Das Übertreiben

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Ich trainiere nunmehr seit mehr als einem Jahr zunehmend systematisch.

Das häufig zu lesende Problem, bei ruhigeren Einheiten zu intensiv zu fahren, habe ich halbwegs ausgemerzt. Ein kaum noch spürbares Fortkommen am Berg macht mir nicht mehr viel aus, wenn mein Trainingsplan nun einmal eine gemächliche und lange Tour vorsieht. Wo ich hingegen regelmäßig überziehe: die intensiveren Einheiten. Beispielsweise halte ich mich beim geplanten Schwellenkreuzen viel zu viel im höheren EB auf und unterschreite die Schwelle immer nur für kurze Zeit. Dadurch schieße ich mich recht oft für den Folgetag ab. Ich gelobe mir dann immer Besserung, falle aber in der Woche drauf genau in dasselbe Verhalten. Sobald auch nur etwas Tempo aufkommt, will ich gleich persönliche Rekorde fahren. Kennt Ihr das, und was tut Ihr dagegen?

Gruß

Martin
 
Was du beschreibst stellt eigentlich nur Problem deiner Trainingssteuerung bzw der Einteilung deiner Trainingsbereiche dar.
Ich skizziere mal einen alternativen Ansatz.
Intensitäten:
sehr locker (und kurz): Rekom/KB
locker, tiefes Atmen möglich, keine Übersäuerung (lang): GA
schnell aber machbar, deutlich Laktat im System (max 1h am Stück): EB
sehr schnell mit heftigem Atmen, Bronchien melden sich (kurze Intervalle <10min) SB
Eine weitere Differenzierung ist weitestgehend überflüsig.
Dazu kann man versuchen sich an Pulswerten zu orientieren; die Vor- und Nachteile des Themas wurden aber schon ausführlich diskutiert.
Wenn du tatsächlich genau bestimmte Trainingsintensitäten einhalten willst, bleibt dir nur der Kauf eines Leistungsmessgerätes, oder du trainierst unter genormten Bedingungen (Hallenbahn).
Gruß,
S
 
Ich habe meine Laktatschwelle ermittelt: du fährst auf einer asphaltierten Strasse ohne Ampeln, mit wenig Verkehr, relativ flach usw. für 30 Minuten unter vollen Last. Ziel ist es in 30 Minuten die grösstmögliche Distanz zurückzulegen. Die durschnittliche Herzfrequenz der letzten 20 Minuten ist deine ungefähre Laktatschwelle. Wenn du es halt genauer wissen willst musst halt zum Sportmediziner.

Von der Laktatschwelle habe ich dann meine Pulsbereiche abgeleitet.

Diese Pulsbereiche sind aber unterschiedlich zu denen auf maximalen Puls basierenden.

Komme mit dieser Trainingsmethode sehr gut zurecht. Falls du mehr wissen willst, hier steht alles drin:

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Gruss,
Leon
 
Danke für deine ausführliche Beschreibung.
Ich stehe unter ständiger Beobachtung eines Sportwissenschaftlers mit regelmäßigen Laktattests.
Wollte nur mal wissen, woher du die Vermutung hast, dass du über deinen Bereichen trainierst.

Hast du schonmal daran gedacht, dass du, als du den Test gefahren bist, im Vorfeld wenig gegessen hast?
Entsprechend ist dein Puls niedriger und die Werte dadurch verfälscht
 
Ich habe den Thread soeben in meiner Mittagspause durchgelesen. Danke für die bisherigen Antworten.

Meine Schwelle habe ich ungefähr so ermittelt (und mehrmals überprüft), wie Leon es beschreibt.

In Somniums Antwort (natürlich aber auch in Polos ;)) könnte für mich persönlich der Schlüssel stecken - eine Vereinfachung des Systems nach Anstrengungsempfinden und Regenerationsbedarf. Die Pulsuhr bliebe trotzdem am Lenker.

Gruß

Martin
 
Hmmm, im Buch stand (und das ist zur Zeit meine einzige Quelle) dass man mindestens 2 Stunden vor dem Test nichts essen soll. Vielleicht stimmt das nicht, keine Ahnung.

Ist aber auch nicht megawichtig, die Werte müssen nicht absolut genau sein, ich mach dass ja nur aus Spass.

Und die Vermutung über den Bereichen zu trainieren kam von Martin, nicht von mir :D

Gruss,
Leon
 
Habs bei erneutem Hinsehen gemerkt :)

Dass du 2 Stunden vorher nichts essen sollst, ist korrekt. Dann wäre dein Puls nämlich ein gutes Stück höher, als normal.
Ich dachte eher daran, dass man den Test nicht machen sollte, wenn man vor 5 oder 6 Stunden zum letzten Mal was gegessen hat.
 
Hmmm, im Buch stand (und das ist zur Zeit meine einzige Quelle) dass man mindestens 2 Stunden vor dem Test nichts essen soll. Vielleicht stimmt das nicht, keine Ahnung.

Ist aber auch nicht megawichtig, die Werte müssen nicht absolut genau sein, ich mach dass ja nur aus Spass.
.....

Gruss,
Leon

... wenn du nur aus spass fährst, brauchst du auch keine Tests oder?
 
Na ja, das kann man so oder so sehen. Es kann doch Spass machen nach Plan zu trainieren, oder? Sonst würde ich es ja nicht machen.
Zum Trail fahren braucht man sicher keine Tests, aber wenn man konditionell besser werden will, was schadet es "lehrbuchmäßig" vorzugehen?
 
Somnium ist ein kluger Mensch - oder besser gesagt: Sein Ansatz passt zu mir.

Ich überlege mir gerade darauf basierend, wie ich meine Trainingsintensitäten über die maximal mögliche Dauer defniere. Dabei würden die körperlichen Symptome weit stärker beachtet als die Pulsuhr.

Etwa so: Somniums "EB" ließe sich auch als "60-Minuten-Intensität" bezeichnen - gefahren würden aber nur 2/3 des Möglichen, also 40 Minuten. Analog dazu: Wenn ich eine hohe Intensität maximal und einmalig 7 Minuten durchhalten könnte, fahre ich diese "7-Minuten-Intensität" eben in 5-Minuten-Intervallen. Ich glaube, dafür kann man ziemlich schnell ein grobes Gefühl entwickeln, bei sehr sekundärer Zuhilfenahme der Pulsuhr und sehr primärer Beachtung des Körpergefühls. Mir persönlich wäre damit gegen die Neigung zur Übertreibung geholfen - nicht mehr alles geben, was im geplanten Zeitrahmen möglich wäre, sondern nur so viel, dass sich dieser Zeitrahmen um eine definierte Dauer verlängern ließe.

Eine Trainingseinheit hieße dann zum Beispiel "40 Minuten" (ohne Einfahren). Sie würde automatisch so intensiv gefahren, dass 60 Minuten möglich wären. Eine komplexere Variante wäre dann das Fahrtspiel, wo sich die Intensität wohl eher schlecht und recht um einen gefühlten Durchschnitt herum orientieren müsste.

Bis hierhin geht's freilich nur um eine andere Einstellung zu bereits bestehenden Übungen. Noch interessantere Möglichkeiten ergäben sich aber für den bisherigen GA-Bereich, wo sich mit steigender Erfahrung die Intensität und das Zeitbudget besser aufeinander abstimmen ließen. (Ja, ich weiß, dass ich diesbezüglich in einem Wespennest stochere.)

Wenn ich dann soweit bin, dass mir "40 Minuten" oder "120 Minuten" automatisch eine bestimmte gefühlte (sekundär auch nach Puls gemessene ) Intensität suggerieren, dann brauche ich mir nur noch die Zusammenstellung der Längen pro Woche nach meinen Bedürfnissen und den zeitlichen/jahreszeitlichen/witterungsmäßigen Rahmenbedingungen zu überlegen. Hinzu kämen dann noch KA- und Rekomeinheiten.

Mir ist klar, dass man für diesen Ansatz eigentlich Wattzahlen messen müsste. Für meine normalsterblichen Ambitionen dürften das subjektive Empfinden und die nachrangig eingesetze Pulsuhr aber reichen.

Gruß

Martin
 
was willst du mit einem wattmessgerät oder pulsuhr, wenn du dem dein subjektives empfinden gegenüberstellst?

Wattmessgerät ist zu teuer, Pulsuhr nur bedingt zur Steuerung geeignet. Da muss zusätzlich ein zweites Kriterium her. Außerdem überstimmt mein Ehrgeiz die abstrakte Pulsuhr zu häufig. Somniums Lösung definiert die Einheit aber auch nach Fahrgefühl - das ist im echten Leben möglicherweise mindestens so konkret wie eine nackte Zahl. Beides zusammen (Pulsuhr und Gefühl) scheint für mich eine solidere Basis, um den Tenor der Einheit im Sinn zu behalten. Dazu dient auch die relativ einfache Einteilung, die er vorschlägt.

Die habe ich für mich persönlich und erstmal nur theoretisch in ein System übersetzt, das bei näherem Hinsehen wohl doch wieder zu komplex würde und das Gefühl gleich überfordern dürfte. Ist auch nicht mein letztes Wort an mich selbst - ich bastele noch. Die Grundidee der Einteilung in nur vier Basisbereiche mit jeweils eigenem Fahrgefühl finde ich eigentlich gut - zumindest solange der Wattmesser unerschwinglich bleibt. Der Versuch einer darüber hinaus gehenden Feindifferenzierung per Pulsuhr schlug bei mir bislang fehl. Ich spürte sie nicht unmittelbar, und von der Schwelle aufwärts habe ich sie in der Praxis dann auch oftmals grandios ignoriert (das grundlegende Fahrgefühl leider gleich mit). So gerieten viele Ausfahrten zur Themaverfehlung.

Im GA-Bereich verführte mich die doch willkürliche Unterteilung GA1 und GA2 bisher ebenso zu manchem Unsinn - zum Beispiel eine GA1-Ausfahrt, obwohl ich nur zwei Stunden Zeit hatte.

Hoffentlich lässt sich das verstehen - bin heute fiebrig und wirr wegen krank. :(

Gruß

Martin
 

Allem Anschein nach schon, und ich denke, das Überziehen meiner EB-Fahrten gehörte zu den Ursachen. Daneben habe ich auch einfach zu viele intensive Einheiten gemacht, nach täglich harten Touren im zweiwöchigen Urlaub nicht ordentlich pausiert usw.

Jetzt mache ich zwei bis drei Wochen Pause und steige im Oktober wieder mit neuem Plan ein.

Übertraining?

ein pulsmesser kann schon sinnvoll sein, für hobbyfahrer reichts allemal. allerdings kannst du den daheim lassen, wenn du zu deinem puls nicht die entsprechenden laktatwerte kennst.

Ich kenne ja meine Schwelle und sage nicht, dass ich die Pulsuhr ganz weglassen will. Sie eignet sich nur meiner Meinung nach schlecht dafür, in den intensiven Bereichen eine Feinunterteilung zu steuern (über die von Somnium vorgeschlagene hinaus). Dazu kommt meine geschilderte, persönliche Disziplinschwäche, wenn ich mich nur an der Uhr orientiere... und diese dann allzu oft ignoriere.

Und noch'n Fehler: Die EB-Fahrten als Testfahrten für die Formverbesserung zu missbrauchen - dadurch dann zu schnell werden.

Gruß

Martin
 
ich verstehe es immer noch nicht:

der sollwert ist doch hinreichend genau bekannt.
das problem ist doch nicht, dass du nicht weisst, wie intensiv du fahren sollst, sondern - ganz im gegenteil - du bist dir voll und ganz bewusst, dass du zu schnell fährst.
 
das problem ist doch nicht, dass du nicht weisst, wie intensiv du fahren sollst, sondern - ganz im gegenteil - du bist dir voll und ganz bewusst, dass du zu schnell fährst.

Ja.

Kurzum: die Psyche. Eine falsche innere Einstellung zu den intensiveren Einheiten - dadurch regelmäßig das Thema der Fahrt verfehlt. Das geschah ja immer ganz spontan während der Einheit. Als Trainigsplaner wusste ich's ja besser, aber als Fahrer war's mir im sogenannten Doing schnurz.

Somniums Beitrag hat die Sache für mich persönlich im Kopf zurecht gerückt: Pulsuhr + konkrete Vorstellung des angestrebten Fahrgefühls bei vereinfachter Aufteilung der Bereiche. Statt: feinsezierte Zahlenabstraktion, die mir in der wirklichen Fahrsituation am Wertesten vorbei geht.

Gruß

Martin
 
Zuletzt bearbeitet:
Irgendwie verstehe ich den Sinn des Thread auch nicht - handel einfach nicht wider besseren Wissens und reiss Dich am Schlüpper.

CLOSED

Nö... hatte schon Sinn, der Thread. Jedenfalls für mich.

Das ist wie Rauchen aufgeben. Die Einsicht ist da, doch fehlt und fehlt und fehlt die richtige Einstellung, bis irgendetwas im Kopf dann klickt... das muss aber nichts Weltbewegendes oder Verallgemeinerbares sein. Einige Beiträge hier sprechen mich halt an der richtigen Stelle an, und ich kann sie subjektiv wohl verwerten. Das werde ich demnächst ja sehen. Noch ist Pause (seit einer Woche) und Planungszeit. Ich lese hier neue und alte Threads und versuche, im kommenden Jahr alte Fehler zu vermeiden.

Gruß

Martin
 
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