Da ja schon einige hier ihren Psalm abgeliefert haben möchte ich dem nicht nachstehen.
Auf brach ich von meiner bescheidenen Hütte so kurz nach 1130 Uhr, aufgeregt wie eine Jungfrau vor ihrem erste Male. Diese Aufregung war auch nicht ganz unberechtigt, sollte es doch die erste Ausfahrt von mir mit "keuch" Scheibenbremsen sein.
Ich verabschiedete mich von meinem kleinen Sohn, der doch mitkommen wollte. Die Jacke hatte er sich schon selbst irgendwie übergestreift und Hilferufe in das Zimmer meiner Freundin waren auch nicht von Unterstützung gezeitigt, da sie sich noch einmal hingelegt hatte um noch ein par Stunden des schönen Tages zu versägen.
Doch irgendwie schaffte ich es dann doch noch die Wohnungstür zu öffnen, die Katze zurückzuhalten, den Kleinen auf Distanz zu halten, mein Rad aus der Tür zu bugsieren und mich schließlich und letztendlich durch den verbliebenen Spalt wie Indiana Jones durchzuschlängeln bevor sich die Tür endgültig schloss und die Luftsirene auf der anderen Seite selbiger ihr Konzert anstimmte.
Mich an die Worte Wilhelm Buschs erinnernd verließ ich schnell diesen Ort und begab mich weiter fort. In Richtung Erkner. Mit Fahrrad - wäre ja auch doof ohne.
Kurz vor 1200 kam ich auch schon am bezeichneten Treffpunkt an, nachdem ich unter wilder Huperei zwei Kreisverkehre in Erkner absolviert hatte.
Doch oh Schreck: Am Treffpunkt fand ich nur zwei Personen mit drei Fahrrädern vor! Messerscharf schloss ich, dass der eine nur rkersten sein könnte - mit dem hatte ich ja im Vorfeld Kontakt und dieses Ding angeleiert - und der andere müsste ein Fullyfahrer sein, saß er doch auf einem Dynamics-Fully. Wen ich nirgends erkennen konnte war die Rennschnecke mit der rkersten eigentlich am Treffpunkt aufschlagen wollte. Ihr Rad - so vermutete ich - war anwesend, doch nicht sie selbst. Was war geschehen? Ich erging mich in wilden Vermutungen was wohl mit ihr geschehen war. Sollte rkersten sie mutwillig in die Wernsdorfer Schleuse gestoßen haben? Oder den alten 3-köpfigen-Affen-Trick von Monkey Island genutzt haben um sie bei einer Pause ihres Rades zu erleichtern? Noch während meine Gedanken Kapriolen schlugen und eine Kaskade immer stärkerer und wilderer Phantasien ausstießen sagte eine glockenhelle und freundliche Stimme: "Hi!"
Ich drehte meinen Kopf ein Wenig nach links und erblicket ein süßes Mädchen von vielleicht 20 jahren, gekleidet in kompletter Fahrradfahrmontur. Ich rieb mir den Schlaf vom Vortag und Tränen der Ungläubigkeit aus den Augen und vergewisserte mich mit den idiotischen Worten: "Und du bist die Rennschnecke" davon, dass diese Dame die Rennschnecke wäre. Sie bejahte mit einem netten Lächeln und checkte ihr Fahrrad.
Nach und nach trudelten noch eine Person, dann noch zwei mit Wettkampfmaterial und roten Jacken und dann noch einer, der nach eigenen Angaben auf dem Hinweg noch Renter gejagt hatte, am Treffpunkt ein.
Obwohl der Treffpunkt direkt an einer dichtbefahrenen Straße lag hatten wird doch Ruhe, da kurz nach meinem erreichen des Treffpunktes die grün-weiße Folkloretruppe eine Versammlung mit dem Zwecke der Fahrgeschwindigkeitsüberprüfung schräg gegenüber begann durchzuführen. Wir beratschlagten kurz, hielten noch eine Volkszählung ab und begaben uns dann mit unseren Drahteseln los nachdem wir Basisdemokratisch per Zuweisung einen Führer aus unserer Mitte bestimmt hatten.
und bereits nach den ersten Metern wusste ich: Dies ist nicht meine Strecke oder mein Material passt so überhaupt nicht zur Strecke. Es gab in nachfolgend korrekt aufgeführter Reihenfolge die verschiedenen Bodenbeläge: Matsch, tiefer Matsch, etwas tieferer Matsch, ganz tiefer Matsch, flacher Matsch und einfach nur matschiger Matsch. Wie gut, dass ich den schnellen Frederick auf meine Laufräder aufgezogen hatte, so dass ich ohne durchdrehende Räder förmlich mich im Boden festkrallen konnte. Doch ich war nicht der einzige der mit der Tücke des Untergrunds zu kämpfen hatte. Die Rennschnecke gar hatte sogar auf ein Noppenkondom wie ich es an meinen Laufrädern mein eigen nennen konnte verzichtet und Formel-1 Slicks aufgezogen. Irgendwer musste ihr scherzhafter Weise erzählt haben wir würden Asphaltkilometer fressen. Mein Beileid für den Rest der Strecke hatte sie auf jeden Fall voll verdient und auch insgeheim kassiert.
Wir rebellierten unserem Guide folgend durch die Botanik, ich immer den Flatschen ausweichend die mir rkersten in gar garstiger Absicht mit seinem Hinterrad genau in das Gesicht - ja gar direkt in die nur durch eine Sportbrille geschützen Augen - zu schleudern versuchte. Wir hatten schon einen guten Schnitt drauf als wir auf einmal viele weitere Velocipedanten erblickten die mit Startnummern bewehrt auf unserer Tourroute sich bewegten. Unser Guide lotste uns auch prompt mitten in diese Veranstaltung - die wohl ein Rennen darstellte - hinein. Es muss ein lustiges Bild für die doch am Streckenrand verfügbaren Zuschauer gewesen sein: Mal ein Fahrer mit Startnummer, dann wieder ein par ohne, dann wieder ein par mit, dann wieder ohne und zum Schluss der matschige Matsch.
Wir legten an einer Stelle eine kleine Pause ein und als wir jemanden rufen hörten: "Letzte Runde" preschten wir wieder über die Piste, da wir vermuteten es würde niemand mit so einer Nummer mehr kommen. Doch weit gefehlt. Wir arrangierten uns also und gingen eine Symbiose mit dem Nummernbewehrten Starterfeld ein bis sich unsere Routen wieder voneinander separierten.
Nach diesem Zwischenspiel flog unsere kleine Radreisegruppe weiter durch den Wald, wobei bei den rotgewandeten mit dem Wettkampmaterial die ersten Schwächeerscheinungen zu Tage traten, sie mussten mehrfach abreißen lassen, einmal gar so weit, dass sich der Materialwagen zwischen uns und die Verfolgergruppe setzte um uns in der Führungsposition im Schadensfall mit frischem Material unterstützen zu können.
Auf einmal meinte unser Guide, dass die Rotgewandeten eigentlich meinten, sie würden sich bei Tempoproblemen auch alleine einen Weg in die Zivilisation suchen. Ab diesem Satz ließen wir wahnsinnigen uns nicht mehr halten und prügelten unsere Gefährte mit einer exorbitant hohen Geschwindigkeit durch das Gebälk.
Doch kurz darauf musste schon wieder einer abreißen lassen. In Sorge wir würden bald in einem Remake der Sendung "Bitte melde dich!" auftreten versuchte ich mich zu erinnern wer den fehlen könnte und siehe da: es war der Fullyfahrer. Ein Blick zurück - nahezu auf unendlich fokussiert - ließ in mir die Erkenntnis aufkeimen, dass dieser Herr am telefonieren war. Wir vermuteten es war die Mama die wissen wollte ob er auch gut angezogen war. Ich wies daraufhin, es könnte auch die Freundin sein, diese hätten manchmal ähnliche Verhaltensweisen zu bieten. Leider bedachte ich nicht, dass Rennschnecke doch ein weibliches Wesen war. Für diese Anmerkung möchte ich hiermit den Kotau anbieten und mich allerhöflichst entschuldigen und ich hoffe du bist mir nicht böse. (Im nachhinein erfuhren wir über diese Internetseite, dass es nicht die Mama, sondern dass es der Papa war der sich nach dem Bekleidungszustand des Fullyfahrers erkundigte)
Nach diesem lustigen Zwischenspiel begaben wir uns in die Berge, geführt von unserem Guide. Ich ließ lustig und locker die maximalübersetzung von 32/21 durch meine Schaltanlage aufwerfen, doch vergebens. Der Sand war hier nicht mal annähernd so matschig wie am Anfang der Tour, an ein Fortkommen bei zirka 20% Steigung war also nicht mehr zu denken, es musste getragen werden.
So ging das noch ein oder zwei mal bis wir paritätisch beschlossen zum Aussichtsturm auf dem Kranichsberg hinaufzufahren. Ich ließ mich nicht lumpen und war trotz durchdrehendem Hinterrad erster oben und konnte mir den Bergpreis der Rundfahrt einheimsen. Zweiter war der Hot Chili-Fahrer, dessen name Felix oder Florian war, aber durch meinen Alz gefressen worden ist. Als dritten oben konnten wir nur unwesentlich später unseren Guide begrüßen und auch die Rennschnecke machte ihrem Namen mehr als Ehre indem sie den vierten Platz erhaschte. Rkersten jedoch ließ sich durch den Fullyfahrer düpieren und schob im nachhinein alles auf eine lumpige Sattelstütze. Jedoch, es sei ihm verziehen wenn sogar ein Fumic bei Olympia wegen eines kaputten Sattels aufgeben musste. Ich bot Rennschnecke noch an sie nach Hause zu bringen, was sie auch gleich ausnutzen und mir ihre Mathehausaufgaben aufnacken wollte. Ich dankte verzichtend was letzteres betraf.
Nachdem wir die Aussicht genossen hatten schwangen wir uns auch schon wieder auf unsere Drahtesel und bewegten uns in Richtung Heimat zurück. Diese war mit Erkner - dem Kollektiven Separierpunkt - auch schnell erreicht und unsere Gruppe dividierte sich schneller auseinander als man "Bruchrechnung" sagen kann. Hier war die kleine süße Rennschnecke ganz verwirrt, da ich negierte sie zu ihr nach Hause zu bringen indem ich darauf insistierte ich meinte bei meinem vorhergehenden Angebot meine Räumlichkeiten. Darauf wollte sie jedoch aufgrund ihrer Mathehausaufgaben nicht eingehen. Schade drum.
Sie, rkersten und ich rollten dann noch durch ganz Erkner auf der Suche nach einer Tankstelle, dabei drei passierend, was mich vollends konfusierte, bis wir kurz vor Ortsausgang noch eine fanden. Währen rkersten und ich uns mit Gummibärchen als Magenfüller eindeckten füllte die Rennschnecke etwas Luft in Ihre
Reifen, allein vergebens wenn man hört, dass sie später am Tag noch einiges an Luftverlust zu beklagen hatte. Und auch rkersten hätte sich für seinen Heimweg wohl noch einen guten Luftvorrat beschaffen sollen wie man weiter oben lesen kann.
Wir verabschiedeten uns herzlich voneinander und fuhren unserer Wege. Ich ließ es langsam angehen und war auch bald wieder zu Hause. Dort erst mal für eine Weile alleine.
Die Tour inklusive Rückweg waren bei mir 50km, insgesammt werde ich also wohl 60 gemacht haben. Es hat Spaß gemacht und ich freue mich auf das nächste mal. Und auf die zwei drei Photos die von der Presse gemacht worden sind.
Was lehrte uns der Tag?
- Entschuldige dich gleich bei Rennschnecken, es erspart dir einige Peinlichkeiten in der Folge
- Kaufe dir nur ein Fully wenn du mit Stolz letzter werden kannst
- Sattelstützen sollten nur ein bestimmtes Maß an Fuzzy-Logic enthalten
- Wasser ist in Zukunft von jedem selbst mitzubringen
- Dem Guide ist beim nächsten Mal direkt beim Start die Hälfte der Luft aus den
Reifen zu lassen damit auch wirklich alle hinterherkommen
- rkersten braucht eine Anleitung für seinen Radcomputer
- Scheibenbremsen
bremsen anders als Cantibremsen
bremsen
- Matsch gibt es in manigfaltigen Konsistenzen
- Headsets für Handys werden wohl demnächst der letzte Schrei
- Nimm nicht alles total ernst was roadrunner sagt, er hält ironie, zynismus und sarkasmus in Ehren