Rahmenmaterial - Verarbeitung

Hille

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Hallo!
Mal für Spaß:
Wer kann mir erklären, was der genaue Unterschied zwischen 7005 und 6061 Alu ist?
Was heißt T6, Doublebutted, s-wall oder t-wall?

Wer´s weiß lasse sich mal darüber aus!!
Danke sehr
Hille
 
T6 bedeutet, das das Aluminium getempert wurde. Die Zahl gibt an wie lange (meine ich zumindest).
Tempern ist soweit ich weiß das erhitzen nach dem schweißen um spannungen im Material zu vermeiden.

Doublebutted ist doch das gleiche wie konifieziert, oder??
 
die zahlen geben aufschluss über die materialzusammensetzung. 60xx braucht in der regel ne temperaturbehandlung um die beim schweissen verlorene festigkeit wieder reinzubekommen während bei 70xx dies normal nicht notwendig ist, hin und wieder aber doch gemacht wird
 
Hi,

da das Thema ganze Bücher füllend ist, möchte ich hier einfach mit ein paar Grundlagen weiterhelfen.

Im Fahrradrahmenbau haben sich vorwiegend zwei Alu-Legierungen etabliert, dies sind 6061 und 7005 bzw. 7020, das zu 7005 nahezu gleich ist. Alle genannten sind Legierungen die zu den sog. aushärtbaren Legierungen zählen. Diese Aushärtung erfolgt über eine Wärmebehandlung; den Stand dieser Wärmebehandlung kennzeichnet der Zusatzbuchstabe z.B. T4 (weich) oder T6( warm ausgehärtet ). Beim Schweissen der Rahmen erfolgt im Bereich der Schweissnaht eine Gefügeveränderung, die einen Festigkeitsabfall zur Folge hat. Da aber über die Fügestellen die Kräfte eingeleitet werden, ist man auf die physikalischen Werkstoffwerte angewiesen, die man in der Regel nur durch eine Wärmebehandlung wieder erreicht. Also rein in den Ofen und zunächst Lösungsglühen, um wieder ein einigermaßen homogenes Gefüge zu erlangen, dann Abschrecken und anschließend warm auslagern bis Erreichen der gewünschten Festigkeit. Diesen Zustand bezeichnet man dann als T6.

Die Amis bevorzugen 6xxx er Legierungen , die Asiaten dagegen die 7XXX, das hat damit zu tun, dass auf der gleichen Ofenanlage nur schwerlich beide Legierungen gefahren werden können, da die Abschreckung und Wärmeabstufung zu unterschiedlich ist.

Das sind die grundlegenden Unterschiede; es gibt noch viele Details, aber ich will es nicht zu kompliziert machen.

Nur eines noch: ES GIBT KEINEN SUPERWERKSTOFF !!! Der beste Werkstoff ist der, der für die vorliegenden Gegebenheiten den besten Kompromiss aus Festigkeit, Bruchdehnung, Kerbempfindlichkeit, Korossionsbeständigkeit usw. bietet. Also bitte nicht nur auf die Festigkeit achten. SCANDIUM ist übrigens nicht leichter, sondern nur ein zusätzliches, festigkeitssteigerndes Legierungselement, durch das sich sehr dünnwandige hochfeste ( beulempfindliche ) Rohre herstellen lässt.

Double butted bedeutet zweifach konifiziert . Das Rohr wird meistens an den Enden eingespannt und in die Länge gezogen, wodurch es in der mitte dünner wird. An den Enden hat man dann die zum verschweissen erforderliche dickere Wandstärke.

So, ich hoffe das hat die eine oder andere Frage beantwortet.

Peter
 
Original geschrieben von Peter the "VO"
ES GIBT KEINEN SUPERWERKSTOFF !!!

Sagen wir mal lieber: es gibt keinen billigen Superwerkstoff ;)

Schon mal die Werkstoffdatenblätter einiger Lithium-Alulegierungen gesehen??? Übelst das Zeug!

Alu 7005 T6:

2,78g / cm³
Rm 350 N/mm²
Re 290 N/mm²
Emodul 72 KN/mm²
Bruchdehnung 13%


Al-Li 1460:

2,59g /cm³
Rm 570 N/mm²
Re 490 N/mm²
Emodul 80 KN/mm²
Bruchdehnung 8%

Ist knapp 70% fester (Re), über 10% Steifer und geringfügig leichter. Nur die Bruchdehnung lässt etwas zu wünschen übrig.
 
Natürlich sind das tolle physikalische Eigenschaften, aber.....

um einen Rahmen zu bauen brauche ich das Material als
- Rohr ( gezogen ) in verschiedenen Abmessungen
- PLattenmaterial
- ev. Rundstange
Das Material homogen zu bekommen ist schon bei Standartlegierungen nicht einfach. Es sei denn man will mehrere tausend Rahmen bauen, da Halbzeuge in der Regel erst ab 500Kg ( viel Rohr bei dünnwandigen Profilen ) gezogen werden.

dabei ist zu beachten
-spanbarkeit
-Schweisseignung ( auch Verfügbarkeit des geeigneten Schweissdahtes etc. )
-Korrossionsempfinlichkeit
-erforderliche Wärmebehandlung
-Verträglichkeit ( beim schweissen und Wärmebehandeln ) mit anderen Legierungen, wenn das Material nicht für alle Teile zu bekommen ist, was SEHR wahrscheinlich ist.


Wie man sieht, so ganz einfach ist das nicht. Man darf bei den Werkstoffüberlegungen nie den Gesamtzusammenhang aus dem Auge lassen, sonst wird es teuer und langwierig; und das ist tötlich in einem schnelllebigen Markt der unter brutalem Preisdruck steht ( einen Alu-Hardtailrahmen aus Fernost gibt's schon ab 15,00 €, dafür kann man hier nicht mal das Rohr kaufen !!).


Ich finde wir sollten in diesem Thread nicht zu wissenschaftlich werden, sondern die Alltagsfrage des normalen Bikers im Auge behalten. Deshalb nochmal der Hinweis auf einen Grundsatz:
Die Hauptproblematik im Rahmenbau liegt in der Krafteinleitung und der damit verbundenen Kerbwirkung. Wird dieses Problem kostruktiv gut gelöst, braucht man meistens keine aussergewöhnlich hohen Festigkeiten. Zumal sich in der für die Lebensdauer relevanten Betriebsfestigkeit ( so was Ähnliches wie die Dauerfestigkeit bei Stahl ) die hochfesten und mittelfesten Werkstoffe in Ihren Werten nicht mehr strark unterscheiden.

Peter
 
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