Radfahren im Land der Steine

PiratPilot

Schönwetterwarmduscher
Registriert
26. Juni 2007
Reaktionspunkte
612
Ort
Sanssouci
Einleitung:
Was haben Charles Aznavour, System of a Down, Aram Chatschaturjan und Cher außer der Musik gemeinsam? Was verbindet Arthur Abraham, Andre Agassi und Youri Djorkaeff abseits des Sports? Und wo kommen eigentlich Artjom Mikojan (das "Mi" in MiG) und Garri Kasparow her?
Alle - oder zumindest ihre Eltern - stammen aus einem kleinen Hochgebirgsland an der Grenze zwischen Europa und Asien, zwischen Ostanatolien, Kaukasus und iranischem Bergland: Armenien.

Planung:
Nachdem Eispickel, Runterrauf, Will und ich im Winter verschiedene Reiseziele verworfen hatten, brachte Will Armenien ins Spiel. Eine Urlaubssperre verhinderte dann leider seine Teilnahme an der Reise, so dass wir zu dritt waren.
Die Geschichte beginnt vor 90 Jahren in Berlin Charlottenburg. Hier versteckt sich Talat Pascha, ehemaliger Innenminister des osmanischen Reiches. Er floh nach dem ersten Weltkrieg ins Deutsche Reich, um einer Auslieferung als Kriegsverbrecher an die Alliierten zu entgehen. Er war einer der Hauptverantwortlichen des Völkermordes der Türken an den Armeniern. Zwischen 1915 und 1918 wurden 80% der armenischen Bevölkerung - das waren 1,5 Millionen Menschen - bei Todesmärschen und Massakern umgebracht. Ein bedrückender Dokumentarfilm des NDR erzählt davon: Youtube -> Aghet. Dieser Genozid gilt bei Historikern als Prototyp für den Holocaust der Nazis wenige Jahre später.
Am 15. März 1921 wurde er in der Hardenbergstraße vor dem Haus Nummer 17 auf offener Straße erschossen. Täter war der 24-jährige Student Soghomon Tehlirian. Nachdem der Mob den Schützen fast tot geprügelt hatte, wurde er im folgenden Prozess freigesprochen. Man vermutet eine Mitgliedschaft Tehlirians in dem geheimen armenischen Kommando Operation Nemesis, das die Täter des Genozids an den Armeniern verfolgte und tötete.
Ich folge also historischen Spuren, als ich in die Hardenbergstraße fahre - zum Landkartenfachgeschäft Schropp. Es ist kaum möglich, gutes Kartenmaterial zu bekommen. Russische Militärkarten wurden im Internet angeboten: 34 Blatt für je 35 Dollar. OpenStreetMap Armenia hat auch noch viele weiße Stellen. Eispickel fand ein paar Reiseberichte im Internet und stellte für uns eine Packliste zusammen:
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Flugtickets mit Bahnsteigwechsel in Moskau gab es bei Aeroflot.
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In seiner dreitausendjährigen Geschichte war das Land schon deutlich ausgedehnter, aber im heutigen Armenien leben auf der Fläche Brandenburgs weniger Einwohner als in Berlin. Nochmal sechs Millionen Armenier sind im Laufe der Jahrhunderte geflüchtet und ausgewandert. Außer den Georgiern im Norden ist das Land von islamischen Ländern umgeben: Türkei im Westen, Aserbaidshan im Osten und Iran im Süden.

Es geht los:
Wir trafen uns mit unseren kunstvoll verpackten Rädern
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und saßen schon bald in einem A320 über der Oder auf dem Weg nach Osten. Beim Anflug zur Zwischenlandung über die ausgedehnten Moskauer Randbezirke herrschte bestes Sommerwetter.
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Weiter ging es über Wolgograd und den Kaukasus nach Eriwan. In der Dämmerung sah ich im Anflug auf Eriwan die Kühltürme eines Atomkraftwerkes. Die zwei russischen Druckwasserreaktoren aus den 70er Jahren erzeugen fast die Hälfte der Energie des Landes. Sie zählen zu den unsichersten der Welt. 1988 gab es ein schweres Erdbeben, bei dem 25000 Menschen starben. Die Blöcke wurden für einige Jahre abgeschaltet, aber als Mitte der 90er Jahre im Konflikt um Berg-Karabach die Grenzen blockiert waren, wurde Energie knapp und man nahm einen Block wieder in Betrieb.

Nach der Landung holten wir unsere Visa und armenisches Geld direkt am Flughafen:
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In Gewühl der Ankunftshalle entdeckt EP unseren lokalen Kontaktmann Tigran, der uns für die nächsten zwei Wochen als Fahrer, Dolmetscher und Reiseführer durch sein Heimatland begleiten wird. Prima! :D
Da er in den Achtzigern mal sieben Jahre lang in Leipzig gearbeitet hat, sprach er besser deutsch als wir russisch. Wir laden die Räder in den Hyundai-Bus und fahren die paar Kilometer ins Zentrum der armenischen Hauptstadt. In einem sowjetischen Plattenbau stellt er uns seine "Mutti" vor, die uns ihre Wohnung für die erste Nacht überlässt. Wie wir später noch oft sehen werden, ist der öffentliche Raum bis zur Wohnungstür teilweise so zugemüllt, dreckig und ungepflegt wie sonst nur in Süditalien.
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Sobald man in die Wohnung kommt, ist aber alles gemütlich und schön eingerichtet:
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Nach der Bewunderung 4000 Jahre alter Vasen in ihrem Wohnzimmer stellt sie uns ein delikates Abendessen auf den Tisch und wir stoßen mit Kognac an.
 
Zuletzt bearbeitet:
Beim vorletzten Bild: Was verbarg sich hinter der Tür von diesem Blechschrank auf der rechten Seite? Ремонт Телевизоров - Fernseherreparatur? Lag wahrscheinlich ein Hammer und eine Feile drin. :D
 
Schnegge: Jawoll! (Und es ist erst 1,5 Jahre her!)

Altglienicker: Ich glaube, das ist der Briefkasten für die GEZ-Rechnungen oder so...

Guten Morgen Eriwan!
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Vor der Abfahrt müssen wir noch kurz zur Autowerkstatt...
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...und Proviant einkaufen. Hier hat EP nach Törtchen gesucht:
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RR hat eins gefunden!
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Dann verlassen wir die hektische, laute und heiße Stadt in Richtung Osten. Tigran fährt uns bis ans Ende der Azatschlucht zum Kloster Geghard. Vor 1700 Jahren wurde hier - angeblich von Grigor, dem Erleuchter persönlich - ein Höhlenkloster gegründet. Er bekehrte die Armenier zum Christentum und schuf damit den ältesten christlichen Staat der Welt. Überall im Land findet man Klöster, Kirchen und die typischen uralten Kreuzsteine. Wir treffen eine Hochzeitsgesellschaft und viele Gläubige, die zu der heiligen Quelle im Inneren der Klosterkirche pilgern.
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Reiseleiter EP mahnt zum Aufbruch, denn draußen vor dem Tor warten unsere unangeschlossenen Räder. Wir kurbeln eine steile Schotterpiste bergauf:
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...bis wir ein Hochplateau oberhalb der Azatschlucht erreichen. Tief unten versteckt sich das Kloster:
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Irgendwann verliert sich die Fahrspur und wir suchen uns einen Weg über weite, von der Sonne verbrannte Wiesen.
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Bergab kann man das Rad hier nicht laufen lassen, denn im hohen Gras verstecken sich immer wieder große Steine. Auf der anderen Seite des Tals folgen wir einem Weg bergab, der an einer verfallenen Hütte vorbei führt. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie drei wilde Hunde hinter der Ruine hervor jagen. Bellend verfolgen sie die wahrscheinlich ersten Mountainbiker ihres Hundelebens. Zum Glück entkommen wir mit 40 Sachen nach ein paar Kurven ihrem Sichtfeld:
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Jetzt sind wir am Flußufer und es geht nur noch leicht bergab. Mein hinterer Reifen ist platt und ich bin froh, dass der Platten nicht eine Minute eher passiert ist.... Platten #1 :
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Wir überqueren den Fluß und kämpfen uns aus der steilen Schlucht ins Dorf Garni. Während RR und EP voraus fahren, bietet mir in einer Gasse ein Jugendlicher einen Apfel an. Dafür will er eine Runde mit meinem Rad fahren. Dummerweise willige ich ein und schaue zu, wie er ordentlich an der Vorderbremse zieht und sofort über den Lenker fliegt. Zum Glück ist außer einer appen Uhr und ein paar Schürfwunden nichts passiert. Merke: Nix verleihen, was mit F anfängt!

Am Dorfrand steht ein 2000 Jahre alter griechischer Tempel, der auf die heidnische Zeit vor der Christianisierung Armeniens zurück geht. Er ist das einzige Bauwerk des Landes mit griechisch-römischer Architektur. Nachts wird er angestrahlt und ist schon von weitem sichtbar:
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Mit dem Auto fahren wir zu Tigrans Datsche außerhalb Eriwans. Obwohl es spät ist, wird der Grill angeworfen und landestypisches Chorovats (Schaschlik) zubereitet. Da das sonst immer seine Frau macht, muss Tigran erst telefonieren, aber wir bekommen die Paprika, Tomaten, Auberginen und Fleischspieße gut hin.
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Spät fallen wir in die Schlafsäcke in der oberen Etage von Tigrans Datsche. Gute Nacht Eriwan!
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Doch, geht gleich weiter. :) Bei dem ewigen Winter in diesem Jahr bleibt ja nichts anderes übrig, als Berichte schreiben oder lesen...
(Die Fotos sind übrigens nicht ausschließlich von mir. Die meisten hat Eispickel geschossen.)
 
Nach einem ausgiebigen Frühstück mit Lavasch und Honig verlassen wir die Datsche:
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Apropos Lavasch: ein lappenartiges Fladenbrot, das im Erdofen gebacken wird und einen halben Quadratmeter groß ist. Es ist lange haltbar und
schmeckt mit Honig oder salzigem Schafskäse sehr gut. Auf die Frage, aus welchem Korn das Brot gebacken wird, versicherte Tigran uns: 'Beste Korn!!!' :D
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Unser Fahrer chauffiert uns nach Süden bis in das kleine Dorf Sevaberd, wo die heutige Tour beginnen soll. Es ist wieder sonnig, also lasse ich die Handschuhe im Auto...
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Heute geht es einen Kilometer hoch über den Berg und wieder runter zum Friedhof:
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Über weite Wiesenhänge kurbeln wir 1000 Höhenmeter bergauf.
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Ab und zu sehen wir jurtenartige Zelte, in denen die Hirten den Sommer verbringen. Ein neugieriger Reiter begleitet uns ein Stück:
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An der dünnen Luft merken wir, dass wir in einem Hochgebirgsland unterwegs sind. Armeniens durchschnittliche Höhe liegt bei 1800m.
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Bald verliert sich die Fahrspur im Nichts, wir passieren eine Kuhherde und kommen in kalten Regen, der kurz darauf zu Hagel wird. Wieso fahre ich eigentlich auf 3100m ohne Handschuhe rum?! :mad:
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Am Horizont taucht eine Jurte auf, die wir trotz einer Rotte Wachhunde ansteuern. Hier wohnt ein Hirte mit Frau und Kind. Wir wärmen uns am Ofen, der mit Kuhdung beheizt wird, während es draußen blitzt und scheppert. Wir bekommen von der Frau des Zeltes Kaffee, Tee und Käse serviert. Reden darf sie mit uns nicht - das ist offenbar Männersache. Der kleine Junge freut sich über ein Törtchen und wir bedanken uns für die Gastfreundschaft.
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Irgendwann ist der Hagel vorbei und wir machen uns wieder auf den Weg:
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Jetzt geht es über den Kamm und dann auf der östlichen Seite des Gebirgszuges wieder bergab in Richtung Sevansee. Es gibt keinen Weg, nur Steine im Gras.
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Allgemein hatten wir auf unseren Touren kaum technische Passagen wie man sie z.B. auf La Palma findet, sondern meist Lada-Niva-Spuren. Dafür stand immer das Landschaftserlebnis im Vordergrund:
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Weiter unten schmatzen die Reifen durch Schlamm und Kuhfladen. Immer wieder halten wir an, genießen den unglaublichen Weitblick und peilen die ungefähre Richtung.
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Tausend Meter tiefer erreichen wir Schrottgorod... die abgewrackte Kleinstadt Gavar. Ein schlammiger Schrottplatz mit streunenden Hunden und neugierigen Bewohnern.
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Man erklärt uns den Weg nach Noratus, wo heute unser Tagesziel ist. In den engen Gassen des Dorfes geraten wir mitten in den Viehabtrieb:
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Nach einer Weile finden wir den uralten Friedhof des Ortes.
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Hier stehen über 800 Kreuzsteine, von denen die ältesten aus dem zehnten Jahrhundert stammen. Wir treffen zwei Mädels, die uns einige besonders schöne Steine zeigen. Auf einem ist eine Hochzeitsfeier zu erkennen. Als Lohn für ihre Führung kaufen wir ihnen selbst gestrickte Mützen ab.

Es wird dunkel, aber Tigran will unsere schlammigen Räder nicht in den Bus laden. Da hilft uns neben dem Friedhof die Oma eines der Mädels mit einem Wasserschlauch. Im Schein der China-Lampen putzen wir die Räder.
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Mit den nassen Sachen wollen wir nicht zelten. Also fahren wir mit dem Auto noch eine Stunde ganz in den Nordosten Armeniens nach Dilijan. Dort erwartet uns auf einem Campingplatz eine Finnhütte, die schon bessere Tage gesehen hat. Die Wände sind feucht, die Tapete schimmelt, die Elektroinstallation ist Kunst am Bau, geduscht wird auf einer Europalette, die Klospülung läuft die gesamte Nacht....
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(sieht auf dem Foto gemütlicher aus als es war...)

Schließen möchte ich den heutigen Tag mit einem Foto der sanitären Einrichtung: :D
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Ouh, hab schon die Bildchen drüben bei den Schwucken gesehen. :D
Fein fein! So lässt sich das Sauwetter aushalten. :daumen:

€dit: Hätt ich mal lieber noch mal F5 gedrückt. Sei's drum - vielen Dank im Voraus für's virtuelle Mitnehmen auf diese wunderbare Reise.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hier mal ein Exposé der Hütte...von weitem sieht sie doch ganz brauchbar aus. :eek:
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Heute gibt es zur Abwechslung mal eine motorisierte Besichtigungstour in den Norden Armeniens:
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Einmal volltanken mit Zigarette macht 25tausend armenisches Geld! :eek:
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Am Rand der tiefen Schlucht, die der Dzoraget in den Fels gefressen hat, liegt das Kloster Haghpat. Davor frühstücken wir (genau: Lavasch!) an einer tausend Jahre alten Dorfquelle und trocknen unsere Klamotten nach der gestrigen Schlammfahrt. Und die Sau sonnt sich.
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Haghpat mit seiner Kirche und dem separaten Glockenturm liegt sehr idyllisch in einer Landschaft, die an die Voralpen erinnert. Im Mittelalter bestand es aus Bibliothek, Schreibstuben, Schulen und Refektorien. Wir sind hier fast die einzigen Besucher.
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Gegenüber liegt das Schwesterkloster Sanahin. Der Name bedeutet so viel wie "Dieses ist älter als jenes". Um dorthin zu gelangen, passieren wir die riesige Kupferhütte in der Debedschlucht, die zur Industriestadt Alaverdi gehört:
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Während RR und ich noch durch das Kloster kriechen...
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.....sondiert EP die Lage im Dorf:
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Nach den beiden Klöstern geht es durch das Erdbebengebiet von 1988. Wir überqueren auf Serpentinen den Spitakpass...
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...und sind genau nördlich vom Aragats, einem erloschenen Vulkan und Armeniens höchstem Berg. Beim Picknick in der Sonne haben wir einen einfach überwältigenden Anblick.
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Das wäre doch mal ein lohnendes Ziel für eine Tour...

Weiter geht's durch das kurdische Dorf Raj Taza, in dem es einen alten Friedhof gibt. Hier leben Jessiden. Sie sind angeblich keine Moslems, sondern bezeichnen sich als "Söhne der Sonne". Die meisten sind Hirten und ihre Hauptkirche steht im Irak. In Deutschland hört man von dieser Religion höchstens in Verbindung mit Ehrenmorden. Alle, die wir trafen, waren sehr nett, aber Frauen haben bei ihnen nix zu melden. Ach ja, der Friedhof (der reichste Mann hatte das größte Steinpferd als Grabstein):
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Wir umrunden den Aragats zur Hälfte und machen Fotos von Eriwan:
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Gezeltet wird heute unter den Sternen auf dem (zukünftigen) ersten Golfplatz Armeniens, wenn es nach unserem Fahrer geht. Gute Nacht, Eriwan!
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Geile Sche ....Sind ja ein paar echt schnieke Pics bei ,die die Stimmung gut rüberbringen .
Hoffentlich ist bald der Schnee weg.Dann können wir auch bald in unser Land der Steine düsen B-):-)

Weiter machen . Gruß Holsten
 
Da sind ein paar geniale Bilder dabei. Wahnsinn wie genial ihr die jeweilige Stimmung eingefangen habt. Ganz großes Kino!!

VG Andreas
 
Guten Morgen Golfplatz!
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Die paar Steine weg, ordentlich Unkraut jäten und das Ding läuft. Ob das Gefälle jemanden stört?!
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Gestern haben wir den höchsten Gipfel des Landes noch von unten bewundert - heute wollen wir ihn erklimmen. Von Tigran lassen wir uns bis zum Ende der Straße shutteln. Auf 3200m Höhe liegt der Kari-See. Dort bepacken wir uns mit Klamotten und Proviant für zwei Tage und bauen die Zelte auf. Was hat Runterrauf da eigentlich in seinen Tüten? :confused:
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Um 11:00 Uhr brechen wir auf in Richtung Gipfel. Es ist steiler als die Bilder vermuten lassen.
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Bei 3500m wird aus der Auffahrt ein Aufstieg, denn wir parken die Räder hinter Felsen und gehen zu Fuß weiter. Zur Sicherheit setze ich im Garmin einen Wegpunkt, damit wir die Räder in der Steinwüste auch wieder finden.
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Um 13:00 Uhr stehen wir auf dem 3900m hohen Südgipfel:
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Der Aragats ist ein explodierter Vulkan mit vier Hauptgipfeln, die den Kraterrand markieren. Im Pano sieht man das ganz gut:
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Eispickel und Runterrauf kehren hier um, denn Radschuhe bieten in der steilen Steinwüste keine gute Trittsicherheit. Tschüß!
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Zwerge im Geröll:
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Allein durchquere ich einen schmalen Sattel...
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...stapfe durch Schneefelder auf den Grat, der zum Nordgipfel führt:
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Im steilen Geröll geht es zwei Schritte voran und einen zurück. Es wird noch steiler und ich benötige kurz die Hände.
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Als es nicht mehr höher geht, zeigt das Garmin 4012m an. Fast vier mal Brocken! :eek:
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So hoch bin ich bisher nie gewandert. Vom eigentlichen Nordgipfel trennen mich noch 200m Luftlinie mit einer tiefen Spalte dazwischen. Das ist mir allein zu gefährlich. Nach einer halben Stunde Fotopause zwischen den Wolken steige ich wieder ab.
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Seit EP und RR umgedreht sind, habe ich keinen Menschen gesehen. Der Rückweg in der brennenden Sonne ist anstrengend und die Höhe macht sich mit Kopfschmerzen bemerkbar. Im Flugzeug ist ab 3600m Flughöhe eine Sauerstoffversorgung vorgeschrieben. Immer wieder mache ich Pause.
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Da links stehen die Zelte:
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Es ist fast abends, als mir im Geröllhang vier Bergsteiger entgegen kommen. Ich bin zu faul, die 50m zu ihnen aufzusteigen und zeige nur die Richtung zum Nordgipfel, nach dem sie fragen. Wird das eine Nachtwanderung? Links und rechts geht es teilweise 1000m senkrecht in die Tiefe.
Um 19:00 Uhr bin ich wieder an den Zelten, wo die beiden schon kurz davor waren, meine Sachen unter sich aufzuteilen.
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Da es in Eriwan keine passenden Gaskartuschen gab, läuft der Kocher mit den obskuren Brennstoffzellen, die uns ein Iraner verkauft hatte, mehr schlecht als recht. Nach 30min gibt es lauwarme Nudeln. Ein harter Tag!
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Die Nacht im Zelt ist kühl. Das Zelt steht nicht ganz eben und RR rutscht mit seinem NASA-200g-Schlafsack ständig von der superglatten Isomatte. Eine halbe Stunde nach Mitternacht höre ich im Schlaf Stimmen und Geklapper.
 
... na da habt ihr ja eine sehr erlebnisreiche Abenteuertour hinter euch. :eek: Vielen Dank für die spannende Berichterstattung und die sehr beeindruckenden, teilweise auch sehr schönen und in jeder Hinsicht die Stimmung und Atmosphäre wiedergebenden Fotos. :daumen:

Was für ein Luxus, jeder hat sein eigenes Zelt. :D

Bin ja schon mal gespannt, wer da geklappert hat. :rolleyes:

Viel Spaß und Erfolg beim Schreiben und liebe Grüße, sprotte.:winken:
 
...Vielen Dank für die spannende Berichterstattung und die sehr beeindruckenden, teilweise auch sehr schönen und in jeder Hinsicht die Stimmung und Atmosphäre wiedergebenden Fotos. :daumen:
Besonders Eispickel hat ja keine Mühen gescheut und sein Stativ und Wechselobjektive über die Berge geschleppt. Die Akkus haben wir immer während der Autofahrten über den Zigarettenanzünder geladen. Danke noch mal an Will für den Spannungswandler. Bei einigen von meinen Gipfelfotos sind die Wolken überbelichtet und ausgefressen. Beim nächsten Mal nehme ich noch Graufilter mit.

Was für ein Luxus, jeder hat sein eigenes Zelt. :D
Nee, wir hatten nur zwei Zelte dabei. Eispickel hatte sein luxuriöses mobiles Einbettzimmer in klassischem Orange und Runterrauf und ich haben in dem hellgrünen Zelt gekuschelt. Die anderen Zelte oben am See standen schon da, als wir ankamen. Die Gebäude hinter dem See gehören übrigens zu einem ehemaligen sowjetischen Observatorium.
 
Der Morgen in den Wolken ist feucht und kalt. Als wir gefrühstückt und die Zelte abgerissen hatten, wachten im Nachbarzelt die Tschechen auf, die erst so spät von ihrer Nachtwanderung zurück kamen. Sie hatten es gestern nicht mehr auf den Nordgipfel geschafft, weil sie in der Dunkelheit den Weg nicht fanden. Heute kommen sie zwar auch nicht eher los, lassen sich dafür aber von mir den Weg beschreiben... :rolleyes:
Tigran holt unsere Zelte ab und wir rollen die endlose Straße vom Aragats bergab.
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Eine Abkürzung über eine steinige Wiese stellt sich als unfahrbar heraus. Dafür treffen wir dort Ischan, einen jessidischen Kuhhirten, der uns auf deutsch anredet. Er hat drei Jahre in Frankfurt versucht, Asyl zu bekommen. Auch er ist ein stolzer Sohn der Sonne.
Wir erreichen die verfallene Festung Amberd, die 1236 von mongolischen Truppen zerlegt wurde.
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Vorbei an der Kirche Surb Astvazazin...
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...befahren wir einen Wanderweg an einer Schlucht entlang bis ins Dorf Burjakan.
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Dort kaufen wir Kekse, Brot und Eis im Kiosk einer Babuschka. Im Nachbardorf Orgow steigen wir zu Tigran ins Auto.
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Auf dem Weg nach Eriwan machen wir einen Zwischenstop an einer Oligarchenvilla, die Sanssouci ähnelt...
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...und stauen uns ins Stadtzentrum.
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In Tigrans Geschäft können wir nach Tagen mal wieder duschen. Abends verlassen wir Eriwan in südlicher Richtung. 1 Kilo leckerster Tomaten kostet an der Straße umgerechnet 25 Cent.
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Wir zelten auf einem Feld zwischen Obstbäumen an der türkischen Grenze mit Blick auf den Ararat. Hier unten - auf 1000m - ist es wieder heiß, aber ein Lagerfeuer ist nötig, um die Mücken zu vertreiben.
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Toller Bericht, tolle Bilder! Danke!

Mitreis(s)end im wahrsten Sinne...^^

Viel Spaß euch weiterhin!

Gruß aus dem Allgäu, wo der Schnee grad in Bindfadenregen übergeht....

Britta
 
... ist ein wirklich sehr anschaulicher, interessanter und beeindruckender Geschichts.- und Erdkundeunterricht. :daumen: Toller Reisebericht mit sehr schönen und eindrucksvollen Fotos, die mich leider nur für viel zu kurze Zeit nach Armenien gebeamt haben. :daumen: Der oder die Fotografen haben immer den richtigen Blick und das richtige Gefühl das Wesentliche und die vorherrschende Atmosphäre einzufangen. :daumen: Großes Kino, bitte weiter so. ;)

LG, sprotte. :winken:
 
....neben der Straße werden übrigens nicht nur Tomaten angeboten:
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Guten Morgen Ararat! Irgendwo da ist Noahs Arche nach der Sintflut gestrandet:
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Ich zitiere mal Wikipedia: "Auch wenn der Ararat heute in der Türkei liegt, ist er das Nationalsymbol der Armenier, die bis 1915 größtenteils in den sechs armenischen Ostprovinzen im Osmanischen Reich ihren Siedlungsraum rund um den Ararat hatten. Er war im Staatswappen der Armenischen SSR und ist auch im Wappen Armeniens abgebildet. Die Türkei protestierte mit dem Hinweis, dass der Berg auf türkischem Territorium liege und deshalb nicht von Armenien oder der Sowjetunion vereinnahmt werden dürfe. Der sowjetische Außenminister Gromyko konterte später mit dem Hinweis, dass im Gegensatz dazu die Türkei den Mond als eine Mondsichel in der Flagge führe, obwohl weder der Mond noch ein Teil davon zur Türkei gehörten." :lol:
Jeder "echte" Armenier muss in seinem Leben einmal auf den Gipfel steigen. Weil die Grenze zur Türkei geschlossen ist, fahren die Armenier einen 800km langen Umweg über Georgien und zahlen den kurdischen Bergführern viel Geld für diese (illegale) Tour.

RR hat gerade andere Sorgen...
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Die nächsten drei Tage fasse ich mal zusammen, weil das Wetter schlecht wurde, wir nicht Rad gefahren sind und sowieso keiner die vielen Klöster auseinander halten kann.

Das beste am Kloster Khor Virap ist die Leiter zum Mittelpunkt der...na ja, zumindest tief unter die Erde. Sie führt in die finstere Zelle, in der Grigor der Erleuchter vor der Christianisierung 13 Jahre eingekerkert wurde. Angeblich ließ ihm die Prinzessin täglich am Seil einen Korb mit Essen hinab. Als er im Jahre 301 den todkranken König Trdat wundersam geheilt und dabei auch gleich vom Heidentum bekehrt hatte, wurde alles gut und Grigor der erste Katholikos.
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Neben dem Kloster liegt ein großer Friedhof. Sehr interessant sind die sehr bildhaften Darstellungen auf den Grabsteinen.
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Das Kloster Noravank ist bekannt durch den Architekten Momik. Er entwarf die Kirche der Mutter Gottes mit luftiger Außentreppe und viel Steinmetzkunst:
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Während wir dem Regenwetter entgegen fahren, ziehen vor dem Autofenster weite Landschaften, Felder, Tiere auf der Straße und viele interessante Fahrzeuge vorbei:
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Kennt noch einer das butterstück-förmige Eis, das es im Osten immer gab?
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Nach diversen Lammgerichten im Restaurant finden wir ein Hotel für 12 Euro in Kajaran.
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Am Morgen regnet es immer noch.
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Als wir die iranische Grenze bei Meghri erreichen, scheint zwar die Sonne, aber für uns geht es hier mangels Visum nicht weiter. Wir müssen zurück in den Regen.
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In der morbiden Industriestadt Kapan machen wir eine Fotopause. Wir sehen Müll, Hunde und postsozialistische Improvisation überall. Die anmutige Schönheit dieser Perle kommt hier gut rüber: [nomedia="http://www.youtube.com/watch?v=jy3xyVYHsZ8&feature=related"]Армения,город КАПАН - YouTube[/nomedia]

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Das Höhlendorf Chndzoresk gleicht einem Termitenhügel - die letzten Bewohner sollen erst vor wenigen Jahren aus den kleinen schwarzen Löchern in feste Häuser gezogen sein.
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Im Nebel nähern wir uns dem Bergkloster Tatev. Fast stoßen wir in den engen Serpentinen mit einem Lada zusammen. Durch Schlamm und Morast wühlt sich Tigrans Bus zu einem Bead & Breakfast. Die Tochter räumt schnell ihr Kinderzmmer frei und wir haben einen Schlafplatz.
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Zwei Studentinnen aus Berlin haben wir aufgegabelt. Sie sind durch Georgien und Berg-Karabach getrampt. Das Angebot, bei 14 betrunkenen Soldaten in der Kaserne zu nächtigen, haben sie ausgeschlagen.
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Das Kloster Tatev besichtigen wir im Regen. Alle Räume sind frei zugänglich, es gibt eine Ölmühle, viele Kreuzsteine und Türschnitzereien. Heute ist Gottesdienst und wir lassen die Vorstellung lange auf uns wirken. Es gibt Weihrauch, gregorianischen Gesang, einen großen Vorhang und eine Nonne, die aufpasst, dass keine Frau ohne Kopfbedeckung die Kirche betritt.
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Im Nebel verlassen wir Tatev wieder über die Serpentinen...
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...und fahren endlich zurück in die Sonne. Eine Pause machen wir auf einer windigen Hochebene, die mit mehr als 200 Hinkelsteinen übersät ist. Die Steine sind bis zu 2m hoch und 10t schwer und haben teilsweise markante Bohrungen. Diese prähistorische Kultstätte wird Zorats Karer genannt. 2000 wurden sie von Münchener Archäologen entdeckt und bis heute weiß kein Mensch, ob die Steine wirklich vor 7500 Jahren errichtet wurden, ob sie ein ein astrologisches Observatorium, eine Begräbnisstätte aus der Bronzezeit oder Reste einer Befestigungsmauer sind.
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Zurück in Eriwan wäscht Tigran das Auto, während wir durch das Stadtzentrum spazieren. Über die "Kaskade"...
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...und den Freiheitsplatz (mit Konzert)....
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...zum Zentralplatz mit dem Springbrunnen:
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Morgen sitzen wir wieder im Sattel!
 
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