* Kleine Stahlkunde *

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Benny133 schrieb:
ich schätze mal das das teil komplett aus high-ten stahl ist! das ist irgendwelhce billugen stahlreste -> absolutes schrott(matrial)

Dieser Post hat mich vernlasst, mal ein klein wenig Klarheit zu schaffen - schließlich wollen die meißten ja wissen, warum ihr CrMo-Rahmen teurer als ein High-Ten-Rahmen ist und was die Legierung 4130 CrMo für Vorteile bietet...

"High-Ten" Ist ein Kunstwort und steht für "High Tension".
Mit "High-Ten" wird ein unlegierter, nicht härtbarer (Bau)Stahl mit einer besonders hohen maximalen Zugfestigkeit(Rm) bezeichnet(Baustahl ist kein negatives Attribut, es sagt nur aus, dass der Stahl nach seiner Zugfestigkeit genormt ist.)
wst_zugversuch1.gif

Interessanter ist die Streckgrenze(Re). Bis zu dieser Grenze spricht man von elastischer Dehnung, d.h. der untersuchte Körper geht nach der Belastung in seine Ausgangsform zurück.

Wenn man nun High-Ten und die beliebte Legierung 4130 CrMo (europäische Norm: 25CrMo4, ein mit Chrom und Molybdän legierter Vergütungsstahl(0.25% Kohlenstoff, 1% Chrom und 0.015% Molybdän); vergüten=härten+anlassen) gegenüberstellt, kann man folgende Werte vergleichen:

CrMo: Zugfestigkeit: 650-1100 N/mm² Streckgrenze: 400-700N/mm² Bruchdehnung 12-16%
HiTen: Zugfestigkeit: 500-600N/mm² Streckgrenze: 300-400 N/mm² Bruchdehnung von 20%.

Ein Schlagwort ist noch das berühmte "Sanko-Tubing": Rohrsatz der Firma Sanko in Japan, 4130 CrMo, nicht mehr und nicht weniger, es handelt sich hierbei nicht um irgendeinen Zauberstahl! Die amerikanische Normung 4130 CrMo lässt allerdings Abweichungen in den Legierungselementen und im auftreten anderer Legierungselemente zu, die die Japaner sehr gut im Griff haben. Dadurch können sie sehr gute Zugfestigkeiten erzielen.

Fazit: Die Legierung 25CrMo4 erreicht durch das Vergüten deutlich höhere Zugfestigkeiten. Dadurch können dünnere Rohrsätze verwendet werden, die aber natürlich mehr Geld kosten und aufwendiger zu schweißen sind. Bei Verwendung von "High-Ten" Stahl sollten dickere Rohre verbaut werden, was sich im Gewicht bemerkbar macht; die Tatsache, dass sich ein Rahmen schneller "verzieht" liegt an der niedrigeren Streckgrenze, dafür kann er sich wesentlich länger dehnen, bis er schließlich reißt.

P.S.: Der Materialpreis eines CrMo-Rohrsatzes in Asien liegt bei einigen €
 

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Re: * Kleine Stahlkunde *
super beitrag!! sowas schätze ich sehr hier im forum, damit man ma ne übersicht hat un besser bescheid weiß :daumen:
--> wirklich sehr sinnvoll un angebracht, gute arbeit!

grüße
tobi
 
sehr guter beitrag, kann ich nur zustimmen, hab ich nämlich vor wenigen wochen in der Schule in Materialkunde gemacht. Mache ne Ausbildung als Zweiradmechaniker und da kommt das dran. echt gut.
 
was ich jetzt sage mein ich ernst:

es gibt doch immer noch user, die es schaffen, die DDD-Foren sinnvoll zu durch threads zu bereichern und nicht wie andere zum x-ten mal Fragen, wie man in 3 Sekunden einen bunnyhop ducrh erklärung lernt, um dann vllt. immer noch dran zu verzweifeln.

War en echt sinnvoller Beitrag und hat mir, trotz der großen Anteile der teilweise aus der Schule bekannten Materie, sehr gut gefallen :daumen:


thx dafür
 
also war das dann vom groben grundstock richtig was ich geschrieben habe oder was?

also ich habe das nämlich irgendwann mal gelesen als sich einer nen billig BMX mit high-ten rahmen kaufen wollte...

aber hin oder her ein sehr guter beitrag ;)

MfG

Benny
 
Benny133 schrieb:
also war das dann vom groben grundstock richtig was ich geschrieben habe oder was?
Nein, denn darauf habe ich ja gerade abgezielt: HiTen ist einfacher zu verarbeiten, etwas günstiger in den Materialkosten und kann weiter plastisch verformt werden, bevor es reisst, hat aber gravierende Nachteile gegenüber einer CrMo-Legierung.
Trotzdem handelt es sich um einen sehr guten Stahl (im modernen Rahmenbau werden sowieso sehr sehr edle Werkstoffe eingesetzt, z.B. auch 7000er-Al-Legierungen, die zu den teuersten auf dem Markt gehören) und nicht um "Rohrreste" oder alten Schrott.
HiTen Rahmen halten einiges aus (sie verbiegen eben nicht ganz so leicht wie oft beschrieben, oder "verbiegen leicht und sind gleichzeitg porös":confused:(stand mal im bmxforum) ), sind aber im Vergleich zu einer teureren Legierung deutlich schwerer.
 
jpopsuki schrieb:
Nein, denn darauf habe ich ja gerade abgezielt: HiTen ist einfacher zu verarbeiten, etwas günstiger in den Materialkosten und kann weiter plastisch verformt werden, bevor es reisst, hat aber gravierende Nachteile gegenüber einer CrMo-Legierung.
Trotzdem handelt es sich um einen sehr guten Stahl (im modernen Rahmenbau werden sowieso sehr sehr edle Werkstoffe eingesetzt, z.B. auch 7000er-Al-Legierungen, die zu den teuersten auf dem Markt gehören) und nicht um "Rohrreste" oder alten Schrott.
HiTen Rahmen halten einiges aus (sie verbiegen eben nicht ganz so leicht wie oft beschrieben, oder "verbiegen leicht und sind gleichzeitg porös":confused:(stand mal im bmxforum) ), sind aber im Vergleich zu einer teureren Legierung deutlich schwerer.
wenn man sie entsprechend dimensionieren würde ja. dann wären sie aber sau schwer. also werden die meisten ähnlich dimensioniert wie crmo rahmen. dass sie dann nicht so gut halten wie crmo rahmen ist dann auch klar. ich würde keinen hiten rahmen kaufen. da tut man sich einfach keinen gefallen mit.
 
ähm ... HiTen Rahmen sind meißt auch ziemlich schwer. Das liegt wie gesagt daran, dass man dank der geringeren Zugfestigkeit dickere Rohrsätze verwendet. Wenn du's nich glaubst, vergleich die Gewichte von zwei entsprechenden Rahmen oder säg mal nen HiTen Rahmen durch. Ich hab nen alten bleischweren Haro Backtrail zuhause - ich weiß wovon ich rede. Vergleich die Zugfestigkeiten und du bekommst eine Vorstellung vom nötigen Wandstärkenzuwachs der Rohre.

Ich würde einen HiTen-Rahmen auch nicht bevorzugen, ich würde aber gern mit den stark überzogenen Vorurteilen aufräumen, die meißt auf mangelndem Fachwissen beruhen.
 
schöner beitrag, mach ich auch grade in werkstoffkunde, im praktikum und seminar machen wir dazu dann noch den passenden zugversuch.
die abbildung verwendet echt jeder prof! :) ist ja echt ulkig, hab ich grade heute nachmittag bei meiner praktikumsvorbereitung überarbeitet!
maschinenbauer?
mfg flo
 
@jpopsuki:

Einen super Beitrag den du da zur Zugfestigkeit und Streckgrenze der, beim Bikebau verwendeten Materialien, gestartet hast.
Sinnvoll und Informativ, obwohl ich das schon alles aus meiner Ausbildung zum Technischen Zeichner (Fassadenbautechnik) kenne, aber Aufrischung des Wissens tut not .... ;)
Vielen Dank

Alex
 
Hi zusammen,

auch wenn`s eher in den Tech-Talk Bereich gehört, super Beitrag jpopsuki!

Ich wollte schon mal was ähnliches verfassen, dachte mir aber, dass ich eh nur Kommentare ernte wie "Klug********r", "Wen interessiert`s?" oder sonstiges. Sehr erfreulich zu sehen, dass sich doch noch normale und interessierte User in diesem Forum bewegen.

Da wohl doch einige Leute vom Fach hier am Start sind und Interesse besteht, wäre es schön, wenn einer der Mods diesen Thread sticky machen könnte. Ich bin Dipl.-Ing. der Richtung Produktionstechnik und hab` mir aus Interesse die Zusatzquali zum Schweißfachingenieur reingezogen. Sollten also neben materialtechnischen Dingen Fragen über`s Schweißen aufkommen, bin ich gerne bereit Hilfe zu leisten, Antworten zu geben und Dich jpopsuki zu unterstützen, damit dieser sinnvolle Thread nicht nach kurzer Zeit untergeht.

Sehr erfreulich fände ich auch fachliche Diskussionen im Rahmen der Material- bzw. Schweißtechnik ( Eben alles, was für unser Hobby relevant ist )

Ich leiste erstmal `nen kleinen Beitrag zur Schweißtechnik:

Fahrradrahmen werden fast ausschließlich im WIG ( Wolfram-Inert-Gas ) Verfahren geschweißt. Die Gründe dafür sind folgende:

- geringe Wäremeeinflußzone ( verzogener Rahmen durch zuviel Hitze wäre *******, ebenso eine Materialschwächung durch hohe Temperaturen )

- jpopsuki hat die hohen Kosten erwähnt. Das WIG Verfahren trägt maßgeblich dazu bei. Es wird ( bis auf wenige Ausnahmen ) von Hand ausgeführt. Kein Roboter, keine Automatisierung, nichts. Dazu kommt, dass WIG-Schweißen ein recht kompliziertes und langsames Verfahren ist. Jeder Rahmen wird also von Hand geschweißt ( = teuer ). Bei den wunderhübschen Nähten, die man teilweise sieht, glaubt man das kaum, ist aber so.

- Egal ob Stahl, Alu oder Titan: Der Schweißer hat die Möglichkeit, durch Zusatzwerkstoffe die gewünschten Eigenschaften ( Festigkeit, Zähigkeit, Korrosionsschutz, etc. ) weitestgehend zu erhalten. Durch einen entsprechenden Draht ( in Stabform ), der während dem Schweißen von Hand zugeführt wird, kann dies gesteuert werden. Bei anderen Schweißverfahren ist das nicht ohne weiteres möglich.

- Gerade Aluminium oder Titan sind nicht problemlos schweißbar. Mit dem WIG Verfahren geht aber auch das. Die Begründung dafür würde zu weit führen, glaubt mir einfach. Sollte es dennoch jemand genau wissen wollen, erkläre ich gerne auch das.

Soviel von meiner Seite, um einen der besten Threads seit langem aufrecht zu erhalten.

MfG Andi
 
jepp finde auch ne subba sache ! das erste mal seit nem jahr das ich mal ins dirt/street forum gucke und was sinvolles entdecke....
(ich hab das auch alles schon gelernt(maschinenbaumechaniker) aber wissen auffrischen kann nie schaden)
also :daumen: weitermachen :daumen:
 
Ich würde den Thread auch gern (auf allgemeinverträglichem Niveau) ausbauen:

mögliche Themen wären z.B.:

-Normierung/Gruppierung der Stähle und korrektes Ablesen von Legierungsanteilen
-Beeinflussung der Eigenschaften eines Stahls durch geeignete Legierungsanteile
-Wärmebehandlungen für Stähle
-Schweisseignung von Stählen/Wahl des Schweisszusatzes

-Aluminiumlegierungen und Al-Wärmebehandlungen

-Faserverbundwerkstoffe

Besteht an best. Gebieten besonderes Interesse?

Allgemein geht es mir darum, dass die Leute im DDD-Bereich viel mit Stahlrahmen zutun haben, es treten sogar öfter Anfragen zum Selbstbau auf, doch keiner weiß wirklich Bescheid. Deswegen fände ich ein wenig Werkstoffkunde gerade hier gut aufgehoben und vielleicht können wir ja auch später einmal etwas Technische Mechanik dranhängen und ein paar kleinere Bauteile nachrechnen;)
 
Jupp, mein Reden....
Dann will ich doch mal was zur Wärmebehandlung von Stählen beitragen:

Es gibt unterschiedliche Verfahren um die Eigenschaften von Stahl zu verändern/verbessern:

Spannungsarmes Glühen:
Wird angewendet um die innere Spannung im Material abzubauen. Sprich nach einer Kaltverformung von Rohren (z.B.) herrschen im Stahl Spannungen die durch ein Glühen im AC1-Bereich bei unter 650° und anschliessend langsamen abkühlen abgebaut werden.

Zur Veränderung der Zugfestigkeit/Härte wird gerne das Weichglühen angewandt:
Bei Stählen mit einem Kohlenstoffgehalt <0,8% wird ein pendeln der Temperatur im Ac1-Bereich angewandt, welches die Bearbeitbarkeit verbessert.

Zum Härten ganz kurz:
Es wird eine Stahlartenabhängige Temperatur erzeugt. Durch sehr rasches Abschrecken/abkühlen des Stahles wird das Kristallgitter des Stahles an der Aussenhülle vom Austenit in das härtere sprödere Martensit umgewandelt.
Zu beachten ist die "kritische Abschreckgeschwindigkeit" die je nach Legierung und Metallart variiert.
Im zweiten Schritt wird der Stahl angelassen/erwärmt. Je nach gewünschter Eigenschaft (Zugfestigkeit, Härte, Zähigkeit) wird der Stahl auf Temperatur gebracht. Je höher die Anlasstemperatur, desto geringer die Härte.

Vergüten soll die positiven Eigenschaften des Härten und Anlassen verbinden und somit eine hohe Zugfestigkeit bei gleichzeitig hoher Festigkeit erreichen:
Dabei wird der Stahl jede Minute 4°C-Schritten erwärmt. Wiederum gilt, je nach Stahlart und Verwendungseigenschaft werden Temperaturen von 150°C-680°C erreicht. Unterschiedlich langes auf der jeweiligen max.Temperatur halten, wie das Abkühlverfahren schliessen sich dem ebenso ein.

Verbessert mich bitte, falls irgendwo Fehler aufgetaucht sind.
Ist schon ne Weile her, das ganze ... ;)

Alex
 
Hier noch mal eine kleine Veranschaulichung zum Beitrag von Bonzai1982 zum Thema Härten und Anlassen:
fe-fe3c.jpg

Der Stahl wird mit einer Kohlenstoffkonzentration von weniger als 0,8 Gewichtsprozent(rote Linie) durch Glühen in den Temperaturbereich über dem Punkt S gebracht. Das Gefüge in diesem Bereich(Austenit) kann in seinem Kristallgitter den Kohlenstoff gut aufnehmen, wenn man es langsam abkühlen würde, würde dieser aber wieder aus den Gitterzellen herausdiffundieren. Deswegen kühlt man es in einem Ölbad rasch ab, damit der festigkeitssteigernde Kohlenstoff nicht herausdiffundieren kann. Ein neues, sehr hartes Kristallgitter names Martensit entsteht, dass nicht im Diagramm eingezeichnet ist.

Da der Martensit zwar sehr hart, aber gleichzeitig spröde ist, wird er nach dieser Prozedur angelassen, wodurch die Härte etwas gesenkt, aber die Duktilität(Zähigkeit) gesteigert wird.

Die Vorgänge Härten und Anlassen nennt man zusammen auch vergüten.

@Bonzai1982: Kannst du bitte die Schlagwörter in deinem Beitrag fett schreiben? Dann können Infos besser von comments unterschieden werden;)
 
Hach habe ich dieses Diagramm gehasst.....obwohl es, jetzt im Nachhinein betrachtet, keine bessere bildliche Darstellung für die Eigenschaften innerhalb der angegebenen Temperaturbereiche des Stahls gibt.

So, Beitrag wurde editiert.
Mal schaun was ich mir später noch so aus den Fingern saugen kann .... ;)

Alex
 
mal an die dipl ing´s

mal abgesehen davon, das 4130 eine us norm ist, gibt es aber doch unterschiede zum europäischen 25 crmo 4, so sagte mir ein luftfahrtfutzi, das 4130 ein 30 crmo 4 sei und deshalb etwas "spröder" bzw. "härter" und deshalb nach dem schweissen nochmal gebacken werden sollte. beim 25er ist das nicht notwendig. wer kann dazu was sagen? würd mich sehr interessieren, weil da jeder was anderes sagt.

beste grüße

Valentin
 
aahhh sehr geil der fred. aber was mich als monternoob noch interesieren würde wären die werte
CrMo: Zugfestigkeit: 650-1100 N/mm² Streckgrenze: 400-700N/mm² Bruchdehnung 12-16%
HiTen: Zugfestigkeit: 500-600N/mm² Streckgrenze: 300-400 N/mm² Bruchdehnung von 20%.
von alu hiervon noch zum vergleich. oder lässt sich das nicht vergleichen?
sry habe nochnicht einmal chemie... wr-zweig
 
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