Bewertungen / Judging sind einfach schwierig.
Im Prinzip gibt es zwei prototypische Herangehensweisen:
1) Eine komplett offene Bewertung, wie sie etwa in der Kunst üblich ist.
Ein Experten-Panel, das Expertise in allen relevanten Feldern des zu bewertenden Bereichs besitzt, kommt zu einer Reihenfolge, was am Besten/Inspirierendsten/Einflussreichsten ist ohne konkrete Vorgaben. Im Idealfall stimmt diese Reihenfolge dann mit der Mehrheitsmeinung aller überein, die den Sport/die Kunst zu diesem Zeitpunkt prägen.
Probleme:
Sehr intransparent, für die Sportler nicht planbar, manchmal altern solche Entscheidungen nicht gut (sieht man bestens im Kunstbetrieb)
Vorzüge:
Es ist nicht vorhersehbar, sprich es bleibt aufregend; der Sport/die Kunst bleibt flexibel und läuft nicht Gefahr ins Formelhafte abzudriften, insbesondere besteht so für neue Generationen die Chance, zukünftig ihren eigenen Stempel aufzudrücken.
2) Eine möglichst exakt geregelte Bewertung, wie sie etwa im olympischen Sport meist angestrebt wird
Dazu zerlegt man den Sport in seine Einzelteile und legt für alle Einzelteile eine möglichst nachvollziehbare Bewertung fest. Das Ergebnis ergibt sich dann aus der Aufsummierung der einzelnen Teilwerte, was im Idealfall maximal transparent und nachvollziehbar ist.
Probleme:
In einem ernsten Wettkampf machen alle mehr oder weniger das Gleiche, nämlich das, was die meisten Punkte bringt; ein Sport verkommt so leicht zu etwas Formelhaften. Außerdem gibt es trotzdem meist Situationen, die vorab nicht geregelt sind und dann wird es doch wieder intransparent, obwohl Transparenz vorab versprochen wird. (Siehe etwa gerade Handspiel im Fußball).
Vorzüge:
Es ist transparent und im Idealfall sogar allgemein verständlich, was die Reichweite erhöht. Es ist für Athleten planbar, was für Sportler, die sich als Professionals verstehen (und nicht als Künstler) durchaus wichtig ist, weil sie viel für ihren Erfolg investieren.
Das Problem bei der Rampage ist, dass es eine Mischung dieser beiden Ansätze ist, wo aber nicht die Vorzüge zusammenkommen, sondern vor allem die Probleme.
Was man bei der Rampage machen sollte, hängt davon ab, wie man diesen Event sehen will. Ich wäre ganz klar für den ersten Ansatz, denn für mich ist die Rampage vor allem Ausdruck, worauf sich verschiedene Strömungen im Mountainbiken einigen können und was gerade viele am meisten im Mountainbiken begeistern kann. Zudem ist es für einen derart risikoreichen Event irgendwie gesund, weil so auch besser verhindert werden kann, dass in irgendeinem Bereich zu exzessiv Gefahren in Kauf genommen werden (ganz gleich ob das jetzt Exposure, Sprunghöhe oder Trickschwierigkeit ist).
Und abschließend noch ein Wort zur Fairness:
Der zweite Ansatz ist nur insofern fair, weil er vorhersehbar und transparent ist. Er ist insofern nicht fair, weil dem einen Fahrer das eine liegt und dem anderen Fahrer das andere. Wenn einem das liegt, was gute Punkte bringt, hat man einen Vorteil. Es gibt sicher nicht die allgemein objektive Einschätzung, wie der Wert einer Aktion im Vergleich zu einer anderen ist. Entsprechend kürt der genau geregelte Sport nicht unbedingt den besten Sportler, sondern den, der im Rahmen der Regeln die beste Wertung erreichen kann. (Das ist aber immer so, ein 100m Olympiafinale würde vielleicht auch anders aussehen, wenn es über 80m oder 120m gehen würde.)
Entsprechend würde ich sagen, wenn es um Inspiration geht, dann sollte man immer den Kunst-Ansatz wählen. Wenn es um einen Beruf für eine bestimmte Gruppe geht, sollte man den exakten Regelungsansatz wählen.
PS: Dass Judges nicht ihrem Auftrag einer möglichst unvoreingenommen Bewertung nachkommen, steht nochmal auf einem ganz anderen Blatt.