Ich spamme mich mal frecherweise hier mit in euren Tourenfred rein... und sorry wegen der Bilderbombe
Die Westuckermarkrunde ala Bauchgefühl
Dass die Westuckermärkischen Seen eigentlich zu jeder Jahreszeit eine Reise wert sind, ist ja schon länger bekannt, aber der gestrige Ausflug war wirklich wunderschön und keine Sekunde zu kurz. Damit sich die Tour mit dem ganzen Anreisetheater überhaupt lohnt entschied ich mich für einen frühen Start. Schnell noch mal bei der DB geschaut wann denn der erste Zug fährt und den Wecker auf 5:30 Uhr gestellt.
Als ich dann Sonntagfrüh von einem sehr jähzornigen Wecker aus meinen Träumen gerissen wurde lag Berlin noch tief verschlafen im halbdunkel und die aufkommende Morgendämmerung war nur zu erahnen. Wie so oft erreichte ich den Zug mit Mühe und (Atem)Not aber gerade noch rechtzeitig vor dem schließen der Türen.
Kurz vor 8 in Vogelsang, die ersten Sonnenstrahlen bahnen sich ihren Weg
Können wir endlich weiterfahren... bitte?
Als Startort hatte ich für mich (wie die anderen Tourer um AG auch) Templin ausgewählt. Ich wollte über den ehemaligen Schießplatz der sich heute wohl Tangersdorfer Heide nennt und von da aus rüber nach Beutel und dann auf den Bibertrails nach Annenwalde. Teile dieser Strecke hatte ich ja mit Will bereits während unseres Foto-Nightrides befahren.
Als ich um 8:15 Uhr in Templin aus dem Zug sprang war es in erster Linie kalt und irgendwie ungemütlich aber dafür schön Menschenleer und eine angenehme Ruhe lag über der Landschaft. Nach dem ersten kleinen Hügel wurde mir auch wärmer und ich genoss die Stille des Morgens. Am Horizont erhellte die Sonne bereits die Umgebung. Von wärmenden Strahlen konnte leider (noch) keine Rede sein.
Herrlich, wenn man mal wirklich ungestört unterwegs sein kann
Wie geplant führte mein Weg mich am Rodelinsee See vorbei nach Röddelin wo ich mich weiter am Seeufer orientierte und schnell jegliche Zivilisation hinter mir ließ. Die Pflanzen und Bäume waren alle von einer feinen Raureifschicht überzogen was die Landschaft in eine Frühwinterliche Stimmung tauchte.
Sonntagmorgen kurz nach 8 in Röddelin
Es ist schön anzuschauen aber bei den vorherrschenden Temperaturen ohne Bewegung schwerlich länger als 2min zu ertragen...
Heißbadetag im Roddelinsee
An der Kannenburger Schleuse wagte ich noch einen kleinen Ausflug auf das ehemalige Kasernengelände bevor ich mich in Richtung der beiden Aussichtspunkte auf dem Weg nach Beutel aufmachte. Die Heide blühte zwar nicht mehr aber war trotzdem (wie immer) ein kleines Highlight.
Sieht nicht nur aus wie Winter sondern hat sich auch so angefühlt
Immer wieder begegneten mir diverse Tiere die anscheinend nicht mit mir um diese Uhrzeit gerechnet hatten... wie auch, hatte ich selbst damit ja nicht gerechnet. Vorbei am Großen Beutelsee, dann noch schnell die Furt gequert und kurze Zeit später erreichte ich Beutel. Ich erinnerte mich noch an die Worte des Insektenzählers und siehe da, im hellen ist der Weg hinter der Kirche links eigentlich nicht zu verfehlen.
Früher Kriegsspielplatz, heute ein Ort der Ruhe und des Friedens
Beutel-Zentrum
Übers Feld ging es zum Densowsee wo ich mir erstmal auf einer Aussichtsplattform eine kleine Pause in den wärmenden Sonnenstrahlen gönnte und den herrlichen Blick über den See genoß. Die Graureiher zierten sich ein wenig und wollten anscheinend nicht fotografiert werden und so konzentrierte sich meine ganze Aufmerksamkeit auf die Stille und das nichts welche zu diesem Zeitpunkt das Geschehen dominierten. Ein Blick auf die Uhr verriet mir allerdings, dass ich zwar schon 2h unterwegs war aber nur minimal vor den anderen Tourern lag. Es war also an der Zeit weiterzufahren, vielleicht klappt es ja mit einem kleinen spontanen Zusammentreffen mit den anderen in Lychen.
Auf dem Weg zu den Bibertrails
Über einsame Feldwege ging es in Richtung Alt-Placht und von da an following the Bauchgefühl in die Richtung, in welcher der Platkowsee sich befinden müsste. Ich erreichte besagten See auf ziemlich direktem Wege und ohne Probleme. Das auf der anderen Uferseite ein hübscher Trail existiert ist ja bereits bekannt gewesen aber wie mag es wohl am Süd/Westufer des Sees aussehen?
Ich orientierte mich an einer Löschwasserentnahmeeinfahrt in Richtung Seeufer und folgte einem mehr oder weniger nicht erkennbarem Weg. Im Moment herrscht in den Wäldern das absolute Laubchaos und existierende Wege sind nur mit viel Phantasie oder Insiderwissen als solche erkennbar. Nach ewig langem rumgekurbel durch das Unterholz was nicht ganz so entspannt und flowig wie erhofft war erreichte ich ein Stückchen Asphalt und somit auch das Ende Sees. Noch ein Experiment wollte ich am Zenssee erstmal nicht wagen und den bekannten Trail auf der gleichen Uferseite nehmen. Als ich die Brücke erreichte erwartete mich bereits Renn.schnecke mit Lena und ihrer Kamera in der Hand. Schön, dass das mit den Treffen in der freien Wildbahn inzwischen auch ohne Telefonate klappt
Gemeinsam ging es nach Lychen wo sich nach kurzem blabla unsere Wege wieder trennten. Die Gruppe um Altglienicker wollte die örtliche Kirche besuchen und ich wählte eine neue Variante der Ortsquerung und stieg am Wurlsee in den Ufertrail ein der mich in Richtung Retzow bringen sollte.
Während die anderen noch die Kirche in Lychen besichtigten gönnte ich mir die nächste Pause
Im weiteren Verlauf ging es über Kastaven zum Großen Brückentinsee. Meine Trailsuche war auch hier tendenziell eher weniger erfolgreich. Hier und da versuchte ich diverse Varianten durchs Unterholz aber meistens erwiesen sich die Einstiege als Sackgassen. Entweder endete der Weg im nichts oder im Sumpf. Beides nicht besonders verlockende Varianten.
Schon wieder so ein Helmträger, da war doch gestern erst das Mädel mit den Ringelsocken
wo ist der nächste See?
Großer Brückentinsee
Das frühe aufstehen hat seine Spuren hinterlassen... Mittagsschlaf in der Sonne
Die Gegend war trotz fehlender Trails durchaus interessant und reizvoll und ich kreuzte den Standort des ehemaligen Forsthauses Waldrast. Wie ein Schild mir mitteilte, bewirtschaftete der letzte Großherzog von Mecklenburg Strelitz, Adolf Friedrich VI, das Forsthaus zu welchem zusätlich eine Fläche von fast 7000ha Wald gehörte. Das ganze gehörte wohl zum Großherzoglichen Wildgatter Lüttenhagen und wahr sicherlich ein großangelegtes Geldwäscheprojekt.
Irgendwas muss dann wohl schiefgelaufen sein... ich vermute die lokale Steuerfahndung ist dem Großherzog auf die Spur gekommen und um dem Grauen der damaligen Justiz zu entkommen wählte unser Großherzog den Weg in den Freitod. Der Infotafel konnte ich entnehmen, dass woh wechselhafte Zeiten folgten in denen es natürlich drunter und drüber ging bis letztendlich die Russische Armee im Herbst 1954 ein einsehen hatte und das Forsthaus vom nahegelegenen Truppenübungsplatz Retzow aus unter Beschuss nahm und dem Erdboden gleich machte.
Während ich mir bei meiner weiteren Fahrt noch vorstellte, wie ein Dutzend Rotarmisten sorgfältig die Haubitze auf das Forsthaus ausrichteten und die Balalaika stimmten erreichte ich noch einmal das Ufer des Großen Brückentinsees. Die wärmenden Strahlen der Sonne und ein Wassertemperaturtest mit den Fingern ließen mich ganz kurz in einem Anflug von geister Verwirrtheit über den eigentlich geplanten Badestopp nachdenken. Ich brauchte allerdings nur wenige Momente um wieder in die Realität zurückzukehren und meinen Weg bekleidet und auf dem Rad fortzusetzen.
Durch endlos erscheinende Streichholzwaldplantagen ging es immer weiter in irgendeine Richtung die mir gerade passend erschien. Irgendwann erreichte ich so etwas wie ein vorläufiges Ende des Waldes und erklomm noch einen Hochstand. Ich gönnte mir mal wieder eine ausgedehnte Pause mit viel Sonne bevor ich am ehemaligen Teerofen Neubrück eintraf. Hier wurde wohl seit dem Dreißigjährigen Krieg bis ins Jahr 1936 aus Holz Teer und Kienbaumöl/Terpentinöl gewonnen. Dieser Prozess war anscheinend relativ aufwändig, denn es dauerte wohl bis zu einer Woche und es wurden dabei anscheinend Unmengen an Holz verbrannt.
Noch ne Pause...
Ich hielt mich nicht lange an diesem Ort auf, denn es wurde im Schatten bereits wieder merklich kühler und auch wenn die Uhr noch nicht mal 15 Uhr anzeigte so war es doch an der Zeit weiterzukommen.
Im folgenden passierte ich noch die Gnewitzer Förstergruft, in welcher der als äußerst umtriebig und sehr erfolgreich geltende Förster Fritz Reissmann begraben wurde. Fritz war, wie ich lesen konnte, zu seiner Zeit der ungekrönte Krösus der Strelitzer Forstbeamten... anscheinend ein Mann mit Geschäftssinn. Ob die Gruft auch von den Russen beschossen wurde ist mir nicht bekannt.
Die Überreste von Fritzens Gruft
Auf der Wiese hinter Gnewitz gönnte ich mir einen ausgedehnten Pastastopp und erfreute mich an den letzten wärmenden Strahlen der bereits sich deutlich dem Horizont nähernden Sonne. Über Hasselförde, Triepkendorf und Läven ging es nach Feldberg und ich musste mich ziemlich beeilen, um noch die allerletzten Sonnenstrahlen des Tages auf dem Reiherberg zu erhaschen.
Blick vom Reiherberg auf das abendliche Feldberg
Das wars dann wohl....
Temperaturbedingt ging es jetzt ohne längere Pausen über den Ufertrail am Schmalen Lutzin nach Carwitz wo ich mich für den folgenden Nightride fertig machte und noch eine Kleinigkeit aus dem Rucksackbuffet zu mir nahm. Die nächsten rund zwei Stunden fuhr ich über bekannte Wege erst nach Lychen und anschließend über Himmelpfort (wo ich noch den aufgehenden Mond erleben durfte) nach Fürstenberg. Permanent zeigten sich links und rechts des Weges glühende Augenpaare welche von meiner Lampe erleuchtet schnell das Weite suchten. Alles in allem war es eine wunderbarere Tour mit vielen wunderschönen Momenten, Natur satt allerschönstem Wetter und oftmals mit einer atemberaubenden Stille so weit das Ohr hören konnte.
Der Schmale Luzin in der Abenddämmerung
Sieht so aus als wäre bereits Feierabend...