Ich fühle mich so langsam wie die Veloversion von Forest Gump. Eigentlich wollten wir auch gar nicht nach Brunsbüttel. Dazu vielleicht noch ein kleiner Nachtrag zum gestrigen Tag:
In einem Ort mit dem vielversprechen Namen "St. Margarethen", es war schon weit hinter Brokdorf, wurden mal wieder pünktlich um 20.01 Uhr die Heringstöpfe vom Herd gestellt und die Türen fest verschlossen gehalten. Man empfahl uns für das Abendbrot, wir sollen nach Brunsbüttel fahren - dort ständen "uns alle Möglichkeiten offen". So kurbelten wir weitere 12km Richtung Norden, bis nach Brunsbüttel und erreichten einen original Schleswighol-Steinofen mit Rettungspizza. - deshalb der kleine Umweg.
sechster Tag, 08.10.2014: Brunsbüttel - Laboe
Heute ist ein besonderer Tag für uns. Vor wenigen Wochen lasen wir einen Artikel in Spiegel-Online von einem Radtouristen, der den Nord-Ostsee-Kanal an einem Tag (!) gefahren ist. Von diesem Text ließen wir uns überhaupt erst zu dieser Tour inspirieren. Uns ist klar, dass es heute die meisten Kilometer von den 100KM Kanal-Länge gerade aus geht, wie ein trockenes Stück Spaghetti. Aber wir lieben ja die Herausforderung
Natürlich wollen wir auch die Hochsee-Containerschiffe und die historischen Brückenbauten sehen!
Bevor wir starten, frühstücken wir noch in der Marktstraße in der lokalen Sechskorn-Bäckerei. Vor die Bäckerei hat man die Auszubildende in der Morgenkälte aufgestellt, um Quarkteig in siedendes Öl zu tauchen und mit einem einladenden Lächeln eine ausreichende Anzahl Frühstücks-Kunden zu gewinnen. Eispickel erwirbt, vom Duft verführt, ein Morning-Sixpack Quarkbällchen, wirklich lecker, und wir genießen ein ausgedehntes Frühstück.
Danach verabschieden wir uns von Brunsbüttel, loben die Auszubildende, dass Sie einen Bombenjob macht, wonach Sie noch mehr lächelte.
Die Einheimischen empfehlen uns auf der Südseite des Kanals zu fahren - von da aus hat man einen schönen Blick auf die Altstadt! Also ab zur Fähre und wieder zurück auf die Südseite.
Herr Fährmann! Bitte fahren Sie los!
Blick nach Westen in die Schleusen zur Ausfahrt in die Nordsee
Die Fährkosten trägt die Kanalgesellschaft, dass wurde schon zum Bau in den Verträgen so festgelegt, da der Kanal das Land teilt. Ja hier ist Deutschland immer noch geteilt.
Auf der anderen Seite angekommen, wenden wir den Blick und vermissen irgendwie die Altstadt. Wo bitte, ist diese Altstadt -abgetaucht? Keine Chance... wir spiralieren durch das Industriegebiet und versuchen an den Kanal ranzukommen - jetzt nicht auf die Autobahn (A5) auffahren, nach Norden wäre die falsche Richtung!
Mit Talent friemeln wir uns unter der Autobahnbrücke durch und erreichen unsere Kanalautobahn.
Jetzt immer aufmerksam die Augen nach links und Ausschau nach Schiffen halten.
Aah, ooh, ein erstes Schifflein. Nach einer gefühlten Stunde die erste Schiffsbewegung auf dem Canale. Ja wo bleiben Sie denn?
Die Brücken, meist die Eisenbahnbrücken, sind imposante Baudenkmäler. Vor uns die Eisenbahnhochbrücke Hochdonn. Bismarck selbst hat veranlasst, dass alle Brücken 40m über den Kanal kreuzen müssen, schließlich soll ja allerlei Panzerwerk durchpassen.
Die Kanalfahrt gestaltet sich erwartungsgemäß atemberaubend. Kann mal jemand ein Schiff vorbeischieben! hier kommt nüscht, oder klemmen die Schleusentore schon wieder. Eispickel hat ja die Wirtschaftskrise in Vermutung, die nun auch Deutschland erfasst.
Meine größte Befürchtung - Lochplatte á la Grenzsteintrophy- ist bisher ausgeblieben.
Achtung aufwachen - runter von den Bikes! es, es , es kommt ein Schiff!
Ich hab nachgeschaut: 13.19 Uhr das erste Containerschiff
In Rendsburg haben wir Lust auf eine Tüte Eis. Mein Rucksack ist leer wie ein Kaltluftballon, ich brauche dringend Zucker. Die Quarckbällchen sind schon alle durchgerollt.
Die kälteste Stelle des Tages
Schiff 2, das letzte des Tages. Wenig Fang gemacht heute. Wir überholen. Bei einer Pause kurz vor Kiel hat er uns wieder.
Im Kanal darf man bis maximal 15 km/h fahren. Neben dem Kanal sollte man schneller als 15 km/h fahren und so erreichen wir Kiel bei mittlerweile ollem Nieselregen an der osteseeseitigen Schleuse gegen 17:30 Uhr
Zwei Kanal-Schiffe nach 120 km. Das haben wir uns irgendwie anders vorgestellt. Was ist mit denen hier? Klemmen wirklich die Tore? Das ist vor einigen Jahren auf der Brunsbütteler Seite passiert, die Technik ist aus den 30er Jahren. 8 Tage konnten die Schiffe nicht fahren - ein riesiger Verlust für die Kanalgesellschaft. Einige Speditionen meiden mittlerweile das Risiko und fahren lieber 3 Tage länger über Skagerrak rum.
Wir wollen jetzt jedenfalls nicht mehr die komplette Kieler Förde rumfahren, und beschließen, mit dem Linienverkehr auf die andere Seite nach Laboe zu fahren, wo wir uns eine Unterkunft suchen wollen.
Wir rollen auf einen Anleger zu, an dem ein Student seine Angel in die Ostsee hängen lässt, und mit den Dorschen das anbeißen trainiert. Mit Fährfahrplänen kennen wir uns überhaupt nicht aus, der Student auch nicht, er bietet uns einen Schlafplatz für unsere Iso`s an. Ziehen es aber doch lieber vor, auf irgendeine Fähre zu warten. Es war echt Arschkalt an dem Steg - wir verkrümeln uns ins Wartehäuschen, bis in der Ferne die ersehnte Barkasse Kurs auf unseren Anlieger hält.
Der Fahrkartenverkäufer wusste auch nicht so richtig, ob heute ein Schiff seines Unternehmens noch bis Laboe rüberfährt. Wir beschließen zum Hauptanlieger nach Kiel ins Stadtzentrum reinzufahren. Haha, haben wir schon Fischblick - was issn das? - unser Fährmann von eben - die Letzte Fahrt nach Laboe Bitte!
Ich kann verstehen, wie das nach so´n langen Tag ist...
20:00 Uhr es gibt Fisch. Gut gemacht heute!
Fortsetzung folgt...