generelle konzentrations-uebung, f. sport, beruf,...
Aus dem Buch von Franz Bardon Der Weg des wahren Adepten, 1.Stufe
Gedankenkontrolle, Gedankenzucht, Gedankenbeherrschung
Setzen Sie sich bequem in einen Stuhl oder legen Sie sich auf einen Divan. Entspannen Sie den ganzen Körper, schließen Sie die Augen und beobachten Sie fünf Minuten lang den Lauf Ihrer Gedanken, den Sie zu behalten versuchen. Anfangs werden Sie wahrnehmen, dass solche Gedanken auf Sie ein¬stürmen, die Dinge und Angelegenheiten des Alltags, Berufs, der Sorgen u. a. betreffen. Zu diesen Gedankengängen stellen Sie sich wie ein stiller Beobachter ganz frei und unabhängig. Je nachdem, in welcher Gemütsverfassung und Situation Sie sich augenblicklich befinden, wird Ihnen diese Übung leichter oder schwerer fallen. Hier heißt es dann, den Gedankengang nicht zu verlieren, sich nicht zu vergessen, sondern ihn auf¬merksam zu verfolgen. Man hüte sich, bei dieser Übung ein¬zuschlafen. Wird man müde, breche man die Übung lieber sofort ab und verlege sie auf ein anderes Mal, wo man sich vornimmt, der Müdigkeit nicht anheimzufallen. Die Inder z. B., um die kostbare Zeit nicht zu verlieren, machen es so, dass sie sich entweder kaltes Wasser ins Gesicht spritzen oder Gesicht und Oberkörper mit kaltem Wasser abreiben, um rege zu bleiben. Auch einige tiefe Atemzüge kann man vorher machen, die gleichfalls Müdigkeit und Schläfrigkeit beheben und verhüten.
Auf solche und ähnliche kleine Hilfsmaßnahmen wird jeder Schüler mit der Zeit selbst kommen. Diese Gedanken-Kontrollübung wird morgens und abends vorgenommen. Jeden Tag verlängere man die Übung um eine Minute, so dass man innerhalb einer Woche in der Lage ist, mindestens 10 Minuten lang den eigenen Gedankengang zu verfolgen und zu kon¬trollieren, ohne im geringsten davon abzuschweifen. Diese Zeitspanne ist für den Durchschnittsmenschen bestimmt. Wem sie nicht ausreicht, der kann sich die Frist je nach eige¬nem Auffassungsvermögen verlängern. Jedenfalls gehe man sehr gewissenhaft vor, da es keinen Zweck hat zu eilen. Die Entwicklung ist bei jedem Menschen ganz individuell. Auf keinen Fall ist weiterzugehen, bevor die vorhergehende Übung nicht restlos beherrscht ist.
Der aufmerksame Schüler wird wahrnehmen, wie ihn zu Beginn die Gedanken bestürmen, wie sie in rasendem Tempo an ihm vorbeieilen, so dass es ihm direkt schwerfallen wird, sich der vielen mannigfaltigen Gedanken zu entsinnen. Von einer Übung zur anderen wird er jedoch feststellen, dass die Gedanken weniger chaotisch auftreten, sich nach und nach mässigen, bis schliesslich nur wenige wie aus weiter Ferne kommende Gedanken im Bewusstsein auftauchen.
Dieser Gedanken-Kontrollarbeit ist die grösste Aufmerk¬samkeit zu widmen, denn sie ist in der Entwick¬lung äußerst wichtig, was später jeder an sich selbst erkennen wird.
Unter der Voraussetzung, dass die angegebene Übung genü¬gend durchgearbeitet wurde und sie jedermann praktisch be¬herrscht, kann eine weitere Ausbildung, und zwar die Mentalausbildung folgen.
Wir haben gelernt, unsere Gedanken zu kontrollieren. Die nächste Übung liegt nun darin, Gedanken, die sich uns unerwünscht und hartnäckig aufdrängen, in unserem Geist nicht auf kommen zu lassen. Z. B. müssen wir in der Lage sein, uns mit Arbeiten und Sorgen des Berufes nicht mehr zu befassen, wenn wir aus diesem in unser Privat- und Familienleben zurückkommen. Alle Gedanken, die nicht in unser Privatleben gehören, müssen wir ausschalten und es fertigbringen, sofort ein anderer Mensch zu werden. Und umgekehrt: Sind wir im Beruf, so müssen wir alle Gedanken ausschließlich diesem zuwenden und nicht zulassen, dass sie irgendwo anderweitig herumschweifen, wie etwa zu Hause, im Privatverkehr oder sonstwo. Dies ist so lange zu üben, bis es zur Gewohnheit geworden ist. Man gewöhne sich vor allem daran, alles was man tut, ob nun im Beruf oder im Privatleben, mit vollem Bewusstsein zu vollbringen, ohne Rücksicht darauf, ob es sich um etwas Grosses oder um Kleinigkeiten handelt. Diese Übung ist für das ganze Leben beizubehalten, denn sie schärft den Geist, stärkt das Bewusstsein und das Gedächtnis.
Hat man es in dieser Übung zu einer gewissen Fertigkeit gebracht, so kann man sich an die nächstfolgende Übung machen. Diese besteht darin, einen einzigen Gedanken oder eine einzige Idee längere Zeit festzuhalten und andere Gedan¬ken, die sich hinzugesellen und gewaltsam aufdrängen, stand¬haft zu unterdrücken. Wählen Sie für diesen Zweck ganz nach eigenem Belieben irgendeinen Ideen- oder Gedankengang oder eine geeignete Vorstellung. Halten Sie an dieser Vor¬stellung mit aller Kraft fest. Alle anderen Gedanken, die mit den zu übenden nichts zu tun haben, weisen Sie energisch zurück. Anfangs wird Ihnen dies nur für einige Sekunden, später Minuten gelingen. Sie müssen es fertigbringen, minde¬stens 10 Minuten lang einen einzigen Gedanken aufrecht zu halten und zu verfolgen.
Haben Sie auch hierin Erfolg, sind Sie reif für eine weitere Übung. Wir wollen daher als nächstes die vollkommene Ge¬dankenleere erzeugen lernen. Legen Sie sich bequem auf ein Sofa, ein Bett oder setzen Sie sich in einen Lehnstuhl und entspannen Sie Ihren ganzen Körper. Schliessen Sie die Augen Jeden Sie überfallenden Gedanken weisen Sie energisch ab. Nichts darf in Ihrem Geist auftreten, nur absolute Leere muss herrschen. Diesen Zustand der Leere halten Sie fest, ohne abzuschweifen oder sich zu vergessen. Anfangs werden Sie dies nur für wenige Sekunden fertigbringen, aber bei öfterem Üben wird es Ihnen immer besser gelingen. Der Zweck der Übung ist erreicht, wenn es Ihnen gelungen ist, volle zehn Minuten in diesem Zustand zu verweilen, ohne sich zu vergessen oder sogar einzuschlafen.
Ihre Erfolge, Misserfolge, Zeitdauer der Übung und etwaige Störungen notieren Sie sich sorgfältig in ein Tagebuch. (Näheres darüber in Seelen-Schulung.) Es dient zu Ihrer eigenen Kontrolle des Aufstieges. Je gewissen¬hafter Sie hierbei vorgehen, um so besser und erfolgreicher werden Sie auch alle weiteren Übungen absolvieren.
Legen Sie sich für den kommenden Tag oder für die kom¬mende Woche einen genauen Arbeitsplan an. Pflegen Sie vor allem Selbstkritik.