Bundeswaldgesetz - Novelle

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Mülheim an der Ruhr
In der Bundestagssitzung am 17.06.2010 wurde nach zweiter und dritter Beratung die vom Bundesrat eingebrachte Novelle des Bundeswaldgesetzes angenommen. In dieser Novelle ist auch das Thema Verkehrssicherungspflichten für Waldbesitzer behandelt. Nach der Novelle wird der § 14 Abs. 1 Bundeswaldgesetz

"Das Betreten des Waldes zum Zwecke der Erholung ist gestattet. Das Radfahren, das Fahren mit Krankenfahrstühlen und das Reiten im Walde ist nur auf Straßen und Wegen gestattet. Die Benutzung geschieht auf eigene Gefahr."

um folgenden Satz

"Dies gilt insbesondere für waldtypische Gefahren."

ergänzt.

Diese Ergänzung wird wie folgt begründet:

Mit der Ergänzung des § 14 wird im Gesetz die Haftung des Waldbesitzers für waldtypische Gefahren ausgeschlossen. Hierdurch wird die derzeit gültige Rechtsprechung gesetzlich verankert.

Hierzu der Abgeordnete Alois Gerig (CDU/CSU) in einem Redebeitrag die gesetzgeberische Intention wie folgt weiter konkretisiert:

"Es geht um die Frage, wer haftet, wenn Besucher im Wald zu Schaden kommen. Von Waldbesitzern wird aus Naturschutzgründen verlangt, vermehrt Totholz – umgefallene Bäume oder abgefallene
Äste – im Wald zu belassen. Dadurch ergeben sich mehr Gefahrensituationen für Erholungssuchende. Dies ist deshalb problematisch, weil die Anzahl der Erholungssuchenden zugenommen hat und sich auch die Erholungsformen ändern; Beispiele hierfür sind Joggen und Mountainbikefahren. Der Wald ist als Erholungsraum unverzichtbar. Die erfreulich vielen Waldbesucher sind ein wesentlicherGrund dafür, dass der Wald in Deutschland eine hohe Wertschätzung genießt und der Schutz des Waldes in der gesamten Gesellschaft unumstritten ist. Da der Wald für alle zugänglich ist und dies auch bleiben soll, kann der Waldbesitzer seiner Verkehrssicherungspflicht nicht dadurch nachkommen, dass er den Zutritt zum Wald verwehrt. Deshalb muss im Bundeswaldgesetz nun klargestellt werden, dass Waldbesitzer für waldtypische Gefahren nicht haften.


Vorstehende Zitate finden sich unter http://dipbt.bundestag.de:80/dip21/btd/17/012/1701220.pdf (Gesetzentwurf des Bundesrats) und http://www.bundestag.de/dokumente/protokolle/plenarprotokolle/17049.pdf (Plenarprotokoll, dort Anlage 10)

Weitere Informationen können unter http://dipbt.bundestag.de/dip21.web/bt recherchiert werden
 
Das ist sehr cool, ich hoffe, hier in Oesterreich macht man das baldigst nach.
 
Das ist sehr cool, ich hoffe, hier in Oesterreich macht man das baldigst nach.

In Österreich gibt es zum einen im Gegensatz zu D gar kein bundesweites Bike-Recht im Wald (geht in Österreich alles nur auf Vertragsbasis z.B. zwischen Tourismusverbänden und Waldeigenümern, wobei die Sache zudem oft nicht kostenlos für den Verband ist, vgl. auch Diskussionen bei Graz) und zum anderen stünden angeblich Haftungsprobleme entgegen.

Warum man dem Problem nicht mit einer "Auf eigene Gefahr"-Klausel beikommt (analog §14 BWaldG (D) wie von HelmutK beschrieben oder §60 BNatSchG), hat mir in Österreich selbst in einem Ministerium bislang keiner plausibel erklären können.
 
Ich hoffe, das "neue" Gesetz hilft uns, bei den Forstleuten unser Image aufzupolieren....
Nachdem bei uns permanent die Trails zugeräumt wurden und die Markierung abgerissen wurden, habe ich den Kontakt mit den Forstgenossen gesucht.
In deren "Szene" werden Szenarien an den Haaren herbeigezogen, dass z.B. bei Unfällen der Forstvorsitzende zur Rechenschaft gezogen werden kann und mit seinem Privatvermögen haftet, wenn er ausgeschilderte Wege duldet! Sie sollen alles abwiegeln und keine Beschilderung dulden, erzählt man sich auf Forstversammlungen.... (siehe Link)
http://www.lw-heute.de/index.php?redid=17800
Ich wurde aufgefordert die Schilder bzw. Markierungen unserer angelegten Rundwege zu entfernen...
Ein weiteres Argument, "uns" aus dem Wald zu verbannen, ist die Zertifizierung nach PEFC, wo es heisst: Pfade oder Wege durch den "Bestand" sind nicht zulässig, wir sind Zertifiziert, dass ich nicht lache....!
Mal sehen, wie es weiter geht...
 
In deren "Szene" werden Szenarien an den Haaren herbeigezogen, dass z.B. bei Unfällen der Forstvorsitzende zur Rechenschaft gezogen werden kann und mit seinem Privatvermögen haftet, wenn er ausgeschilderte Wege duldet!

In Niedersachsen (Lamspringe liegt doch dort?) ist die Haftungsfrage im NWaldLG sogar noch eindeutiger als im Bundeswaldgesetz geregelt.

§30
Haftung

Wer von den Betretensrechten nach den §§ 23 bis 28 Gebrauch macht, handelt auf eigene Gefahr. Die Waldbesitzenden und sonstigen Grundbesitzenden haften insbesondere nicht für

1. natur- oder waldtypische Gefahren durch Bäume,

2. natur- oder waldtypische Gefahren durch den Zustand von Wegen,

3. aus der Bewirtschaftung der Flächen entstehende typische Gefahren,

4. Gefahren, die dadurch entstehen, dass

a) Wald in der Zeit von eineinhalb Stunden nach Sonnenuntergang bis eineinhalb Stunden vor Sonnenaufgang (Nachtzeit) außerhalb von tatsächlich öffentlichen Wegen (§ 25 Abs. 1 Satz 2) begangen wird,

b) die freie Landschaft in der Nachtzeit (Buchstabe a) mit Fahrrädern ohne Motorkraft außerhalb von Radwegen oder von Fahrwegen (§ 25 Abs. 2 Satz 2) befahren wird oder

c) bei der Ausübung von Betretensrechten sonstige schlechte Sichtverhältnisse nicht berücksichtigt werden, sowie für​

5. Gefahren außerhalb von Wegen, die

a) natur- oder waldtypisch sind oder

b) durch Eingriffe in die freie Landschaft oder durch den Zustand von Anlagen entstehen, insbesondere durch Bodenerkundungsschächte, Gruben und Rohrdurchlässe.​

Die Haftung der Waldbesitzenden oder sonstigen Grundbesitzenden ist nicht nach Satz 2 Nr. 3, 4 oder 5 Buchst. b ausgeschlossen, wenn die Schädigung von Personen, die den Wald oder die freie Landschaft betreten, von den Waldbesitzenden oder sonstigen Grundbesitzenden vorsätzlich herbeigeführt wird.


Vielleicht solltest Du die Forstbeamten beim nächsten Mal fragen, woraus sich denn nach § 30 NWaldLG die angeblichen Haftungsrisiken ergeben.
 
sehr sinnvoll. schön zu sehen über welche Sachen und Formulierungen sich unsere Politiker Gedanken machen. ;) Ich würde gerne noch eine Bundestagsversammlung einberufen, um das Wort 'dies' durch 'das' ersetzen zu lassen. mit dem Hintergrund durch den einen Buchstaben bei der hohen Auflage Druckerschwärze und Papier zu sparen, was ja letztlich dem Wald und der Umwelt zugute kommt, und nicht zuletzt dem staatlichen Geldbeutel, also dem Volk !
 
Vielleicht solltest Du die Forstbeamten beim nächsten Mal fragen, woraus sich denn nach § 30 NWaldLG die angeblichen Haftungsrisiken ergeben.

Wer auch immer fragen soll, ich habe bei der letzten Deister-Runde am Dienstag bei der Region Hannover festgestellt, daß man sich in dem juristischen Bereich, auch was Haftungsfragen angeht, nicht (mehr) sonderlich streitet. Das ist positiv und darum braucht man dazu aus der Runde auch nicht mehr zu sagen. Andererseits war die BWaldG-Ergänzung in §14 nur so und nicht anders zu erwarten, enspricht sie doch dem sich seit vielen Jahren gefestigten Tenor der Rechtsprechung.
 
Mh, schön und gut,Haftung der Waldbesitzer ist weg.

Heißt, Trails werden nicht mehr frei geräumt wenn es kein anderes Gesetz gibt was das regelt.

Heißt aber doch auch, wenn es auch dazu kein anderes Gesetz gibt, hat ein Waldbesitzer keinen Grund mehr selbstgebaute Drops etc abzureißen.
Auch wenn ich keine baue, das tun andere Leute.

Vermutlich sollten wohl "nur" die Kosten der Waldbesitzer reduziert werden für Aufräumarbeiten und quasi "Verkehrssicherung" aber wenns ncihts anderes gibt,vom Gesetzgeber her, dürfte es obige seiteneffekte nach sich ziehen.

Heißt,weniger Arbeit für Waldarbeiter mehr Sturzgefahr für unsichere/sich überschätzende Biker und das Auffinden von länger exsistierenden selbstbau dingen,die teilweise etwas haarsträubend anmuten.

Wie gesagt, bin kein Jurist,aber es ließt sich irgendwie so wenn man nur den Auszug hat.

In NDS scheint es die örtliche begrenzte,abweichende Regel zu geben, wobei die Frage ist ob sich die NDS waldbesitzer nun nicht auf bundesrecht berufen und eine Novelle des Landesrechts fordern.

Ich kenne das nur von Betriebsvereinbarungen, da macht man auch örtliche begrenzte Vereinbarungen wenn in den Unternehmensweiten Vereinbarungen etwas steht was unpassend ist,bzw man dort an der Stelle nicht haben will.
 
Zuletzt bearbeitet:
Mh, schön und gut,Haftung der Waldbesitzer ist weg.

Heißt, Trails werden nicht mehr frei geräumt wenn es kein anderes Gesetz gibt was das regelt.

Heißt aber doch auch, wenn es auch dazu kein anderes Gesetz gibt, hat ein Waldbesitzer keinen Grund mehr selbstgebaute Drops etc abzureißen.
Auch wenn ich keine baue, das tun andere Leute.
(...)

Heißt es nicht, weil das Haftungszeug nur für legale Situationen, also im Rahmen des legal wahrgenommenen Betretungsrechtes gilt. Dazu zählen illegale Rampen und Drops (...) nicht, aber wenn der Förster sie nicht abrisse, könnte der Eindruck erweckt werden, er dulde deren Benutzung. Und dann kann es sein, daß er haften muß, weil Rampen und Drops keine waldtypischen Gefahren sind.
 
Die im ersten Beitrag dieses Threads angekündigte Änderung ist als Zweites Gesetz zur Änderung des Bundeswaldgesetzes vom 31.07.2010 am 05. August 2010 im Bundesgesetzblatt Teil I 2010 Nr. 40, S. 1050f verkündet worden und damit am 06. August 2010 in Kraft getreten.
 
dann hoffe ich, dass das überarbeitet Gesetz zukünftig nicht dazu führt, die riesigen Schäden an Wegen durch falschen Geräteeinsatz einfach so zu belassen. Das wäre per Definition ja eine waldtypische Gefahr.
Die hätten lieber einen Haftungsfonds bilden sollen, in dem je ein Viertel der Bund, die Länder, die Waldbesitzer und die Krankenkassen eingezahlt hätten, um körperliche Schäden, die im Rahmen der Waldbenutzung entstehen zu begleichen. Gleichzeitig würden allen Beteiligten genauere Unfall- und Verletzungszahlen zur Verfügung stehen. Daraus könnte man fortlaufend eine Risikoeinschätzung ableiten und gegebenenfalls Gegenmaßnahmen veranlassen. So wäre auch erkennbar, welche Waldbenutzergruppe am häufigsten im Wald zu Schaden kommt und in welcher Form die Schäden auftreten.
Damit wären auch alle Beteiligten gezwungen gewesen, miteinander ein sinnvolles Nutzungskonzept für den "Zukunftswald" zu entwickeln. Der Wald ist deutlich mehr, als ein Geldquelle für seine Besitzer.
Schon heute wird der Steuerzahler bei Sturmschäden im Wald auch an den Beseitigungskosten beteiligt, obwohl der Bürger keinen Einfluss auf eine standortgerechte Waldbeschaffenheit und eine sachgerechte Nutzung hat.

Der Ansatz das Gesetz zu ändern ist lobenswert, das Ergebnis aus meiner Sicht nicht.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
dann hoffe ich, dass das überarbeitet Gesetz zukünftig nicht dazu führt, die riesigen Schäden an Wegen durch falschen Geräteeinsatz einfach so zu belassen. Das wäre per Definition ja eine waldtypische Gefahr.
Die hätten lieber einen Haftungsfonds bilden sollen, (....)

Das ist bundesrechtlich nicht durchsetzbar, also was soll's. Ich hefte das mal unter Phntasie ab und beziehe mich auf den tatsächlichen Fortschritt für die Biker.

Denn die Novelle des BWaldG ist im Grunde, was die Haftung betrifft, nichts Neues, weil damit nur die bisher durchgehende Rechtsprechung aufgegriffen und fixiert wird. Es wird sich also kaum etwas ändern außer, daß es in Konferenzen, wo es um MTB-Routen geht, einige Bedenkenträger weniger geben wird, die, ausgestattet mit einer gründlichen Beratungsresistenz, sich weniger auf die Rechtprechung als auf Befürchtungen und Gerüchte verlassen haben. Und jeder Bedenkenträger weniger ist und daraus resultierende bessere Ergebnisse sind ein Gewinn für uns.
 
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