PiratPilot
Schönwetterwarmduscher
Einleitung:
Was haben Charles Aznavour, System of a Down, Aram Chatschaturjan und Cher außer der Musik gemeinsam? Was verbindet Arthur Abraham, Andre Agassi und Youri Djorkaeff abseits des Sports? Und wo kommen eigentlich Artjom Mikojan (das "Mi" in MiG) und Garri Kasparow her?
Alle - oder zumindest ihre Eltern - stammen aus einem kleinen Hochgebirgsland an der Grenze zwischen Europa und Asien, zwischen Ostanatolien, Kaukasus und iranischem Bergland: Armenien.
Planung:
Nachdem Eispickel, Runterrauf, Will und ich im Winter verschiedene Reiseziele verworfen hatten, brachte Will Armenien ins Spiel. Eine Urlaubssperre verhinderte dann leider seine Teilnahme an der Reise, so dass wir zu dritt waren.
Die Geschichte beginnt vor 90 Jahren in Berlin Charlottenburg. Hier versteckt sich Talat Pascha, ehemaliger Innenminister des osmanischen Reiches. Er floh nach dem ersten Weltkrieg ins Deutsche Reich, um einer Auslieferung als Kriegsverbrecher an die Alliierten zu entgehen. Er war einer der Hauptverantwortlichen des Völkermordes der Türken an den Armeniern. Zwischen 1915 und 1918 wurden 80% der armenischen Bevölkerung - das waren 1,5 Millionen Menschen - bei Todesmärschen und Massakern umgebracht. Ein bedrückender Dokumentarfilm des NDR erzählt davon: Youtube -> Aghet. Dieser Genozid gilt bei Historikern als Prototyp für den Holocaust der Nazis wenige Jahre später.
Am 15. März 1921 wurde er in der Hardenbergstraße vor dem Haus Nummer 17 auf offener Straße erschossen. Täter war der 24-jährige Student Soghomon Tehlirian. Nachdem der Mob den Schützen fast tot geprügelt hatte, wurde er im folgenden Prozess freigesprochen. Man vermutet eine Mitgliedschaft Tehlirians in dem geheimen armenischen Kommando Operation Nemesis, das die Täter des Genozids an den Armeniern verfolgte und tötete.
Ich folge also historischen Spuren, als ich in die Hardenbergstraße fahre - zum Landkartenfachgeschäft Schropp. Es ist kaum möglich, gutes Kartenmaterial zu bekommen. Russische Militärkarten wurden im Internet angeboten: 34 Blatt für je 35 Dollar. OpenStreetMap Armenia hat auch noch viele weiße Stellen. Eispickel fand ein paar Reiseberichte im Internet und stellte für uns eine Packliste zusammen:
Flugtickets mit Bahnsteigwechsel in Moskau gab es bei Aeroflot.
In seiner dreitausendjährigen Geschichte war das Land schon deutlich ausgedehnter, aber im heutigen Armenien leben auf der Fläche Brandenburgs weniger Einwohner als in Berlin. Nochmal sechs Millionen Armenier sind im Laufe der Jahrhunderte geflüchtet und ausgewandert. Außer den Georgiern im Norden ist das Land von islamischen Ländern umgeben: Türkei im Westen, Aserbaidshan im Osten und Iran im Süden.
Es geht los:
Wir trafen uns mit unseren kunstvoll verpackten Rädern
und saßen schon bald in einem A320 über der Oder auf dem Weg nach Osten. Beim Anflug zur Zwischenlandung über die ausgedehnten Moskauer Randbezirke herrschte bestes Sommerwetter.
Weiter ging es über Wolgograd und den Kaukasus nach Eriwan. In der Dämmerung sah ich im Anflug auf Eriwan die Kühltürme eines Atomkraftwerkes. Die zwei russischen Druckwasserreaktoren aus den 70er Jahren erzeugen fast die Hälfte der Energie des Landes. Sie zählen zu den unsichersten der Welt. 1988 gab es ein schweres Erdbeben, bei dem 25000 Menschen starben. Die Blöcke wurden für einige Jahre abgeschaltet, aber als Mitte der 90er Jahre im Konflikt um Berg-Karabach die Grenzen blockiert waren, wurde Energie knapp und man nahm einen Block wieder in Betrieb.
Nach der Landung holten wir unsere Visa und armenisches Geld direkt am Flughafen:
In Gewühl der Ankunftshalle entdeckt EP unseren lokalen Kontaktmann Tigran, der uns für die nächsten zwei Wochen als Fahrer, Dolmetscher und Reiseführer durch sein Heimatland begleiten wird. Prima!
Da er in den Achtzigern mal sieben Jahre lang in Leipzig gearbeitet hat, sprach er besser deutsch als wir russisch. Wir laden die Räder in den Hyundai-Bus und fahren die paar Kilometer ins Zentrum der armenischen Hauptstadt. In einem sowjetischen Plattenbau stellt er uns seine "Mutti" vor, die uns ihre Wohnung für die erste Nacht überlässt. Wie wir später noch oft sehen werden, ist der öffentliche Raum bis zur Wohnungstür teilweise so zugemüllt, dreckig und ungepflegt wie sonst nur in Süditalien.
Sobald man in die Wohnung kommt, ist aber alles gemütlich und schön eingerichtet:
Nach der Bewunderung 4000 Jahre alter Vasen in ihrem Wohnzimmer stellt sie uns ein delikates Abendessen auf den Tisch und wir stoßen mit Kognac an.
Was haben Charles Aznavour, System of a Down, Aram Chatschaturjan und Cher außer der Musik gemeinsam? Was verbindet Arthur Abraham, Andre Agassi und Youri Djorkaeff abseits des Sports? Und wo kommen eigentlich Artjom Mikojan (das "Mi" in MiG) und Garri Kasparow her?
Alle - oder zumindest ihre Eltern - stammen aus einem kleinen Hochgebirgsland an der Grenze zwischen Europa und Asien, zwischen Ostanatolien, Kaukasus und iranischem Bergland: Armenien.
Planung:
Nachdem Eispickel, Runterrauf, Will und ich im Winter verschiedene Reiseziele verworfen hatten, brachte Will Armenien ins Spiel. Eine Urlaubssperre verhinderte dann leider seine Teilnahme an der Reise, so dass wir zu dritt waren.
Die Geschichte beginnt vor 90 Jahren in Berlin Charlottenburg. Hier versteckt sich Talat Pascha, ehemaliger Innenminister des osmanischen Reiches. Er floh nach dem ersten Weltkrieg ins Deutsche Reich, um einer Auslieferung als Kriegsverbrecher an die Alliierten zu entgehen. Er war einer der Hauptverantwortlichen des Völkermordes der Türken an den Armeniern. Zwischen 1915 und 1918 wurden 80% der armenischen Bevölkerung - das waren 1,5 Millionen Menschen - bei Todesmärschen und Massakern umgebracht. Ein bedrückender Dokumentarfilm des NDR erzählt davon: Youtube -> Aghet. Dieser Genozid gilt bei Historikern als Prototyp für den Holocaust der Nazis wenige Jahre später.
Am 15. März 1921 wurde er in der Hardenbergstraße vor dem Haus Nummer 17 auf offener Straße erschossen. Täter war der 24-jährige Student Soghomon Tehlirian. Nachdem der Mob den Schützen fast tot geprügelt hatte, wurde er im folgenden Prozess freigesprochen. Man vermutet eine Mitgliedschaft Tehlirians in dem geheimen armenischen Kommando Operation Nemesis, das die Täter des Genozids an den Armeniern verfolgte und tötete.
Ich folge also historischen Spuren, als ich in die Hardenbergstraße fahre - zum Landkartenfachgeschäft Schropp. Es ist kaum möglich, gutes Kartenmaterial zu bekommen. Russische Militärkarten wurden im Internet angeboten: 34 Blatt für je 35 Dollar. OpenStreetMap Armenia hat auch noch viele weiße Stellen. Eispickel fand ein paar Reiseberichte im Internet und stellte für uns eine Packliste zusammen:
Flugtickets mit Bahnsteigwechsel in Moskau gab es bei Aeroflot.
In seiner dreitausendjährigen Geschichte war das Land schon deutlich ausgedehnter, aber im heutigen Armenien leben auf der Fläche Brandenburgs weniger Einwohner als in Berlin. Nochmal sechs Millionen Armenier sind im Laufe der Jahrhunderte geflüchtet und ausgewandert. Außer den Georgiern im Norden ist das Land von islamischen Ländern umgeben: Türkei im Westen, Aserbaidshan im Osten und Iran im Süden.
Es geht los:
Wir trafen uns mit unseren kunstvoll verpackten Rädern
und saßen schon bald in einem A320 über der Oder auf dem Weg nach Osten. Beim Anflug zur Zwischenlandung über die ausgedehnten Moskauer Randbezirke herrschte bestes Sommerwetter.
Weiter ging es über Wolgograd und den Kaukasus nach Eriwan. In der Dämmerung sah ich im Anflug auf Eriwan die Kühltürme eines Atomkraftwerkes. Die zwei russischen Druckwasserreaktoren aus den 70er Jahren erzeugen fast die Hälfte der Energie des Landes. Sie zählen zu den unsichersten der Welt. 1988 gab es ein schweres Erdbeben, bei dem 25000 Menschen starben. Die Blöcke wurden für einige Jahre abgeschaltet, aber als Mitte der 90er Jahre im Konflikt um Berg-Karabach die Grenzen blockiert waren, wurde Energie knapp und man nahm einen Block wieder in Betrieb.
Nach der Landung holten wir unsere Visa und armenisches Geld direkt am Flughafen:
In Gewühl der Ankunftshalle entdeckt EP unseren lokalen Kontaktmann Tigran, der uns für die nächsten zwei Wochen als Fahrer, Dolmetscher und Reiseführer durch sein Heimatland begleiten wird. Prima!

Da er in den Achtzigern mal sieben Jahre lang in Leipzig gearbeitet hat, sprach er besser deutsch als wir russisch. Wir laden die Räder in den Hyundai-Bus und fahren die paar Kilometer ins Zentrum der armenischen Hauptstadt. In einem sowjetischen Plattenbau stellt er uns seine "Mutti" vor, die uns ihre Wohnung für die erste Nacht überlässt. Wie wir später noch oft sehen werden, ist der öffentliche Raum bis zur Wohnungstür teilweise so zugemüllt, dreckig und ungepflegt wie sonst nur in Süditalien.
Sobald man in die Wohnung kommt, ist aber alles gemütlich und schön eingerichtet:
Nach der Bewunderung 4000 Jahre alter Vasen in ihrem Wohnzimmer stellt sie uns ein delikates Abendessen auf den Tisch und wir stoßen mit Kognac an.
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