Jetzet...
Beginnen muss ich wohl schon am Freitag. Nachdem ich mit dem Schrauben wegen erkennbarer Aussichtslosigkeit früher fertig war, wollte ich noch ein bisschen Bewegung und rief kurzerhand chickenway-user an, um doch noch eine kleine Lautertalrunde zu starten. (Weiß nicht, ob Ihrs schon gesehen habt, aber der flowige Tagblatt-Trail ist praktisch tot. cwu bezeichnete die Schotterbahn treffend als "künstlich angelegte Mure". Nur die Bikeverbotsschilder hängen noch da. Zum Heulen.)
Auf dieser Tour zerlegte sich auch mein Pedal. Und ich bin eigentlich sehr froh, dass es noch hier passiert ist und nicht in Bozen. Glücklicherweise hatte cwu zuhause noch CMP rumliegen, die er mir spontan lieh. Vielen Dank nochmals

Und ja, sie haben prima gehalten. Und ich hab auch wieder wunderschön verkratzte Wadeln
Bozen. The days are just packed.
[imgl]http://si6.mtb-news.de/fotos/data/11719/thumbs/ritten-jenesien.png[/imgl] Nach zähem Verkehr aufm Fernpass und Quartiersuche wird es doch tatsächlich 15 Uhr, bis wir am Samstag auf die Böcke steigen und losfahren. Da wir in der Nähe der Rittenbahn-Talstation untergekommen sind, beginnen wir doch gleich da. Das Höhenprofil verrät, dass wir uns an diesem Tag nicht überanstrengt haben

Rittenbahn kostet 3.50 pro Biker. Absolut fair. Oben radeln wir zum Waldrand, setzen uns neben einen Haflinger und genießen noch ein bisschen die Aussicht auf die Rittner Erdpyramiden, Schlern und Rosengarten.
[imgl]http://si6.mtb-news.de/fotos/data/11719/thumbs/46.jpg[/imgl] [imgr]http://si6.mtb-news.de/fotos/data/11719/thumbs/45.jpg[/imgr] Am Ritten hat man ja noch die Qual der Trailwahl. Als wir so an der Verzweigung zwischen Pfad 2 und 3 stehen und überlegen, rauschen zwei geharnischte Downhiller an uns vorbei in den Dreier. Öhm? Na, versuchen wirs halt auch mal... Aber er erweist sich nicht nur als unproblematisch, sondern als Quelle reinsten Trailspaßes. Felsige Passagen wechseln sich mit steilen Rampen und lauschigen Flowstrecken ab. Gut, die Kollegen dürften doppelt so schnell unten gewesen sein. Was bei der mitunter tollen Aussicht aber fast schon schade wäre.
Für 3 Euro pro Biker gelangen wir mit der vorletzten Fahrt des Tages nach Jenesien.
[imgl]http://si6.mtb-news.de/fotos/data/11719/thumbs/55.jpg[/imgl] Arg viele Biker würden in die winzige Kabine nicht passen. Frage mich, wie das in der Hauptsaison abgeht. Die Begleitperson sagt, dass sie im Sommer sehr, sehr viele Biker befördern.
[imgr]http://si6.mtb-news.de/fotos/data/11719/thumbs/58.jpg[/imgr] Oben darf man noch ein paar Kilometer Asphalt radeln. Eine Spontanabkürzung über den 2a wird zu einem schweißtreibenden Schiebeintermezzo. Doch die Welt um uns herum ist Harmonie. Die Abfahrt beginnt sehr flowig. Während die Rittenabfahrt (zumindest uns) vielfach doch Umsicht und Geschick abverlangte, kann man Jenesien eher bedenkenlos runterrollern. Weiter unten ist der Weg mit groben Steinen gepflastert, und bei den tiefen Wasserableitungsrinnen muss man achtgeben, nicht selbst abgeleitet zu werden. Die Runde kostet doch einige Zeit, und es wird dämmrig, als wir unten ankommen.
Für Sonntag steht ursprünglich Meran mit Armin auf dem Programm. Leider erreicht uns seine SMS erst, als wir schon auf dem Weg nach Süden sind.
[imgl]http://si6.mtb-news.de/fotos/data/11719/thumbs/penegal.png[/imgl] Wir haben von axx eine Tourbeschreibung über den Monte Roen bekommen, der mit seinen über 2100 m derzeit natürlich noch schneebedeckt ist. Die Beschreibung bringt uns aber auf die Idee, von Kaltern aus die Standseilbahn (wie schnell man doch verweichlicht *g*) zu nutzen, um uns vom Mendelpass über den 500/512 nach Norden durchzuschlagen. Die knapp 20 km bis Kaltern (auf dem Höhenprofil fehlen die ersten paar) rollern sich sehr angenehm auf einem Radweg durch die Weinberge. Das scheint eine ehemalige Bahntrasse gewesen zu sein, jedenfalls merkt man die Höhenmeter kaum.
Die Mendelbahn macht schon um 11:20 Mittagspause. Grad verpasst. Fünf Euro hätte sie gekostet.
[imgl]http://si6.mtb-news.de/fotos/data/11719/thumbs/66.jpg[/imgl] Statt bis 13:10 zu warten, fahren wir die 800 hm also selber hoch. Wobei von fahren nicht viel die Rede sein kann. Denn wir verschmähen die (gut befahrene) Straße und wählen eine Route über den Kalterer Höhenweg und den alten Mendelsteig. Letzterer ist so steil, dass selbst das Schieben mühsam ist. Am Morgen habe ich noch gedacht, dass uns heute kaum Laufpassagen erwarten würden, und statt der Wanderstiefel simple Turnschuhe angezogen. Jetzt rächt sich das (zum ersten Mal), denn ich darf jeden Schritt anderthalb mal gehen. Welch Erlösung, auf knapp 1200 Meter wieder auf die Straße zu stoßen (siehe Knick im Profil) und die restlichen 200 hm bei erholsamer Steigung abkurbeln zu dürfen. Dennoch brauchen wir über zwei Stunden für den gesamten Aufstieg.
[imgl]http://si6.mtb-news.de/fotos/data/11719/thumbs/64.jpg[/imgl] Der Mendelpass ist bevölkert von Motorradfahrern, die einen Höllenlärm machen. Leicht genervt machen wir Brotzeit und beobachten, wie sich über uns die Wolken zusammenziehen. Bis Penegal sinds nochmal 400 hm, aber nur auf Asphalt. Die Sonne beleuchtet von hinten die noch nadellosen, aschgrauen Lärchen. Dahinter inzwischen schwarzer Himmel. Ich fühle mich wie in einer anderen Welt.
[imgr]http://si6.mtb-news.de/fotos/data/11719/thumbs/68.jpg[/imgr]Wer von Bozen das Etschtal nach Süden fährt, kennt die imposanten hohen Felswände an der Westseite. Genau dort oben liegt Penegal. Entsprechend gigantisch ist die Aussicht. Wir erleben, wie über Bozen eine Schauerwolke ihre Schleusen öffnet. Im Westen kann man den Ortler erahnen. Mit dem nun anstehenden 500er geraten wir auf die Schattenseite -- und damit in den Schnee. Bezeichnenderweise ist der Pfad mit Schneeschuhschildern markiert. Da der Anfang noch ganz passabel aussieht und der Pfad erstmal einiges nach unten geht, wagen wir es trotzdem. Ich zieh schonmal Protektoren an... Anfangs bin ich ja noch der Meinung, dass man auf dem Pappschnee auch fahren können müsste. Immer wieder jedoch bricht das Vorderrad ein, und mit einem hektischen Ausfallschritt zur Seite versinke ich bis zum Knie im Schnee. Bin schon ziemlich nass. Abermals bereue ich meine Schuhwahl... Nach zwei weiteren Abgängen über den Lenker habe ichs dann auch begriffen, und wir schieben gemeinsam.
Zeitweise erwägen wir eine Umkehr, doch mit der Zeit werden die Schneeflecken kleiner und dünner, so dass wir immer längere Stücke auch wieder fahren können. Der Trail geht vielfach kurz bergauf und bergab, verwurzelt und sehr anstrengend. Alles bekommt mehr und mehr den Charakter einer alpinen Exkursion. Die Zeit rennt uns davon, und wir müssen unser ursprüngliches Ziel, den kompletten Kamm abzufahren, aufgeben. Irgendwie müssen wir dann aber über den Felsabbruch nach unten kommen. Die erste Gelegenheit ist das Furglauer Tal. Am Pfadeinstieg werden Wanderer vor der Gefährlichkeit des Steiges gewarnt und die Begehung nur Geübten empfohlen. Wir sehen uns die ersten Meter zu Fuß an, aber es wird schnell klar, dass ein Pfad, auf den man fast von senkrecht oben draufgucken kann, und zwischen dessen Serpentinen grade mal eine Fahrradlänge liegt, ein haarsträubender Höllentrip geworden wäre. Also nochmal weiter.
[imgl]http://si6.mtb-news.de/fotos/data/11719/thumbs/73.jpg[/imgl]
Die nächste Gelegenheit liegt über einen Kilometer abseits des Sentiero 500. Ohne zu wissen, was uns da erwartet, müssen wir sie nutzen. Vor dem Traileinstieg machen wir nochmal kurze Rast.
[imgr]http://si6.mtb-news.de/fotos/data/11719/thumbs/72.jpg[/imgr] Mit Gedanken an einen möglicherweise grausam ausgesetzten Pfad, nebst meinem tollen Schuhwerk, ist mir doch ein wenig mulmig jetzt.
Was soll ich sagen. Es wird die wohl härteste Trailabfahrt, die wir bisher gefahren sind. Aber gefahren! Denn glücklicherweise ist der Weg doch karrenbreit und nicht ausgesetzt, so dass man (armiert) durchaus mal einen Sturz riskieren kann. Diese Option nehmen wir auch in Anspruch. Leider kann ich hier nicht viele Fotos bieten, da das Anhalten auf andere Weise nicht so einfach ist.
Als wir die Felswand überstanden haben, weicht die Anspannung einem unbeschreiblichen Hochgefühl. Überlebt! Nicht nur das, auch noch richtig Spaß er-lebt.
Und das Abenteuer ist noch nicht zu Ende. Bis zwischen die ersten Häuser von Eppan zieht sich ein verspielter Trail. Dessen Fortgang zwischendrin -- an einem Bauernhof -- aber völlig unklar ist. Keine Markierung weit und breit. Zwei Bauersleute winken, wir sollen auf dem Schotterweg weiterfahren. Tun wir zunächst auch, aber die Karten wecken doch Zweifel. Also fahren wir zurück und auf einem Pfad direkt auf den Bauernhof zu. Sofort stehen drei zähnefletschende und bellende Hunde vor uns. Sie sind zwar eher kurzbeinig, aber den vorausfahrenden Tom können sie doch einige Zeit verfolgen. Glücklicherweise ist der Trail korrekt, so dass wir einfach drauf zu fahren können. Die Hunde lassen von Tom ab und stehen auf dem inzwischen schmaler gewordenen Weg vor mir. Hmm. Viel Zeit zum Überlegen bleibt nicht. Ich fahre einfach drauf zu. Sie weichen zur Seite und rennen mir noch kläffend hinterher. Solche Viecher haben eine unglaublich beschleunigende Wirkung.
Im Tal finden wir den autobahnähnlichen Fahrradweg wieder, den wir schon am Vormittag genutzt haben. Jetzt, um acht, haben wir den praktisch für uns allein, und mit seinem leichten Gefälle nach Bozen lädt er ein zum Heizen, was der Motor hergibt. Auch mal cool. Die stellenweise noch regennassen Wege in Bozen machen uns bewusst, dass wir den ganzen Tag von Schauern verschont geblieben sind.
Am Montag machen wir uns auf zur Kohlernbahn, die nach Aussage unserer Hauswirtin wieder in Betrieb sein soll.
[imgr]http://si6.mtb-news.de/fotos/data/11719/thumbs/77.jpg[/imgr] Ist sie aber doch nicht. Da wir heute nicht mehr den ganzen Tag Zeit haben, wiederholen wir einfach unser Samstagsprogramm -- in Variationen. Statt des Dreier vom Ritten nehmen wir diesmal den Zweier. Im oberen Teil liegt er voller losem Geröll, was ihn weniger schön zu fahren macht als den Dreier. Zum Jenesientrail fahren wir diesmal nicht direkt, sondern über den Gasthof Edelweiß und den Sentiero E.
Auf der weiteren Fahrt erwischt uns doch ein leichter Regen. Der Downhill kommt mir diesmal erheblich schwieriger vor als noch vorgestern. Nicht nur wegen der feuchten Steine -- auch meine Hinterbremse, die schon seit zwei Tagen pünktchenweise ihr DOT verliert, ist inzwischen fast am Anschlag, und ich versuche, sie so wenig wie möglich zu benutzen, um sie für Notfälle noch zu haben. Doch auf Steilstücken ist eine Bremse einfach zu wenig.
[imgl]http://si6.mtb-news.de/fotos/data/11719/thumbs/79.jpg[/imgl]Gegen 16 Uhr sind wir zurück an Auto und Quartier. Wir machen eine Brotzeit, packen ein, halten noch ein längeres Schwätzchen mit der Wirtin und brechen gen Heimat auf. Dieses Wochenende in Bolzano hat mich in meiner Überzeugung bestärkt, dass es abseits des ausgefahrenen Lago durchaus Ziele gibt, die klimatisch ebenso mild sind und es für natur- wie bikespaßsüchtige absolut wert sind, erkundet zu werden.