Geschichten aus dem Arbeitsleben eines Fahrradmechanikers

Colt__Seavers

Fahrradenthusiast
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4. Oktober 2005
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13.761
Ort
Rostock
Dank an @Schedule für die Inspiration zum Thread und an @danimaniac dass es ein Thread draus wird.

Warum der Thread?
Hören/Lesen wir nicht alle gerne die Geschichten von wundersamen, speziellen und einzigartigen Kunden/Rädern/Defekten, die einem als Fahrradmechaniker so begegnen? Egal ob Dummheit oder Unwissenheit oder Ignoranz der Kunden oder spezielle Eigen- oder Umbauten, Begegnungen der dritten Art, es passiert so viel was aufgeschrieben werden muss, egal ob zur Unterhaltung oder Abschreckung oder Weiterbildung.


Regeln
Eigentlich fallen mir da nicht viele ein:
1. Ihr solltet Zweiradschrauber sein, egal ob Hobby oder Profi, egal ob Angestellter oder Selbstständig oder nebenberufliche Tätigkeit oder Schrauben für Kumpels. Wenn ihr was passendes habt, raus damit!
2. Die Schilderungen müssen wahrhaftig stattgefunden und wiedergegeben werden.
3. Es sind nur Geschichten aus der Sicht der Schrauber zugelassen. Geschichten aus der Sicht des Kunden, wie z.B. schlechte Erfahrungen mit bestimmten Läden, haben hier nichts verloren!
4. Beteiligte Dritte egal ob Personen oder Fahrradläden dürfen nicht namentlich genannt werden, außer sie sind damit einverstanden.
 
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Re: Geschichten aus dem Arbeitsleben eines Fahrradmechanikers
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Hatte die Tage noch ein geiles Specelized Hardtail in der Aufhängung. Der Besitzer war bestimmt 2 Meter, Rahmengröße M, extra lange Sattelstütze 3cm tief im Rahmen, alle sicherheitsrellewanten Schrauben aus weichen rot eloxierten Aluminium und die Köpfe überdreht. Dafür war der Sattel aber so lose, dass er hin und her wippte. Hab mich tierisch auf die Probefahrt gefreut;) Also ich den Kunden auf diese Missstände hinweisen wollte, wurde ich zurück gepfiffen und jemand anderes hat die Übergabe übernommen. Da stellt man sein Arbeitsverhältnis schon echt mal in Frage.

Wenn du dir vorstellen könntest, wie viele Kunden nicht mal die Funktion eines Schnellspanners verstehen und ihn im geöffneten Zustand zum fest schrauben nutzen. Da sollte man schon drauf hinweisen. Ich hab schon erlebt, dass ein Kunde fluchend rein kam und meinte, das der Mantel scheiße ist, total rutschig und ging super beschissen drauf, dabei war er so blöd, dass er ihn auf links aufgezogen hat. Oder dass sich jemand den kompletten Bremssattel mit Öl übergossen hat, weil die Bremse so blöde Geräusche gemacht hat und schwer ging. War nicht mal mehr ein Lager in der Nabe und der die Scheibe hatte sich im zwischen den Bremsbelägen verkeilt und die Beschichtung runter gerupft. Aber Hauptsache weiter fahren und alles ignorieren. Ein Fahrrad muss nicht regelmäßig zu Tüv und wird ggf. still gelegt. Da finde ich es schon wichtig wenn was auffällt zumindest darauf hin zu weisen. Du kannst da nicht von deinen eigenen technischen Verständnis ausgehen.
 
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Kundin kommt mit einen E-Bike zur Inspektion rein. Schön mit Performance CX Motor Amhängerkupplung pickschwatter Kette und die letzten zwei Ritzel der Kassette total verschoddert, der Rest glänzend sauber.
Kurz die Verschleißlehre rein gehalten und auf der 1.0 Seite nicht nur rein gefalllen, sondern die ließ sich auch noch schön hin und her bewegen. "Die Kette ist auf und wahrscheinlich auch die beiden Abschlussritzel" Kundin: " Wie kann das sein? Ihr habt schon vor 5000Km das letzte mal die Kette gewechselt. Die Kette davor hat 25 000km gehalten und die davor 15 000km, Ihr verbaut doch minderwertige Ketten!" Natürlich hatte die gute Dame vorher auch immer ein E-Bike und nie die Kette schmieren müssen, geschweige denn etwas reinigen müssen und auch immer keinen Kettenkasten. Offene Gleitlager halten schließlich ungeschmiert unter starken Belastungen mit einer Schleifpaste 25 000km, es sei denn die Qualität ist so minderwertig wie bei einer Shimano E-Bike Kette. Im Service Bericht war dann ach ersichtlich, dass die gute Dame fast ausschließlich Turbo gefahren ist.
 
Kundin kommt mit einen E-Bike zur Inspektion rein. Schön mit Performance CX Motor Amhängerkupplung pickschwatter Kette und die letzten zwei Ritzel der Kassette total verschoddert, der Rest glänzend sauber.
Kurz die Verschleißlehre rein gehalten und auf der 1.0 Seite nicht nur rein gefalllen, sondern die ließ sich auch noch schön hin und her bewegen. "Die Kette ist auf und wahrscheinlich auch die beiden Abschlussritzel" Kundin: " Wie kann das sein? Ihr habt schon vor 5000Km das letzte mal die Kette gewechselt. Die Kette davor hat 25 000km gehalten und die davor 15 000km, Ihr verbaut doch minderwertige Ketten!" Natürlich hatte die gute Dame vorher auch immer ein E-Bike und nie die Kette schmieren müssen, geschweige denn etwas reinigen müssen und auch immer keinen Kettenkasten. Offene Gleitlager halten schließlich ungeschmiert unter starken Belastungen mit einer Schleifpaste 25 000km, es sei denn die Qualität ist so minderwertig wie bei einer Shimano E-Bike Kette. Im Service Bericht war dann ach ersichtlich, dass die gute Dame fast ausschließlich Turbo gefahren ist.
der Klassiker. :love:


€: erster :o ;)
 
Zweiter ;)

Weil meistens nur gemeckert wird, hab ich mal eine schöne Geschichte aus dem (Fast-) Zweiradmechanikerleben ;)

Damals in der Schulzeit (müsste so 9. Klasse gewesen sein) zweiwöchiges Praktikum als Zweiradmechaniker in einem kleinen Laden in der Nachbarstadt gemacht. In der Zeit hat mir der Ausbilder Peter wirklich alles gezeigt. Von Lagersitze plan fräsen, Sitzrohr ausreiben, Innenlager und Steuersatz einbauen und einstellen, Gabelschaft kürzen und Gewinde schneiden, Schaltung, Kurbeln und Bremsen montieren / einstellen, bis hin zum Laufradbau. Auch die verschiedenen Standards hat er immer wieder erklärt und auch immer wieder abgefragt. ;)
Alles mit einer Engelsgeduld und teilweise an hochwertigstem Material (Kann mich z. B. noch an die beiden FUNK Rahmen mit elevated Chainstays erinnern :love:), ein nicht unbedingt selbstverständlicher Umgang mit einem Schulpraktikanten!

Das war ein toller Laden, mit tollen Mitarbeitern und toller Chefin.
Ein Mitarbeiter hat den Laden dann später übernommen und hat auch heute noch einen Laden.

Später hab ich nebenbei bei uns in der Stadt in einem Shop als Aushilfsmechaniker gearbeitet. Muss mal tief in meinem Gedächtnis kramen, da fallen mir bestimmt noch ein, zwei Kuriositäten ein.
 
Kreativlösung

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Verschleiß - welcher Verschleiß

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Bin zwar kein Profischrauber, dafür aber passionierter Hobbyschrauber.
Das hat sich leider auch in meiner Firma rumgesprochen, so dass jetzt auch schon drei e-biker mit Ihrem e-Mopped zu mir kamen. Mein armer Montageständer...

Bei zwei der e-Biker der Klassiker: 11er, 12er und 13er Ritzel der Kassette runter, die großen Ritzel unbenutzt. Gut, dass man die kleinen Ritzel inzwischen einzeln bestellen & tauschen kann!

Dann aber eine neue Herausforderung: Gangwechsel hinten sehr zäh, kleines Ritzel lässt sich überhaupt nicht schalten. Erst mal den Klassiker ausprobiert: unteren Anschlag gecheckt. Als das nicht hilft, bin ich drauf gekommen: Die Kette ist extrem klebrig, Nutzer schmiert schon ein Jahr lang mit Kettenspray aus dem Motorradbereich. Nach mehreren Bädern mit Feinmechaniköl (Ravenol gut&günstig) geht dann wieder alles. Sachen gibts...
 
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Nutzer schmiert schon ein Jahr lang mit Kettenspray aus dem Motorradbereich.
Irgendwie konsequent.

Vorm Krieg Freund die alten Shimano Clickies geschenkt. War nach Montage nicht ganz erfreut, weil man angeblich so schlecht rein und raus kam. Hin gefahren, angeschaut. Er hatte es geschafft, das linke Pedal in die rechte Kurbel und das rechte Pedal links rein zu schrauben. Konsequent hat er dann die Cleats in Gegenrichtung an den Schuhen befestigt.
 
Mobile Werkstatt: Habe immer die Notausrüstung im Rucksack. Neulich bei Regen kamen mir schiebend 2 RR-Fahrer entgegen m. guten Rädern u. guter Regenkleidung: Hast du ne Luftpumpe dabei?! Hatte ich u. hab auch selbst aufgepumpt, Schlauch war aber am Ventil-Ansatz defekt.
Hmmm - habe dann einen Schlauch aus meinem Rucksack angeboten. Die beiden schauten sich an, schauten dann aufm Handy nach dem nächsten Bahnhof u. haben dorthin weitergeschoben. Fahren mit Rucksack hat auch weiteren Trainings-Vorteil: Bei Wettbewerben bin ich immer ca 7Kg leichter!
 
Die Bremsen habe ich auch häufiger mal, auch ein Unding Klassiker sind übrigens
Kunde: ich will ein geiles Rennrad, Carbon, Sram Red, sehr agressiven Rahmen, super hohe Tropfenfelgen.
Eine Woche später:
Geht der Lenker höher, ich will den Höhenverstellbaren Vorbau und min. 10cm üder den Sattel und maximal nach hinten, dass alles schön flatterig wird.

Wobei Ständer und Klickfixhalter verbaue ich auch immer sehr gerne an Rennrädern. :daumen:

Bei so manchen Sachen würde ich echt gerne ablehnen und den Kunden Hausverbot geben.
Und verboten gehören höhenverstellbare Vorbauten, weiche Gelsättel, wo der Arsch schon von angucken schmerzt, Lenkungsdämpfer, Lenkerkörbe für schwere Sachen, Gäpäckträgerkörbe an Kinderfahrräder.....Und auch ganz schlimm sind Handyhalter :spinner:
 
Zweiter ;)

Weil meistens nur gemeckert wird, hab ich mal eine schöne Geschichte aus dem (Fast-) Zweiradmechanikerleben ;)

Damals in der Schulzeit (müsste so 9. Klasse gewesen sein) zweiwöchiges Praktikum als Zweiradmechaniker in einem kleinen Laden in der Nachbarstadt gemacht. In der Zeit hat mir der Ausbilder Peter wirklich alles gezeigt. Von Lagersitze plan fräsen, Sitzrohr ausreiben, Innenlager und Steuersatz einbauen und einstellen, Gabelschaft kürzen und Gewinde schneiden, Schaltung, Kurbeln und Bremsen montieren / einstellen, bis hin zum Laufradbau. Auch die verschiedenen Standards hat er immer wieder erklärt und auch immer wieder abgefragt. ;)
Alles mit einer Engelsgeduld und teilweise an hochwertigstem Material (Kann mich z. B. noch an die beiden FUNK Rahmen mit elevated Chainstays erinnern :love:), ein nicht unbedingt selbstverständlicher Umgang mit einem Schulpraktikanten!

Das war ein toller Laden, mit tollen Mitarbeitern und toller Chefin.
Ein Mitarbeiter hat den Laden dann später übernommen und hat auch heute noch einen Laden.

Später hab ich nebenbei bei uns in der Stadt in einem Shop als Aushilfsmechaniker gearbeitet. Muss mal tief in meinem Gedächtnis kramen, da fallen mir bestimmt noch ein, zwei Kuriositäten ein.

Das klingt irgendwie nach Altavelo und Quadrad in Heidelberg.
 
Neurad aus dem Karton aufgebaut. Bei der Probefahrt Dann mit der Schaltung gekämpft. Auf dem Ständer eingestellt, beim pedalieren Probleme.
Na ja, die eine Schraube hielt den Bosch Motor im Rahmen , die fehlenden anderen wurden reklamiert ( Reserveschrauben montiert, Problem gelöst) Hatte damals ein C... Schreckenskabinett mit vielen Teilen
 
Die Bremsen habe ich auch häufiger mal, auch ein Unding Klassiker sind übrigens
Kunde: ich will ein geiles Rennrad, Carbon, Sram Red, sehr agressiven Rahmen, super hohe Tropfenfelgen.
Eine Woche später:
Geht der Lenker höher, ich will den Höhenverstellbaren Vorbau und min. 10cm üder den Sattel und maximal nach hinten, dass alles schön flatterig wird.

Wobei Ständer und Klickfixhalter verbaue ich auch immer sehr gerne an Rennrädern. :daumen:

Bei so manchen Sachen würde ich echt gerne ablehnen und den Kunden Hausverbot geben.
Und verboten gehören höhenverstellbare Vorbauten, weiche Gelsättel, wo der Arsch schon von angucken schmerzt, Lenkungsdämpfer, Lenkerkörbe für schwere Sachen, Gäpäckträgerkörbe an Kinderfahrräder.....Und auch ganz schlimm sind Handyhalter :spinner:
Geht auch anders

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Ihr als Fachhändler seid doch in der Pflicht dem Kunden richtig zu beraten, damit es eben nicht zu solchen Sonderwünschen kommt. Man soll doch im Vorfeld herausfinden was der Kunde braucht.
Bierbauch und Tiefflieger verträgt sich nunmal genauso wenig wie Bandscheibenvorfall und 28er Reifen mit 8Bar.
 
Was Du noch vergessen hast: Radhersteller kommen im Moment auf die Idee, nicht gelieferte Ware aus den Vorbestellungen von 2021 und 2022 ohne gesonderte vorherige Ankündigung und die verspätete Ware von 2023 gleichzeitig bei Händlern anliefern zu lassen.
Ich habe meinem Stammhändler selber dabei geholfen 24 Räder auf der Ladefläche des Speditions LKW in „2023, nehme ich“ und „Annahme verweigert“ zu sortieren.
 
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