[Bericht] Radsportveranstaltung Sonntag 07.11.04

J-CooP

Eisenschweinkader
Registriert
19. Juni 2002
Reaktionspunkte
43
Um kurz nach sechs in der Früh holte mich ein sanftes Trommeln auf meinem Fenster aus dem Schlaf. Nachdem ich mir aus Milch und energiegeladenen Cerialien mein Frühstück angerührt hatte, wurde der Himmel im Osten langsam orange und Lücken in den schnell dahin ziehenden Wolken wurden sichtbar, durch welche die herbstliche Morgensonne strahlte.
Also beschloss ich Petrus die kalte Schulter zu zeigen und die Schutzbleche im Keller zu lassen.

Nach einer endlos scheinenden S-Bahnfahrt erreichte ich um kurz vor acht den Alex, wo bald darauf auch Jockel eintraf. Dieser hatte sein Rad mit Schutzblechen ausgestattet, legte seinem Tun aber eine andere Theorie zugrunde. Er wollte Petrus demonstrieren, dass es keinen Sinn machte die Erde in Schlamm zu verwandeln, da er sowieso geschützt war.
So zogen Wolken und Wolkenlücken am Zug vorbei und kurze Zeit später war sogar ein Regenbogen zu erkennen, der in den Zug einstieg und sich zu uns gesellte – es war Kamerad Rob im ESK-Leibchen. Damit war unsere Runde auch schon vollzählig und die restliche Zeit wurde mit dem üblichen tiefgründigen Geschwätz verbracht.

In Straußberg angekommen wurde auch sogleich in wohl bekannter Manier mit dem Warmfahren begonnen. Es ging auf einem schmalen, mit Laub und Wurzeln gespickten, Pfad an einem kleinen Rinnsal entlang, so dass wir unser enormes Fahrkönnen ein erstes Mal voll ausschöpfen mussten.
Wie vom Sausewind getragen erreichten wir kurze Zeit später den Stienitzsee, von dessen Ufern Rob bereits während der Fahrt mit Grauen berichtet hatte, doch wir überstanden die Rüttelpassage ohne Verluste und erreichten schon bald die ersten Vorboten des Kalksteinabbaus. Vor uns standen, halb verfallen und grau vom jahrzehntelangen Kalkstaubniedergang, unheimliche Fabrikruinen. Man könnte sagen: „Sie sahen aus wie von einem anderen Stern – gebaut in einer Zeit in der noch Härte und Disziplin geherrscht hatten.“ Ich glaube wir hatten alle das Gefühl uns würde etwas mit diesen Gebäuden verbinden.
Nachdem wir den Buelow-Kanal durchquert hatten, durch den früher per Kahn der Kalk abtransportiert wurde, tat sich auf der anderen Seite das etwa vierzig bis fünfzig Meter tiefe Tagebauloch vor uns auf. Es ging weiter durch den Museumspark Richtung Windmühlenberg, wo uns ein Enduro-Ereignis die Wegwahl etwas erschwerte.

Nach all diesen Eindrücken war nun eine meditative Phase von Nöten und so radelten wir eine der typischen Brandenburger Stromtrassen entlang Richtung Fürstenwalde. Der Boden war zugleich sandig weich und holperig – ein typischer Pferdepi$weg eben – und gesäumt von endlosen Kiefernwäldern zu beiden Seiten.
Kurz vor Fürstenwalde bogen wir rechts ab und bahnten uns unseren Weg durch diverse Zäune und über Eisenbahnwagons um kurz darauf an der Großen Tränke die Spree und den Oder-Spree-Kanal zu überqueren.
Es ging noch ein Stück weiter nach Süden, wo wir noch einen kleinen Abstecher in die Rauener Berge machten. Hier merkte nun jeder seine Beine und Jockel wollte noch den Zug um kurz vor drei schaffen. Rob beschloss den Rückweg ohne Zug anzutreten und verabschiedete sich von uns. Jockel und ich kämpften uns durch Brombeerbüsche und über Wege, die diesem Namen nicht würdig waren, zurück nach Fürstenwalde, wo wir nach einer Hatz gegen den Wind um halb drei den Bahnhof erreichten – glaubten wir zumindest. In Wirklichkeit war es in der Zivilisation erst halb zwei und wir hatten die Uhren an unseren Tachos noch nicht umgestellt. So hatten wir noch Zeit ein braunes Zuckerwasser zu trinken und ein Stück lecker Kuchen zu naschen um dann um kurz vor zwei in den Zug zu steigen.

In Berlin fing es dann richtig an zu schütten, so dass ich doch nicht mehr von Potsdam nach Hause gefahren bin, sondern das Umsteigen in Wannsee vorzog. Ich wurde auf den letzten Metern jedenfalls noch naß und kalt genug.

Am Ende dieses Tages hatte ich knappe 130km, 1325hm und einen Schnitt von 29km/h auf meinem Tacho zu stehen. Hatte ich da vielleicht doch etwas umgestellt?
 

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sehr schöne sache,

zeitgleich habe ich bei 8 grad wassertemperatur neptunsreich besichtigt, fische waren noch reichlich da

micha
 
gut und böse liegen so dicht beieinander

unter diesem motto sollen die folgenden zeilen stehen...


wie von jockel prophezeit erreichte ich überpünktlich den bahnhof ostkreuz und frierte knapp fünf minuten in der morgendlichen kälte. sodann bestieg ich die eben eingefahrene bahn und gesellte mich zum oberst und zu j-coop. das berliner umland flog an uns vorbei und in feinen strippen nieselte kaltes nass zu boden. doch als wir in straussberg aus der s-bahn stiegen lächelte uns kurz die sonne entgegen und schwuppsdiewupps kurbelten wir im wald entlang. der boden war noch feucht und reichlich mit laub bedeckt. wagemutig wie wir ihn kennen stürzte sich der oberst einen schmalen verwurzelten pfad hinab, und wie von teufels hand geführt bockte der drahtesel auf und jockel verlor die kontrolle über sein widerspennstiges rad. im großen bogen legte sich der oberst darnieder. voll zorn und wutentbrannt, den schmerz verbergend, schwang er sich schneller als man schauen kann wieder auf sein bike und brauste vorran. in der eile nahmen wir den falschen abzweig und fanden uns mitten im weglosen wald wieder. noch immer rage stürzte der oberst vor und knickte die bäume mit seinen pranken wie streizhölzer um, um uns einen weg zu bahnen.

die stiemitzseepassage, die wir im folgenden nachfuhren, erwies sich als weniger anstrengend als in meiner errinnerung, sodas wir recht gut vorran kamen. wir passierten den tagebau und lauschten hier und da halt machend den kulturhistorischen erläuterungen von jockel.
die kranichberge rechts liegen lassend eilten wir über kagel nach kienbaum. von hier aus ging es inmitten einer starkstromtrasse schnurgerade kilometer um kilometer richtung fürstenwalde - ein wahre pracht für biker, die sich gerne in einen meditativen zustand kurbeln. ich mag diese augenblicke, kann man doch seinen gedanken freien lauf lassen und über gott und die welt sinnieren - das befahren dieser ellenlangen, geraden brandenburger waldwege stellt eine perfekte symbiose aus rennradfahren und mountainbiken dar.

die durchquerung des mit 'achtung lebensgefahr - betreten verboten' beschrifteten schildern versehenen geländes sollte unserer kleinen esk-delegation kein hindernis sein. nach einigen kilometern überfuhren wir die spree und noch ein paar kilometer später stachen wir in die rauener berge. der oberst kannte natürlich die knackigsten anstiege für unsere nach 60km gerade erst warmgefahrenen beine. auf dem kamm der berge trennten wir uns schließlich. es war ja recht zeitig und ich wollte einfach noch ein paar kilometer in meinem tempo locker rollen.
an den markgrafensteinen hab ich eine kurze pause einglegt und gegessen. danach bin ich nach einem kleinen schlenker wieder nach rauen und habe den ort westwärts über einen extrem ruckeligen pflasterwaldweg verlassen; meine kalten hände haben durch die starken vibrationen geschmerzt und ich musste den lenker festklammern wie kaum je zuvor. doch anscheinend hat das nicht nur meinen händen den rest gegeben... ich erreichte einige kilometer später markgrafenpieske und bog ab richtung oder-spree-kanal. kurz später nervte mich das leichte knacken doch etwas und ich schaute mir mal das bike an. und was sah ich da: Im Arsch! die muffe die das sattelrohr mit dem tretlagerbereich verbindet hat sich verabschiedet, war lose.

ich hab nie daran gezweifelt, dass der 12 jahre alte rahmen irgendwann mal das zeitliche segnet. ich hab mir vorgestellt, dass, wenn er mal bricht, die welt in tränen untergeht. nun war der rahmen aber nicht so auffällig gebrochen, sondern nur eine muffe kaputt - voll unspektakulär. ich zeigte komischerweise keine emotionale regung und fuhr weiter - knack, knick, knack. von spreenhagen bin ich dann nurnoch straße gefahren, nur ein geräuscht im ohr und einen gedanken im kopf. latzwall, spreeau, fangschleuse, erkner, rahnsdorf. das wars also, mein liebster rahmen, mit dem ich alles gemacht habe und der alles mitgemacht hat, im arsch :-(
war trotzdem ne schöne tour.

strausberg - stienitzsee - rüdersdorf - kagel - kienbaum - fürtstenwalde - große tränke - rauen - rauener berge - rauen - markgrafenpieske - spreenhagen - spreeau - erkner - rahnsdorf; 100km rum

rob

p.s.: ich brauch jetzt natürlich halbwegs fix nen neuen rahmen. nicht zu teuer, gerne stahl, klassische optik und geometrie, kein reiner ss-rahmen, nicht zu schwer, gerne gebraucht, 17,5 - 18,5/19"
 
Na mensch Rob, das tut mir echt leid...nach allem was Du mit dem Rahmen alles erlebt hast.
Da wird ja ein richtiges ESK-Begräbnis in allen Ehren fällig.
Schöne Berichte Jungens...und ich muß gestehen, ich habe heute auch ein bischen darauf gewartet, da ich den ganzen Tag an meiner Möre rumgebastelt habe und leider nicht zum biken gekommen bin...

Danke
Staubi
 
rob schrieb:
kurz später nervte mich das leichte knacken doch etwas und ich schaute mir mal das bike an. und was sah ich da: Im Arsch! die muffe die das sattelrohr mit dem tretlagerbereich verbindet hat sich verabschiedet, war lose.

ich hab nie daran gezweifelt, dass der 12 jahre alte rahmen irgendwann mal das zeitliche segnet. ich hab mir vorgestellt, dass, wenn er mal bricht, die welt in tränen untergeht. nun war der rahmen aber nicht so auffällig gebrochen, sondern nur eine muffe kaputt - voll unspektakulär.


Etwas Loctite Buchsenkleber dazwischen und von jeder Seite eine Popniete durch und er hält weitere 12 Jahre.

Zum Rahmen: Ich habe im Keller noch meinen Red Bull rumstehen. Den kannst du gerne haben. Ist zwar etwas schwerer und hat ein paar Löcher, aber besser als nichts. Ich muß bloß mal sehen, ob ich noch alle Teile vom Steuersatz finde.
 
schöne berichte - vielen dank! das klingt nach echter esk tour. ich wäre gern mit euch gefahren, aber manchmal passt es eben leider nicht.

mensch rob, da sprechen wir gerade über deinen rahmen, über mögliche lackierungen und wie lange er wohl noch hält und "zack" - weg bricht er. es tut mir sehr leid! wenn mein altes gt bricht würde es mich auch hart treffen. hoffentlich bekommst du schnell ein neues gerät. bis bald... menis
 
mensch rob, dann auch von mir aus dem süden mein beileid, kann gut nachfühlen wie es ist wenn sich ein geliebtes gefährt unter einem auflöst....
trotzdem schöne berichte!
mfg.
 
werter Roppsen
es ist wirklich trurig das deine bude den geist aufgegeben hat. Wer weis ob du je wieder sone leichte karre dein eigen nennen wirst. Aber sieh es mal von der positiven seite... du warst halt zu stark für nen leichtbau "trek" jetzt wisst ihr warum surly 1" wasserrohre zum rahmenbau verwendet.

verschneite grüße
eL
 
Rob! Mein herzliches Beileid zum Ableben Deines stilvollen Arbeitsgerätes. Immerhin ein sehr ESK-würdiger Abgang. Auf den endlosen Brandenburgischen Rüttelpisten hat es ihn zermürbt. Und er hat Dich trotz tödlicher Verwundung heil nach Hause gebracht, ohne Dir auch nur ein Haar zu krümmen. Nur ein leises Knarzen gab er im Todeskampf von sich. Das nenne ich Einsatz. Treue. Zäh bis in den Tod. Weniger pflichtbewußte Rahmen hätten schon nach der Hälfte der Zeit mitten in den Alpen urplötzlich beim bergabschreddern den Geist aufgegeben, so daß es Dich wohlmöglich noch ein paar Zähne gekostet hätte. Das Mindeste was Du tun kannst, ist ihm eine letzte rituelle Säuberung zu gewähren, um ihn dann in der guten Stube an der Wand seinen letzen Ruheplatz zu geben.

Und natürlich eine schöne Tour auch! Hoffentlich bin ich bald mal wieder dabei.
Bis denn
 
Husten schrieb:
Rob! Mein herzliches Beileid zum Ableben Deines stilvollen Arbeitsgerätes. Immerhin ein sehr ESK-würdiger Abgang. Auf den endlosen Brandenburgischen Rüttelpisten hat es ihn zermürbt. Und er hat Dich trotz tödlicher Verwundung heil nach Hause gebracht, ohne Dir auch nur ein Haar zu krümmen. Nur ein leises Knarzen gab er im Todeskampf von sich. Das nenne ich Einsatz. Treue. Zäh bis in den Tod. Weniger pflichtbewußte Rahmen hätten schon nach der Hälfte der Zeit mitten in den Alpen urplötzlich beim bergabschreddern den Geist aufgegeben, so daß es Dich wohlmöglich noch ein paar Zähne gekostet hätte. Das Mindeste was Du tun kannst, ist ihm eine letzte rituelle Säuberung zu gewähren, um ihn dann in der guten Stube an der Wand seinen letzen Ruheplatz zu geben.
ich danke dir husten. du findest in den zeiten der not immer die richtigen worte und weißt das geschehene adäquat zu beurteilen. ich habe mir auch schon gedacht, dass es doch nur von heimatverbundenheit und wahrer wertschätzung zeugt, dass der rahmen in der mark brandenburg seinen letzten atemzug ausstoß und mich dennoch sicher in die warme stube begleitet hat. mein dilemma ist es, nun einen rahmen mit gleichwertiger verbundenheit für nicht das größte geld in kurzer zeit zu finden - es wird nicht leicht.

@el: eines sei gewiss, der leichteste rahmen ist so ein altes trek bestimmt nicht. ich bin gespannt auf den moment, wenn ich ihn bei a.d. mal an die waage hänge, aber es werden sicher über 2kg.

thx, rob
 
Fern kommt ein Zug von Fackeln durch ein Tor,
Ein Sarg, der auf der Träger Schultern bebt
Und langsam durch den langen Korridor
In trauriger Musik vorüberschwebt.

Aus Georg Heym, Der fliegende Hollaender






Lieber Rob, treuer Wegbegleiter,

karyatide.jpg


Aus gegebenem, traurigem Anlass, möchte ich mich auch mal wieder im hiesigen Forum bemerkbar machen und Dir lieber Rob mein tief empfundenes Beileid zum Ableben Deines, bis in den viel zu frühen Tod hinein, stets treuen Plastekameraden übermitteln.

Rob, Du musst nun sehr tapfer sein. Denke stets daran, auch wenn es Dich gegenwärtig dünkt, dass die Sonne nie mehr scheinen möge, es kommt der Tag, an welchem auch Dir wieder das Glück hold sein wird.
Und eines sei versichert, hätte ich die Möglichkeit, Dir einen fahrfähigen Rahmen unter den schmalen Hintern zu schieben, weiß Gott, ich würde es tun.

Jockel
 
Ganz nett, aber was fehlt ist der schwarze Rand drumrum. Das nächste Mal ein bisschen mehr Mühe bei Formatieren der Beiträge, Herrmann!
 
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