Kommen gerade von einer Woche Gargano wieder. Es war einfach nur grandios!
Anreise: Geflogen mit Airberlin nach Bari für 170⬠insgesamt. Weiterfahrt mit Mietwagen nach Vieste, knappe 3 Stunden Fahrtzeit. Es gibt aber auch ein Shuttle vom Flughafen nach Vieste, wo man sich dann vom Veranstalter abholen lassen kann.
Unterkunft: Residence Padre Pio, eine familiär geführte Bungalow-Anlage mit hübschen Appartments, Pool etc, sehr freundlich-herzlichen Angestellten und einer extrem guten Küche. Die Anlage war fast nur noch von uns belegt, da Deutsche zum Ende August schlagartig fortbleiben und Italiener bereits die Winterkleidung auspacken...
Biketouren: garganobike. Ãber die haben wir den ganzen Urlaub (exkl. Anreise) auch gebucht - d.h., die haben Unterkunft und Halbpension organisiert. Inzwischen ist garganobike übernommen von einem Schweizer Päarchen. Superfreundliche, hilfsbereite und immerzu gut gelaunte Frohnaturen, die sich aufgeopfert haben für unser Erlebnis. Habe noch nie so nette "Gruppenleiter" kennengelernt, die auch nach den Touren für jeden Spaà zu haben waren. Absolute Vorbilder für ihre Branche.
Essen: Ja, das kommt hier noch vor den Biketouren, denn es ist einfach so gut, dass man schon eher von einer kulinarischen Woche, als von einer Bikewoche sprechen muss. Die Küche ist durchweg auf einem sehr hohen Niveau und nirgends wird groà Aufsehen drum gemacht - deutlich angenehmer als z.B. in Frankreich, wo m.E. oft die Devise "mehr Schein als Sein" zählt. Ob in der Anlage, in Vieste/Peschici oder bei dem bereits erwähnten Bauern (masseria) oder Fischer (trabucco) - es war ein Highlight nach dem anderen. Meeresgetier und Rotwein en masse, dazu dann noch der Besuch in der Olivenmühle mit anschlieÃender Verkostung hat dazu geführt, dass man beschämt an Biketouren zuhause zurückdenkt, wo man sich unterwegs irgendeinen ekligen Schokoriegel reinstopft.
Bikestation: Wie gesagt super organisiert. Leihbikes top (Scott Genius 50/60), Preise für die Tourwoche absolut fair (110⬠pro Nase für 4 Touren und jede Menge Extrawürste (Fahrt zur Olivenmühle, Fahrt zum Abendessen nach Vieste, ...).
Touren: Wir waren zu zehnt und haben uns nach einem halben Tag in zwei Gruppen aufgeteilt (Könnensstufen vom klassischen GenieÃer bis zum Trailheizer alle vertreten).
Wunderschöne Wege durch die Landschaft, reichlich Aussichtspunkte aufs Meer und trotzdem nicht zu viel Zeit in der prallen Sonne.
Feste Forstwege/NaturstraÃen 30%, Schotterwege (teils extrem lose) 30%, StraÃe 30%, Trails 10%. Schaut zunächst nicht so prickelnd aus, aber es war schon sehr authentisch, das zu fahren, was die Natur hergibt, ohne auf Touristen ausgerichtet zu sein. Kaum angelegte Routen für Touris und die einzelnen Trails schneiden die zwei Schweizer mehrmals pro Jahr selbst wieder frei.

Da es im Gargano kein professionelles Wander- geschweige denn Bikeangebot gibt, wird meist auf Schotter-Forstwegen gefahren, auf denen aber a) sonst niemand rumläuft/fährt und die durch den extrem losen Schotter anspruchsvoll genug sind. Die Erdschicht im Gargano ist wohl extrem dünn, daher fährt man oft nur auf Fels bzw. Geröll. Macht aber trotzdem ne Mordsgaudi, mit ordentlich Dampf durch ein Olivenhain zu surfen.
Anstiege meist moderat, manchmal aber brutal steil in Verbindung mit Schotter. Man sollte sich darauf einstellen, in anderen km/hm-Kategorien zu denken, als zuhause oder in den Alpen. Touren mit 50km und 1000hm gelten hier bereits als Königsklasse und das mit gutem Grund. Wer seinen Tacho trotzdem nutzen möchte, geht ins Hinterland und hat dort Anstiege von Seelevel bis auf 1100m, wahlweise auf Naturwegen oder alten PassstraÃen. Bei zwei Touren wurden wir zum Ausgangspunkt geshuttelt, das geht also auch. Am letzten Tag gab es noch eine Stunde Fahrtechnik-Kurs umsonst obendrauf - n1.
Wetter: der September ist die optimale Reisezeit, nicht nur wegen dem Preis. Wir haben zwar den einzigen Regentag der gesamten letzten zwei Monate erwischt, aber an den anderen Tagen waren es immer zwischen 24 und 30°C, leichte Brise, wenig Wolken, warmes Licht. Geschwitzt hat man ordentlich, aber es war weder Hitzschlag-Gefahr, noch Softshell-Notwendigkeit. Sommerfeeling kommt auf jeden Fall auf, aber man muss sich eben nicht Gedanken machen, ob es ungesund sein könnte, in der Mittagszeit zu biken.
Städte: Vieste, Peschici. Brauch ich nicht mehr viel zu sagen, hoffe ich.
Strandleben/Nachtleben/Freizeit: 10-15 Radminuten von der Anlage ist ein schöner Strandabschnitt mit Infrastruktur. In Vieste gibt es eine lange Partymeile an der KüstenstraÃe und die Altstadt hat auch viel zu bieten. Die Partymeile ist allerdings im September nicht mehr groà in Betrieb. Freizeitangebote gibt es zahlreiche, u.a. Kitesurfen und eine Boots-Grottentour, die man nicht verpassen sollte.
Gefahren: Wer meint, die Absenz von festen Flowtrails mache die Touren kinderleicht, irrt. Am Meer sind viele Wege ausgesetzt und selbst eine breite NaturstraÃe kann fahrtechnische Künste erfordern. Alles in allem aber trotzdem kein Problem für einigermaÃen routinierte Biker.
Für StraÃenfahrer: Störende Motorräder existieren praktisch nicht und die italienischen Autofahrer sind deutlich besser als ihr Ruf. Absolut souverän, aber eben sportliche Fahrweise unter Ignorierung sämtlicher Regeln. Wer sich anpasst, gewinnt.

Wildschweine sind i.d.R. scheu, sofern nicht gerade Frischlinge in der Rotte sind. Im April ist Wurfzeit, also hat man ab August eigtl. keine Probleme mehr.
Die Hofhunde und Streuner sind zwar laut und wollen einem auch schonmal halb ins Rad springen, aber richtig aggressiv sind sie nicht. Einfach weiterfahren. Deutlich brenzliger sind Hütehunde, wenn man auf die idiotische Idee kommen sollte, deren Ziegenherde zu durchkreuzen. Ich habe eine Viertelstunde gewartet, bis die Herde von alleine weiterzog. Die Hunde hatten mich umzingelt und ich war recht hilflos (der Rest unserer Truppe war noch weiter unten am Berg). Merke: Trifft man auf einen "Hund ohne Aufgabe", gilt im Zweifelsfall "der Stärkere/Lautere/GröÃere gewinnt". Ein Steinwurf/Knall o.ä., und das Ding zieht Leine. Hunden, die ihre Herde beschützen, kann man imponieren, so viel man will, die verteidigen bis zum letzten Atemzug. Dringt man in die Herde ein, ist man u.U. Hundefutter. Einzige Lösung, wenn der Weg versperrt ist: Umfahrung suchen und Herdentiere meiden.
Alles in allem eine absolut geniale Bikewoche. Trail-Freaks sollten zuhause bleiben, für alle anderen bietet sich die Gelegenheit, eine absolut gastfreundliche (weil im Spätsommer nicht überlaufene) und urtümliche Region zu erleben. M.E. der schönste Teil Italiens. AuÃerdem sollte man von übertriebenem Höhenmetergebolze absehen und die Woche etwas genussreicher planen. Wenn man den ganzen Tag Kilometer spult und sich von Energieriegeln ernährt, verpasst man das eigentliche Erlebnis Gargano. Ich hatte auch mehr Höhenmeter und Kilometer geplant, war aber spätestens beim nächsten Bruschetta/Oliven/Fisch/Pasta/Rotwein-Mittagessen wieder happy, es einen Ticken ruhiger angegangen zu haben.

Morgens ausgiebig frühstücken, von neun bis zwölf biken, zwei Stunden Mittagspause beim Bauern/Fischer, dann nochmal zwei Stunden aufs Rad, dann Pool/Strand und vielleicht noch ne Weinverkostung, ausgedehntes Abendessen, Cocktail nachts in Viestes Altstadt - das ist Gargano!
Bei Interesse stelle ich noch ein paar Bilder ein.