Renn.Schnecke
im Zuckersandsee
Tag 1
Neue Abenteuer
7. Oktober 2023
75 km | 6 h
Immenstadt - Oberstdorf - Schrofenpass (1688 m) - Steeg - Bodenalpe
1. Teil: Zugfahrt
Es ist stockdunkel, noch vor 6 Uhr. Alle schlafen, als ich mich aus dem Haus stehle.
Zum Bahnhof ist es zum Glück nicht weit. Allerdings erwartet mich ein Gleis, das in der vierten Etage liegt!
Ich brauch auch "nur" das Parkhaus hochfahren. Aber ein Bauzaun steht mir in der dritten im Weg! Bauarbeiten!
Och nö! Ich hab jetzt schon Panik, dass ich meinen Zug verpasse. (Nächster fährt 2 h später.)
Also das Treppenhaus suchen: Die Treppen hinauf gestürzt und raus: Schon wieder ein Bauzaun! Hä?
Na gut, nutz ich halt doch den Fahrstuhl!
Und siehe da! Ich habe das Gleis gefunden! Und sogar pünktlich!
Verrückter Bahnhof.
Auf der weiteren Reise muss ich ein paar Mal umsteigen. Beim ersten Mal verpass ich glatt wirklich den Zug! Also fast: Steht der doch an einem anderen Bahnsteig als auf meinem ausgedruckten Fahrplan! Vielen Dank an den Mann, der mir den Hinweis gab!!!
In Tübingen muss ich von Gleis 12 auf Gleis 2 und hab dafür nur 20 Sekunden Zeit. Welch GLÜCK, dass Gleis 12 neben Gleis 2 liegt! #mussmanwissen
Der Zug fährt los, da hab ich noch nicht mal Platz nehmen können. Bin ich noch im Stressmodus oder schon im Urlaub??
Gegen 8 oder 9 Uhr füllen die Oktoberfestbesucher auch das letzte Plätzchen im Zug aus. Die alkoholhalten Getränke sind bereits am Start! Ich nehm ein Schlückchen aus meiner Wasserflasche. Wird Zeit, dass ich in die Berge komme!
Der Zug fährt übrigens gar nicht nach Oberstdorf! Schienenersatzverkehr! Es geht nur bis Immenstadt.
2. Teil: Die ersten Kilometer auf dem Fahrrad
Als ich vor dem SEV-Bus stehe, lacht mich ein eindeutiges Schild an: Kein Fahrradtransport!
Frage an den Busfahrer: Wie weit isses bis Oberstdorf? Was? 30 km ungefähr? -- Ich hab mit 13 km gerechnet...
Okayyyy, na klar kurbel ich die Kilometer, bis ich an meinem Startort bin. Hab ja nur das Deutschlandticket bezahlt. Da wolln wa ma nich' so sein, wa?!
Bei schönstem Sonnenschein gehts also ab jetzt mit dem Bike weiter! Noch isses flach. Noch kann ich am Fluss entlangcruisen. Die Berge sind auch schon zu sehen bzw. ziehen auch schon gemächlich an mir vorbei ....
HUCH! Ich hab ja ne Gänsehaut! Mensch! Ich bin ja DA! Ich bin in den Alpen! Der Kopf ist noch nicht angekommen, aber der Körper. Heftig!
Ich hab mich ja auch gar nicht drauf gefreut, da die Pleite letztes Jahr so groß war.
Berge! Juchhei!
Merke: Habe keine Erwartungen!
In Oberstdorf komm ich an keinem Supermarkt vorbei, finde aber sofort den Weg wieder raus und genau in meine Richtung: Richtung Schrofenpass.
Ich hab allerdings nicht wirklich Verpflegung dabei. Finde den Fehler................
Uiui, da isses wieder! Das Thema Ernährung! Und jährlich grüßt das Murmeltier!
Also, Leute, ich habe mit:
1 Brötchen mit Marmelade drauf
1 kleines Glas self made Mirabellenmarmelade
1 (relativ große) Ration Haferflocken für den Notfall
2 Kekse
Nüsse, Bonbons, ...
Dann muss datt wohl reichen. Eigentlich hab ich mich ja schon den halben Supermarkt leer kaufen sehen. (Und morgen ist Sonntag, hupsi!)
3. Teil: Erster Tag, erster Pass, erster Steig???
Zuerst dackel ich einen Asphaltweg sacht bergauf. Relativ viele Leute. E-Biker. Ein, zwei Radfahrer.
Erste Mampfpause.
Sacht bergauf ist nicht mehr. Richtige Rampen gibt es hier!
An dieser Stelle könnt Ihr beim Adventure Buddy reinschauen. Der empfand es auch als steil! (Er hatte allerdings auch ein kaputtes Knie und ist am nördlichsten Punkt Deutschlands losgefahren.)
Asphalt ist irgendwann nicht mehr. Immer weniger Leute. Ab und zu eine Alm, die die Wanderer oder "haha, mein Rad hat einen Motor!"-Leute offensichtlich wie Magnete anzieht.
Ein Trekkinggraveldingsbums-Radfahrer bleibt übrig. Bis es wirklich ins Gelände geht. (Im Video "Speicherhütte". Wo genau die beiden Männer "die letzten 500 hm" hoch sind, weiß ich gar nicht. Als ich am Schrofenpass war, war der südlichste Punkt ausgeschildert, ich bin aber nicht noch hingegangen.)
Jetzt nur noch Wanderer. Ich schieb nach oben.
Einer ruft zu mir hinüber: Hast Du Licht mit? Wirst es brauchen!
Hää? Wie meint er das? Weiß er mehr als ich? Ja okay, ist schon recht spät und die Tage sind kurz. Aber ich müsste doch bald da sein?
Bin jetzt wirklich auf einem Wanderpfad. Rechts der Berg, links geht steil runter. Kein Wanderer mehr.
Und holla die Waldfee! Ich wusste nicht, was mich hier, SCHON HIER, erwarten würde!
Ich war hier noch nie, ich hab mich nicht belesen, aus der Karte heraus konnte ich es nicht sehen: Das geht hier ja mordsmäßig ab!
Ein Schild: Trägst du links, dann gelingt's. Trägst du rechts, den Hals dir brecht's.
Was ich eigentlich auf die leichte (und linke ) Schulter nehmen könnte, hakt sich regelrecht im Kopf fest. Ich glaub, ich hab auch ein kleines Ding weg, nachdem ich mich bei einer der letzten Alpenreisen doch so in Gefahr gebracht hatte, dass ich eine dezente Todesangst gespürt hatte.
Ja ja, man kann an den Herausforderungen nur wachsen.
VON WEGEN!
Ich krieg bei diesem Weg jedenfalls Puddingbeine! Ich wusste nicht, dass hier kleine Brücken u.ä. über die Weglücken gelegt sind. Ich schau auch nicht runter! Ich möchte das gar nicht wissen!!
Wie man sieht, wurden auch Treppenstufen in den Weg gebaut. Und man sieht auch eine der Brückchen, über die ich mit meinen wackeligen Beinchen getrippelt bin.
Wanderin kommt mir entgegen: Ihr Lob geht in meine Richtung und beinhaltet "mutig". Ähm, ja, genau... Wenn ich gewusst hätte, wie der Weg hier ist, dann....!!! Ja was denn dann?! Keine Ahnung.
Eigentlich ist es hier megadufte. Die Sonne scheint (manchmal), das Laub der Birken leuchtet, ich brauche keinen Zug zu erreichen und mich nicht durch Menschenaufläufe hindurchschummeln.
Andererseits bin ich froh, wenn es vorbei ist!!!
Und tataaa, halb fünf, ich erreiche den Schrofenpass! Auch ohne Licht!
Im Gipfelbuch steht
"Der Schrofenpass ist teambuilding next level! 13 Aplaner (10 Schüler, 3 Lehrer) aus Ingolstadt"
Wetter ist nicht so dolle, Wind puuuustet, ich geh in den Abstieg... In nicht mal zwei Stunden geht auch die Sonne unter!
(Ich kann mich leider nicht mehr erinnern, wie der Weg runter war. * hust *)
4. Teil: Erste Abfahrt, erster Sonnenuntergang, erste Übernachtungsplatzsuche
Runter, runter, runter ins Tal. Bis nach Steeg. Ach toll, jetzt regnets auch noch. Is' natürlich das beste, wenn man draußen übernachten möchte...
In einem kleinen Zugang einer kleinen Kirche stell ich mich unter. Wart, wart, wart... Kalt isses! Mütze auf! Banditenmaske übers Gesicht. Brrrrr.
So, tröpfelt nur noch, ich muss weiter!
Vielleicht gibts hier n Supermarkt? ... Ne!
Naa guuut, fahr ich halt wieder hoch. Denn nach der Passüberquerung ist vor der Passüberquerung. ^^
Die letzten Sonnenstrahlen um halb sieben... ich werd noch ungefähr ne dreiviertel Stunde weiterkurbeln.
Und es wird immer dunkler, keine Menschenseele zu sehen, links und rechts nur die Berge...
Übernachtung findet in der Nähe der Bodenalpe statt. Falls es wieder regnen sollte, find ich dort hoffentlich ein Dach.
Is' schon so dunkel, dass ich nicht wirklich sehe, ob ich mich auf dieser Wiese in einen Kuhfladen lege.
Es ist viertel acht und so dunkel, dass meine Knipse nicht mehr scharf stellt.
Aber hier ist ein großer Stein, auf dem ich meine Sachen ablegen kann.
Aaaah, liegen! Kuscheliger Schlafsack! Diesmal der DICKE! Hab vom letzten (kalten) Reise-Jahr dazugelernt!
Zum Abendbrot gibts unglaublich leckere Marillenmarmelade aus dem Glas gelöffelt. Die Haferflocken machen auch einen guten Job! Und jetzt gute Nacht!
Unter dem Sternenhimmel schläft eine kleine Radfahrerin irgendwo in den Bergen auf irgendeiner Wiese ein... (und hat nicht den geriiiingsten Schimmer davon, was in der Welt der Menschen an diesem Tag geschehen ist. #Terror)