Ist euch schon mal aufgefallen, das man bei Tropfwachs viel schwieriger die optimale Produktperformance erreicht als bei Heißwachs und Öl? Bei Heißwachs erreicht man viel zuverlässiger das Optimum. Das fällt beim Wechsel von Öl zu Wachs kaum auf da Unvorteilhaft verwendetes tropfwachs die meisten Ölprodukte übertrifft aber beim Tropfwachs ist noch viel Luft nach oben.
- wenn Tropfwachs keine 8 Stunden Zeit zum Trocknen hat: solange das Wachs noch in der Trägerflüssigkeit gelöst ist, schiebt es das bei dem Druck anders als bei Öl in der Kette einfach weg, sodass man direkt Metall auf Metall fährt.
- Es wird zu wenig Tropfwachs genommen: anders als beim Öl wandert das Wachs nicht während der Tour zum Pin. Wenn man beim Auftragen so wenig nimmt, wie man es vom Ölen gewohnt ist, dann reicht das nicht, um bis zum Pin zu kommen. Und wenn das Tropfwachs einmal trocken ist, wandert das nicht mehr weiter und bleibt dort, wo es getrocknet ist.
- Kette wird beim Auftragen zu wenig bewegt: Kapillarwirkung alleine reicht scheinbar nicht, um das Wachs bis in die Ketteninnere zu transportieren. Beim Öl fällt das Problem nicht auf, weil es dann eben bei der Tour langsam überall hin wandert.
Die 3 Probleme gibts beim Heißwachs nicht, da ist das Wachs direkt überall und die Kette ist nach dem Wachsbad nach kurzem Abkühlen sofort einsatzbereit.
Also, selbst wenn jemand den Schritt "Kette Vorbereiten" mit einer Wachskette vom Händler überspringt, dann geht das mit dem Tropfwachs bei den meisten direkt schief, weil da meiner Meinung nach Aufklärung fehlt. Selbst wenn man akribisch die Verpackungsbeilage liest, was keiner macht, alle 3 Probleme sind da nicht aufgeführt. Oft wird bei der Anwendungsbeschreibung nur 1-2 von 3 Punkten thematisiert.
Es mag nicht jedem bewusst sein, daher hab ich es mal aufgemalt. Die roten Linien auf der linken Seite sind die Stellen, die in der Kette reiben und verschleißen.
Wenn man zu wenig schmiert, wie in Gelb aufgezeichnet, dann bekommt der Pin keinen Schmierstoff ab. Zumindest bei Tropfwachs kommt dann keiner an, Öle finden ihren Weg dann irgendwann während der Bewegung. Die Kapillarwirkung reicht da wahrscheinlich nicht, wenn bei einer falsch gewachsten Kette nach 3-4 Stunden Schluss ist mit der Schmierwirkung ist, denn da ist doch sicher auch Abrieb und vielleicht sogar Dreck drin.
Damit das mit dem Tropfwachs was wird, muss man schon so schmieren, dass das Tropfwachs den blauen Weg nimmt und das ist, wie man sieht, ein sehr langer und verwinkelter Weg, weswegen Menge und Bewegung beim Auftragen meiner Meinung nach enorm wichtig sind. Zumindest meiner Beobachtung nach bringt das einen Unterschied von 3 vs 10 Stunden Schmierwirkung.
Und noch was, was meint ihr, welche der beiden roten Linien auf der Linken seite ist wichtiger? Die von den Rollen oder die vom Pin: Die vom Pin ist die wichtigste Verschleißstelle, denn diese Abnutzung addiert sich mit jedem Kettenglied, was dann über die Kettenlänge dazu führt, dass die Abstände größer werden. Das ist natürlich ausgerechnet die Stelle wo der Schmierstoff am schlechtesten hinkommt, daher merkt man das so massiv im Kettenverschleiß, wenn man den Abstand der Kettenglieder misst.
So sieht eine verschlissene Kette aus: Neu oben, verschlissen unten drunter. Den Roller hab ich hier in dem Bild nicht verschließen lassen, weil der dünner werdende Rollen eher irrelevant ist, beim Ritzel ist es viel relevanter, wenn sich bei 5 greifenden Gliedern die 5 abgenutzten Pins die Abstände addieren statt die Roller, welche ihren Abstand nicht aufaddieren.
Wenn ihr euch mal ein richtig abgenutztes Ketten-schloss anschaut, dann seht ihr auch die 2 Kerben von den beiden Innenlaschen. Die winzige Lücke zwischen den zwei Kerben ist der Bereich, wo der Schmierstoff durch kriechen muss, um zum Pin zu kommen. Daher beim Tropfwachsen länger rückwärts kurbeln und mehr Schmierstoff.
Ich drehe da so lange, bis ich zwischen Innen und Außenlasche Schmierstoff austreten sehe:
@softcake hat da sogar ein Bild für uns um das zu veranschaulichen
Wenn es dort so zu sehen ist, dann weiß ich, dass es durch die Kette am Pin entlang bis zur Außenlasche gekrochen ist. Beim hin und her biegen sieht man es dann deutlicher. Verlassen kann man sich auf diese Optische Bestätigung aber nicht zu
100%, denn wenn man viel Aufträgt ist die Wahrscheinlichkeit hoch, das man statt nur den Roller auch die Lücke zwischen Innen und Außenlasche trifft und dann sieht es natürlich auch so aus, als käme der Schmierstoff zwischen Innen und Außenlasche herausgekrochen. Daher ungewiss, ob das wirklich ein sinnvoller Tipp ist, hab ich auch bisher nirgendwo davon gelesen.
Wichtiger ist aber zu verstehen, was an einer Kette verschließt und warum das Tropfwachs anders als Öl und Heißwachs funktioniert.
Wenn die Kette sauber ist, dann wandert das Tropfwachs automatisch mit der Kapillarwirkung da raus (wenn man genug aufgetragen hat).
Wenn jemand über zu kurze Wachshaltbarkeiten klagt (2-4 Stunden) nutze ich das auch gern als Bestägung. Wir haben festgestellt dass bei unzureichend Vorbereiteten Neuketten an der Stelle auch nicht raus kommt wenn beim Entfetten mit den falschen Chemikalien oder unzureichend Bewegung der Pin noch mit Fett abgedichtet ist.
Gibt noch ein Grund warum ich bei jeder Schmierung darauf warte bis da Schmierstoff zwischen Innen und Außenlasche herauskommt: wenn die Kette innen drin richtig dreckig ist, dann beobachte ich das es beim Schmieren nicht mehr aus dem Zwischenraum Innen-/Außenlasche herauskommt. Auch wenn ich das so Objektiv wegen unterschiedlicher Bedingen nicht bewerten kann, ist das für dann der Punkt, wo ich die Kette reinige - was bei Wachs ja super easy ist. Einfach in ein Gurkenglas werfen und heißes Wasser draufkippen. Da kein Öl drin ist, löst sich alles im heißen Wasser auf und die Kette ist nur mit Wasser so sauber, als hätte man die mit harter Chemie gereinigt.
Das Reinigen hat man beim Heißwachs natürlich umsonst, da ist jeder Wurf ins Heißwachs eine Tiefenreinigung. Klar das beim Heißwachsen Testergebnisse mit Dreck extrem gut ausfallen, ist ja quasi eine Kettenreinigung bei jeder Schmierung.
Bei Öl wird es dann sogar dramatisch, 1000km ohne einen tropfen Seifenwasser ist natürlich auch der schlimmst anzunehmende Fall, das lässt dann für Außeneinsatz ungeeignete Schmierstoffe noch viel schlechter dastehen und betont dann im Ergebnis umso mehr, welche Mittel gut und schlecht für dreckige Bedingungen geeignet sind.