21.07. 19:00 Sporthotel Pampeago am Latemar, 1900m
In der Nacht zieht Gewitter um Gewitter über das kleine aber sehr kuschlige Rifugio Pertini. Bin verdammt froh ein Dach über dem Kopf zu haben, draussen geht mehr oder weniger die Welt unter. Auch am nächsten Morgen hängen die Wolken noch tief, aber immerhin regnets erst mal nicht.
Weil ich den Friedrich-August-Weg und sämtliche Fortsetzungen nach Osten am Sellamassiv schon kenne, stürze ich mich heute mal etwas unkonventionell direkt vom Rifugio hinab ins Val Duron. Der Trail ist nicht der Rede wert, mal S0, mal Karrenweg, immer sacksteil und bremsbelagsmordend. Im Anschluss folgen ein paar kurze und ebenfalls steile Uphillhömes durchs Val Duron hinauf zur Malga Micheluzzi. Dort kurz links bergauf...
... und alsbald auf einem flowigen Waldwegerl bei "Pra Molin" hinab ins Fassatal nach Campitello. Ganz nett zum fahren, aber definitiv "undolomitisch" Waldboden, Bäume, keine Felsen, keine Aussicht. Kann man machen, muss man nicht.
Ein Stückerl rolle ich auf dem Radlweg durchs Fassatal bis nach Pozza di Fassa, dann zwingt mich ein anhaltender Regenschauer zu einer knapp vier(!)stündigen Warmduscherpause in einer netten Lattemacchiatobar. Gut dass mein Kumpel ein paar hundert Bücher gespeichert hat.
Gegen zwei Uhr nachmittags ist der feuchte Spuk endlich vorbei und ich spiele kurz mit dem Gedanken, die Catinacciogondel hinauf zum Rosengarten zu nehmen. War dort zwar auch schon mal mit dem Bergradl auf dem Hirzelweg, aber vom Rotwandwiesenhütterl zum Karerpass gäbs trotzdem noch einen neuen Trail zu probieren. Die Entscheidung wird mir allerdings alsbald abgenommen, die Gondel in Vigo di Fassa nimmt keine Biker mit. Naja, halb so wild. Kann man auch irgendwie verstehen, ist halt ein Wandererhotspot dort oben. Man könnte natürlich auch gemütlich durchs Vajolettal hinaufradeln, aber dann mach ich heut doch lieber was anderes.
Andere Mütter haben auch hübsche Töchter, also lass ich den Rosengarten rechts liegen und rolle noch ein Stück weiter auf schön angelegtem Radweg durchs Fassatal über Moena bergab bis zur nächsten Gondelbahn bei Predazzo. Hier liebt man die Radler auf einmal wieder und befördert Specki und mich in Nullkommanix elfhundert Meter bergwärts zum Satteljoch (Passo Feudo) in der Latemargruppe. Weicheizorro strikes again.
Ein Zweihunderthöhenmeterschiebestück bringt mich zum "22er", auch genannt Latemarhöhenweg. Auf ihm möchte ich das Massiv umrunden, aber erst mal muss noch der Nebel verschwinden. Ohne Aussicht ists irgendwie immer so aussichtlos.
Sonne kommt, Zorro fährt.
Die letzten Nebelfetzen verschwinden...
... und geben den Blick auf die imposanten Felswände der Latemargruppe frei.
Manchmal gehts gemütlich und superflowig dahin, ...
... und manchmal zeigt der 22er auch...
... richtige Zähne.
Ein typischer Dolomitentraumtrail: oben drüber die senkrechten Wände, unten drunter die grünen Wälder und Almen, zwischendrin ein glücklicher Radler.
Kurz bevor mich das Spitzenwegerl endgültig auf die Almwiesen unterhalb der "Erzlahnspitze" entlässt, müssen noch eine kurze Tragestrecke durch ein Schotterkar und ein steilverwurzeltes, waldiges S3-Stückerl bewältigt werden. Das tut dem Spaß keinen Abbruch.
Latemarhöhenweg? Einfach dolomitisch, einfach geil.
Pünktlich zum Ende des Trails holen mich die Nebelschwaden wieder ein, es wird feucht, kalt und dunkel. Die Tageszeit ist auch schon ein bisserl arg fortgeschritten, also breche ich meine Umrundung noch vor dem Karerpass ab und wende Specki um 180 Grad zurück nach Süden. Nur ein paar Kilometer weiter am Reiterjoch hat mir meine Lieblingsunterkunfts-App booking.com ein Lastminute-Zimmerchen im Sporthotel Pampeago ergattert: Für nen Fuffi gibts die Halbpension mit Viergängexzellentfutter, Wein inklusive. Wer kann da schon widerstehen. Bisserl anderes Ambiente als das Rifugio Sandro Pertini wo ich heut morgen noch war, aber die Mischung machts eben!
So muss ein Trail aufhören
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Mille Grazie an den Dolomitenexperten des Forums mit dem kurzen und allseits bekannten Nickname: Der Latemartip war Gold wert!