An der Donau entlang bis Rumänien

Hallo Pfadfinderin
Kilometer sind immer relativ, bitte nicht zu viel reininterpretieren. Habs hier auch eher reingeschrieben weil ich dachte es interessiertden einen oder anderen. Bin ein normaler Hobbyradfahrer ohne besonderes Training. Wenn es flach ist und die Reifen gut rollen kommen schnell mal ein paar Kilometer zusammen am Tag.

Hallo Tobias
Genau das ist der Grund warum ich mich entschlossen hab das hier zu veröffentlichen. Wollte eh für mich selber mal aufschreiben, was ich gemacht habe. Ich selber hole mir auch gerne Inspiratioenen, also dachte ich mal wenn ich schon selber mal etwas mache kann ich vielleicht andere mit meiner Beschreibung inspierieren oder helfen.
Ich hab vor nach dem Bericht noch mal ein paar allgemeine Infos/Erfahrungen über die gesamte Strecke zu beschreiben, die mich vor meiner Reise beschäftigt haben wie Moskitos, Hunde, Wegbeschaffenheit usw.
Eines Tages würde ich gerne mal von der Quelle bis zur Mündung fahren.
 
Hallo Paolo,
schöner Bericht, ich lese auch mal gerne mit.
Between the woods and the water von Patrick Leigh Fermor ist der mittlere Teil seiner Trilogie über eine Wanderung quer durch das Europa der dreißiger Jahre. Fand ich sehr sehr lesenswert in der Beschreibung der damaligen Kultur, Menschen, und seiner Begegnungen und Wanderschaft entlang ungefähr derselben Gebiets, was Du durchquert hast. Vielleicht was für Dich.
 
Als Kind habe ich mir dieses mal aus Omas Bücherregal gegriffen:

https://www.amazon.de/Ich-radle-um-die-Welt/dp/3870730323

Faszinierend, wie Heinz Helfgen 1951-1953 mit dem Fahrrad um die Welt gefahren ist. Ich bin zwar nicht der Typ für Bikepacking, aber ich reise gerne und lese auch gerne diesen Bericht @PaoloH7 und andere Reise-Berichte. Beruflich habe ich schon in 10 Ländern länger gelebt und gearbeitet, das prägt auch etwas.
 
Das Buch von Colduoro kannte ich nicht, das von I am X wollte ich tatsächlich schon mal vor einiger Zeit mir besorgen und lesen, habs dann aber wieder vergessen, gibt einfach zu viel in dem Bereich...
Diese historischen Berichte sind interessamt, vieles war total anders aber vieles auch ähnlich, dieser Freiheitsdrang, diese Neugier zum Beispiel.
Heute gibt es doch viele "professionelle" Reisende, ist ja nicht verwerflich und auch beachtenswert wenn es jemand schafft, mit Reisen sein Leben zu finanzieren. Am liebsten lese ICH halt Berichte von totalen Normalos, geht es euch auch so???
WIe weit, wie schnell, hoch oder extrem ist total egal. Hauptsache es macht Lust, selber was zu unternehmen...
 
Kurz mal weg vom Thema: @PaoloH7 , fliegst Du noch Gleitschirm (Dein Beitrag bei Stuntzi nebenan)? Ich mache das gerne, wenn es nicht zu wild hergeht.
Zurück zum Thema: Ich bewege mich fast ausschliesslich in diesem Forum, hier finde ich genügend Inspirationen. Und was ich hier finde kann könnte ich auch - mit Anpassungen an mein Können- fahren - noch fehlt die Zeit.
 
Tag 4

Nach dem kilometermässig kürzesten aber für mich heftigsten Tag schlief ich erwartungsgemäss gut, meine innere Uhr schickte mich in aller Herrgottsfrühe aus dem Zelt, denn ich campierte in meinem Innenzelt in einem Wohngebiet, links und rechts gingen Spazierwege vorbei, ein Wohnblock hatte seine Fenster genau auf mich gerichtet. Ich bin zwar was das wildcampen angeht relativ schmerzfrei, trotzdem will ich niemand belästigen oder den Eindruck erwecken, ohne Sinn und Verstand als Fremder öffentlichen Raum zu okkupieren, daher packte ich schnell meine sieben Sachen zusammen. Ohne Kocherei am Abend und ohne Kaffee und Porridge am morgen war die Packerei schnell erledigt, der Tesco Mega Markt öffnete schon um 6 Uhr morgens, der freundliche Wachmann erlaubte mir mein Rad mit in den Supermarkt zu nehmen und sicher abzustellen während ich meine Morgenroutine beging ohne Angst, jemand könnte mit meinen sieben Sachen einfach wegfahren...
In herrlicher kühler Morgenluft (25 Grad fühlen sich wunderbar an nach den letzten Tagen) ging es nun Richtung serbischer Grenze, aber bei der ersten kleinen Pausen entschied ich mich doch spontan um und überlegte mir, nochmal einen Schlenker durch Kroatien zu fahren, wenn das schon so nah ist. Also ging es auf ruhigen leeren kleinen Strassen und ordentlichen Radwegen Richtung Mohac, was noch in Ungarn liegt, allerdings auf der anderen Seite der Donau.
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Kann ja nicht sein dass ich an der Donau bin und kein einziges mal Fähre fahre, also rüber über den großen Strom. Mohac ist eine nette kleine friedliche Stadt, im Internet las ich dass die Fähre bald Geschichte sein soll, ein ungarischer Milliardär will dort wo sich bisher Fuchs und Hase Gute Nacht sagen eine Autobrücke bauen. Mal sehen, ob die Brücke beim nächsten mal wenn ich da bin schon steht?
In Mohac verschleuderte ich meine letzen Forint in einem Supermarkt, dann weiter Richrung kroatische Grenze. Die Hitze knallte mittlerweile wieder ganz ordentlich, und im letzten ungarischen Dorf vor der Grenze war die Pumpe des Brunnen kaputt, so ein Mist. Ich war überrascht über die martialischen Sperranlagen zwischen zwei EU Ländern, dass Kroatien mittlerweile sogar im Schengen Raum ist wusste ich damals noch gar nicht, eigentlich hatte ich gar nicht vor Kroatien zu besuchen. Ich packte vorsorglich meinen Reisepass aus, der ganz weit unten in meiner Gabeltasche lag, aber die opulente Grenzstation war verwaist, keiner da der meinen Pass sehen wollte, also Kommando zurück, Pass wieder gut verstauen, brauch ich ja nicht mehr. Dachte ich jedenfalls...
Das Problem des Trinkwassers war ja noch nicht gelöst, einen Ort gab es hier nicht, nur noch meine "eiserne Reserve" enthielt Wasser, sonst war alles leer. Dies tolle Strategie hatte ich mir überlegt, eine Flasche wollte ich NIE anrühren ausser im absolutem Notfall und ausser um frisches Wasser einzufüllen alle zwei Tage.
So hoffte ich, dem sicheren Tod durch Verdursten zu entgehen, sollte ich mal in der Einsamkeit eine Panne, Verletzung oder was auch immer haben... :DIroniemodus aus!
Kurz nach der Grenze gab es eine Polizeistation, sah ein bisschen so aus wie "Bates Motel", aber naiv wie ich war marschierte ich da hinein, Links neben dem Eingang stand ein Fenster weit offen, ein Schreibtisch stand dahinter, Akten lagen unmotivert herum, keine Menschenseele in diesem Raum. Rechts nach dem Eingang war so eine Art Rezeption, hätte auch in Deutschland sein können, im hinteren Eck sass oder lag ein Polizist, der offensichtlich schlief...
So und nun begang ich einen folgenschweren Fehler:
"Ahem, sorry Mister, would it be possible to get some water from you?"
Die Gestalt schreckte auf, brauchte eine kiúrzen Moment um sich zu sammeln. In überraschend gutem Englisch entgegnete er mir nach seiner abrupt beendeten Schlummer - Einheit:
"Where are you what do you want why are you here???
Damit hatte ich nun nicht gerechnet, ich bekam es mit der Angst zu tun.
"Sorry Sir, I am just an simple Traveller on a bike, its very hot today, the water pump nearby did not work, I am just asking for some drinking water, this is the only building here"
Seine Laune besserte sich nicht: "We are a police station, we are not a Hotel! What do you want, are you crazy???"
"No Mister Police Officer, I see clearly that you are not a Hotel, a Hotel would not allow their employees to sleep all day...."
Nein das sagte ich nicht sondern etwas weniger frech: "I did not ask for a room, I ask for some water, but if this task is too big for the croatian border police I will go"
Das bewirkte irgenwas bei ihm: "First: Go Out" Leave this room! Then wait". Er verschwand kurz, dann kam der Mitfünfziger Polizeibeamte mit einem winzigen Pappbecher aus einem dieser typischen Wasserspender an und befahl: "Drink!"
"Ahem you missunderstood me, I am on a bike trip, please fill my bottles. Mit finsterer Mine nahm er meine beiden ein Liter Flaschen - ich dachte zuerst er entsorgt die jetzt in der Mülltonne - und brachte die mir dann tatsächlich wieder, gefüllt mit kaltem Wasser.
Ich dachte nun entspannt sich die Situation, aber weit gefehlt: "Who are you, show me your passport!"
Ich kramte den wieder heraus, er besah ihm, aber das reichte ihm noch nicht. "Show me your bags, what is in your bags?" Mit äußerster Anstrengung begann ich ihn zu überzeugen, dass diese Taschen sehr eng und kompliziert sind und - wir standen mittlerweile vor der Station in der sengenden Sonne - die alle aus und wieder einzupacken würde sehr lange dauern. (die Fortsetzung seines Mittagsschalfes würde sich also auf unbestimmte Zeit verschieben). Das schien ihn zu überzeugen, nun aber zeigte unser Komissar Schläfrig seine hektische Seite: "Go go, go quick, leave this place"
Das konnte ich aber nicht, meine linke Gabeltasche war noch ausgepackt und das Zeug lag auf dem Boden, weil ich ja meinen Reisepass heraus holen musste. Während ich packte schien der Mann erneut eine Wandlung zu vollziehen, diesmal zum fürsorgliche Vater oder etwas ähnlichem: "Its too hot for biking". Er erklärte mir den Weg zu einem Hotel in dem Ort der wohl irgendwann kam, da sollte ich jetzt unbedingt ganz schnell hin fahren um mir ein Zimmer suchen, alles andere wäre unverantwortlich. Ich nickte eifrig und versprach ihm, das GENAU SO wie er sagt zu machen, was denn auch sonst??? :D
Mein Gott war ich froh als ich wieder "auf dem Rad" ähh "auf dem Bock" sass und mich von diesem skurilen Ort entfernte. Es war eine total groteske Situation, bis heute rätsel ich was der Typ eigentlich von mir wollte?
Klar, Störung de Miíttagsruhe, fand er nicht toll, aber meine Güte was war das für eine Reaktion?
Er hätte mich einfach wegschicken können, okay, aber was der da veranstaltete war komplett irrational.

Ich hatte nun frisches Wasser und fuhr eine kleine Schleife durch Kroatien, die Aktion an der Grenze führte aber zu einem Drang zum Stuhlgang. Ich bog in ein kleines Dorf hinein, eine kleine Gruppe Männer und Frauen baute eine Bühne für ein Fest auf.
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Ich fragte den Chefaufbauer nach einer Toiette, die war noch nicht in Betrieb aber er gab mir die Schlüssel. "No problem, just go...." Ich unterhielt mich mit ihm noch eine Weile, er war interessiert an meiner Reise, sprach sehr gutes English und als ich wieder auf dem Fahrrad sass erinnerte ich mich wieder an seine Worte, die mich nachdenklich machten:
"why rush, stay here, joyn our party. You can build up your tent here, use our shower, we have plenty to drink and to eat for you, our girls are pretty..."
Hatte der Mann nicht eigentlich Recht? Was ist los mit mir? Why rush? Es war seltsam, ich war den vierten bzw fünften Tag unterwegs, an so vielen Orten wäre ich eigentlich gerne geblieben und fuhr dann doch weiter, es trieb mich immer etwas an, aber warum? Vielleicht war es die Angst, irgendwas Unvorhergesehenes passiert, und dann würde ich sagen: "Tja warum hast Du denn auch da so gebummelt, jetzt hast Du riesigen Stress..." Oder die Angst, aus 200 oder 150 Kilometer am Tag werden dann nur noch 50 oder 30, denn wenn man sich Zeit lässt ist ja so ein tag ganz ganz schnell vorbei, und im nächsten Ort gibt es vielleicht schon den nächsten Grund zum verweilen?
Egal jetzt roll ich so dahin, die Sonne brennt auch wenn es wohl keine 40 Grad mehr hat sondern erträglichere 37, ja das ist wirklich ein Unterschied, bildete ich mir jedenfalls ein... Ich fahre niún in Kroatien auf Strassen, abe es gibt fast keinen Verkehr, vielleicht is es auch den Autofahrern zu heiss gerade.
So jetzt nicht zu viel schwafeln sondern weiter im Bericht. Es kommen ein paar Hügel, ich muss sogar mal mitten in einem Pause machen, so steil geht es rauf und die Hitze macht mir zu schaffen, danach geht es nur noch hinab in den kroatischen Grenzort Batina. Ich erwarte eine Stadt aber es ist nur ein winziges Dorf. Zum Glück gibt es eine kleinen Kwik E Markt, das typische Ritual beginnt: Ich kauf mir eine 2 Liter Flasche kalte Pepsi, trinke die fast in einem Zug leer, kauf mir noch eine zweite etwas kleinere Fasche und trink die gemütlich während der Siesta und nehm den Rest dann mit aufs Rad, wo das ehemals kalte Getränk dann irgendwann schmeckt wie. Naja...
Die Grenze über eine Donau-Brücke nach Serbien passiere ich problemlos, der serbische Grenzer interessiert sich nicht für mich und meinen Pass aber wünscht mir eine gute Reise, sehr nett von ihm. Ich bin jetzt also aus der EU heraus, hier tobte vor ein paar Jahren noch ein Krieg, seltsame Vorstellung. Ich passiere einen idylischen kleinen Hafen. Der perfekte Platz zum campen, und jetzt ins kühle Wasser, was wäre das schön... Nein ich fahre weiter, an einem Schnellboot der serbischen Donau - Marine vorbei: Lacht nicht, das gibt es wirklich, leider konnte ich es nicht fotografieren... Dann in Bezdan frage ich einen Mann, der mit seiner Tochter in einem Cafe sitzt, wegen einer serbischen SIM Karte, ich hab ja jetzt kein Internet mehr. Ich spreche ihn auf Englisch an aber er antwortet mir auf Deutsch: "Komm setz Dich zu uns, was willst Du trinken, ich lad Dich ein...." Ein junger Deutsch - Serbe der seine Familie hier besucht, er erklärt mir alles und sagt mir welche Karte ich nehmen soll, ich fahre weiter nach Sombor. Das ist nicht mehr sehr weit. Dort quatsch ich einen jungen Lieferando - Fahrer an, er spricht ganz gut Englisch, ist super hilfsbereit, geht mit mir mit in einen serbischen Telekom Laden, wäre aber gar nicht nötig, die Mitarbeiterin kann gut Englisch und richtet mir alles ein.
Sombor ist eine wundcherschöne Stadt, ich beschliesse dort etwas zu bleiben, tausche Geld um und will den jungen Serben einladen zum Eis, er muss aber wieder arbeiten...
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Dann will ich weiter, ich will wieder an die Donau, Sombor liegt ein kleines Stück entfernt im "Landesinneren". In Apatin kauf ich ein, es ist jetzt doch schon wieder Recht spät, ich will noch bei Helligkeit meinen Schlafplatz erreichen. In einem Cafe frage ich ein paar junge Leute von denen ich denke, die können Englisch. Wieder das gleiche Spiel, sie antworten mir auf Deutsch, beschreiben mir die Badestelle, da will ich hin und Campen. An der Badestelle, an einem Seitenarm der Donau, ist einiges los, hätte ich nicht gedacht. Am Ufer ein großer staubiger Parkplatz, mit dem Rad bin ich hier de einzige... Das Radl etwas abseits abgelegt, Radlerhose ausgezogen, Badehose angezogen, das Wasser ist ein paar Meter unter mir an einer Art Steilküste. Unten schreit ein durchgeknallter Serbe umgeben von einer Kinderschar auf mich ein, ich versteh nur irgendwas von "Pedofila" und "Polizia" und merk gleich was er meint: Während des Unziehvorgangs muss wohl ganz kurz mein Allerwertester NACKT (Ogott!) für 2 - 3 Sekunden zu sehen gewesen sein, den hat Mister Adlerauge natürlich gleich erspät und fürchtet nun um seine Kinder. Neben mir parkt ein Auto mit Esslinger Kennzeichen, der Fahrer, auch ein Vater mit seinen Kids der aber zivil aussieht, lacht nur und sagt zu mir: "Ach lass doch den alten Sack, mach Dir keine Sorgen, da passiert nix" Lachend ruft er dem komischen Kauz der unten im Wasser steht etwas zu, was den aber nicht beruhigt, im Gegenteil, er schimpft weiter wie ein Rohrspatz...
"Ach lass ihn und ignorier ihn einfach, geh einfach baden kein Problem" Okay ich geh runter zum Baden, der Alte verduftet und zieht ab mitsamt Kinderschar, Gott sei Dank...
Ich hab noch Zeit zum Kochen, bau an der Donau mein Zelt auf und trink ein schönes kaltes Bier, was ich mir aus dem Supermarkt mitgebracht hatte. Gefahren bin ich heute nicht so viel, waren etwa 130 Kilometer, dafür gab es ein paar Höhenmeter in Kroatien und ein paar lustige Erlebnisse, die ich so nicht einplante. DIe Nacht verläuft ruhig, bis es kurz vor Mitternacht leicht tröpfelt von oben, es beginnt zu regnen, wodurch ich aufwache. Damit hab ich gar nicht gerechnet, ich schlaf ja im Moskitozelt, aber trotz Schlaf-Trunkenheit hab ich in 5 Minuten das Überzelt aufgezogen. Dann fängt es heftig an zu schütten, aber das Zelt hält dicht und ich döse wieder ein in den Schlaf der Gerechten...
 
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Hallo Tobias
Aus beruflichen und privaten Gründen musste ich vom Alpenrand wegziehen, deswegen fliege ich seit ein paar Jahren nicht mehr, was total schade ist. Ich sehe es für mich so, Gleitschirmfliegen (vor allem wenn man im Doppelsitzer die Verantwortung für ein zweites Leben hat) ist eine sehr ernste Sache, die kann man schlecht ein oder zwei mal im Jahr betreiben. Dir in der Schweiz wünsche ich ganz viel Spass beim Fliegen, deine Herangehensweise ist total richtig, bei wilden Bedingungen ist der Gleitschirm kein gutes Fluggerät.

LG Paul
 
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Tag 5
Am Tag 5 ist nicht so viel passiert, deswegen kann ich das alles etwas kürzer abhandeln. Ich war dieses mal wieder ziemlich früh auf dem Rad trotz ausgiebigem Frühstück. Danach bin ich dann noch mal in die Stadt zum Supermarkt und dann wieder zurück zur Donau auf den Radweg, der zunächst auf dem Donaudamm verlief. Er war die meiste Zeit nicht asphaltiert sondern eine Lehm/Staubpiste, sozusagen ein "Singletrail", liess sich mit dem Gravelbike und meinen Reifen wunderbar fahren. Ich kam gut voran, unterwegs dann ENDLICH mal der erste Hundeangriff, den ich bravourös abwehren konnte, sogar ohne Blutvergiessen auf beiden Seiten.... Dann ging es wieder etwas von der Donau weg, über winzige Strassen durch zerfallene Dörfer, total abgelegen, da wohnten dann nur noch sehr alte Menschen, so kam es mir vor. Es wurde wieder heisser, ich wurde durstig und Wasser war nun einfach nicht mehr so leicht zu bekommen: Keine Brunnen, keine Dörfer, keine Restaurants. Ich fuhr zu einem Bauernhof und füllte mir zwei Liter nach, aber so lange hielten die nicht. Als die fast aufgebraucht waren kam endlich mal ein kleines Dorf, was direkt hinter dem Donaudamm lag, die erste Frau die ich im Garten beim Wäscheaufhängen sah fragte ich per Zeichensprache nach Wasser. Sie wollte mir keines geben, dabei war doch neben ihr direkt ein Schlauch. Beim nächsten älteren Mann, der gerade Holz hackte - es war 11 Uhr vormittags - hatte ich mehr Glück. "Ah Du bist Deutscher klar hab ich für Dich Wasser, warte kurz, ich hol Dir Wasser!" "Nein nur auffüllen, aus der Leitung, das reicht" wiegelte ich ab.. "Nein Nein das geht nicht, das Wasser können wir hier nicht mehr trinken, ich hol Dir was"... Er kam mit zwei Mineralwasserflaschen an, Geld lehnte er natürlich ab, stattdessen meinte er, wir sollten uns mal in den Garten setzen..." Gesagt Getan, er kam mit zwei kalten Bierflaschen wieder, er war Gastarbeiter in Deutschland, ist wieder in seine alte Heimat gezogen, daher konnte er Deutsch" Wir palaverten so rum, es war schon wieder fast 30 Grad warm, okay ein zweites Vormittags - Bier geht auch noch, das schwitze ich ja schnell wieder raus, dann musste ich aber irgendwann weiter.... Es ging immer weiter an der Donau,
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mein nächstes Ziel war Backa Palanka oder Plankenburg, ein nette kleine Stadt, wo ich ein spätes Mittagessen einnahm aber mich sonst nicht so lange aufhielt, obwohl es eine reizwolle Gegend gewesen wäre, mit schönen Stränden an der Donau. Ich hatte mit eingeredet, ich muss heut mal wieder ein paar Kilometer schaffen, die serbische Grossstadt Novi Sad wollte ich unbedingt noch erreichen.
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Am frühen Abend passierte das dann, ich suchte einen Ort zum Übernachten, etwas außßerhalb des Stadtzentrums war ein Strand, der sah gut aus, alles klar. Bis hierher war ich etwa 180 Kilometer gefahren, ich wollte jetzt eigentlich nur noch in die Stadt, etwas essen gehen, dann zurück zum Strand, Zelt aufbauen und schlafen. Ich kaufte mir einen Plejskavica, die serbische Version des Hamburgers, kostet 3 Euro und man ist danach so satt wie nach 3 Big Macs. Ich radelte zurück zum Strand, der war mittlerweile gut gefüllt mit Hunden und deren Besitzern, einer von denen setzte erst mal seinen Haufen neben mein Fahrrad. Okay doch kein so idealer Platz, also was solls, ist ja noch etwas hell, fahr ich eben weiter und mach die 200 heute voll.
Der nächste Platz war dann auch gut, eine kleine Bucht am Donau Hauptstrom, es war jetzt aber leider nicht mehr lange hell. Also schnell ins Wasser zum Erfrischen, diesmal keine Badehosenprobleme da niemand in der Nähe, Kocher und Zelt aufgebaut, Essen gekocht....(Hatte natürlich schon wieder Hunger), eine serbische Familie die gerade Kaunfahren war spendierte mir ein kühles Bier, alles wunderbar.
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Eingeschlafen bin ich dann etwas schwerfällig, die Hunde eines Anglers knurrten und bellten vor meinem Zelt herum, ich hatte keine Lust aufzustehen um sie zu verjagen, also wartete ich ab bis sie wieder verschwanden. Dann war es schön, ich sah auf den Stenenenhimmel und auf die Donau, ab und zu kam ein Schiff vorbei: Hell erleuchtet ein Passagierschiff, oder schwach beleuchtet ein Frachter... Ich war traurig, denn ich wusste, die fahren bis zum Schwarzen Meer, ich aber habe nur noch wenige Tage Urlaub und schaffe es nicht bis dahin... Dann schlief ich ein...

 
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Tag 6
Nach einer erholsamen Nacht lass ich es am nächsten Morgen gemütlich angehen, geh eine Runde schwimmen in der Donau, da mir in der sicheren Bucht das Wasser zu schlammig und abgestanden ist und im Hauptstrom eine ganz gute Strömung herrscht, die das Baden in der Donau zu einer nicht komplett ungefährlichen Sache macht. Nach einem ausgiebigen Frühstück betreibe ich erst einmal Internetrecherche, denn ich weiss ja es sind weniger als 100 Kilometer bis ins Stadtszentrum der serbischen Millionenstadt Belgrad. Wie haben Freitag, das Wochenende steht an, ist das jezt ein Vorteil ode ein Nachteil, gerade diese Tage in Belgrad zu verbringen? Wohl doch eher ein Nachteil, aber ich nehme es wie es kommt, eigentlich hätte ich damit gerechnet erst ein paar Tage später in Belgrad zu sein, was solls... Ich schau auf Booking und AirBNB nach einer Unterkunft in in oder Nahe von Belgrad. So recht fündig werde ich nicht, in der Innenstadt ist alles ausser Mehrbettzimmer - Hostel relativ teuer, und die günstigen Unterkünfte sind sehr abgelegen, da will ich auch nicht hin. Mein ursprünglicher Plan war es, in Belgrad mal zwei oder drei Nächte in eine feste Unterkunft zu gehen, um mich mal von den bisherigen Strapazen etwas zu erholen, sprich zu faulenzen.
Gegen halb neun fahr ich dann endlich los, schon nach kurzer Zeit geht es einen knackigen Anstíeg hoch, nicht viele Höhenmeter, aber relativ steil. Das wiederholt sich dann einige Male bis es wieder flacher wird, die Donau sehe ich aber heute kaum.
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Manch einer wird sagen die Gegend ist öde und langweilig, mir gefallen diese ruhigen unspektakulären Landstrassen, ohne Touristenrummel, ohne Hektik, ohne ein Spektakel welches ein neues Spektakel jagt.
Aufkleinen Strassen oder landwirtschaflichen Feldwegen geht es immer weiter Richtung Belgrad, ich fahre etliche Schlefen und Umwege damit ich nicht auf die große Strasse muss die Novi Sad mit Belgrad verbindet. Die ist zwar auch nicht so stark befahren, da zwischen Novi Sad und Belgrad der legändere "Autoput" verläuft (der heute eine langweilige AUtobahn ist), aber auf den kleinen Strassen und Wegen auf denen ich heite fahre ist der Autoverkehr heute nahezu Null.
In Stari Bancovi mache ich nch mal eine kurze Rast und esse was, ab hier bin ich auf lauten und vollen Strassen unterwegs mit vielen LKWs, nicht so schön aber für ein paar Kilometer muss man dsa halt mal ertragen. Schnell bin ich in Zemun, ein Vorort von Belgrad der bereits mit de Stadt verwachsen ist. Ich suche einen McDonalds auf, ich glaube es ist das erste mal auf diese Tour. Hier weiss ich halt sicher, dass es alles gibt was ich so brauche (Wasser Toilette Steckdosen), das Rad stellt man einfach vor eines der grossen Fenster während man innen sitzt und überlegt, was man jetzt macht, so früh an einem Ort an dem man eigentlich erst viel später sein wollte.
Ich bechliesse nin, mir vorerst keine feste Unterkunft zu suchen, denn ich erkennen keinen grossen Nutzen darin. So extrem müde und kaputt bin ich auch nicht, eine warme Dusche habe ich schon lange nicht mehr gehabt aber bei täglichen Temperaturen über 30 Grad vermisse ch die auch nicht so sehr. Also ergoogl ich eine Möglichkeit, wo ich in Belgrad einen Teil meines Gepäckes deponieren kann, mein Plan ist dann weiter zur Ada Cigania zu fahren, einem Naherholungsgebiet von Belgrad auf einer grössern Insel und einem künstlichen See, dort ein wenig relaxen und Abends hier zu zelten.
Von Zemun fahre ich runter in die Belgrader Innenstadt, das Depot finde ich aber irgendwie nicht, und da der See lockt suche ich nicht lange weiter und fahre mit all meinem Gerödel zum See. Der ist noch ziemlich voll, klar es ist Freitag abend, das Wochenende beginnt. Ich schmeiss mein Fahrrad an den Strand, wasch mir beim Schwimmen den Schweiss und Staub vom heutigen Tag von der Haut, leg mich an den Strand zum Trocknen, spring noch mal ins Wasser, lass mich wieder von der Sonne trocknen. Dann wirds auch schon Zeit einen Supermarkt aufzusuchen, ich muss nochmal um den See rum ca 5 Kilometer fahren, gekocht wird dann an einem Picknickplatz am Strand, wo ich später auch mein Zelt aufbaue.
Als ich am Abend ein paar Polizisten an diesem Freizeit Hotspot patroulieren sehe überlege ich kurz, ob ich mir doch was anderes suchen soll, denke aber dann , mehr als verjagen können die mich auch nicht, was solls.... Abends wird es dann sehr ruhig am See, von Menschenmassen keine Spur mehr, allerdings raubt mir eine Party in einem der Strandclubs auf der anderen Seite des Sees, mehr als einen Kilometer Luftlinie den Schlaf. Das wird die erste Nacht die ich richtig schlecht schlafe auf meiner Reise....
 
Tag 7 und 8
Ruhetage in Belgrad
Das Wochenende verbrachte ich in Belgrad auf der Ada Cigania
Ich wusch meine Wäsche in dem Waschraum/Toilette einer Volleyballanlage, dort wurde ich dann gleich als Spieler verpflichtet von ein paar Einheimischen im 3 gegen 3, da ihnen ein Spieler fehlte. Ich weiss nicht genau welche Antrengung grösser war, der Weg mit dem Fahrrad bis hierher oder das vormittägliche Beachvolleyballspiel mit ein paar Jungs die 15 Jahre jünger waren als ich. Die Anstrengung auf glühend heissem Wüstensand zahlte sich allerdings aus, nach 0:2 Satzrückstand gewann meine Mannschaft noch 3 zu 2. Mitte des zweiten Satzes erkannte ich dann glücklicherweise, dass sie anscheinend vor Kurzem ;)die Regeln beim Volleyball geändert hatten, in meiner Schulzeit konnte nur der Punkten, der Angabe hatte, das war nun anders und die 5 Sätze vergingen wie im Fluge...
Danach sassen wir noch zusammen bei ein paar Drinks am Strand, bis ich dann am Nachmittag nach Belgrad in die Altstadt fuhr, endlich den Laden fand wo man Gepäck aufbewahren konnte und dort bis Montag früh ungefähr die Hälfte meines Gerödels deponierte. Ich schaute mir noch ein paar Sachen in Belgrad an (mit dem Rad natürlich), leider wurde vor einigen Jahren ein großer Teil des wunderbaren alten Belgrads abgerissen, hier stehen nun austauschbare riesige Appartmentsblöcke für die Upper Class, so ist leider der Lauf der Dinge. Ich war vor vielen Jahren einmal in Belgrad und hatte diesen wunderschönen leicht morbiden Stadtteil von Belgrad noch gut in Erinnerung, der ist nun verschwunden und zwar komplett.
Am Abend bezog ich wieder meinen alten Zeltplatz, ein Gewitter konnte mich beim kochen nur kurz stören, diese Nacht schlief ich wieder einwandfrei, die Partys waren heut woanders oder der Wind hatte sich gedreht....
Am nächsten Morgen bim Frühstück klaute mir erst einmal ein Strassenköter meine Socken, aber so richtig böse konnte man ihm natürlich nicht sein. Ich holte sie mir zwar wieder bzw das was von ihnen noch übrig war, egal ich hatte zum Glück ja noch Ersatzsocken dabei, sogar zweifach!
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Tagsüber dann ein bisschen baden, nochmal in die Altstadt, dann eine kleine Fahradtour die Sava hoch (der Radweg geht fast 200 Kilometer weit ich fuhr logischerweise nur ein kleines Stück davon.
Als ich spät abends in der Dunkelheit meinen Zeltplatz ansteuern wollte wurde ich noch etwas nass, und zwar auf folgende Weise: Um den Ada See führen zwei Wege, einer ist eher für Fussgänger und geht am Ufer entlang, der andere ist breiter, geht in einem grösseren Umfang um den See und ist für Radfahrer. Als ich nachts auf der gegenüberliegenden Seite des Sees war wollte ich schnell zu meinem Zeltplatz, in der Annahme ich sei auf dem äusseren und längerem Weg fuhr ich einen kleinen Trampelpfad hinunter, der mich ja automatisch auf den inneren Weg führen würde. Ich sah schon den schwarzen Asphalt, dachte ich zumindest, denn es war kein Asphalt es war der See. In voller Fahrt klatschte ich in den See, der war die ersten zwei Meter glücklicherweise noch nicht so tief und ich stand nur etwa bis zum Flaschenhalter im Wasser. Die Gabeltaschen hatte ich in weiser voraussicht im Depot gelassen, mein Zelt und Schlafsack waren in der Arschrakete und der Lenkerrole, bis auf Schuhe und Socken blieb ich trocken. Leider gab es keine Zuschauer die ich hätte belustigen können, schade eigentlich. Fotos oder Videos gab es auch keine, und im Gegensatz zu diesem abgesoffenem Tanzclub am Sava - Ufer tauchte ich ziemlich schnell wieder auf
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Nach der unfreiwilligen Wasserung erreicht ich dann aber nach ein paar Kilometern meinen Zeltplatz und hatte eine erholsame Nacht, meine letzte in Belgrad.
 
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Mir ist vor Jahren (Anfang der 2000er) mal in Moldavien bei einer Radtour geraten worden eine Drucklufthupe/ Signalhorn zu nehmen. Und das funktionierte damals richtig gut. Ich musste aber abwarten bis Hunde usw etwas näher rankamen, dann kurz tuten und die hauten immer ab. Ob die Evolution so weit ist dass die gemerkt haben dass das alles nur (heisse) Luft ist weiss ich aber nicht :lol:
 
Also die herrenlosen Strassen-Hunde die ich auch meiner Tour traf waren friedlich und scheu, die Hunde die mich laut kläffend und knurrend nur nur ein einziges Mal verfolgten gehörten zu einem einsamen aber bewohntem Haus am Donaudamm, die vertrieb ich durch lautstarkes Gebrüll, da hielten sie dann schon etwas Abstand zu mir und wurden vorsichtiger. Man sollte ihnen wohl nicht in die Augen schauen und auch nicht anhalten denke ich, auch nicht beschleunigen sondern ruhig weiterfahren.
Stöcke oder Steine hab ich nie gebraucht - zum Glück.
Ich denke die grösste Gefahr ist vermutlich, wenn sehr tierliebe Menschen so einen Strassenhund dann mitnehmen nach Hause, weil die ja sehr den Beschützerinstinkt in uns wecken...
 
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Tag 9
Montag früh brech ich vom meinem Zeltplatz auf der Ada Ciganlia auf, fahre noch zu dem Depot wo ich über die zwei "Ruhetage" meine Ausrüstung deponiert hatte. Bis ich alles wieder zusammen habe, alle Tachen wieder montiert habe, langsam aus der Millionenstadt Belgrad heraus bin ist es schon fast Mittag, und ich nutze die Ziviliasation noch einmal, um mich an einem Imbiss mit serbischen Fast Food satt zu essen.
Dann geht es weiter an der Donau entlang und zwar diesmal stromaufwärts, allerdings auf der anderen Seite als der, von der ich am Freitag nachmittag nach Belgrad gekommen bin. Schnell wird die Gegend wieder sehr einasm und wirkt gottverlassen, hier ist nichts mehr asphaltiert auf den lehmigen/sandigen Wegen kommt man aber gut voran. Ich glaube es ist der erste Tag wo es wirklich sehr angenehme sommerliche Temperaturen hat, die das Fahren auch am Mittag und ohne Schatten zum reinsten Vergnügen machen ohne dass man sich fühlt wie ein Kamel in der Sahara welches die letzte Oase verpasst hat.
Mein Ziel ist die serbische Stadt Zrenjanin, die ich aber nicht auf direkem Weg ansteuere sondern fernab der größeren Strassen auf kleinen Wegen und Nebenstrassen, Als ich nach langer Fahr endlich in ein Dorf eintrudel, nutze ich das um Getränke und Essen zu kaufen. Auf einer Bank im Dorf sitzen ein paar alte Männer die Bier trinken. Ich geh nochmal in den Laden, kaufe eine Runde Bier für die versammelte Mannschaft und breche damit sofort das Eis. Natürlich können sie weder Deutsch noch Englisch, trotzdem wollen sie alles von mir wissen, und mit Händen und Füssen erklärt mir einer der Männer, dass er ja auch mal in Deutschland gearbeitet hat.
Ich bin so oft bisher von Serben ohne grossen Anlass zu irgendetwas eingeladen wurden und habe große Gastfreundschaft erlebt, da ist es längst überfällig den Serben auch mal eine kleine Geste entgegen zu bringen. Weiter gehts das letzte Stück auf einer grösseren Strasse, dann bin ich in Zrenjanin und mache ein wenig Sightseeing, es ist wieder einmal eine sehr nette kleine Stadt, die mir gut gefällt.

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Danach fahre ich aus der Stadt raus an der Bega entlang Richtung rumänsche Grenze und steuere meinen zuvor auf Google Maps ausgekundschafteten Schlafplatz an. Da ich aber in der Nähe kein Wasser finde drehe ich noch mal um, fahre zum einzigen Trinkwasser Brunnen der auf der genau anderen Seite der Stadt liegt und kaufe für das Abendessen eines meiner Lieblingsessen auf Tour ein: Spagetti mit Thunfisch und verschiedenen Gemüsen.
Endlich bin ich wieder an meinem Schlafplatz, einem Picknickplatz am Beginn des Radweges der bis nach Rumänien führt, auf ein Bad in der Bega die hier relativ "grün" aussieht verzichte ich. Beim Kochen und Abendessen treffe ich noch auf ein paar einheimische Radsportler mit denen ich etwas plaudere, dann bin ich auch entsprechend müde und verbringe schlafe in meinem Zelt bald ein...
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Tag 10
Ich fahre morgend noch mal zurück in die Stadt, wo ich mir noch mal Wasser hole und einen Grossteil meines restlichen serbischen Geldes ausgebe. Ist ein Umweg von gut 20 Kilometer aber den nehme ich im Kauf, bis zu meinem Ziel ist es ja eh nicht mehr weit- dachte ich. Auf einem gut ausgebautem Fahrradweg, offenbar finanziert mit Geldern aus dubiosen Programmen der EU geht es immer an der Bega entlang.

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Ich bin wieder fast immer alleine, sehe nur eine handvoll einheimische Radfahrer, aber niemand der eine Tour macht. Der Weg ist noch ganz gut fahrbar, allerdings merkt man dass nach der Bebauung wenig Geld hinein gesteckt wurde. Wenigstens sind an ein paar Stellen die grössten Löcher repariert wurden von den Serben.
Irgendwann steht in der Gegend der schnurgeraden topfebenen Strecke ein uralter verlassener Turm, dann kommt nach einem halben Kilometer eine alte Schranke, links und rechts kommt man mit dem Fahrrad durch etwas Buschwerk leicht vorbei. Keine Hinweise, keine Verbosschilder.
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Aha das ist die Grenze, niemand da, niemand in der Nähe, fahr ich halt mal rüber nach Rumänien.
Nix passiert, ich fahre weiter, der Zustand des Radweges wird deutlisch schlechter, die Serben haben wenig, die Rumänen gar nichts in den Unterhalt gesteckt... Keine Menschenseele ist unterwegs. Mir wäre es lieber, es kommt jetzt bald mal ein Dorf, so fühlt es sich irgendwie komisch an. Dann steht am Weg ein etwas seltsam anmutender Schäfer mit seiner Schafherde, ich denke mir nicht viel dabei.
Plötzlich hinter mir ein blauer Dacia der rumänischen Border Police, na was wollen diese Wichtigtuer denn nun von mir, das hat ja noch gefehlt....
Sie fragen mich woher ich komme, ich entschliesse mich die Wahrheit zu sagen, wer weiss wo die mir aufgelauert haben, stecken die vielleicht sogar mit dem komischen Schäfer zusammen?
Husch husch zurück wieder über die Grenze, nach kurzer Diskussion sehe ich ein dass die wohl am längeren Hebel sitzen, sie begleiten mich die etwa 10 Kilometer bis zur Schranke zurück. Klar nervt mich das, finde es auch seltsam wenn ich als EU Bürger wieder die EU verlassen muss um "neu" einzureisen, für meinen Pass interessieren die beiden sich nicht als ich vorschlage, die "Grenzabfertigung" doch einfach am offenen Wagenfenster durchzuführen. Fairerweise muss ich sagen, sie waren ausgesprochen freundlich und in keinster Weise herablassend, was mach aber noch in der Annahme bestärkt, dass die "Rechtslage" vielleicht nicht so eindeutig ist wie die beiden mir weis machen wollen. Zurück in Serbien halte ich an einer kleinen Bank zum rasten und schau mir die Karte an. Na Prima, fast 70 Kilometer Umweg, statt Radweg über Strassen, aber was solls...
Zm Glück ist auf den Strassen kaum Verkehr, ich fahre wie eine Maschine, mache einfach stur was mir das Navi sagt, Minute für Minute, Stunde für Stunde. Als ich irgendwann in ein kleines Dorf komme lotst mich das Routenprogramm in ein Feld. Gut Offenbar bin ich falsch hier, kein richiger Weg erkennbar, dreh ich also um. Am ersten Haus Hundegebell, ein Mann brüllt mir irgendwas entgegen. Aber nicht unfreundlich, im Gegenteil, er lacht schelmisch. Schnell erkennt er dass ich Deutscher bin: "Haha was machst Du denn, wo wolltest Du denn hin, ja da gehts nicht weiter! Jetzt komm erst mal rein und hol Dir bei uns was zu trinken ab" Wie es dann so ist wenn man eigentlich nur Wasser auffüllen will, man wird zum Tisch gebeten, der Mann ist etwa Mitte 40, seine Frau kommt dazu, beide erzählen mir ihre Geschichte.
Er ist Pole, sie Serbin, sie haben sich vor Jahren in Deutschland kennen gelernt wo sie arbeiten, haben zwei Kinder, jetzt wollen sie heiraten im Heimatdorf der Frau und sind noch in den Vorbereitungen. Sie fahren Essen auf, ich muss ich durch alles mögliche durchprobieren, was ich gerne mache, Kaloroenbedarf hat man ja als Radler immer. Die Eltern staunen was ich so alles verdrücke, ein paar Bier spüle ich auch noch runter, aus Höflichkeit bin ich auch bei den Schnapsrunden dabei, so etwas trinke ich im "normalem Leben" sonst nie. "Hey bleib doch den Abend einfach hier, wir haben ein Gästezimmer für Dich, frische Bettwäsche, warme Dusche, alles was Du brauchst..." - "Aha stinke ich echt so sehr? - ja könnte sein" muss ich lachen. "Nein Du riechst gut", lügen die beiden mich an und wir müssen alle Lachen...
Ich entscheide mich trotz der Verheissung auf diese ganzen luxeriösen Annehmlichkeiten dann doch, über die Grenze zu fahren, die macht nämlich demnächst zu und in eine neue Zeitzone gelange ich auch. Die beiden versorgen mich noch mit massig Schokolade, sie sind der Meinung, die Grenzbeamten auf beiden Seiten müsse man UNDBEDINGT bestechen, das wäre hier so üblich.
Mit ordentlich Promille im Blut aber gut gelaunt nach den lustigen zwei Stunden rolle ich die wenigen Kilometer bis zur Grenzstation. Auf der serbischen Seite kein Problem, die Schokolade gebe ich dem Grenzer aber erst nachdem er mich durchlässt, er freut sich total und grinst wie ein Honigkuchenpferd.
Der Rumäne macht auch keine Probleme, nimmt aber die Schoki nicht an - hey herzlich willkommen in der EU, hier ist halt alles etwas "formaler". Dann geht es auf wenig befahrenen guten Strassen wieder in Richtung Bega - Kanal (es ist eigentlich ein Fluss aber er sieht aus wie ein Kanal). Aus den Feldern fahren wie die Strauchdiebe die Dacia Duster der rumänischen Grenzpolizei heraus: Aha man muss also bis etwa 19.00 Uhr warten dann ist es sicher und die Wegelagerer haben Feierabend.... Irgendwann bin ich wieder auf dem Radweg, an einer Stelle die ich ohne Zwangsstop nach nur wenigen Kilometern erreicht hätte viele Stunden zuvor. Verrückte Welt, aber ohne die eifrigen Grenzpolizisten hätte ich den netten Nachmittag bei Speis und Trank im letzten serbischen Dorf nicht erlebt, alles hat auch seine guten Seiten.
Timisoara werde ich heute eh nicht mehr erreichen, am Radweg sind in unregelmässigen Abständen Shelter aufgebaut, daneben will ich campen.
Am ersten Shelter ist es mir zu ungeben, den zweiten Shelter okkupiert ein rumänischer Kuhhirte mit seiner Herde. Am dritten Shelter ist es dann schon richtig dunkel, unter Stirnlampenlicht bau ich mein Zelt auf. Etwas Hochzeitskuchen und Schoki gibt es noch, kochen tue ich nicht mehr, bin noch gut gesättigt vom Nachmittag. In der Nähe auf einem Grundstück kläfft eine ganze Horde von Hunden, aber irgendwann geben die Ruh und ich schlafe gemütlich ein....
 
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Wow, so ein toller Bericht! Dass du die alten Herren in Serbien auf ein Bier eingeladen hast, finde ich echt sehr sympathisch, ein paar Stunden später kam es ja auch schon wieder zurück. Toll, deine Erfahrungen mit den Bewohnern der Dörfer! So langweilig es wahrscheinlich oft ist, wenn man alleine unterwegs ist, so tut man sich mit Kontakten mit den Einheimischen entsprechend leichter.
 
Wow, so ein toller Bericht! Dass du die alten Herren in Serbien auf ein Bier eingeladen hast, finde ich echt sehr sympathisch, ein paar Stunden später kam es ja auch schon wieder zurück. Toll, deine Erfahrungen mit den Bewohnern der Dörfer! So langweilig es wahrscheinlich oft ist, wenn man alleine unterwegs ist, so tut man sich mit Kontakten mit den Einheimischen entsprechend leichter.
Genau so ist es, alleine oder maximal zu zweit kommt man am leichtesten mit Einheimischen ins Gespräch.
In Serbien haben viele Menschen ein sehr großes Herz, das spürt man einfach.
Mit jüngeren Menschen kann man auch oft sehr interessante Gespräche führen, und es geht nie über Politik.
Außerhalb von Belgrad kam ich auf einer Rast mit einem jungen Mann ins Gespräch der perfekt Deutsch sprach, er war in Deutschland aufgewachsen, hatte da einen guten Job und ging mit Ende 20 wieder nach Belgrad, jetzt hatte er Urlaub und wanderte verschiedene Klöster ab in denen er übernachtete.
Es war sehr interessant sich mit ihm zu untehalten, ich war natürlich neugierig warum er nach Belgrad gegangen ist, warum er freiwillig solche großen Gehaltseinbussen eingegangen ist, und er erklärte mir das ungefähr so:
"Weisst Du, in Deutschland hast Du Sicherheit, für alles gibt es ein soziales Netz, was dazu führt dass jeder sein eigenes Leben lebt, wenn man strauchelt fängt einen das System auf. Hier in Serbien gibt es das nicht, das führt dazu dass die Leute miteinander leben müssen und nicht nebeneinander her, da sie im Zweifel auf die Hilfe des Nachbarn angewiesen sein könnten."
 
Hunde die mich laut kläffend und knurrend nur nur ein einziges Mal verfolgten gehörten zu einem einsamen aber bewohntem Haus am Donaudamm, die vertrieb ich durch lautstarkes Gebrüll
Das hat in Griechenland so auch funktioniert. Letzte Rettung, nachdem die 6 Biester uns immer enger umkreist hatten und schliesslich anfingen, nach den Beinen zu schnappen: lautes Geschrei, Bewegungen in Richtung der Meute.
Man sollte ihnen wohl nicht in die Augen schauen und auch nicht anhalten denke ich, auch nicht beschleunigen sondern ruhig weiterfahren.
Erlebnis gestern: ein riesiger aggressiver Hund stürmt vom Waldrand her auf mich zu; Rufe des Besitzers sind vollkommen nutzlos. Ich nehme das Fahrrad quer vor mich und setze es wie eine Stosswaffe ein, Blick in seine Augen. Der Hund wird vorsichtig, greift aber immer wieder an. Bis der Besitzer endlich den Hang hochekeucht ist und die Leine eingehakt hat.
Er hat dann gemeint, ich hätte mich genau richtig verhalten.
 
Das hat in Griechenland so auch funktioniert. Letzte Rettung, nachdem die 6 Biester uns immer enger umkreist hatten und schliesslich anfingen, nach den Beinen zu schnappen: lautes Geschrei, Bewegungen in Richtung der Meute.

Erlebnis gestern: ein riesiger aggressiver Hund stürmt vom Waldrand her auf mich zu; Rufe des Besitzers sind vollkommen nutzlos. Ich nehme das Fahrrad quer vor mich und setze es wie eine Stosswaffe ein, Blick in seine Augen. Der Hund wird vorsichtig, greift aber immer wieder an. Bis der Besitzer endlich den Hang hochekeucht ist und die Leine eingehakt hat.
Er hat dann gemeint, ich hätte mich genau richtig verhalten.
War das in Deutschland? Ich wär wohl ganz schön angefressen wenn so jemand seinen Hund nicht unter Kontrolle hat und mich dann noch lobt: "Prima, alles richtig gemacht!"
Mein Rad kann ich auf solchen Touren nicht zwischen mich und Angreifer stellen, viel zu schwer und unhandlich. In Osteuropa ist man auf dem Rad ein absoluter Exot, die Hunde sind das nicht unbedingt gewohnt und das macht es schwierig einzuschätzen wie sie reagieren...
 
Tag 11 bis 14
Am Mittwoch morgen bin ich nur wenige Kilometer von Timisoara entfernt, wo ich mich als erstes in einem Kaufland (die haben immer Toiletten) der Körperpflege und dem Nahrungsmittelkauf hingebe.
Danach sitze ich beim zweiten Frühstück vor dem Supermarkt und überlege mir, was ich jetzt eigentlich machen soll.
Irgendwie ist die Luft ein wenig raus, am Samstag früh geht mein Bus über Wien zurück in die Heimat, was kann man jetzt von Timisoara noch machen? Klar erstmal ein wenig die Stadt besichtigen, dann fällt mir noch ein dass ich eine Ikea - Tasche besorgen muss für die Rückreise.
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Der Weg zum IKEA ist auf deutsch gesagt ÄTZEND, ich muss über eine fast schon Autobahnmässige Strasse, das ist aber der absolut einzige Weg hier hin, auch zu Fuss gibt es keinen Weg zum gelben Möbelhaus. Die Veggie - Hot Dogs, neben den Taschen bisher der einzige Grund für mich mal einen "IKEA" zu besuchen, mag dieses Unternehmen sonst so ganz und gar nicht, ist jetzt wohl auch anders, es gibt keine Zwiebeln und Gurken mehr.
Ich bin etwas ernüchtert, die Gegend hier ist etwas fad auch wenn die Stadt ganz schön und ziemlich sauber ist. Leider ist es die Umgebung nicht so sehr, das Ufer des Flusses an dem ich nun noch zwei mal Übernachten werde, ist ziemlich verdreckt, überall liegt Müll herum. Das fiel mir schon in Serbien auf aber Rumänien ist noch mal deutlich vermüllter. Meine Methode beim wildcampen, meinen Übernachtungsplatz immer sauberer zu hinterlassen als ich ihn vorgefunden habe, funktioniert hier nicht, da einfach zu viel Müll herumliegt, mit dem Rad bekomm ich den gar nicht abtransportiert. Die Shelter die am Radweg aufgebaut wurden sind als Wetterschutz total ungeeignet, außerdem sind sie verschmiert und die Dächer aus Plexiglas in großen Teilen zerstört, ich komme mir bei diesem Vandalismus vor wie in Berlin oder Hamburg, das kannte ich aus Osteuropa bisher nicht so, dass Leute mit Absicht ihre Stadt kaputt hauen. Ich schaue mir an was es so auf "Kommot" für Touren in der Umgebung gibt und fahre dann am Donnerstag eine etwas längere und am Freitag eine etwas kürzere Tour in der Umgebung.
Die Touren die ich mache sind sehr durchwachsen, zwar führen Teile über ruhige Strassen und durch kleine Dörfer, aber dann kommt man immer wieder auf Strassen mit viel Verkehr, vor allem sehr viele LKWs.
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Ein LKW schiebt DIch in Rumänien einfach von der Strasse, dem ist es ganz egal wie eng die Strasse ist und ob Gegenverkehr kommt, die Taktik sich "breit" zu machen, dass so ein 40 - Tonner erst gar nicht auf die Idee kommt dich knapp zu überholen funktioniert in Rumänien nicht. Diese Streckenabschnitte sind also purer Stress, man fährt extrem dicht am Strassenrand, wo es oft große Bodenwellen gibt, hat Gepäck dabei und dann ziehen die LKWs extrem knapp an einem vorbei, das macht mir so gar keinen Spass.


Meine Rückreise nach Deutschland ist auch eine rechte Tortour, zweimal fährt der Bus praktisch mitten in der Nacht los, an Stellen wo es nichts gibt, und ich muss mich irgendwie wachhalten denn ich will nicht schlafend die Abfahrt des Busses verpassen. Der Bus aus Bukarest kommend hat natürlich KEINEN Fahrradträger dabei, also wird mein Rad einfach ins Gepäckabteil geworfen und fährt dort mit.
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In Wien habe ich dann noch von Mittags bis 3 Uhr nachts Aufenthalt, die verbringe ich grösstenteils an einer Badestelle an der alten Donau. Es wäre so eine schöne romantische Gegend, ich könnte eigentlich wunderbar hier meinen fehlenden Schlaf nachholen... Leider hab ich die Rechnung ohne den Kanu - Verein nebenan gemacht, von ihrem Fort - Knox artig gesichertem Vereinsgelände beschallen sie die ganze Liegewiese, während sie selber eine Party feiern, ja vielen lieben Dank!!!
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Naja, umziehen habe ich jetzt auch keine Lust mehr, ich koche dort mein Mittagessen, gehe zwischen drin im herrlich sauberem Donauwasser schwimmen, dann fahre ich zum Wiener Busbahnhof, hänge dort noch einige Stunden gegen die Müdigkeit ankämpfend an ab, und bin am nächsten Mittag wieder zu Hause in Deutschland.

ENDE
 
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