Den Artikel aus der heutigen regionalen Qualitätszeitung OZ möchte ich dem Forum nicht vorenthalten, einmal mehr Platz 1 für Greifswald:
Montag, 05. Mai 2008 | Titelseite
Greifswalder Radler leben am gefährlichsten
Trauriger Rekord: Radfahrer in der Hansestadt gehen bundesweit das höchste Risiko ein. Mehr als 50 Prozent aller hier bei Verkehrsunfällen Verletzten sind mit dem Rad unterwegs. Gefährlich ist es auch in Wismar und Stralsund.
Rostock (OZ) Greifswalds Fahrradfahrer leben gefährlich: Nirgendwo in Deutschland sind so viele Radler unter den Opfern von Verkehrsunfällen wie in der Hansestadt. Mehr als die Hälfte aller Menschen, die hier 2006 im StraÃenverkehr verletzt wurden, waren per Rad unterwegs. Selbst im als Fahrradhochburg bekannten Münster (Westfalen) war der Anteil der Radfahrer unter den Unfallopfern mit 40 Prozent deutlich niedriger. Deutschlandweit liegt der Schnitt bei 18 Prozent.
Bundesweit wurden 2006 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes rund 77 000 Radfahrer in einen Unfall verwickelt. 486 davon starben. âTendenz stetig sinkendâ, sagt Roland Huhn, Rechtsreferent beim Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC). Insgesamt wurden 2006 rund 422 000 Verkehrsteilnehmer verletzt und 5091 getötet. In Greifswald verletzten sich 2006 bei Unfällen 163 Radler, Tote gab es nicht. Besonders oft waren Radfahrer auch in Lübeck (bundesweit Platz vier), Wismar (Platz zehn) und Stralsund (Platz 18) in Unfälle mit Personenschäden verwickelt.
Für die regionalen Unterschiede gibt es eine ganze Reihe von Gründen. âGrundsätzlich gilt: Je mehr Leute irgendwo Fahrrad fahren, desto sicherer wird es für den Einzelnenâ, sagt Bettina Cibulski vom ADFC. Am gefährlichsten sei es dort, wo Autofahrer nicht mit Fahrradfahrern rechneten â beispielsweise in bergigen oder ländlichen Regionen. Deshalb seien auch gut ausgebaute Radwege nicht unbedingt ein Indikator für Sicherheit. Am besten ist es laut ADFC, wenn Radfahrer direkt auf der StraÃe â also immer im Sichtfeld der Autofahrer â durch den Verkehr gelenkt werden. Der Hauptunfallgegner des Radlers: das Auto! Fast drei Viertel aller Radler-Unfälle resultieren aus Kollisionen mit Pkw. Und: Bei drei von vier Unfällen hat der Autofahrer Schuld.
Ganz besonders gefährlich wird es immer dann, wenn Autofahrer rechts abbiegen und parallel fahrende Radfahrer übersehen. Und: Radler bringen sich auch selbst in Gefahr â vor allem durch Befahren von Radwegen in der falschen Richtung, Missachtung der Vorfahrt und Alkohol am Lenker. Dazu kommt: 15 Prozent der Unfälle sind Stürze ohne Fremdbeteiligung. âInsbesondere jetzt im Frühjahr, wenn wieder viele ungeübte Radler unterwegs sindâ, betont Roland Huhn. Hier kann ein
Helm schlimme Folgen vermeiden helfen, betont der ADFC-Experte.
Dennoch: Radfahren boomt. 2006 standen rund 66,8 Millionen Fahrräder in den deutschen Haushalten. Im Vergleich zum Jahr 2000 war das ein Plus von sechs Millionen oder zehn Prozent. 81 Prozent der Privathaushalte besaÃen mindestens ein Fahrrad.
Seite 5: Bericht
THOMAS LUCZAK
Teil 2:
Montag, 05. Mai 2008 | Mecklenburg-Vorpommern
Radler werden häufig übersehen
Fahren in Gegenrichtung, technische Defekte, Unaufmerksamkeit: Die Ursachen von Unfällen mit Beteiligung von Radfahrern sind vielfältig.
Rostock (OZ) Viele Radler, viele Autos, viele Unfälle: Die Anklamer StraÃe in Greifswald gehört zu den Unfallschwerpunkten für Radfahrer. Auch in der Wolgaster StraÃe und am Ernst-Thälmann-Ring kracht es immer wieder, erklärt Bernd Kutter von der Polizeiinspektion Greifswald. Insgesamt 217 Unfälle mit Beteiligung von Radlern nahm die Greifswalder Polizei 2006 auf. Mehr als die Hälfte aller bei Verkehrsunfällen verletzten Personen war mit dem Rad unterwegs â der mit Abstand höchste Anteil bundesweit. Die Ursachen sind vielfältig: Allein an der hohen Fahrradfahrerdichte in der Hansestadt liegt es nicht, argumentiert der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC). Insbesondere dort, wo Radler nicht erwartet werden, leben sie gefährlich. Speziell an drei Unfallschwerpunkten fällt auf: Oft kommt es zu Kollisionen, weil Autofahrer Radler übersehen, die in der Gegenrichtung unterwegs sind. âBiegt man als Pkw-Fahrer auf eine HauptstraÃe ein, droht die Gefahr vor allem von linksâ, betont Bernd Kutter. Wenn Radler aber entgegen der Verkehrsrichtung fahren, kann das gerade an Einmündungen und Ausfahrten höchst gefährlich werden.
Fakt ist: Im StraÃenverkehr gilt das Rechtsfahrgebot. Radfahrer haben rechte Radwege zu benutzen. Linke gekennzeichnete Radwege sind nur dann zu benutzen, wenn diese durch gesonderte Verkehrszeichen freigegeben sind.
Weitere typische Unfallursachen sind generelle Vorfahrts-Fehler, das Fahren auf FuÃgängerwegen und in FuÃgängerzonen sowie das Fahren bei Dunkelheit ohne ausreichende Beleuchtung, heiÃt es aus dem Schweriner Innenministerium.
Generell lässt die technische Ausstattung vieler Räder zu wünschen übrig: âAuch nagelneue Räder werden ohne entsprechende Beleuchtung verkauftâ, kritisiert Volker Werner, Sprecher der Polizeidirektion Rostock. Bei Kontrollen in der Hansestadt sei immer wieder aufgefallen, dass Eltern auch ihre Kinder mit Rädern ohne Licht fahren lassen. Oder mit abenteuerlichen âHilfs-Konstruktionenâ. âWas Autofahrer Radlern antun, das tun Radler FuÃgängern anâ, so Volker Werner weiter. Im Klartext: Die Zahl rücksichtsloser Radler steigt. Was nicht nur für FuÃgänger, sondern auch für die Pedalritter gefährlich werden kann. Und: Radler steigen nicht gern ab. Viele wechseln vor allem an Kreuzungen blitzschnell vom Radweg auf den FuÃweg oder die StraÃe â was immer wieder zu schweren Unfällen führt.
In ganz Mecklenburg-Vorpommern wurden im Jahre 2006 bei Unfällen zehn Radfahrer getötet und 1688 verletzt.
THOMAS LUCZAK