25.02.2017: Das Fahrrad feiert seinen 200 Geburtstag...
... und kaum einer merkt was davon. Oder habt ihr davon schon mal was in den Medien gehört??? Ich habe nur durch Zufall von einer Ausstellung im Technomuseum Mannheim anlässlich des runden Geburtstages erfahren. Also, auf nach Mannheim zur
2 Räder 200 Jahre - Feier. Danke mein Schatz für dieses schöne Geschenk!
Die Ausstellung läuft schon ein paar Tage, aber es ist auch noch genug Zeit für den radgeschichtlich interessierten Biker mal dort hin zu fahren. Erzählt wird die Geschichte von Karl Freiherr von Drais bis zur Neuzeit.
Die erste Radfahrt fand am 12. Juni 1817 von Mannheim in Richtung Schwetzingen statt und war 14 km lang. In 60 Minuten bewältigte Karl mit seiner Laufmaschine den Weg und von da an boomte der Markt für Laufmaschinen und später für Fahrräder mal mehr mal weniger. Karl Drais hat die Entwicklung nicht mehr mitbekommen. Trotz Patent seinerseits gab es Nachbauten, er selbst verdiente nicht viel an seinen Maschinen und so starb er verarmt in Karlsruhe.
Dieses Bild zeigt das wohl erste Downhillrennen der Geschichte. Damals ging es schon richtig zur Sache.
Die Ausstellung ist so aufgebaut, dass die verschiedenen Epochen nacheinander angeschaut werden können. Hier der sog. "Knochenschüttler", ein 26 kg schweres Gefährt mit Holz-Rädern und geschmiedetem Rahmen. Kompfortabel war anders. Das waren noch echte Biker, die das Gerät beherrschten.
Hier ein früher Prototyp von
Schmidt`s Original Nabendynamo.
Wahrscheinlich der SON 1. Heute sind wir ja schon bei SON 28 mit Diskaufnahme und Steckachse.
Aus dieser ultrabreiten Adler-Kette würde
SRAM wohl heute min. 3 12-fach Ketten bauen können.
Das sind bestimmt die Burschen vom RC Charlottenburg 1883 e.V., Berlins ältester Radsportclub.
Sehr ausführlich wird auch die Geschichte von Kalle
Nicolai`s Firmensitz in Lübbrechtsen erläutert. Hier wurde schon immer von Hand gebrutzelt, auch heute noch.
Jeder Schweißer bekam von Kalle eine Kopie seines Rahmenbau-Faltblattes und dann durfte er loslegen.
Ultralight-Bikepacking wurde damals schon praktiziert. Kunstvolle Rahmentaschen gab es schon. Damals brauchte man nur das Nötigste unterwegs. Heute hat ja so manch einer seinen halben Hausstand im Rucksack.
Und wenn es einem alleine zu langweilig war, dann konnte man kurzerhand noch jemand auf einem 2. Sitz draufpacken und gemeinsam auf Tour fahren.
Der Ergonomie-Experte
Ergon fing schon früh mit der Produktion seiner äußerst beliebten
Biokork-Griffe an.
Passend dazu fertigte
SQlab einen ergonomischen Lenker. Einschlafende Hände gehörten damals schon der Vergangenheit an.
Ankunft in den 1930er Jahren. Der Fliegersport und die Steher-Rennen auf Europas Ovalen waren modern. Momentan lese ich
ein Buch vom vergessenen Weltmeister Albert Richter, genannt "der deutsche Achtzylinder". Tragische Geschichte. Denn der Radsport wurde ab 1933 wie so vieles gleichgeschaltet und eine dunkle Ära begann.
Nach dem Krieg wurde viel improvisiert. Gummi für die
Reifen war Mangelware.
In den fetten 50er und 60er Jahren war Radfahren unmodern und verpönt. Autos und Motorräder waren das neue Statussymbol. Wer ein Rad fuhr galt als Trottel, Nichtsnutz und nicht erfolgreich im Leben. Das änderte sich mit der Ölkrise. Es gab autofreie Sonntage und das Rad wurde wieder als Freizeitobjekt entdeckt.
Hier ein typischer Bikeshop aus den 60er/70er Jahren. Radreisen mit Taschen und Henkelmann waren aber nur was für Hartgesottene.
Der Traum vieler kleinen Kinder der 70er.
Mein Bonanzarad wurde damals von meinen Eltern im Neckermann-Katalog bestellt und zu Weihnachten stand es unter dem Tannenbaum. Es folgten bei mir diverse Klappräder und BMX-Räder, die alle in der örtlichen Sandkaul zu Schrott gefahren wurden.
Anfang der 80er Jahren hatte Wolfgang E. Renner eine ziemlich geniale Idee. Führte er doch die Mountainbikes in Deutschland ein. Zu dieser Zeit wollte ich nix davon wissen, denn ich daddelte da schon auf einem Commodore 64 rum und spielte Pac-Man und co..
Aus der Abteilung Grusel-Kuriositäten. Das Bike für den Wanderer. Voll funktionsfähig.
Es wurde einer sehr frühen Karrikatur nachgebaut.
Am Ende der Ausstellung gibt es einen Ausblick in die Zukunft und einen Nachbau eines Bikeshops der hippen Berliner Szene. Dargestellt wird der soziale Treffpunkt der Stadtbiker, Commuter und Radkurriere.
So, genug geguckt und gelesen...
Jetzt wird ausprobiert. Unter der strengen Aufsicht einer Technoscoutin durfte ich auf das Hochrad steigen und fest verankert etwas rumkurbeln. Zugern wäre ich ja mal frei damit gefahren. War leider nicht drin.
Dafür bin ich aber mal schnell mit dem Karl seiner Draisine nach Schwetzingen und zurück geradelt. Ich Weichei hab etwas länger als er dafür gebraucht, aber dafür gibt es mehr Punkte für den Winterpokal.
Zum Schluss noch ein Minibike gestestet. Aber mit meinen langen ungelenkigen Gräten schaffe ich es nicht das Ding zu bedienen.
Fazit: Äußerst informative Ausstellung! Die ausgestellten Exponate sind zahlreich und stellen jede Epoche des Fahrrades gut dar. Ein Besuch lohnt sich definitiv. Ich war ja
vor ein paar Jahren schon mal im
deutschen Fahrradmuseum in Bad Brückenau. Die Ausstellung in Mannheim ist zwar kleiner, aber übersichtlicher. Dafür ist das Fahrradmuseum detailverliebter und erzählt neben den Fahrädern auch viel Geschichte drum herum. Beides lohnt sich, wer Fahrradgeschichte mag.