01.07. 22:00 320-Ranch am Gallatin River, 1990m

Nach sieben Stunden und jämmerlichen 1500 Höhenmetern stehe ich endlich oben am Trailhead zum "Little Wapiti Creek" und bin damit im Revier des Mountainbike-Guides von Bozeman. Hier her hätte man auch einfacher kommen können: dreissig Meilen Highway und dann als Rundtour fahren. Aber wer will schon kringeln, lieber wühle ich mich stundenlang durch den Schlamm. Dafür stimmt nachher die "Linie".

"If there is an afterlive for mountainbikers, it will include singletracks like this over and over...". Die Amis sparen nicht mit Superlativen.

Wie bitte?

Das war's schon?
Eine langweilig erdige Spur zieht sich schmal durch Wiesen und Wälder. Gefälle größtenteils Fehlanzeige, oft muß in die Pedale getreten werden. Kurven auch Fehlanzeige, es geht eigentlich immer nur gerade aus. Aussicht ebenso Fehlanzeige, nix ausser ein paar Bäumen und grünen Hügeln. Einzige Abwechslung sind zwei üble Flussquerungen, nasse Füsse garantiert.

Nach fünfhundert Höhenmetern ist der Schrott zum Glück vorbei und ich rolle (naja, trete) auf einer Dirtroad ins Tal.
Ich glaub ich spinne, die Amis haben absolut ein Rad ab. Wie kann man einen derart öden und unbedeutenden Singletrack nur so maßlos übertrieben beschreiben?! Und für diesen Schotter hab ich mich den ganzen Tag lang durch Grizzlybärenberge gekämpft, na bravo. Zwei Stunden auf dem Highway hätten's auch getan.

Selbigem folge ich jetzt auch nach Norden, froh endlich wieder richtig rollen zu können.

Weit roll ich allerdings nicht, bald läd rechterhand die "320 Ranch" mit einer Dininghall zum Dinner.
Ich hab inzwischen auch die Übersetzungen der amerikanischen Trailbeschreibungen kapiert. "Steep" bedeutet zwei Prozent Gefälle, "moderatly steep" ist ein Gegenanstieg, "Technical Section" sind drei Meter S1 statt S0. Es wär zum Lachen, wenn es nicht so traurig wäre. Die armen Rockymountainbiker werden in ihren Bergen niemals einen felsigen, technisch schwierigen Trail zu Gesicht bekommen. Hier gibt's immer nur den gleichen flachen, erdigen Flowkram.
So... genug gemosert. Immerhin hatte ich heute einen kompletten Tag auf Singletrack, der mich ein Stück weiter nach Norden gebracht hat. War zwar dank des Matsches eine üble Schinderei, aber immer noch viel spannender und "mountainbikiger" als hunderte Kilometer Gegenwinddirtroad durch die Sagebrush-Prärien von Wyoming. Darauf ein Bierchen in der Bar der 320-Ranch zu Countrymusik von Kenny Rogers... Prost!