[Fotostory II] Singlespeed-Alpentour 04

rob

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12
Ort
Spongohausen bei Berlin
Singlespeed-Alpentour 04

von Rikman und Rob


Im letzten Jahr unternahmen Rikman und ich unsere erste Alpentour mit den noch recht jungfräulichen Singlespeedern. Damals kämpften wir uns dreieinhalb Tage durch Tirol und Südtirol auf den Spuren des Ötzis. Nach der Touren schwörten wir: Nie wieder, nie wieder! Doch ihr kennt es sicher aus eigener Erfahrung: schon kurze Zeit später hat man wieder Böcke und kann es bis zum nächsten Jahr gar nicht aushalten. Here we are!
Und im letzten Jahr arbeitete Rikman unsere Alpentour in einer Fotostory auf die ziemlich gut ankahm, sie wurde 'Thema des Jahres 2003' hier im Forum. Da die Resonanz so gut war und etliche vor unserer diesjährigen Tour fragten ob es denn wieder sone feine Story gäbe, haben wir uns abermals dazu entschlossen. Nur hat der Riki nicht so viel Zeit, also übernehme ich den Part (wird sich über nen paar Wochen hinziehen, da ich zwischenzeitlich weg bin).

Ein paar Wochen vor dem Start habe ich mich hingesetzt und mir eine Route überlegt. Ein Rundtour sollte es wieder sein mit Sart- und Zielort halbwegs in Bodenseenähe, da wir danach gleich zur Eurobike wollten. Ich entschied mich für eine fünftägige Rundreise durch Tirol und Vorarlberg in Österreich mit Start und Ziel in Oberstdorf (Allgäu). Die Route war fertig (aber nicht optimal, dazu später mehr :-) ), die Übernachtungen reserviert und die Bikes umgebaut. Für die Alpen wählten wir eine 1,8:1 Übersetzung (32:18). Also konnte es losgehen.

Ich holte Rikman am Sonnabend dem 28. August um sechs Uhr morgens ab. Dieses Jahr waren wir mit einem Ford Escort Kombi unterwegs. Die Karre war nicht ganz sooo sehr heruntergekommen wie der Suzuki meines Bruders, vebrauchte etwas mehr Sprit aber die Geräumigkeit stellte sich bei der Eurobike als sehr vorteilhaft heraus. Und ab gings in aller Herrgottsfrühe durch die leere Stadt auf die Autobahn.

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A115, A10, A9, BurgerKing, A6, A7, Kemten, Oberstdorf. Unsere Übernachtung, die Pension Riefenkopf, lag südlich von Oberstdorf im Trettachtal. Unser erster Versuch dorthin durch Oberstdorf durchzufahren erwies sich als ziemlich fatal. Nach einer guten Stunde herumgefahre/-irre/-wende/-suche in Fußgängerzonen, Einbahnstraßen, Sackgassen, Fuß- und Privatwegen beschlossen wir das Touristenkaff - auch stinkender Ort genannt - wieder so zu verlassen wie wir rein gekommen sind und die Umgehungstraße zu nutzen. Und siehe da: nach nur zweimaligem Wenden, dem Durchfahren von für Autoverkehr gesperrten Sträßchen und dem Versuch einen sehr dickköpfigen Bernadiner vom Weg zu scheuchen haben wir haben die Pension gefunden. Was uns da erwartete gibts in keinem Katalog, aber dazu heut abend mehr...
 
Wie für eine kleine allgäuer Pension üblich erwarteten wir eine gutbayrische Familie mit Hausfrau und Mann in Lederhosen - nix da! Hinterm Tresen stand ein Chinamann und durch die Küche flitzten zwei kleine asiatische Kinder. Der Mann war überaus nett, zapfte uns sogleich zwei Weizen und wir bestellten Nasi Gore... äh.. Bratwurst mit Sauerkraut. Nach dem leckeren Essen ging es erstmal zu den Bikes. Zusammenbauen, überprüfen, nachjustieren, schmieren. Mein Fahrrad gab mir wieder etliches zu bedenken. Das Vorderrad war nicht gerade optimal von mir eingespeicht und entweder schliff die Bremse oder die Bremswirkung war fürn A*sch. Und der Antrieb war auch nicht perfekt, da Kette und Kettenblatt nicht so recht miteinander harmonieren wollten. Wir haben dann doch alles zum Laufen gebracht und, soviel sei vorweggenommen, mein Bike hat auf der ersten Etappe nicht rumgezickt...

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Den Abend ließen wir mit einer Herrenhandtasche Beck's bei Kartenstudium, und Lesen von Spiegel und Rose-Versandkatalog ausklingen. Wir entschieden uns bei genauer Betrachtung der nächsten Etappen in der Karte, Tour zwei und drei fast komplett zu verändern, da die Wegwahl von mir im Vorhinein vielleicht etwas zu 'optimistisch' war. Den Wormser Höhenwanderweg ließen wir weg, zu groß könnte die Enttäuschung sein wenn man dort 15km lang das Rad schieben/tragen muss.
Morgen wirds losgehen. Wir hofften auf gutes Wetter und die Aufregung stand uns ins Gesicht geschrieben.

Bilder im Anhang: Trettachtal; Rikman bieröffnend
 

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sehr, sehr schön! freue mich schon auf die fortsetzung. allerdings ist riks miene auf dem bild unten rechts kaum mit folgender aussage in deckung zu bringen:

rob schrieb:
...und die Aufregung stand uns ins Gesicht geschrieben.

der mann sieht verdammt scheintot aus! rik - was ist los? ohne deine brille wäre dein gesicht auf der weissen wand nicht zu sehen. in sorge um den jungen bruder... menis
 
Tag 1

Der obligatorische erste Blick aus dem Fenster offenbarte uns nicht das beste Wetter. Tief hingen die Wolken in den Bergen gegenüber der Pension und die Hoffnung auf Sonnenschein musste auf Eis gelegt werden. Halb achte gab es Frühstück und dann konnte es auch schon losgehen. Nurnoch schnell bezahlen. O-saft, Weizen, Bratwurst, Übernachtung, Frühstück - dürften ca. 45€ pro Person sein. Doch der nette Chinamann schien eine andere Rechnung aufzumachen: "20 + 4 fürs Essen macht 24 von jedem bitte." Uff! Reichlich Trinkgeld gebend freuten wir uns über die richtige Wahl der Unterkunft und schwörten diese Pension weiterzuempfehlen. Weiterempfehlen! Einfach, preiswert, nett, gut gelegen.

Nach ein paar Meter Straße bergab bogen wir links ins Stillachtal und fuhren zunächst flach auf guten Wegen bergan. Die Brücken im Niemandsland des Mittelgrundes des Bildes unten gehören übrigens zu der Biathlonanlage Oberstdorfs. Das im Vordergrund ist natürlich der Rikman.
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Nach ein paar Kilometern wurde der Teerweg zusehends steiler und wir quälten uns das erste Mal mit langsamen, schweren Pedalumdrehung bergauf. Der Teerbelag wandelte sich in Schotter und knallte nun in steilen Rampen Richtung Schroffenpass. Ich drehte mich um aber Rikman war nicht zu sehen. Nach kurzem Warten kam er um die Ecke geschoben und winkte ab. Doch nicht die Steigung, sondern sein Hinterrad machte im einen Strich durch die Rechnung. Mit einem Mal tat es einen Schlag und es lief schief. Wir brachten es wieder in die richtige Position, doch nach wenigen Metern: "Peng" und wieder saß es diagonal im Hinterbau. Also ausgebaut und siehe da: die Lager der White-ENO-Nabe hatten sich rausgedrückt. Schei$e! Der Versuch sie mit rudimentären Mitteln wieder einzupressen misslang. Als ich auch einen Blick auf die Lager warf meinte ich zu Rikman, da seien ja die 4er-Imbus-Schrauben, die die Lager in der Nabe halten und verpressen gar nicht drin. 'Da waren noch nie welche drin, seit beginn nicht', meinte Marcus. Na toll, da fährt er seit über einem Jahr diese Nabe und ausgerechnet jetzt knallen im Dank von Beginn an fehlender Schrauben die Lager raus. Also was tun? 4er Schrauben hatten wir nicht. Doch! Die Flaschenhalterschrauben von Marcus. Nee, passen nicht, zu breiter Kopf, denn die müssen im Exzenter versenkt werden. Also was tun? Runter nach Oberstdorf, bis Montag warten, Schrauben kaufen... neee, uff keensten, Alter! Mittlerweile überholte uns eine Shitshifter-Alpencross-Gruppe nach der anderen. Und da fiel mir ein, dass die Adapater an meinen Maguras mit je zwei 4er und 5er Imbusschrauben festgemacht würden. Und die haben auch schmale Köpfe. Ausprobiert. Passt! Geil! Bloß soll ich jetzt ohne Hinterradbremse über die Alpen schaukeln? Also was tun? Einfach die 4er Schrauben von Marcus' Flaschenhalter nehmen. Passt! Nur leider ohne Booster, was die Bremswirkung verschlechterte. Außerdem brauchte ich nun noch eine schmale große Unterlegscheibe, da die Bemsen sonst nicht zu fixieren waren. Hatten wir nicht. Also was tun?

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Ich nahm einfach einen Fetzen Pappe von einem Karton und klemmte die Bremse so fest. Passt! Nach einer guten Dreiviertelstunde Rumgefriemel konnte es weitergehen. Mit der Kraft der gelösten Probleme knallten wir den bis zu 26% steilen Schotterweg bis Wankalm hoch. Ich hatte einfach Bock zu fahren und überholte auf diesem Stück jede Menge schiebender Shitshifter. An der Wankalm hatten wir dann alle anderen Biker, die uns in den zurückliegenden 45min übrholt hatten wieder eingeholt und begaben uns als erste auf den schmalen Pfad hinauf zum Schroffenpass.

Bild im Anhang: die Stillach
 

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rob schrieb:
Ich hatte einfach Bock zu fahren und überholte auf diesem Stück jede Menge schiebender Shitshifter. An der Wankalm hatten wir dann alle anderen Biker, die uns in den zurückliegenden 45min übrholt hatten wieder eingeholt und begaben uns als erste auf den schmalen Pfad hinauf zum Schroffenpass.
Ich weiß genau mit welch fiesem Lächeln und mit welch einem Adrenalinkick du an den Schaltern vorbeigewuchtet bist. Und jede Bemerkung über die fehlende Schaltung der Schwachmaten wirkt wie eine zusatzlicher Umdrehung auf die Kurbel...

Ritzelflitzer
 
Tag 1

Der Pfad hinauf zum Schroffenpass war nur mit gutem Willen die ersten zweihundert Meter fahrrbar, danach war er einfach zu unwegsam oder steil. Nach etwa einen halben Kilometer verlief der Bergpfad linkerhand an der Felswand entlang und man konnte 100hm weiter unten im Tal den Shitshifter beim Schieben zuschauen. Für Ungeübte birgt der Anstieg zum Schroffenpass die ersten Schwierigkeiten, so muss man, sich an Seilen festhaltend am Abhang entlangbalancieren oder über Trittleitern eiern. Nach 250hm Schieben hat mans aber schon geschafft und überquert auf 1687m die Grenze nach Österreich. Doch bevor es hier oben aufgrund der nachrückenden Biker zu voll werden würde, stürzten wir uns in den Downhill.

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Die erste richtige Alpenabfahrt nach einem Jahr sorgte zunächst für wacklige Knie, doch nach ein paar hundert Metern ging es deutlich besser. Auf unserem Weg bergab begegneten wir keinen anderen Menschen, dafür aber abgefahrenen Punk-Kühen mit gezackten Riesenringnasenpiecings.

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Der Spaß wärte leider nicht lange und der Pfad spuckte uns an der Bundestraße aus. Von hier aus ging es etliche Kilometer talabwärts auf Teer. Die Strecke verflog bei über 50km/h (ohne treten verfreilich) in Zeitraffer und wir errichten den Ort Steeg (1124m). Von hier an sollte es am heutigen Tag nurnoch bergan gehen. Zunächst ging auf Teerbelag steil hinauf, die Straße knallte in Serpentinen ins das Seitental (ein typisches, glazial entstandenes Hängetal, wie ich Rikman an diesem guten Beispiel erklären konnte) Richtung Kaisers.

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Da der Ort etwas am Talhang liegt ließen wir ihn links liegen, fuhren gerdeaus weiter und wählten, weil sich das Tal teilte, die rechte Varinate - das Almajurtal. Dem Talverlauf folgten wir bis zur Bodenalpe, einer kleinen Gastwirtschaft. Dort wollten wir uns stärken (wir hatten nen Mordshunger) und den folgenden Routenverlauf besprechen.

Bild im Anhang: hinauf zum Schroffenpass; Rikmans Lenker bei 50 Stuckies (freihändig)
 

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rob schrieb:
Singlespeed-Alpentour 04

von Rikman und Rob


.... (wird sich über nen paar Wochen hinziehen, da ich zwischenzeitlich weg bin).


Das geht nicht, dazu ist es viel zu spannend - sag ab und schreib schreib schreib!
Macht sehr viel Spaß zu lesen!!

Das ist auch eine der wirklich schönen Seiten dieses Forums. Was man hier alles kennenlernen kann....schwelg......
 
Tag 1

Wir verputzten also jeder ein paar Käsebemmen und schlürften uns Weizen. Entscheiden mussten wir uns auf unserem Weg zur Leutkirchner Hütte, ob wir den Schotterweg noch 400hm steil bergan fahren wollten um dann einen gefährlichen und evtl ausgesetzten Hochgebirgspfad entlangzutragen. Oder ob wir den steilen Pfad hinter der Hütte hochschieben wollten der direkt zur Hütte führte. Wir entschieden uns für zweiteres und bereiteten uns psysisch darauf vor bis hinauf zur Hütte zu Schieben.
Der Pfad verlief zunächst im Wald, welcher sich später lichtete, und vorbei an der Alamajurhütte.

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Danach wurde die Landschaft offener und es fing zum Glück an zu Regnen. Mööp. Es tröpfelte gerade so stark, dass man die Wahl hatte entweder die Regenjacke auszulassen und nasszunieseln oder sie anzuziehen und nasszuschwitzen. Das nervigste aber war das ganze nasse Gebüsch und Gras, welches für triefend nasse Schuhe/Füße sorgte.
Der Aufsteig schien ewig zu dauern. Mal zogen dicke Wolken über die Berge und man dachte der Sonnenuntergang stünde schon bevor, mal fand ein einzelner Sonnenschein seinen Weg durch das Grau. Ich zweifelte schon ob die Hütte überhaupt existierte da meinte Rikman nüchtern zu mir: "Da vorn.". Und tatsächlich, nurnoch vielleicht 50hm über uns trohnte die Hütte in der Ferne.

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Wir erreichten die Front der Hütte und unser Blick fiel auf das 1000hm weiter unten liegende St. Anton ein Tal weiter. Winzige Häuser, Straßen klein wie Linien vom Fingerabdruck. Ich ließ mir vom äußerst entspannten Hüttenwirt unseren Lagerplatz zeigen, doch bevor wir uns duschten und umzogen gabs erstmal ein Weizen im Gastraum. Herrlich, geschafft! Die Hütte sollte zwar mit 2251m über N.N. unser höchster Punkt der gesamten fünf Tage sein, aber trotzdem nur das erste tolle Erlebnis. Apropos Erlebnis: Duschen gab es natürlich nicht, sondern nur Kaltwasser. Na dann eben nicht. Der Abend nahm seinen Lauf, wir unterhielten uns mit zwei Wandereren aus ... Peine!, oh Perle Niedersachsens. Sie klärten uns über den DAV auf, die Strukturen und Aufgaben, den Sinn. Jedenfalls versuchten sie es. Auf meine Frage hin, ob es denn in Peine irgendetwas gibt, das auch nur entfernt an eine Sehenswürdigkeit errinert, fanden sie auch keine Antwort. Zu essen gabs Hauswurst und Knödel, zu saufen etliche Weizen - wie könnt's anders sein. Und draußen ging die Sonne unter und die Wolken vernebelten das Tal.

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Tag 1: Oberstdorf - Leutkirchner Hütte; ca. 57 km und 2150hm

Bilder im Anhang: Leutkirchner Hütte mit Weißschrofenspitze (2752m) im Hintergund; Panoramaaufnahme mit Blick auf Almajauralpe und Lechtaler Alpen
 

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Tag 2

Die Nacht war unerträglich! Ein Mann rechts unter uns schnarchte durchgehend und ohne Pause. Rikman tat kein Auge zu und auch ich lag weite Strecken wach. Warum die Frau von den Typen nicht mal kräftig zulangte bleibt mir ein Rätsel. Nachts wurden Minusgerade gemessen, doch mit den Sonnenstrahlen kam die Wärme. Das kleine Hüttenfrühstück erstickte den morgendlichen Hunger mehr schlecht als recht.
Wanderer - ein Volk der Frühaufsteher. Das ich nicht lache. Erst ein Bruchteil der Nachtgäste saßen beim Frühstück, da sattelten Rikman und ich schon die Räder. 1000hm bergab nach St. Anton lagen vor uns und dank der Sonne wars gar nicht kalt. Der schmale Weg war perfekt fahrbar, anspruchsvoll aber endgeil. Auf halber Höhe fuhren wir einen Forstweg ein paar Meter bergan, um dann abermals auf einen Singletrack abzubiegen und weiter gen Tal zu rauschen. Doch aalglatte Wurzeln hinter engen Kurven sorgten für etliche Überraschungen.

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Die letzten Höhenmeter heizten wir auf einer Schotterpiste hinunter. Den Ort St. Anton wollte ich nordwärts umfahren, doch der richtige Weg war kaum auszumachen. Wir verzettelten uns etwas, fuhren hin und zurück, Skipisten hoch und Trails runter, Starßen hin und zurück, doch nach einer Stunde gelangten wir zur richtigen Stelle. Am Ortsausgang von St. Anton ging es linkerhand ins Verwalltal. Am Verwall-Stausee war man mit umfassenden Bautätigkeiten beschäftigt, hier gab es in diesem Frühjahr anscheinend einen starken Bergrutsch. Im Übrigen muss ich anmerken, dass es mir im Vergleich zum letzten Jahr so vorkam, deutlich mehr Murabgänge und Felsstürze gesehen zu haben. Kann aber auch an geschärfter Wahrnehmung meinerseits liegen.
Nach dem Stausee wurde der Schotterweg deutlich steiler, es mußten ja immerhin noch 400hm bis zu unserer ersten Weißbierpause an der Konstanzer Hütte zurückgelegt werden.

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Die Piste forderte alle Kräfte, ein paar heftige Rampen wechselten sich mit kurzen Bergabpassagen zum Ausruhen ab. Doch der großartige Blick das Tal hinauf mit dem über 3000m hohen Patteriol im Auge ließ die Hütte schneller Erreichen als gedacht. Es war erst kurz nach Elf und Essen gäbe es erst um Zwölf, also überbrückten wir die Zeit mit Weizenbier und in der Sonne sitzen - oder Kacken gehen. Für den Nachmittag war Bewölkung und Regen angesagt, aber noch trübte kein Wölkchen den Himmel und so konnten wir erstmal unsere noch vom Vortag klammen Schuhe trocknen. Die Röstis mit Speck und Spiegelei waren übelst lecker und die Mägen bis Anschlag voll. Aber wir müssen weiter, da hilft alles nichts...

Bild im Anhang: Rikman der wie wo Zehennägel am Schneiden ist
 

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Lieber Rolf,

Freund Markus macht auf allen Bildern den Eindruck als wenn er nicht so richtig glücklich ist. Das hat doch hoffentlich nicht etwa mit deiner Routenplanung zu tun, oder?

Gruß der Zwock
 
Zwock: Gefuehle kann man sich in solchen Momenten nicht leisten, daher das staendig hochkonzentrierte Gesicht.

Welches du auf den meisten Bilder eh nicht sehen kannst -- von daher ist mir deine Feststellung etwas suspekt.

BTW, ich habe 5 Tage lang nur geschoben, auch wenn die Bilder teilweise etwas anderes zu vermitteln versuchen. Alles Fakes!

/r
 
rikman schrieb:
Gefuehle kann man sich in solchen Momenten nicht leisten, daher das staendig hochkonzentrierte Gesicht.
schon klar

rikman schrieb:
...BTW, ich habe 5 Tage lang nur geschoben, auch wenn die Bilder teilweise etwas anderes zu vermitteln versuchen. Alles Fakes!
dachte ich mir schon

Gruß der Zwock

PS: Bezog sich auch eher auf die Tour von gestern und war an Rolf adressiert (Achtung Insider).
 
So langsam trudelten all die Spaziergänger aus St. Anton ein und es wurde recht voll im Außenbereich der eben noch so beschaulichen Konstanzer Hütte. Also nichts wie weg hier! Doch vorher muss ich mir noch mal Luft machen: Wanderstöcke! Gut, früher, wenn ich mit meinem Opa in Thüringen gewandert bin hatte ich auch immer einen, aus Holz, wo man so Blechschildchen drannageln konnte. Und gut, wenn man drei Wochen lang mit 30kg Gepäck auf dem Rücken durch Norwegens Nationalparke wandert brauch man wirklich solche neumodischen Teleskopstöcke. ABER WARUM zum Henker, warum um Gottes Willen muss heutzutage jeder, wirklich JEDER Idiot in den Alpen mit so SCHEI§ Stöckern rumrennen?!? Das geht einem sowas von aufn Keks! Ach was: auf die Eier! Jeder blöde Fußgänger der unten im Tal die Teerwege langschlurft, jeder möchtegern_n_toller_Wanderer brauch unbedingt zwei sone Stöcke (mit Karbonfibergestänge und Korkgriff) um sich zur nächsten Imbissbude zu schleppen. Und was am meisten nervt, ist, dass sogar die ambitionierten Wanderer von den Hochglanzheftchen und Verkäufern im Outdoorladen so beeinflusst sind, dass sie denken, das es gar nicht mehr anders geht als mit den Stöckern. Überall wo man hinkommt dieses 'klick, klick' von den metallernen Spitzen, überall wo man hinkommt sieht man Wanderer im Hochgebirge oder Rentner die gerade vom Reisebus ausgekotzt wurden, die sich absichtlich mittels der blöden Stöcker ihrer Bewegungsfreiheit berauben und sich toll und sportlich dabei fühlen. Es ist zum verzweifeln! Wat reg ich mich eigentlich auf?

Nun ja, von der Hütte hieß es für uns ersteinmal wieder über 250hm den gut fahrbaren Forstweg bergan Richtung Neue Heilbronner Hütte zu kurbeln. Das Wetter war fantastisch, der Blick in alle Richtungen grandios.

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Ich war gespannt wie ein Flitzebogen auf unseren nächsten Wegabschnitt. Mein eigentlicher Plan war es ja über den Wormser Höhenwanderweg zur Wormser Hütte zu gelangen, doch wir wollten den ca. 15km langen Weg meiden, da er sicher nur in Bruchteilen fahrbar gewesen wäre. Stattdessen war geplant, vorher ins Silbertal abzubiegen und etliche Kilometer weiter auf der Hütte Rellseck zu übernachten. Der Beginn des Silbertales sollte etliche Kilometer lang ein Wanderpfad sein der auf einer Höhe bzw leicht bergab entlangführte - ein unvergessliches Singletrailfestival? Mit Nichten!
Wir verließen das Schönverwalltal um über das nur 40hm höher gelegene Silbertaler Winterjöchle ins Silbertal vorzustoßen. Der Weg war anfangs recht ruppig und kaum zu fahren. Da vorne wird er bestimmt besser, redete ich mir immer ein - wurde er nicht. Der Weg war größtenteils unfahrbar: Steine, Steine, Steine, Bäche, Steine, ein Sumpf, Bäche, Bäche, Steine, Steine - es war traurig. Das ging so etwa vier Kilometer. Doch die umgebende Landschaft, das großartige Panorama, die Natur und die Berge waren so faszinierend, dass mich das Geschiebe und Getrage kaum störte. Das Einzige was meine gute Laune wirklich runteriss war Rikmans anderndes Gejammer, Gemaule und Geheule. Bockig und störrisch wie ein kleines Kind tat er alles daran mir die Laune zu verderben. Fast hätte er es geschafft, aber als wir die Obere Freschalpe erreichten wurde der Weg deutlich besser und wir konnten ungehindert bergabsausen.

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Wir vernichteten auf den folgenden knapp 12km rund 800hm auf. Unterwegs passierten wir eine Jagdhütte, die so unglaublich schön gelegen ist, dass man es selbst kaum glauben könnte. Uns kamen andere Biker entgegen und wir grinsten in uns hinein ('Die müssen den ganzen Schei$ noch hochkeulen nur um dann oben rumzuschieben, hihi'). Außerdem war unser Schotterweg anscheinend gerade erst wieder repariert worden, denn ein kräftiger Murabgang in einem Seitental hatte ganz schöne Verwüstungen angerichtet.
Nur wenig später fanden wir uns auf 1100m an einer Weggabelung wieder. Die letzte Etappe des Tages stand bevor und wieder ging es kräftig bergauf.

Bilder im Anhang: rob oben im Silbertal im Schlamm versunken; der Langer See oben im Silbertal (rechtsseitig entlang führt der Weg - unfahrbar); die Jagdhütte im Silbertal - ein Traum!
 

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rob schrieb:
So langsam trudelten all die Spaziergänger aus St. Anton ein und es wurde recht voll im Außenbereich der eben noch so beschaulichen Konstanzer Hütte. Also nichts wie weg hier! Doch vorher muss ich mir noch mal Luft machen: Wanderstöcke! Gut, früher, wenn ich mit meinem Opa in Thüringen gewandert bin hatte ich auch immer einen, aus Holz, wo man so Blechschildchen drannageln konnte. Und gut, wenn man drei Wochen lang mit 30kg Gepäck auf dem Rücken durch Norwegens Nationalparke wandert brauch man wirklich solche neumodischen Teleskopstöcke. ABER WARUM zum Henker, warum um Gottes Willen muss heutzutage jeder, wirklich JEDER Idiot in den Alpen mit so SCHEI§ Stöckern rumrennen?!? Das geht einem sowas von aufn Keks! Ach was: auf die Eier! Jeder blöde Fußgänger der unten im Tal die Teerwege langschlurft, jeder möchtegern_n_toller_Wanderer brauch unbedingt zwei sone Stöcke (mit Karbonfibergestänge und Korkgriff) um sich zur nächsten Imbissbude zu schleppen. Und was am meisten nervt, ist, dass sogar die ambitionierten Wanderer von den Hochglanzheftchen und Verkäufern im Outdoorladen so beeinflusst sind, dass sie denken, das es gar nicht mehr anders geht als mit den Stöckern. Überall wo man hinkommt dieses 'klick, klick' von den metallernen Spitzen, überall wo man hinkommt sieht man Wanderer im Hochgebirge oder Rentner die gerade vom Reisebus ausgekotzt wurden, die sich absichtlich mittels der blöden Stöcker ihrer Bewegungsfreiheit berauben und sich toll und sportlich dabei fühlen. Es ist zum verzweifeln! Wat reg ich mich eigentlich auf?

Tschuldigung, das ich hier einmische: Ganz aktuell kam mir heute morgen im Schloßpark Niederschönhausen ein Rentnerpäarchen klickernt entgegen. Die Seuche ich schon in Berlin!

An dieser Stelle mal: Ganz toller Bericht, macht richtig Freude hier zu lesen. Habe eure letztjährige Tour schon mitverfolgt. Respekt! Richtig gute Schreibe!
Gruß
Ger
 
Komm gerade vom Chef +++ Urlaub genehmigt +++ Rad schon verladen +++ Auto vollgetankt +++ Zielkoordinaten Alpen eingegeben +++ Bin weg +++ Wenn meine "One and Only" fragt, Schönen Gruß +++ Rifli


(Und hier die wahre Geschichte:
Chef:
Herr Ritzelflitzer, ich sehe sie immer nur vor einen Programm sitzen mit orangenem Hintergrund und irgendwelchen Alpenbildern drauf, ich glaube das gehört nicht zu ihrer Arbeit! Urlaub kann ich ihnen daher bis Dezember nicht genehmigen
Rifli:
Aber, das ist doch...
Chef:
Raus!
 
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