erfüllung der Nachhaltigkeitsauflage zu sprechen und die Zwänge, denen der wirtschaftliche Betrieb eines Waldes unterliegt. Wenn zum Beispiel das Holz raus muss, weil die Zeit des Holzschlags gekommen ist, die Böden aber nass sind und schwere Geräte tiefe Spuren hinterlassen. Oder wenn die Rückegassen geländebedingt eng gesetzt werden müssen, um effizient arbeiten zu können. Wenn der Weg in den Forst über einen schmalen, ausgewiesenen Wanderweg erfolgt, der für den Zugang mit schwerem Gerät verbreitert und möglicherweise geschottert werden muss. Wenn der Betrieb eines (naturnahen) Mischwaldes nicht wirtschaftlich erscheint. Wenn Schädlingsbefall oder trockenheitsbedingte Schäden aus einer geplanten Auslichtung einen Kahlschlag machen. Wenn eigene Gerätschaften wegen der hohen Investitionskosten nicht zur Verfügung stehen oder aus Effizienzgründen (Auslastung) nicht lohnen und der Holzeinschlag an externe, spezialisierte Dienstleister vergeben muss, deren Arbeitsweise aufgrund der geringen Personalressourcen nicht immer vollständig gesteuert werden kann. Und so weiter.
Das wäre meines Erachtens eine gute Grundlage gewesen, um Einblick zu geben, wie im Forst Soonwald mit solchen Dilemmata umgegangen wird, wie die Sicht von Michael Veeck auf seinen Fortbetrieb, andere Forstbetriebe und die Lage im Wald im Allgemeinen ist, welche Fehlentwicklungen er selbst im eigenen Forst oder in anderen Forsten festgestellt und beobachtet hat und darüber sprechen, welche Art von Regulierung erforderlich wäre, um die gravierendsten Fehlentwicklungen zu vermeiden oder deren Auswirkungen zu begrenzen und inwieweit - gerade bei einem Landesbetrieb - das Erholungsinteresse der Bevölkerung stärker gegenüber dem wirtschaftlichen Interesse des Forstbetriebs gewichtet werden sollte, was möglicherweise auch mit finanziellen Einbußen (höherer Personaleinsatz, weniger aktive wirtschaftliche Nutzung) verbunden ist.
Was hätte vermieden werden müssen und was für die ganze "Diskussion" hier wirklich schädlich war, war das Kleinreden der durch den Harverstereinsatz verursachten Schäden und der Vergleich mit vermeintlichen oder tatsächlichen Schäden durch Mountainbiker. Dieses "wir sind nicht so schlimm" und "ihr seid viel schlimmer". Mal unabhängig davon, wie groß die Schäden im Zielkonflikt zwischen Naturschutz und Mountainbikern tatsächlich sind, durch diesen Vergleich kam die ganze Diskussion auf das furchtbare Niveau, das in der öffentlichen Debatte und in der direkten Konfrontation im Wald mit gegenseitigen Schuldzuweisungen schon lange gang und gäbe ist. So entsteht weder gegenseitiges Verständnis noch konstruktive Lösungssuche. Es ist eine auf maximale Konfrontation ausgelegte „Diskussionsweise“ (tatsächlich hat eine Diskussion ja nciht stattgefunden), die die Gräben vertieft, statt sie zu überbrücken. Das Aufrechnen von Schäden trägt nicht zum gemeinsamen Verständnis bei.
Lieber Michael Veeck, es wäre Ihnen ein leichtes gewesen, hier im Forum auch Zustimmung zu erhalten, dass manche Verhaltensweisen von Mountainbikern dem Naturschutz nicht dienlich sind und reguliert werden sollten, wenn Sie in der an Ihren Beitrag anschließenden Diskussion gefragt hätten. Mir persönlich gefällt es auch nicht, wenn Wälder von einem engmaschigen Netz von Trails durchpflügt sind, die in den Wald gegraben wurden, wofür kleinere Bäume und Äste abgesägt und mit Werkzeug Landschaften geformt wurden und die dem Wild am Wochenende keinen Rückzugsraum gestatten. Ich persönlich lehne quer durch den Wald fahren und Night Rides ab und finde - gerade im Winter - beides verheerend. Darum ging es aber in dem Beitrag nicht. In dem Beitrag ging es um Harvester und den Forst und wenn auf diesen Beitrag irgendjemand mit journalistischem Verstand geschaut hätte (hallo
@Redaktion), dann wäre erkannt worden, dass das Aufrechnen von vermeintlichen oder tatsächlichen Schäden nur in gegenseitigen Schuldzuweisungen und einer Schlammschlacht enden kann. Eine vertane Chance. Sehr schade.