Nach all den Brevet- und Langstreckenfahrtenberichte mal was ganz anderes. Ich hab es am Wochenende in 31h total gerade mal auf 12h30min Bewegungszeit gebracht und bin dabei 71km weit gekommen
Dafür hab ich in der Zeit 3x gekocht, mein Tarp kreativ aufgebaut, 8h geschlafen (herrlich war's), viel fotografiert, etwas gelesen und scheinbar auch sonst noch einiges an Zeit verplempert
Das fängt damit an, dass ich in Airolo merke, dass mein
Garmin den Track, den ich hochgeladen habe, irgendwie nicht anzeigt. Also muss ich mir den Weg auf den Berg auf dem Minibildschirm nochmals zusammensuchen. Das klappt mehr oder minder und ich stosse auf Platte, so dass ich mich in die Grenzsteintrophy versetzt fühle, von der ich hier immer wieder lese.
Obwohl es nur etwa 1200hm hoch geht, erreiche ich den Passo Sassello, meinen ersten Pass für heute, erst nach der Mittagspause. Oben dann die bange Frage: Kann man da runterfahren. Jein. Stückchenweise ist es fahrbar, häufig leider auch zu steil oder zu steinig und manchmal auch nur zu nass.
Viel los ist hier jedenfalls nicht. Nach einiger Zeit und etwas fluchen
erreiche ich ein Minimalasphaltsträsschen im Val Sambuco. Hier verdrücke ich als erstes einen halben Zitronencake (Rührkuchen), denn nun geht's so richtig schön steil hinauf zum Lago del Narèt.
An dessen hinteren Ende trage ich hinauf zum Passo del Narèt. Dahinter ist auf der Karte ein Haus eingezeichnet. Ich hoffe, dass es sich als Unterstand eignet, denn irgendwie hab ich nicht mehr allzuviel Lust, weiterzumachen. Die Hütte ist allerdings abgeschlossen. Darum ess ich den Rest des Cakes und fahr - respektive schiebe - weiter. Nach einer Minimalabfahrt trag ich hoch zum Passo di Cristallina.
Die kurze Abfahrt vom Pass zum See lässt hoffen. Doch nach dem See wird's gänzlich unfahrbar und schliesslich sogar unschiebbar. Ich hieve also mein Bike jeweils eine Steilstufe hinunter und kraxle dann hinterher. Ob dieser Tätigkeit
geht die Sonne unter. Dafür überrasche ich ein Steinbockpäärchen, das aber zügiger das Weite sucht als ich meine Kamera finde.
Nach viel
erreiche ich das Strässchen, das nach Robièi führt. Ich rolle runter und mangels geeigneter Biwakplätze trag ich das Bike nochmals etwas den Berg hoch. Ich mag es halt nicht so, zwischen Seilbahnstationen, Parkplätzen und Staumauern zu nächtigen.
Nach etwas mehr als 100hm im letzten Dämmerlicht find ich ein Plätzchen, das mir zusagt. Ich bastle mir eine Unterkunft, koche mein Abendessen und krieche dann in den Schlafsack, um noch etwas zu lesen. Ich muss nächstes Mal unbedingt schauen, dass ich etwas früher am Camp bin, denn diese Lagerstunden geniesse ich fast am meisten.
Ich schlafe gut, was nicht immer der Fall ist und warte am Morgen sehnlichst auf den Sonnenaufgang. Bei leichtem Bodenfrost kriecht man halt nicht so gern aus dem Schlafsack. Schliesslich gebe ich auf und mach mir bei +1°C Frühstück: Pancakes
und dann kommt die Sonne doch noch. Genau hinter dem höchsten Berg hat sie sich versteckt.
Bei der Körperpflege (Sitzcreme! Besonders wichtig, wenn man in Bikehosen so weit läuft) und beim Zusammenpacken werde ich aufmerksamst von ein paar Steinböcken beobachtet, die sich aber ausserhalb des Zoombereiches meiner Kamera befinden (hab nur 2.5x). Nach dem Zusammenpacken warten 600hm auf mich. Ein Klacks, sag ich mir und trage los.
Die Sache zieht sich dann aber hin, denn es gibt grosse Blockfelder, die überwunden werden müssen. Und so balanciere ich mit dem Bike auf den Schultern von Stein zu Stein und hoffe, mir den Fuss nicht zu verknacksen. Ich hab längst kapituliert und statt zu
bin ich schon längst in der
-Phase.
Darum kann ich nicht widerstehen, als ich diesen Spielplatz mit bester Aussicht antreffe:
Nach diesem kleinen Drop mit der kompletten Bikepackingausrüstung hab ich wieder genug Energie, die letzten 150hm hochzutragen. Es wird karg.
Und dann hab ich endlich die Bocchetta di Valle Maggia und damit die Grenze zu Italien erreicht!
Ab hier wird hoffentlich alles besser! Besonders freut mich, dass von weitem die Berner Alpen rübergucken
Nichts wird besser... zumindest die ersten knapp 300hm muss ich wieder runtertragen und kann praktisch nur auf dem Schneefeld fahren.
Doch dann ist's geschafft. Ich cruise runter zu den Staumauern bei der Alpe Toggia.
Da hau ich mich erst mal in den Windschatten einer solchen Mauer und koch mir mein höchst verdientes Mittagessen. Anschliessend kurble ich gemütlich wieder hoch zum Passo San Giacomo, wo unverkennbar auch die Landesgrenze verläuft (man beachte die Hochspannungsleitungsmasten).
Ja, und dann folgen Trails erster Güte. So gut, dass ich mal falsch abbiege und das erst 100hm weiter unten merke. Egal. Trag ich eben wieder hoch. Das nächste Missgeschick besteht dann darin, dass es mich mit voller Wucht vom Weg in den steilen Abhang daneben katapultiert, weil ich mit der Pedale an einem Stein hängengeblieben bin. Ich staune über meine Reaktionsfähigkeit, denn instinktiv klammere ich mich an allem, woran man sich festklammern kann. Wieder oben auf dem Weg meine ich zuerst, ich hätte mich ernsthaft verletzt, doch das Blut stellt sich als Heidelbeersaft heraus.
Nachdem ich den Weg dann ein weiteres Mal verpassen, beschliesse ich, dass ich wohl etwas erschöpft bin
So lasse ich verschiedene Erweiterungsmöglichkeiten rechts liegen und fahr ab ins Tal und zurück nach Airolo. Im Zug bin ich dann etwa so zwäg, wie dieser Computer:
Trotz der wenigen Kilometer habe ich immerhin 5,5 Täler besucht: Valle Leventina - Val Sambucco - Val Torta (Seitental des Val Bedretto) - Val Bavona - Val Toggia - und Val Bedretto.