So, auf vielfachen Wunsch gibts die lange, lange Story zur Fahrt.
Vorab die Enttäuschung für viele echte Singlespeeder: Es gab kein Bier und keine Starrgabel am Rad! Übersetzung 36:18 (normal fahre ich 38:18, aber bei der Länge...). Neuer White Eno Freilauf. Danke an Hajos für die superschnelle Lieferung, denn mein
Shimano hat sich wie sandgeschmiert angehört.
Travel:
Eigentlich war geplant, sich am Samstag zusammen mit einem Kumpel von einem weiteren Bekannten (Herr K. aus S.) aufgabeln und nach Kirchzarten chauffieren zu lassen. Das war 1,5 Stunden vor dem Abholtermin nicht mehr der Fall. Klar, dass eine Frau (die vom Fahrer) dran schuld war. Gottseidank gibts Fahrräder, die machen weit weniger Stress, und wenn, dann kann man sie einfach in die Ecke schmeissen...
Gut, der Kumpel (Olaf) fuhr Samstag per Bahn (mit meiner Athletenerklärung (Haftungsausschluss)). So ist es eben, wenn man kein Auto hat. Ich beschloss zusammen mit einem anderen Kumpel (Thomas) erst Sonnag früh aufzubrechen.
Race Day:
4:40 Uhr: Wecker und Alex wachen gleichzeitig auf, der Wecker musste aber nicht aufstehen. Nach einem Competition-Power-Energy Frühstück (3 Kaffee und Nutellabrote) war die Basis eines erfolgreichen Tages gelegt. Pünktlich losgefahren und angekommen. Dort Olaf auf dem Campingplatz gesucht und einen Pulsmesser abgeliefert (hatte er vergessen). Schreck! Die Fahrt tat meinem Rad nicht gut. Der Computer ging nicht, der rechte Bremshebel war locker und die Hinterbremse quietschte. Ein Rätsel, weil ich 3 Tage vorher zur Generalprobe ein Hobby-Rennen (Tälercup) ohne Probleme mitgefahren war. Während ich noch mein Gewicht optimierte indem ich gewitzterweise statt der langen Toilettenschlange die nur 3 Mann starke Fraktion vor dem Behindertenklo verstärkte - was in einer sicher doppelt langen Wartezeit endete, weil es einfach mehr gewöhnliche Toiletten gab - machte der Olaf das Gegenteil und frass mir meinen einzigen Lieblings-Power-Bar (Orange), den ich für unterwegs mitgenommen hatte, weg. Danke. Nun, der Thomas hatte noch einen über.
Zurück am Auto war Kleiderwechsel und Radreparatur angesagt. Bremseneinstellen 20 Minuten vor Beginn eines Marathons ist keine gute Idee. Erst der 6.-7. Versuch war erfolgreich.
Warmfahren musste man sich nicht, denn es war schon warm. Im richtigen Startblock (1, klar) rechtzeitig 5 Minuten vor dem Start eingetroffen.
7:30 Uhr: Start.
Vorne stressten sie los, wie bekloppt. Ich konnte gar nicht anders, als mit den Letzten des Startblocks mit etwa 30km/h hinterherzufahren. Am ersten und längsten Anstieg wurde mir klar, dass die Anzeige mit konstant 126 am Polar nicht stimmen konnte. Abschalten, einschalten. Anzeige konstant 0. Toll. Am Gurt rungezupft, die Technik verflucht. 5 Minuten später war auch der Polar wach und hat von da ab funktioniert. Das waren jetzt aber alle technischen Mängel für den Rest des Tages. Der erste Anstieg ist zäh (in Worten: zäh), aber ich hielt mich zurück, denn eigentlich rechnete ich schon damit, dass die Probleme in den Beinchen noch früh genug kommen werden. Habe dennoch in etwa den Platz gehalten (Ein Bekannter überholte mich, aber etwa 90 Minuten später habe ich ihn dann wiedergesehen. Hähä). Richtig bitter wurde es, als es flacher wurde. Mit der Freude darüber mischte sich die Erkenntnis, dass Schaltungsfahrergruppen auf dem Terrain einfach schneller sind. Irgendwie war mir alles zu flach. Besonders die Abfahrten. Bei etwa 39 war Ende mit Beschleunigen. Schneller konnten die Beinchen nicht. Etliche Leute brausten an mir vobei. Auch am Titisee wars noch nicht besser. Immer, wenns bergan ging, war ich aber gut dabei.
Nach knapp 2 Sunden in einem Anstieg sah ich einen Schaltungsfahrer vor mir absteigen und schieben. Jow, das machte ich dann auch: erste Schiebung. Die, die, die (3 mal die) Rampe fuhren waren zwar schneller als wir Schieber, aber sie keuchten auch wesentlich schneller. Das war ein Granny-Gear-Climb. Dafür waren sie oben platt, als es flacher wurde. Zurück auf dem Rad kamen sie alle wieder, auch einige von denen, die mich unten am Titisee überholt hatten.
Die zweite Schiebung war nach 2,5 Stunden an einem Wiesenhang (Menzenschwand?) angesagt. Sehr unruhiges Gelände. Da wurde auch einigen anderen Mitfahrern klar, dass ich ohne Schaltung unterwegs war. Einer fands richtig toll, was aber die Ausnahme ist, denn normalerweise erntet man verständnislose Kommentare, wie: was denn das bringen soll. Ein anderer scherzte, dass man, wenn schon, auch mit starrer Nabe fahren könne. Sadisten. Ne starre Gabel wäre erstmal die nächste Stufe der selbstgewählten Beschränkung. An Ende schoben alle.
Von da ab habe ich Mittel eher Plätze gutgemacht. Die Abfahrten wurden auch steiler.
Hatte viel Spass in der Phase, weil ich mich gut fühlte, sogar manchmal eine Aussicht geniessen konnte, Leute einholte und das Wetter passte. Ein Mitfahrer meinte mal: "Die Wertung gewinsch!", nur gibts die nicht. Von einem Anderen wurde die Sinnfrage gestellt: "gehts um eine Wette?", meine Antwort, dass ich nur wegen des Singlespeeds ein weiteres Mal mitfahre, weil es mal was anderes sei und überhaupt mehr Spass mache, war vielleicht nicht ganz genau das, was er wohl erwartet hatte (das mit dem zusätzlichen Spass hat noch keiner so recht nachvollziehen können), aber der fand es dennoch "saucool". Später, an einem Verpflegungsstand rief es plötzlich: "Hey, Singlespeed!". Da konnte ich noch zurückgrüßen. Cooler Typ. Schön mit Schlapphut im Liegestuhl unterm Sonnenschirm mit Flüssigenergie in der Hand. Auch eine Möglichkeit den Sonntag zu verbringen.
Überhaupt waren wieder erstaunlich viele Zuschauer an der Strecke. Vor allem etliche begeisterte Kinder, besonders in der Nähe der Verpflegungsstände. Wasser fassen war da fast immer angesagt. Gegessen habe ich nicht viel. 1 Ultrabar (Schoko!) am Anfang, 3 halbe Bananen und ein Stückchen irgendeines Energieriegels, den mir ein Kind auf den Lenker pappte, das war alles. Habe den Zuschauern öfter mal einen Guten Morgen oder einen schönen Sonntag gewünscht und die fanden es nett. Das kommt wohl nicht so häufig vor, denn die Schnellen schwatzen nicht so viel. Die Ausdauer und Motivation der Leute an der Strecke ist mir eh ein Rätsel. Stundenlang ausgemergelte Gesichter zu betrachten, naja.
Eine dritte Schiebung gabs nach knapp 3,5-4 Stunden weil der Tag Anfing Spuren zu hinterlassen. Die Vernunft sagte an einem steilen Schotterweg mit Ausblick auf einen kleinem Wasserfall: Absteigen. Erste leichte Anzeichen von Krämpfen machten sich auch bemerkbar. Lustig ist das Aufsteigen hinterher. Wenn man denkt, so jetzt ist es ein bissel flacher, also rauf auf die Kiste, hat man erstmal das Gefühl, dass eine Bremse blockiert. Die Kurbeln wollten einfach nicht rum.
Am Knöpflesbrunnen kippte ich mir zur Bewältigung des Rests der Strecke 2 Becher Cola rein. Mein Magen hatte damit wohl nicht gerechnet, denn es fühlte sich hinterher an, als hätte ich einen Ballon mit Wasser im Bauch. Ein Ausgleich musste her. Pinkelpause.
Ich wusste: es kommt noch ein fieser Anstieg an einer Wiese. Tja, der kam dann auch. Mit zwei steilen Rampen am Anfang, an denen, wie ich hinterher erfuhr schon viele geschoben hatten. Da waren aber viele Leute, sogar ein Plaket war über die Strecke gespannt und ein Fahrer, den es einzuholen galt. Während der im kleinsten Gang fuhr, musste ich wirklich alles geben. Einer der Zuschauer rief begeistert zu seiner Begleitung "Schau mal ein Singlespeed!". Ich konnte aber beim besten Willen nichts antworten, weil ich voll am Limit war.Völlig bekloppt sowas zu drücken. Aber gerade da, am Ende der Rampe hatte ich ihn eingeholt. Dafür war ich jetzt wirklich bedient. Es wurde etwas flacher, zum Ausgleich knallte die Sonne jetzt voll in die Wiese. Vierte und letzte Schiebung, weil nach einer Linkskurve gnadenlose Steilheit wartete. Der vor mir fuhr trotzdem. Direkt an die Wiese schloss ein etwa 1 km lang ein flacherer Abschnitt an. Krämpfe machten sich bemerkbar. Wiegetritt war unmöglich. Immer, wenn ich die Beine streckte, zuckte es. Ich fuhr also im Sitzen, das machte ich eh so oft wie möglich. Da ich das aber auch aus Traktionsgründen vorher auch manchmal an steileren Schotterabschnitten (es war trocken und rutschig) gemacht hatte, fehlte auch noch der Druck. Der Gag war, dass ich dennoch den Typ vor mit überholte. Der war auch platt.
Wider Erwarten fühlten sich die Beine nach einiger Zeit doch wieder besser an. Es ging jetzt auch Richtung Ziel. Die Ultra-Strecke traf sich an einem letzten Anstieg mit den kürzeren Strecken, da konnte man nach Herzenslust Leute versägen. Nur einer war schneller, der Gewinner des Shorttrack. Die letzte Abfahrt wurde ohne Risiko genommen. Das mit dem Versägen klappte aber noch im Flachen kurz vor dem Ziel. Eigentlich hatte ich mit dem Gegenteil gerechnet.
Nach 5:20 Stunden im Ziel, 6 hatte ich angepeilt, da ich mit Schaltung schon knapp 5 gebraucht hatte.
Für die nächste Stunde war trinken, auf der Tartanbahn liegen (bis auf die Wiese hab ichs irgenwie nicht mehr geschafft), mit Bekannten quatschen, Ausschau halten und sich die Sonne auf den Bauch scheinen lassen, angesagt.
2 Kumpels (2 mal Thomas mit Schaltung) wollten mich versägen, beide sind gescheitert. Einer mit knapp 4 Minuten. Puh.
Bäh, der erste Hurenbiker hat nur 4:12 gebraucht, ein Bekannter (fährt auch für Geld) wurde 6.
Der Rest des Tages war erfüllt mit: auf Bekannte warten, duschen, schwätzen, rumhägen, heimfahren, rumhägen und vergeblichen Regenerationsversuchen.
Bevor Respekt und Bewunderung unter euch überhandnehmen: Spät am Abend kam ein Bericht in der Glotze auf SWR3. Da stellten sie neben den Schnellen auch einen 69 Jährigen vor, der ist den Ultra auch durchgefahren!!! Das ist ein zäher Hund.
Gruß,
Alex