... Nun erreichte uns kurz nach Veröffentlichung der Ausgabe Kritik am Reisebericht: stark begangen und befahren sei die Region, teilweise verboten die Trails. Der Nationalpark sei nicht fern und die Verantwortlichen auf dem Weg, die im Artikel beschriebenen Trails auch noch einzukassieren. Unser Artikel sei das sprichwörtliche ‚Öl ins Feuer’.
Aufgrund meines fortgeschrittenen Alters beobachte ich dieses Thema seit mittlerweile fast 30 Jahren.
Ich bin ehrlichgesagt erstaunt, dass es nicht schon viel mehr Sperrungen gibt.
Das ist sicherlich der ehrenvollen Lobbyarbeit vieler Locals und der DIMB zu verdanken.
Mir ist das Thema Anfang 1990 bewußt geworden, als der Gallerieweg am Pasubio gesperrt wurde.
Für Biker war er zu diesem Zeitpunkt schon längst gesperrt, man konnte sein Bike aber immer noch über die immer höher werdenden Gatter oder über den Wanderweg auf den Gallerieweg bringen.
Ein paar Wochen nachdem damals das Bike Magazin die Strada delle 52 Gallerie gehyped hatte wurden die ersten hohen Strafen bei Befahrung inklusive Sicherungsverwahrung bei den lokalen Behörden angewandt und der Weg war definitiv tot. Ebenso, wie mindestens ein Biker, dessen (Fahr-)Technik dem Weg nicht gewachsen war.
Ob jetzt der Tourbericht im Bike Magazin zur Eskalation geführt hat, kann ich nicht sagen.
In jedem Fall war es so, dass ein Magazin aus verständlichen komerziellen Gründen das Befarhen einer gefährlichen und offiziell gesperrten Route beworben hat, deren Nutzung von den damals toleranten Behörden mit viel Augenzudrücken toleriert wurde. Bezogen auf das heutige Thema kann man nachträglich auch sagen, dass die Redaktion alle Warnzeichen ignoriert und keinerlei Feedback bei lokalen Insidern eingeholt hat.
Ob der Bericht zur Eskalation geführt hat, weil kurz darauf die Anzahl der Befahrungen explodiert ist, oder ob aus Ignoranz für eine Tour geworben wurde, deren Totalsperrung kurz bevorstand ist unerheblich. Die Veröffentlichung war verantwortungslos.
Weiterhin kann ich als Münchner die teilweise Sperrung der Isartrails vollkommen nachvollziehen und bin auch hier erstaunt, dass es so lange gedauert hat. Im IBC Artikel "mountainbiker-deutschlands-was-ist-los-mit-euch" kommt dieses Thema ja auch zur Sprache.
http://www.mtb-news.de/news/2016/02/08/mountainbiker-deutschlands-was-ist-los-mit-euch/
Und das ist nur meine Meinung aus Sicht hinter dem Lenker. Jedem Biker empfehle ich einmal eine Isartrail Wanderung am Wochenende oder zu Feierabend, wenn die "geführten" Gruppen unterwegs sind. Wenn ihr es ganz deutlich mitbekommen wollt, dann nehmt den Hund oder die Kinder mit.
Die Isar bei München ist sicherlich nur ein Brennpunkt, zeigt aber das grundsätzliche Problem mit einer unorganisierten und anonymen Nutzergruppe. Es gibt in Deutschland oder auch weltweit vergleichbare Probleme in Ballungsgebieten.
Auch in den Alpen gibt es für mein Empfinden noch erstaunlich wenige, gebietsübergreifende Sperrungen. Die Situation ist durch den Trend Alpenüberquerung auf einigen Routen deutlich angespannt. Wenn ich mir die Anzahl der Biker auf der Via Claudia am Fernpaß oder in der Uina ansehe, bin ich mir sicher, dass es nicht ewig so weiter gehen kann. Das Gleiche gilt für den Weg zur Reintalanger Hütte oder die Durchfahrung der Partnachklamm. Hier könnte ich zig Problemstellen in ganz Deutschland, Östereich, Italien oder der Schweiz aufzählen.
Solange nur ein Schymik über einen aperen Gletscher oder ein Schotterfeld quert, ist das kurios. Wenn das plötzlich Hype wird und schlecht vorbereitete Nachahmer unterwegs sind, ist es ein Problem.
Auch wenn man weiter blickt, wird klar, dass es sich nicht um ein kleinkarriertes, deutsches Problem handelt.
Die entsprechenden Anmerkung stehen im Artikel "spot-check-el-hiero-abseits-ausgetretener-pfade"
http://www.mtb-news.de/news/2016/02/10/spot-check-el-hiero-abseits-ausgetretener-pfade/
In einer Antwort weiter oben habe ich die Behauptung von Trail Geheimniskrämerei und dem dahinter vermuteten Egoismus gelesen.
Ich kenne selbst Wege, von denen ich als Lokal weiss, dass sie sofort nachhaltig gesperrt würden, wenn mehr als 1-2 Biker am Tag darauf fahren. Dort ist es noch dazu wichtig, nicht am Wochenende oder nach Feierabend oder gar bei bestem Wanderwetter unterwegs zu sein. Zudem ist eine absolut defensive Fahrweise bei Begegnungen mit Fußgängern und Reitern sowie die Kenntnis von gefährlichen Stellen unabdingbar.
Diese Wege zeige ich anderen Bikern, wenn ich mir sicher bin, dass sie die Regeln verstehen und sich daran halten werden. Und nur dann, wenn ich mir sicher bin, dass sie die Wege wiederum nur verantwortungsvollen Bikern zeigen werden. Da steht kein Bischen Egoismus dahinter, sondern das Wissen um die Konsequenzen von verantwortungsloser Nutzung. Wie soll ich das bei einer Veröffentlichung über Magazinartikel oder Apps sicherstellen?
Das bringt mich zu meiner eingentlichen Antwort.
Es geht darum Verantwortung zu übernehmen, was bei anonymer Nutzung oft genug nicht passiert.
Selbst wenn 99% der Biker vorbildlich unterwegs sind, kann 1% unangepaßte Nutzung zur Eskalation führen.
Durch die überregionale Verbreitung von Geheimtipps kann dieses Verhältnis leicht in Richtung beispielsweise 70%-30% gehen. Insbesondere, wenn man den Spot nur einmal als Tourist besucht und dann nicht wieder kommt, hat man die Konsequenzen einer Trailsperrung ja nicht zu tragen.
Ein sehr unrühmliches Beispiel ist eine DH Trainingsstrecke bei Meran auf normalen Wanderwegen. Es gab hier gehäuft Ärger, weil die Geschwindigkeit beim durchfahren des Hofgeländes eines Almbauern nicht angepaßt wurde. Blöd für die Lokals, egal für den Bike Touristen, der an dem Wochenende mächig Spaß hatte, aber nächstes Jahr sowieso anderswo in Urlaub fährt.
Das Thema ist nicht neu und wird sich auch nicht ändern solange wir nicht einzeln oder als Gruppe mehr Verantwortung übernehmen und dies auch gegenüber den Mitmenschen beweisen, die nicht auf einem Rad sitzen.
Für Fachmangazine und Redakteure bedeutet das eine Gratwanderung und Gewissensfrage.
Die Lobbies der anderen Waldnutzer sind um einiges mächtiger, als wir es jemals sein werden.
Wenn es vermehrt zu Konflikten kommt, kann es auch überregional ganz schnell vorbei sein mit der Betretungserlaubnis.
Wovon berichtet ihr dann?
Wo fahren wir dann?