Wandern zu Rad - Zeitungsartikel von 1931

McDreck

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Folgender Artikel stammt aus einem "Erdinger Anzeiger" von 1931.

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Wandern zu Rad


Etwas über das Wanderrad, die Kleidung und das Gepäck.​


Mit dem Längerwerden der Tage steigert sich die Länge der Fahrten auf dem Rade. In der Dunkelheit fährt der Radfahrer, nur wenn er muss; und da die Radfahrer Frühaufsteher sind, so können sie in den vielen Stunden sommerlicher Tageshelle eine ganze Anzahl von Kilometern unter ihren Rädern verschwinden lassen. Für die kleinen Frühlingsfahrten machen sich besondere Vorbereitungen von Roß und Reiter nicht notwendig, aber wenn die Fahrt mehr als 200 Kilometer geht, muss der Radler und vor allem die Radlerin rüsten.

Beim Radwandern gilt wie beim Fußwandern der Wahlspruch: Leichtes Gepäck, leichter Sinn. Zum Radwandern eignen sich daher die von den Radfahrern als "Blutsauger" bezeichneten schweren Maschinen nicht, die allen denen verkauft werden, die vom Markenrade nichts wissen. Diese Laien gehen achtlos an allem vorüber, was die Welt des Rades als Errungenschaft und als Schlüssel zu dem Geheimnis leichten, fröhlichen Radwanderns betrachtet. Es genügt nicht, dass man Luftreifen und eine Freilaufnabe am Rade hat, man muss die richtigen Reifen und die richtige Freilaufnabe haben. Richtige Reifen sind die Wunderwerke aus Leinwand und Gummi, mit denen unsere deutsche Gummiindustrie nicht nur Deutschland sondern die Welt versorgt. Die richtige Freilaufnabe ist die in tausend Rennschlachten erprobte, leichtlaufende, leicht wiegende und sicher bremsende deutsche Freilaufnabe. Ebensowenig wie ein Fahrrad ein Fahrrad ist, ist ein Gummireifen ein Gummireifen und eine Freilaufnabe eine Freilaufnabe. Man kann mit schweren, qualitativ minderwertigen Reifen und Naben wohl fahren, aber mit der Zeit macht sich der Mangel an Qualität bemerkbar. Was den Reifen un der Nabe an Leichtigkeit fehlt und ihnen an Mehrgewicht anhaftet, muss der Radler durch einen höheren Kraftaufwand büßen. Daher ist die erste Bedingung: für längere Fahrten ein leichtes Markenrad mit erstklassigen Reifen und einer deutschen Freilaufnabe.

Die zweite Bedingung ist zweckentsprechende Kleidung, und die dritte Bedingung eine richtige Verteilung des Gepäcks auf Roß und Reiter. Die neue Zeit hat uns die bequeme Kleidung gebracht. Anlass dazu gab in erster Linie die nach dem Kriege erwachte Freude an sportlicher Betätigung. Sowohl der Mann als auch die Frau haben jetzt alles den freien Gebrauch der Glieder Einengende, alles Unpraktische abgeworfen, und dieser Sehnsucht nach Bequemlichkeit haben die Damen sogar das geopfert, was als Schmuck der Frau den Altvorderen heilig gewesen ist. Diese neue Richtung hat die früher als Hindernis empfundene Bekleidungsfrage in den Hintergrund treten lassen. Eine moderne Wanderfahrerin hat keine Stöckelschuhe, kein Korsett und keinen langen Rock; sie ist leicht und bequem bekleidet, und sie hat sich damit der vom Radler schon vor vierzig Jahren eingeschlagenen Richtung angeschlossen, leicht und frei durchs leben zu radeln.

Über die Bekleidung für längere Fahrten ist heute also nicht mehr viel zu sagen, und auch über die Gepäckfrage kommt man heute leichter hinweg als ehedem. Früher glaubte man, dass man alle Last dem Rade aufbürden müsse. Man hatte riesenhafte Rahmentaschen, Taschen am Lenker, Taschen über dem Hinterrad und einen Tornister. Man glaubte, mit dieser Degradation des stolzen Rades zum Lastesel die Gepäckfrage gelöst zu haben; aber ein jeder erfahrene Radfahrer weiss, dass alles die Steuerung und die Fortbewegung des Rades hemmende von übel ist. Daraus folgt, dass man an der Lenkstange möglichst wenig befestigen soll, und dass eine in den Rahmen eingeschnallte Tasche nur dann zweckmäßig ist, wenn sie die Tretbewegung der Beine nicht behindert. Über dem Hinterrad Gepäck anzubringen ist zweckmäßiger als im Rahmen oder am Lenker, aber das zweckmäßigste ist der Rucksack. Man mag über den Rucksack denken wie man will. Ein Schmuckstück ist er nicht, aber er ist praktisch durch seine Ausdehnungsfähigkeit, seine Unergründlichkeit und seine Anpassungsfähigkeit.

Unsere Wanderfahrer, bei denen die Wanderfahrt erst nach 1000 Kilometer anfängt, werden ohne Rucksack keine Fahrt antreten, und aus den Erfahrungen dieser Fahrer soll auch der mit kürzeren Fahrten sich begnügende Radler lernen. Er wird finden, dass die erfahrenen Wanderradler dem Wahlspruch: "Leichtes Gepäck, leichter Sinn." huldigen, und das Beste an Rad und Reifen, an Kleidung und Nahrung gerade gut genug finden, um einen mit eigener Kraft das Land durchreisenden "Bruder Straubinger" leistungsfähig zu machen und leistungsfähig zu erhalten.
 
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Ich versuche es mal:

Wandern zu Rad
Etwas über das Wanderrad, die Kleidung und das Gepäck
Mit dem Längerwerden der Tage steigert sich die Länge der Fahrten auf dem Rade. In der Dunkelheit fährt der Radfahrer, nur wenn er muß; und da die Radfahrer Frühaufsteher sind, so können sie in den vielen Stunden sommerlicher Tageshelle eine ganze Unzahl von Kilometern unter ihren Rädern verschwinden lassen. Für die kleinen Frühlingsfahrten machen sich besondere Vorbereitungen von Roß und Reiter nicht notwendig, aber wenn die Fahrt mehr als 200 Kilometer geht,muß der Radler und vor allem die Radlerin rüsten.

Das soll erst einmal reichen. Jetzt habt ihr genug Beispiele und könnt die anderen Sätze selber "übersetzen". also fleißig üben, am Sonntag um 19:00 Uhr ist Prüfung.😀

Die Hundebomben finde ich geil. Die kann man bestimmt gut bei E-... einsetzen.:p
 
alles nur marketingblabla, die räder von 1929 sind genauso gut :o

im ernst, echt interessant, so im zeitlichen kontext. das mit den taschen is ja auch grade wieder ganz groß in mode :D
 
man sollte den ma der redaktion zuspielen, abschreiben und mit aktuellen fotos garnieren 🤔
 
was recht is, kommt wieder - siehe mein long-low-slack gravelcruiser mit 1934er stahlrahmen.
 
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