xc Pro Pedale von Suntour

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Hallo,
ich wollte gerne die Lager an meinen XC Pro Pedalen auswechseln...hat jemand Erfahrung damit? Das Zerlegen ist soweit keine Problem, aber Können beide Lager auf der Achse gewechselt werden oder nur das "äußere"? Das "innere" Lager scheint sehr fest zu sitzen und bevor ich zu härteren Mitteln greife, wollte ich doch gerne mal wissen ob jemand schon ähnliches gemacht hat. Gruß -seb.
 
Hilfreichster Beitrag geschrieben von HeikoS69

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Aufbau, Überholung und Geschichte des Suntour XC Pro-Pedals und seiner nahen Verwandten.

(Für Pedalfans und sonstige Nerds mit Zeit, viel Zeit) 😃

Einleitung:


Nicht nur hier ist der Eingangsbeitrag dieses Fadens seit fast 20 Jahren unbeantwortet, sondern auch anderswo im Netz findet man wenige gute Informationen, dafür umso mehr Halbwissen oder falsche Informationen.

Aus Neugier habe ich Google Gemini die "Deep-Research"-Aufgabe gestellt „Finde alle Internetquellen auf Deutsch oder Englisch, in denen der Aufbau und die Überholung von Suntour XC Pro-Pedalen beschrieben wird.“ Nach ein paar Minuten hatte ich das Ergebnis, siehe PDF-Anlage. Fehlerhafte Aussagen habe ich in der Anlage rot und fett markiert. Ich habe den Bericht allerdings nicht auseinandergepflückt, es könnte noch mehr falsch sein. In dem Bericht wird an einer Stelle auch ein Beitrag aus diesem Forum für ein wesentliches Detail herangezogen, dazu später mehr.

Für diesen Beitrag habe ich drei verschiedene Suntour XC Pro-Pedale und verschiedene Superbe Pro-Pedale vollständig zerlegt und mir den Aufbau und die Funktionsweise genau angesehen.

Im Google-Gemini-Bericht findet sich die erstaunliche Feststellung: „Die Suntour XC Pro-Pedale weisen eine bemerkenswerte Vielfalt in ihren Lagersystemen auf.“ Das ist nicht nur ein bisschen ungenau, sondern wirklich ganz falsch. Die Feststellung ist ein Anzeichen dafür, dass es eine bemerkenswerte Vielfalt an Beiträgen mit falschen Angaben zu diesem Thema im Netz geben muss. Die Suntour XC Pro-Pedale weisen genau ein einziges Lagersystem auf: die beiden Lager sind Norm-Industriekugellager in der Bauform einreihiger Rillenkugellager. Selbst wenn man die Superbe Pro-Straßen- und Bahnpedale in die Überlegungen einbezieht werden es nicht mehr: es gibt Kugellager in zwei Größen mit je zwei verschiedenen Dichtungen. Es sind jedoch alles einreihige Rillenkugellager. Es sind keine (zweireihigen) Schrägkugellager, keine Nadellager, keine Cup-and-Cone-Bearings, keine Konuslager, was auch immer. Auch die in Amerika gängige Bezeichnung "sealed cartridge bearing type" ("gedichtetes Patronen-Kugellager") ist nur in der zweiten Hälfte richtig. In den Kugellagern dieser Pedale werkeln bei GG (Grease Guard) ausschließlich und bei Nicht-GG auf den Innenseiten Metalldeckscheiben. Und die dichten ungefähr so gut wie vorwiegend festkochende Kartoffeln fest kochen.
Der Fairness halber muss man sagen, dass falsche Angaben von Anfang an aus der Suntour Presseabteilung kamen. Die Lager wurden anfangs als "needle" oder "roller bearings" (Nadel- / Rollenlager) bezeichnet, obligatorisch "sealed". Technisch korrekt wäre "shielded (deep grove) ball bearing" gewesen.

Um was geht's?

Es geht um diese Pedale:

01 Suntour XC Pro Pedals Grease Guard.JPG
02 Suntour XC Pro Pedals Grease Guard.JPG
Das erste Suntour XC Pro-Pedalmodell von 1990 (Modell-Nr. PL-XC00) hat kein Grease Guard. Es wurde zuvor bereits 1989 baugleich als XC 9000-Pedal eingeführt (andere Modell-Nr.: PL-XC10). Dieses Pedal ist bis auf die Form des Käfigs und der beiden Pins an der Unterseite baugleich mit dem Suntour Superbe Pro Straßen- oder Bahnpedal.

Das Suntour XC-Pro-Modell von 1991 (PL-XC01) verfügt erstmals über das Grease Guard-System. Im Katalog für das 1991er Programm, der im September 1990 erschien, wird es noch mit demselben Käfig wie im Jahr zuvor gezeigt. Mit diesem Käfig wurden wohl nur sehr wenige GG-Pedale verkauft. Lange dachte ich, die Ausführung mit Grease Guard und älterer Käfigform hätte es nur im Katalog gegeben. Vor kurzem wurde jedoch ein Paar auf eBay.com angeboten. GG-Pedale sind anhand des kleinen Stickers in der Mitte der Oberseite sowie des Aufklebers mit der Aufschrift „Suntour XC Pro WTB Suntour Grease Guard” an der Außenseite des Käfigs leicht zu identifizieren. In der genannten Auktion hatten die Käfige diesen Aufkleber. Ansonsten wurden unter der Modellnummer PL-XC01 Pedale mit schwarzen Käfigen in der bekannten XC-Pro-Form verkauft (z. B. hier, hier und hier), noch bevor diese Käfigform auch in einem Katalog zu finden war. Pedale mit solchen Käfigen in Schwarz sind in keinem Katalog abgebildet, nur in einer Broschüre. Hier im Forum wurde kürzlich ein Paar PL-XC01 in der Originalverpackung offensichtlich in der Farbe des folgenden Jahres (Bronze) angeboten.

Von 1992 bis zum endgültigen Ausverkauf in 1995 gab es das XC Pro-Pedal PL-XC02 in zwei verschiedenen, aber sehr ähnlichen Farben. Abgesehen von den Farben der Käfige konnte ich keine Unterschiede zum schwarzen Vorgängermodell feststellen. Den Katalogen nach zu urteilen gehört das hellere, champagnerfarbene Pedal zu den Jahren 1993 und 1994 und das dunklere, leicht bronzefarbene Pedal zu den Jahren 1992 und 1995, wobei ich mir da nicht sicher bin. Auf die Farbwiedergabe dieser kleinen Unterschiede in den Katalogen, im Netz und auf dem Monitor möchte ich auch nicht allzu viel geben. Grundsätzlich erscheinen mir die Farben auf dem Monitor deutlich dunkler als die Originale in der Hand. Zum Vergleich hier ein Foto mit einem silbernen (Campagnolo Offroad) Pedal:
03 Suntour XC Pro Pedals Grease Guard.JPG
Um es noch mal deutlich zu machen: abgesehen von den Farben der Käfige gibt es genau zwei verschiedene XC Pro-Pedal-Varianten: ohne Grease Guard und mit Grease Guard.

Bevor ich Gemini gefragt habe, waren für mich drei Quellen wesentlich:

http://www.bikepro.com/arch_products/pedals/asuntour_pedal.shtml
Diese Quelle ist bald 30 Jahre alt, aber immer noch die einzige, in der korrekt beschrieben wird, wie das Grease Guard-Prinzip bei diesem Pedal funktioniert, d. h. warum das Fett wo entlangfließt. Leider gibt es keine Skizzen oder Detailfotos, sodass der Vorgang nur schwer zu erfassen ist. Außerdem enthält der Text einen Zahlendreher bei der Bezeichnung des äußeren Kugellagers und die Bezeichnung des kurbelseitigen inneren Lagers fehlt. Dafür werden allerdings bei der Beschreibung der Straßenversion des Pedals die Kugellagerbezeichnungen aufgeführt. Es sind dieselben Lager wie beim ersten XC Pro-Pedalmodell, ohne Grease Guard, von 1989/90.

Dann gibt es zwei YouTube-Videos, die das Zerlegen eines Suntour XC Pro-Grease-Guard-Pedals und eines XC 7000-Pedals zeigen (richtig wäre XC 9000, s.o.). Beide Videos sind vom selben Macher. Er zerlegt die Pedale mit einem Schlosserhammer. Diese Vorgehensweise ist mir zutiefst suspekt. Auch dass er ein Rillenkugellager mit offensichtlichem Rostbefall neu einfettet und wieder einsetzt, passt nicht zu meinem Verständnis vom Umgang mit solchen Lagern.
Die Videos sind aber eine gute Möglichkeit, um sich mit der Demontage dieser Pedale vertraut zu machen.

Außerdem gibt es noch
https://fahrradzukunft.de/30/pedal-mit-schmiernippel.
Dabei handelt es sich um einen kurzen, aber tiefgehenden Artikel aus einer Online-Zeitschrift von November 2020, der leider einige gravierende Falschangaben zum Aufbau des Pedals und zu den verwendeten Lagern enthält. Auf die falschen Aussagen werde ich im Einzelnen eingehen.

Demontage:

Grundsätzlich traue ich jedem, der diesen Text liest, zu, vernünftig mit Werkzeug umzugehen und in der Lage zu sein, ein solches Pedal zu demontieren. Deshalb gehe ich hier nur auf die Besonderheiten ein. Nur eins: Aufpassen mit dem Schraubstock. Zwei Pedalkörper habe ich damit mit ganz wenig Kraftaufwand minimal verbogen (=Schrott, weil der Lagersitz nicht mehr rund ist). Bei einem habe ich das erst gemerkt, als das Lager nicht mehr so richtig passen wollte. Ich werde solche Pedale jedenfalls nie mehr in einen Schraubstock einspannen.

Der Autor des Fahrradzukunft-Artikels lässt den Käfig am Pedal, wenn er die Achse herausnimmt, der YouTuber nimmt ihn ab. Man kann den Käfig dranlassen, wenn man die Lager ausbauen oder tauschen will. Teilweise stört der Käfig dann etwas bei den folgenden Arbeitsgängen, aber es geht. Sollte man den Käfig abbauen wollen, muss man wissen, dass die Käfig-Befestigungsschrauben gewöhnlich aussehen aber äußerst speziell sind. Sie haben ein M4-Feingewinde mit einer Steigung von 0,5 mm und sind 7 mm lang. Senkschrauben M4x0,5x7 gibt es nirgends zu kaufen, auch in anderen Längen nicht (wirklich nicht!, Zylinderkopfschrauben hingegen schon). Online findet man ein paar internationale Angebote von gebrauchten oder neuen Original-Schrauben. Die aufgerufenen Preise sind weit jenseits von Gut und Böse. Also besser den 2,5 mm Innensechskant der Schrauben pfleglich behandeln, bei Bedarf sauber auskratzen und den Inbusschlüssel ganz einführen. Der Innensechskant der Suntour-Schrauben ist im Vergleich zu Standardschrauben (wie z.B. die A4 M4-Schrauben oben im Campagnolo-Pedal) präziser gefertigt, der Schlüssel hat wenig Spiel. Das macht die Aufgabe einfacher. Der Inbusschlüssel sollte nicht verschlissen sein. Die Schrauben sitzen teilweise recht fest.

BTW Inbusschlüssel: In einem Test verschiedener Inbusschlüssel schneidet der Wera Hex-Plus-Inbusschlüssel bei der Kraftübertragung in einer Schlüsselweite von 2,5 mm deutlich besser ab als die gesamte namhafte Konkurrenz. [Bei Schlüsselweiten von 4 mm und 8 mm liegt Wiha vor allen anderen. Tatsächlich ist das ein Test mit zölligem Werkzeug, bei dem die Schlüsselweiten 3/32 (2,38 mm), 5/32 (3,97 mm) und 5/16 (7,94 mm) getestet wurden.]
04 Suntour XC Pro Pedals Grease Guard.JPG
Der Kunststoffdeckel des GG-Pedals rastet in einer Nut des Pedalkörpers ein und sitzt deshalb recht fest. Diese Bauweise soll offensichtlich eine Dichtungsfunktion gegen das Eindringen von Wasser haben, denn die äußeren Kugellager der Pedale mit diesem Deckel haben nur eine Metalldeckscheibe statt einer Kunststoffdichtung und somit keine eigene Abdichtung gegen Wasser. Den Deckel kann man mit einem kleinen Schlitzschraubendreher abhebeln. Dabei wird der Deckel aber Kratzer bekommen und die Dichtigkeit kann leiden. Das richtige Werkzeug ist mir noch nicht eingefallen.
05 Suntour XC Pro Pedals Grease Guard.JPG
Beim XC Pro-Nicht-GG-Pedal links (und den anderen Suntour-Pedalen) gibt es keinen Deckel im Pedalkörper, sondern einen Kunststoffdichtring um die Fixierschraube herum.

Auch die Fixierschraube kann verdammt fest sitzen. Die Schraube ist werkseitig mit Schraubenkleber statt Schmiermittel versehen. Außerdem kann bei allen Pedalen von der Innenseite Wasser durch die hohle Achse in's Gewinde ziehen. Mitunter reicht dann auch ein langer Inbusschlüssel (4 mm) nicht für den nötigen Drehmoment zum Lösen der Schraube. Ein verschlissenes No-Name-Werkzeug verbietet sich von selbst. Zum Gegenhalten ist ein Zangenschlüssel perfekt, viel besser als ein 15er (Pedal-)Maulschlüssel.

Nach dem Entfernen dieser Schraube muss die Achse aus dem Pedalkörper herausgeklopft werden. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten. Ich schraube dazu eine längere Schraube in die Achse und klopfe auf den Schraubenkopf.

Anschließend kann man das äußere Pedallager austreiben.

Beim inneren Pedallager wird es aufwändiger. Entweder bleibt es zunächst auf der Achse sitzen, sodass man es relativ leicht abnehmen kann. Meistens jedoch steckt es noch im Pedalkörper. Bei jedem Nicht-GG-Pedal kann man es von dort austreiben.

Beim GG-Pedal ist das nicht ohne weiteres möglich, warum sieht man beim Aufbau.

Für das Austreiben der Achse benutze ich einen Schonhammer. Für die Lager nicht. Für das Entfernen der Lager setze ich einen passenden Austreiber (Austreibdorn) an und klopfe damit auf Holz.

Aufbau:

06 Suntour XC Pro Pedals Grease Guard.JPG
Das ist die Achse eines GG-Pedals:
Von links: [fehlend: Gummistopfen für den 6 mm Innensechskant], 1) Plastikdichtung, gehalten von dem Versatz in der Achse, 2) innerer Dichtring, 3) Fixierschraube mit Passscheiben, 4) kurbelseitiges inneres Kugellager, 5) äußeres Kugellager.
Das Fett kommt aus der Öffnung in der Achse, wird vom inneren Dichtring zurückgehalten und in die andere Richtung durch das kurbelseitige Lager gedrückt. Das äußere Lager ist nicht Bestandteil des Grease Guard Systems, bleibt insofern unberührt von dem Vorgang.
Bei allen Nicht-GG-Pedalen fehlt die Bohrung und der innere Dichtring natürlich. Außerdem ist bei denen am äußeren Pedalende eine weitere Plastikdichtung vorhanden, jedoch kein Deckel im Pedalkörper.

07 Suntour XC Pro Pedals Grease Guard.JPG
Die anderen Bestandteile einzeln:
1) Kunststoffdichtung (alle Pedale), 2) innerer Dichtring (GG), 3) Schraube mit Unterlegscheiben (GG)
3a) bei Nicht-GG: Kunststoffdichtung (identisch zu 1), liegt hier nur andersherum), gehalten vom Versatz in der Schraube, .

Der innere Dichtring besteht aus Blech, mit dem eine Gummidichtung fest verbunden ist. Der Dichtring sitzt fest im Pedalkörper. Man kann ihn herausbekommen, muss man aber nicht. Das Gummi dieser Dichtung schleift auf der Achse, Spuren davon sieht man auf der Achse. Der innere Durchmesser des Dichtringes beträgt 10 mm, genauso wie der Innendurchmesser des kurbelseitigen Lagers. Das ist der Grund, warum man nicht ohne weiteres Werkzeug einen Austreiber für das GG-Lager benutzen kann: dieser müsste dicker als der Bohrungsdurchmesser des Lagers sein (also dicker als 10 mm) und gleichzeitig durch den Dichtring passen (also dünner als 10 mm). Wie man das Lager trotzdem herausbekommt steht unten unter "Spezialwerkzeug".

Die Fixierschraube, welche das Pedal auf der Achse hält, hat ein M5 x 0,5 Feingewinde.
Die Unterlegscheiben zwischen Achsenende und Schraubenkopf sind Passscheiben. Bei neueren Pedalen habe ich zwei pro Pedal, je 0,5 mm dick und teilweise dritte Scheiben, 0,1 mm oder weniger dick, vorgefunden, bei älteren Pedalen weniger. Ich gehe davon aus, dass diese Passscheiben bei anderen Pedalen nochmal ganz andere Dicken haben können. Passscheiben mit einem Innendurchmesser von 5 mm und einem Außendurchmesser von 8 mm entsprechen zwar nicht der DIN 988, sind aber im Modellbauzubehör in verschiedenen Dicken erhältlich.

Erst nach dem Google-Gemini-Bericht wurde mir die genaue Funktion der Passscheiben klar. In dem Bericht wird der folgende Beitrag aus diesem Forum herangezogen:
Muss noch mehr wissen:
Wo bekomme ich diese kleinen Unterlegscheiben (so heißen die nicht, das richtige Wort fällt mir nicht ein), die auf der Außenseite unter der Inbusschraube sind, mit der die Achse befestigt ist? An einem Pedal fehlt eine - sollten pro Seite zwei sein - und dadurch läuft das Lager sehr rauh, wenn ich die Schraube anziehe. Mein Spezialschraubenfritze hat sowas leider nicht und selbst basteln ist bisher daneben gegangen, weil das Material zu weich war.
In Verbindung mit einer Verkaufsanzeige auf Bike Recyclery, in der ein seitliches Spiel der Lager beschrieben wird, das man einstellen könne (kann man nicht!), wurde mir klar, dass die Passscheiben dafür sorgen, dass die Kugellager spannungsfrei drehen. Die Passscheiben halten die Fixierschraube auf Abstand und sorgen so dafür, dass sich die Pedale mindestens während der Montage minimal seitlich auf der Achse bewegen können. Dieses Prinzip kann nur funktionieren, wenn die Lager im Pedalkörper fest sitzen.

Ich würde definitiv davon absehen, an diesen Passscheiben irgendetwas zu ändern. Rillenkugellager haben eine vordefinierte "Lagerluft" (Spiel). Daran soll man konstruktionsbedingt auch nichts ändern. Die Passscheiben sind nicht dazu da, etwaigen (korrosionsbedingten) Verschleiß in den Lagern auszugleichen. Verschleißbedingtes Spiel in Rillenkugellagern wird grundsätzlich nicht ausgeglichen, und das nicht nur bei diesen Pedalen, sondern nirgends. Verschlissene Lager werden ausgetauscht. Rillenkugellager unter Spannung zu setzen führt nur zu schnellerem Verschleiß. Hier werden die Passscheiben deshalb genauso wie zuvor wieder eingesetzt.

08 Suntour XC Pro Pedals Grease Guard.JPG
Die Passscheiben haben den gleichen Außendurchmesser wie die Achse. Die Lager werden von der Fixierschraube allein zurückgehalten, nicht von den Passscheiben. Der Begriff Fixierschraube ist schon irreführend, weil sie das Lager eben nicht fixiert, mir ist aber keine andere griffige Bezeichnung eingefallen. Auf dem Foto kann man das Ende der Achse unter den Passscheiben gerade so erahnen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Kugellager:

Ohne Grease Guard:

09 Suntour XC Pro Pedals Grease Guard.JPG


Beide Kugellager des XC Pro-Pedals ohne GG (und der anderen Suntour-Pedale mit Rillenkugellager späterer Baujahre ab ca. 1986) haben innen und außen verschiedene Dichtungen/Abdeckungen. Auf den nach außen zeigenden Seiten sind Kunststoffdichtungen und auf den Innenseiten Deckscheiben aus Metall.

"NSE" ist eine herstellerspezifische Bezeichnung und steht für eine "berührende Dichtung", während die meisten anderen Hersteller für berührende Dichtungen die Bezeichnung RS (=Rubber Shield) bzw. 2RS (beidseitige Rubber Shields) verwenden. Für "LR" und "ZL" konnte ich keine Bedeutung finden. R und Z dürfte für die Dichtung stehen, aber "L" ??

Die äußeren Kugellager (auf dem Foto links) haben sieben Kugeln und Abmessungen von 8 mm (innen) x 19 mm (außen) x 6 mm (Breite).

Rillenkugellager mit diesen Abmessungen sind unter der Bezeichnung 698 erhältlich. Eine andere gängige Bezeichnung Europäischer Hersteller ist 619/8.

Die kurbelseitigen inneren Lager (auf dem Foto rechts) haben neun (kleinere) Kugeln und Abmessungen von 10 mm (innen) x 19 mm (außen) x 7 mm (Breite).

Einreihige Rillenkugellager mit diesen Abmessungen finden sich unter der Bezeichnung 63800.

Im Gegensatz zu heutzutage üblichen Lagern ist die Metalldeckscheibe hier nicht eingepresst, sondern wird von einem Sicherungsring gehalten. Der Pfeil zeigt auf die Enden des Sicherungsringes.

Mit Grease Guard:

10 Suntour XC Pro Pedals Grease Guard.JPG
11 Suntour XC Pro Pedals Grease Guard.JPG

Das äußere Kugellager des XC Pro-GG-Pedals (im Foto ganz oben) hat beidseitig Deckscheiben aus Metall, eingepresst wie sonst auch überall üblich.

Das kurbelseitige innere Kugellager des GG-Pedals (im Foto in der Mitte und unten) verfügt zur Kurbel hin über eine Deckscheibe aus Metall (Mitte) und ist auf der Innenseite offen (unten). Die Deckscheibe wird ebenso wie auf der Innenseite beim Nicht-GG-Modell von einem Sicherungsring gehalten. Metalldeckscheiben verfügen generell über keine echte Dichtungsfunktion. Auf dem Foto kann man durch den Spalt zwischen Scheibe und Innenring sogar den Käfig sehen. Wegen des Spalts funktioniert das GG-System auch. Es lässt sich ohne weiteres Fett hindurchdrücken. Der Zweck von solchen Deckscheiben ist das Vorhalten der werksseitigen Schmierung im Lager und Schutz vor grobem Schmutz.

Auf den Deckscheiben und Dichtungen der kurbelseitigen Lager in Suntour-Pedalen steht die Typenbezeichnung „6800”. Unter dieser Bezeichnung findet man ansonsten allerdings ausschließlich Lager mit den Abmessungen 10 x 19 x 5 mm, also 2 mm schmaler als im Pedal vorhanden.

Warum die Typenbezeichnung auf den Lagern nicht zu den Abmessungen passt, konnte ich nicht herausfinden. Möglicherweise hat sich was an den Bezeichnungen geändert oder in Japan wurden andere Nummern benutzt (glaube ich beides nicht). Zur Klarstellung müsste man Einblick in die Industrienormen JIS B 1513 und DIN 623/DIN 625 aus den 80er Jahren haben. Wenn überhaupt, geht das nur kostenpflichtig, denn einfach so online findet man dazu nichts.

Ich habe jedoch folgende Vermutung: Zum Standard-Kugellager mit 10 mm Innendurchmesser und 19 mm Außendurchmesser gehört eine Breite von 5 mm und die Bezeichnung 6800. Bei den selben Durchmessern wird eine Breite von 7 mm zwar auch von den Normen abgedeckt, allerdings nicht als Standardlager. Womöglich wurde dieses Format beim Hersteller so selten nachgefragt, dass sich die gesonderte Anfertigung von Deckscheiben oder Kunststoffdichtungen mit der Beschriftung „63800” nicht lohnte, wenn doch sowieso vorhandene Scheiben mit der Beschriftung „6800” genauso gut passten.
[Unter 62800 findet man übrigens 10x19x6 mm-Kugellager während 61800 eine alternative Bezeichnung zu 6800 für 10x19x5 mm ist].

Der Autor des Fahrradzukunft-Artikels hat bei der Vorbereitung seines Berichtes das kurbelseitige Lager im Pedalkörper belassen. Er nennt trotzdem die korrekten Maße und bezeichnet es als "am ehesten ein zweireihiges Schrägkugellager, vermutlich der Reihe 3800". Solche Lager haben in der Tat die selben Abmessungen wie 63800 Lager.

Hier links ein 3800 2Z (2Z = beidseitige Metalldeckscheiben) Schrägkugellager des Herstellers NKE, bei dem ich eine Metalldeckscheibe entfernt habe und zum Vergleich rechts die Innenseite eines kurbelseitigen 63800 Z Lagers eines Suntour GG-Pedals:
12 Suntour XC Pro Pedals Grease Guard.JPG

Nicht nur die Kugeln des Schrägkugellagers sind anders angeordnet, auch der Käfig ist ganz anders. Er füllt den Innenraum weitgehend aus und besteht aus glasfaserverstärktem Polyamid, nicht nur bei NKE, auch bei Schäffler / Ina und anderen Herstellern.

Das 3800er Lager habe ich probehalber in ein Pedal eingebaut. Es passt natürlich und das Nachschmieren funktioniert auch wie gewohnt.

Ein solches Lager ist in den Einzeldisziplinen nicht wesentlich überlegen, kann aber größere kombinierte Radial- und Axial-Lasten aufnehmen. Ich halte das zweireihige Schrägkugellager allerdings für übertrieben. Hätte Suntour es seinerzeit für angemessen gehalten, hätten sie es selber gewählt. Betrachtet man die Lagerung von heutigen Plattformpedalen, so wirken die von Suntour gewählten einreihigen Rillenkugellager bereits überdimensioniert. Heute findet man Pedale, die auf der Innenseite Gleit- oder Nadellager (ohne Aufnahme von Axiallasten) und auf der Außenseite nochmals eine bis zwei Nummern kleinere Rillenkugellager haben. Die Hersteller dürften davon ausgehen, dass auch solche Lagerungen den üblicherweise in Pedalen auftretenden Belastungen gewachsen sind. Obwohl, wenn ich so drüber nachdenke, wird da auch die eine oder andere Fehlkonstruktion dabeisein... 😄
Preislich liegen zwischen 63800er und 3800er Kugellagern jedenfalls Welten und die Auswahl von 3800er Lagern ist auch überschaubar, weil bei weitem nicht jeder Markenhersteller sie im Sortiment hat.

Beim Pedal des Autors des Fahrradzukunft-Artikels ist das kurbelseitige Kugellager bereits defekt. Die Deckscheibe und der Sicherungsring haben sich vom Kugellager gelöst und werden vom Autor fälschlicherweise als Bestandteile des Pedals interpretiert und als stählerne Dichtscheibe und Passring bezeichnet.

Sollte einem das selber passiert sein: Wenn die Bauteile noch intakt sind, kann man das Lager leicht wieder zusammensetzen. Sorgfältige Reinigung, Pinzette und eine ruhige Hand helfen ungemein.

In dem genannten Artikel wird außerdem beschrieben, dass es in Bezug auf die Lagerung "mindestens zwei Ausführungen" gäbe. Eine Ausführung des XC Pro-Pedals verfüge über ein Konuslager im Inneren. Die andere (seine) Version stütze sich auf das spezielle zweireihige Schrägkugellager ab.

Ich habe alle drei Modelle des XC Pro-Pedals (also PL-XC00, PL-XC01 und PL-XC02) genauso wie die engen Verwandten (Superbe Pro älter und jünger, XC Compe) in ihre Einzelteile zerlegt und mir die verbauten Lager genau angesehen. Daher kann ich mit Bestimmtheit sagen, dass es beide im Artikel genannten Ausführungen nicht gibt.

Ein Feature von Norm-Kugellagern mit Metalldeckscheiben oder Kunststoffdichtungen ist die Lebensdauerschmierung. Hinweise, man könne rauen Lauf durch Schmierung beseitigen, sind Quatsch. Der raue Lauf resultiert nicht aus fehlendem Fett. Auch trockene Lager laufen nicht rau wenn sie ansonsten in Ordnung sind..

Die Lager sind aufgrund ihrer Bauart nicht für eine Nachschmierung vorgesehen und müssen ausgetauscht werden. Eigentlich jedenfalls. Bei korrosionsfreien, samtig laufenden Lagern, die nicht mit GG nachgeschmiert werden können (z. B. alle äußeren Lager), könnte man allerdings auf die Idee kommen, dass neues Fett nach 30 oder 40 Jahren nicht schaden könne. Wie man eine Kunststoff-Lagerdichtung entfernt, ist in einem der YouTube-Videos zu sehen. Auch eingepresste Metalldeckscheiben kann man mit ein wenig Feingefühl ausbauen, das Lager reinigen und neu fetten und die Scheiben dann wieder einsetzen. Das geht allerdings nicht spurlos an den Scheiben vorbei: Dellen werden bleiben, die die Funktion allerdings nicht beeinträchtigen. Ich habe das ausprobiert, aber ob das sinnvoll ist, kann ich nicht beurteilen.

Welche Lager nehmen?

Die Originallager in den Suntour-Pedalen stammen vom japanischen Hersteller Nachi. Standard-Kugellager der benötigten Größen von Nachi konnte ich online nirgends finden, auch nicht direkt in Japan. Die Lager mit unterschiedlichen Dichtungen auf beiden Seiten sind recht speziell und auch von anderen Herstellern nicht erhältlich. Selbst auf einer Seite offene Kugellager für die GG-Pedale sind nicht zu finden. Diese Varianten scheinen Sonderanfertigungen zu sein. Sonderanfertigungen lediglich in Bezug auf die eingebauten Dichtungen dürften für den Lagerhersteller allerdings sehr leicht umzusetzen sein.

Für den Endverbraucher bleiben nur Standardlager anderer Hersteller als Nachi mit beidseitig gleichen Dichtungen.

Wenn ich die Lager tauschen möchte, würde ich aus Gründen der besseren Abdichtung auch bei GG-Pedalen für die Außenseite Kugellager mit Kunststoffdichtungen (698 2RS) statt Metalldeckscheiben (698 ZZ oder 2Z) wählen. Dies ist auch deshalb sinnvoll, weil diese Lager nicht Bestandteil des GG-Systems sind und eingedrungene Feuchtigkeit im Gegensatz zu den innenseitigen Lagern nicht herausgedrückt werden kann, was zwangsläufig zu Korrosion führt.

Für die kurbelseitige Lagerung beim GG-Pedal habe ich mal ein 2RS-Lager ausprobiert und auf der Pedal-Innenseite die Dichtung entfernt. Zwar kann man nachschmieren, allerdings wird dabei die verbliebene Kugellagerdichtung in Richtung Kurbel herausgedrückt. Also bleibt es bei wie bei Suntour bei einem Lager mit einseitiger Metalldeckscheibe (63800 Z). Weil solche Lager nicht zu finden ist, würde ich eines mit beidseitigen Deckscheiben (63800 ZZ oder 2Z) wählen und eine Deckscheibe entfernen. Das ist fummelig aber geht.

In's Nicht-GG-Pedal gehören innenseitig 63800 2RS Lager mit Kunststoffdichtungen.

Niro-Lager mit RS Dichtungen sind eine Überlegung wert.

Nun könnte man meinen, dass die von mir gerade vorgeschlagenen beidseitigen berührenden Kunststoff-Dichtungen zu viel Reibung ggü. der originalen Suntour-Lösung (eine Seite berührungslose Z-, andere Seite berührende RS-Dichtung) mit sich bringen. Eher nicht. Lager in diesen Größen sind für mehrere Zehntausend U/min ausgelegt. Den Unterschied wird auch die Prinzessin auf der Erbse nicht in Ihrem Fuß merken können. Ich denke, der Unterschied im Pedal wäre nicht mal messbar.

Die üblichen Lager kann man online als No-Name-Artikel im Zehnerpack für weniger als einsfuffzig Euro pro Stück finden. Markenartikel sind meist einzeln verpackt und liegen tlw. im zweistelligen Euro-Bereich.

Langfristig dürften die 10er-Packs solcher Standardlager aus China preislich unschlagbar sein. Selbst bei häufigerem Defekt und Austausch werden Markenlager da wohl nicht herankommen. Trotzdem würde ich selber immer Markenfabrikate wählen.

Die äußeren Kugellager in den Suntour-Pedalen mit einem Innendurchmesser von 8 mm gehören gerade noch zur Kategorie „Miniatur-Kugellager”, während die inneren mit einem Innendurchmesser von 10 mm bereits zu den „normalen” Rillenkugellagern zählen. Bei Miniaturlagern ist NMB (Japan) Weltmarktführer. EZO (ebenfalls aus Japan) genießt einen hervorragenden Ruf und wird häufig als Referenz bezüglich Qualität und Präzision genannt. Angeblich lässt SKF seine Miniaturlager von EZO produzieren, um sie dann unter dem eigenen Label teurer zu verkaufen. Auf der Packung von SKF 698 Lagern steht auf jeden Fall "Made in Japan".

Onlineshops für Kugellager gibt es viele. Auf Ludwigmeister.de findet man die EZO-Lager in den beiden benötigten Größen mit beiden Dichtungsvarianten; von SKF hingegen nur die 698er-Lager, zu einem deutlich höheren Preis. Andere Händler mit einem ähnlich breiten EZO-/SKF-Angebot konnte ich auf die Schnelle nicht finden. Für zwei EZO 698 2RS fallen dort aktuell € 22,72 an (in VA € 36,42), für zwei 63800 2Z € 25,94 (in VA € 61,58), mit Versand also knapp über 50 Euro für ein Paar XC Pro-Pedale.

Vom Fahrradkugellager-Spezialisten Enduro gibt es auch passende Lager, allerdings nur mit RS-Dichtungen (nicht GG-kompatibel), die laut Produktbeschreibung als „LLB“-Dichtungen mit verbesserter Abdichtung ausgeführt sind. Enduro entwickelt seine Produkte in den USA, lässt sie aber vermutlich in China oder Taiwan produzieren, wenn auch wahrscheinlich nach eigenen Qualitätsstandards. Das erklärt die Preise von 6 oder 8 Euro pro Stück.

Ein weiterer in Erwägung zu ziehender Anbieter wäre m.E. die deutsche Marke "Zen", der nach eigenem Bekunden in eigenen Werken in China nach eigenen Standards fertigt. Von Zen gibt es alle Variationen der oben genannten Lager, zu Preisen, die nochmal deutlich unter denen von Enduro liegen.

Montage:

In den YouTube-Videos wird gezeigt, wie man die Lager mit Hausmitteln wieder einbauen kann. Dass die Lager beim Einsetzen nur an zwei Punkten aufliegen, führt dazu, dass man sie leicht verkantet. Die Lager nur mit Hausmitteln einzusetzen ist eine Herausforderung.

Zuerst wird das kurbelseitige Lager eingesetzt.

In der auch unten angefügten Anleitung für einen Austreiber von SunTour USA steht beschrieben, dass die Lager mit Handkraft alleine wieder in den Pedalkörper einzusetzen seien. Mit ein wenig Wohlwollen stimmt die Aussage. Bei gebrauchten Pedalen muss man dafür die Lagersitze im Pedal sehr sauber bekommen. Feucht auswischen reicht nicht unbedingt. Mit Polierpaste ging es bei mir. Das dauert natürlich und ein nicht abgebauter Käfig stört dabei. Sollte man gebrauchte Lager einbauen wollen, z.B. aus einem anderen Pedal, gilt dasselbe für die Außenseiten und Bohrungen dieser Lager. Ohne diese Vorarbeiten kann man die Lager auch einsetzen, nur die Handkraft alleine reicht dafür eben nicht. Das sieht man auch in den Youtube-Videos.

Die Lagersitze auf der Pedalachse würde ich immer mit Polierpaste reinigen (auch weil es einfach ist), nicht auf Hochglanz polieren, sondern nur so dass sämtliche Ablagerungen (Rost z.B.) entfernt sind.

Das Ausrichten beim Wiedereinsetzen der Lager fällt mit einem passenden Austreiber leichter, auf dem sich das Lager mit wenig Spiel platzieren lässt. Mit den Fingern allein ist das schwierig. Mit dem Austreiber kann man auch mehr Kraft aufbringen, ggf. leicht klopfen, was schon ausreichend sein kann.

Wenn ein Pedal nach dem Einbau neuer Lager keinen samtweichen Lauf hat, stehen die Lager unter Spannung. Vielleicht sitzen die Lager nicht tief genug im Körper oder es fehlt an Passscheiben unter der Fixierschraube. In beiden Fällen werden die Lager schnell wieder verschleißen.

Nach dem Zusammenbau würde ich bei GG-Pedalen etwas Fett in den Spalt zwischen Deckel und Pedalkörper schmieren, damit zumindest vorübergehend Wasser nicht ohne weiteres eindringen kann.

Spezialwerkzeug:

Nur wenn man bei bei GG-Pedalen auch an das innenliegende Kugellager heran will, wird man vermutlich nicht umhinkommen, sich eines der oberen drei Hilfsmittel zu besorgen:
13 Suntour XC Pro Pedals Grease Guard.JPG
Oben ist ein Sackloch-Lagerabzieher (No-Name-Produkt aus China), darunter links ein "Expanding (Blind) Bearing Puller" des Herstellers BearingProTools, rechts der BBT-105 "ABI Enduro Cartridge Bearing Puller" des Lagerherstellers Enduro. Ein identisches Werkzeug hatte Suntour früher auch (TA-340).

Nur das obere Werkzeug ist im Wortsinne ein Abzieher und funktioniert mit einem Gleithammer, der dort eingeschraubt wird. Die beiden darunter werden in der Bohrung des Lagers befestigt. Von der anderen Seite wird dann ein Austreiber angesetzt, der sich auf dem Werkzeug abstützt. Der Austreiber kann so gleichen oder kleineren Durchmessers als die Lagerbohrung sein, hier z.B. ein 10 mm Messingstab. Man sollte aufpassen, dass der Austreiber nicht auf dem inneren Dichtring aufliegt, der würde Schaden nehmen.

Den Abzieher ganz oben aus China würde ich nur wählen, wenn ich auch für mehrere Kugellager anderer Größen einen solchen bräuchte. Man bekommt ihn nämlich nur in einem Koffer zusammen mit mehreren Abziehern für Kugellager anderer Größen (meinen Koffer gebe ich für 30 Euro inkl. Versand gerne wieder ab).

In Verkaufsangeboten ist das Enduro-Werkzeug (rechts) für Kugellager mit einem Innendurchmesser von 8 bis 25 mm angegeben. Dies stimmt jedoch nicht mit den tatsächlichen Eigenschaften des Werkzeugs überein. Der Durchmesser des Teils, das durch das Kugellager geführt wird, beträgt ca. 10,5 mm. Sicher kann man rundum drei Zehntel wegfeilen, um es passend zu machen. Dann hätte man ein Tool, das nicht nur für das Pedallager, sondern auch z. B. für das Grease-Guard-Nabenlager mit 12 mm Innendurchmesser geeignet ist (genau dafür wurde es seinerzeit von Suntour angeboten). Ob es auch für andere Lager mit deutlich größeren Innendurchmessern geeignet wäre, lasse ich mal dahingestellt. Teilweise bekommt das Werkzeug im Netz für solche Anwendungen vernichtende Kritiken. Im Lieferzustand ist es leider nicht für die kurbelseitigen Kugellager der Suntour-XC-Pro-Pedale geeignet.

Dafür ist das Helferlein von BearingProTools (links) umso besser. Dieses Werkzeug gibt es in dutzenden Größen, für jede Innendurchmesser/Lagerbreite-Kombination eine Variante. Eine spezifische Variante für das 63800 Lager gibt es auch. Das ist auch der einzige Haken: bei den verschiedenen Lagergrößen am Rad benötigt man mehrere von den Dingern.

Sollte ein regelmäßig geschmiertes GG-Pedal rau laufen, würde ich zunächst davon ausgehen, dass nur das äußere Lager die Ursache ist. Dann könnte man zunächst die Finger vom kurbelseitigen Lager lassen und sich erstmal das Zusatzwerkzeug ersparen, bei Nicht-GG-Pedalen sowieso.

Da ich mehrere Suntour-Pedale mit Rillenkugellagern besitze, habe ich mir außerdem Austreiber und Einpressbuchsen drehen lassen.

Das war bevor ich im Netz das bereits genannte "Suntour Superbe Pedal Overhaul Tool" gefunden habe. SunTour USA hat in der Vor-GG-Zeit ein spezielles Werkzeug für den Lagertausch an Suntour Pedalen vertrieben. Dabei handelt es sich um einen mehrstufigen Austreiber für a) die Achse, b) das äußere Kugellager und c) das kurbelseitige Lager. Für das Austreiben des kurbelseitigen Lagers bei GG-Pedalen ist das Werkzeug nicht geeignet (siehe oben), für das Wiedereinsetzen jedoch schon und bei allen anderen Pedalmodellen ohnehin. Ich halte so einen Austreiber für ziemlich sinnvoll, bei allen Pedalen.

Es handelt sich um ein einfaches Drehteil. Das sollte jeder, der eine Drehmaschine bedienen kann, nachbauen können. Ein 12 mm oder 13 mm Messing- oder VA-Rundstab bietet sich als Ausgangsmaterial an.

Die Maße habe ich anhand des Fotos ermittelt. Sie dürften dem Original recht nahe kommen. Evtl. hat das Original auch zöllige Maße (weil Made in USA), Durchmesser 1/2", Längen 3 5/8" und 1 7/8", die Abweichungen lägen im Zehntel-mm-Bereich. Entscheidend sind die Durchmesser in der Mitte. Bei den Längen kommt es nicht auf jeden mm an, der Wert für den mittleren Abschnitt ist jedoch ein Mindestwert. Für mich würde ich das Werkzeug länger haben wollen, Werte in Klammern. Alle Maße sind nur ein Vorschlag und sowieso ohne Gewähr.

In der PDF mit der Anleitung habe ich die Skizze für ein solches Werkzeug auch eingefügt, etwas größer.

Das Werkzeug und die Anleitung werden aus der ersten Hälfte der 80er stammen. In der Anleitung wird beschrieben, dass die Lager mit Loctite verklebt werden. Reste von Kleber an Lagern habe ich nur bei älteren Superbe Pro-Pedalen festgestellt. Diese Lager waren teilweise wirklich sehr schwer zu lösen. Die jüngeren Baujahre, also auch alle XC Pro-Pedale, kommen ohne Loctite aus.

Zusammenfassung:
  • der mehrstufige Austreiber wäre äußerst hilfreich, bei allen Pedalen
  • ein Hilfswerkzeug ist für das Austreiben des inneren Lagers bei GG-Pedalen meist erforderlich
  • ein 10 x 150 mm Messingrundstab hierzu wäre ein Nice-To-Have, das sollte der Dreher auch so für kleines Geld liegen haben
  • auch lediglich Nice-To-Have: Lager-Einpresshülsen, unten auf dem Foto
  • nicht speziell aber hilfreich: eine ca. 30 mm lange Zylinderkopfschraube mit M5 x 0,5 Feingewinde, die man zwecks Austreiben in's Achsenende schraubt. Der SunTour USA-Austreiber ist dafür etwas unhandlich, könnte sich evtl. bei viel Krafteinsatz auch aufweiten, was ihn unbrauchbar machte
Grease Guns:

14 Suntour XC Pro Pedals Grease Guard.jpg
Wenn man noch keine Fettpresse hat, bieten sich Modelle mit langer Dosierspitze an, Motorex Grease Gun oder Birzman BM14-LGG-S. Andere Modelle mit langer Spitze kann man (glaube ich) in D nicht bekommen.

Wer richtig stilecht unterwegs sein möchte, kann versuchen, sich eine originale Suntour Grease Gun zu besorgen: OT-GG10 (1990 und '91, die ist vom selben Hersteller und auch nach 35 Jahren noch baugleich zur Motorex Grease Gun) bzw. OT-GG11 (ab 1992, mit "Suntour" Namenszug eingestanzt, ansonsten ähnlich Birzman). Viel Glück dabei. Die Suntour Fettpressen sind aus vergütetem Unobtainium. Anfang der 90er gab es sogar Original Suntour-Fett in Tuben (OT-GG01).

Hat man schon eine Fettpresse mit kurzer Spitze (z.B. Hazet), kann man die auch nehmen, wenn man eine Dichtung um die Spitze bastelt. Der Kanal in der Pedalachse ist danach natürlich voll. Mit einer M5-Schraube kann man nachschieben.

Die lange Dosierspitze kann man auch auf Hazet-Fettpressen schrauben. Die Spitze einzeln nachzukaufen, habe ich mal versucht – erfolglos. Es gibt nur einen Hersteller, DUALCO aus Houston, Texas.

Entwicklungsgeschichte der Suntour Pedale mit Rillenkugellagern:

Das XC Pro-Pedal gehört zur recht kleinen Familie der Suntour-Pedale mit Rillenkugellagern: Superbe Pro (Straße und Bahn), BMX, XC Compe, XC Pro. Mehr nicht.

In Suntour Veröffentlichungen von Januar 1979 und April 1979 finden sich Fotos von offensichtlichen Prototypen der BMX- und Bahnpedale. Die endgültige Form ist im Katalog von Oktober 1979 für das Modelljahr 1980 zu sehen, und zwar für die Kategorien Straße, Bahn und BMX. Preislich lagen die Pedale 1980 auf Höhe von Campagnolo Record Superleggero Pedalen, waren aber deutlich leichter.

Im Gegensatz zu den Pedalen mit Konuslagern (z. B. XC II und Superbe ohne "Pro" 1976-1984), die von MKS produziert wurden, hat Maeda Industries/Suntour diese Pedale selbst hergestellt. Die eigene Herstellung bei Maeda/Suntour erklärt möglicherweise auch die große Überschneidung der Bauteile bei den verschiedenen Pedalmodellen.

Die Straßen- und Bahnpedale der 80er tragen auf den Käfigen zwar den Aufdruck "Superbe" ohne "Pro", sind aber immer die "Superbe Pro"-Modelle. Das richtige "Superbe"-Pedal hat "Superbe Custom" in den Käfig eingestanzt. Es ist als (schicker) Klon des Campagnolo Pedals auch ganz anders aufgebaut. Superbe- und Superbe Pro-Pedale gab es parallel 1980 bis 1984.

Zur Familie gehören auch das Suntour BMX-Pedal (MP-1000, 1979 bis 1985) und der Nachfolger, das XC Compe-Pedal (PL-5700, 1986 bis 1988, keine Gruppenzugehörigkeit), "Compe" unbedingt mit „e” am Ende. Es ist baugleich mit dem MP-1000, hat aber eine verchromte Achse. Das MP-1000 / PL-5700 hat gleiche Ober- und Unterseiten, ist insofern beidseitig nutzbar und der Käfig ist mit acht statt sieben Schrauben befestigt. Käfig und Pedalkörper sind nicht mit den anderen Pedalen austauschbar.

Das MP-1000 hat im Laufe seiner Existenz eine Verschiebung seines Zweckes erfahren. Bis 1984 wurde es als BMX-Pedal geführt, 1985 gab es keine BMX Komponenten mehr, außer dem Pedal, dass dann unter der XC-Gruppe geführt wurde. Das sollte auch dem Nachfolger XC Compe PL-5700 passieren, bis 1989 das XC 9000- bzw. XC Pro-Pedal PL-XP10/PL-XP00 die Nachfolge antrat, übrigens auch die des (konusgelagerten) XC II-Pedals, was die Form des Käfigs erklären würde.

BMX und XC Compe-Pedale sind heute die teuersten Suntour Pedale. NOS Exemplare gehen für mehr als $ 500,-- in den USA auf eBay über den Tisch.

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Eine Werbeanzeige aus 1980. Nur 1980 hatten auch die Superbe Pro-Pedale schwarze Achsen, danach nur noch die BMX-Pedale. Gesehen habe ich das allerdings nur in Katalogen, nicht auf anderen Fotos.

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Aus dem Suntour Superbe Pro-Katalog 62-A für 1985

In den 80ern, also vor XC Pro, gab es einige kleinere Weiterentwicklungen:
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Die Achse hat eine bessere Verchromung bekommen, größere Schlüsselflächen für den Pedalschlüssel und einen Versatz für die Plastikdichtung. Die Fixierschraube hat den gleichen Versatz und die Dichtungen selbst sind auch etwas anders. In dem obigen 1985er Superbe Pro-Prospekt von November 1984 ist die neuere Version auf Seite 2, ebenso wie im Schnittmodell auf Seite 11, abgebildet, hingegen die vorherige Version mit dem großen Foto auf Seite 11. Im 1984er Katalog ist noch ein Schnittmodell mit kleinen Schlüsselflächen zu sehen. Diese Änderungen lassen sich also recht genau auf 1984/85 datieren. Die Käfigschrauben blieben zu dem Zeitpunkt noch unverändert.

Die Änderung der Plastikdichtungen mit Einführung einer Fixierung an der Achse bzw. Schraube ist eine deutliche Verbesserung. Der ältere Hinweis in der SunTour USA-Anleitung, diese Dichtungen mit Sekundenkleber am Pedalkörper zu befestigen, wird nicht von ungefähr kommen. Die Dichtungen sitzen bei der älteren Bauweise nämlich nicht besonders fest, die äußere kann rausfallen, die innere auf der Achse nach innen wandern.
 
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17 Suntour XC Pro Pedals Grease Guard.JPG

Beide Kugellager der älteren Pedale (ca. 1985 und älter) sind in den Pedalkörper eingeklebt und haben beidseitig gleiche Metall-Deckscheiben. Die Deckscheiben des äußeren Lagers (links) sehen zwar etwas anders aus als in den späteren Pedalen (Foto ganz oben) sind aber auch eingepresst. Das kurbelseitige Lager (rechts) hat wie bei bei allen späteren Pedalen auch Sicherungsringe (Enden auf dem Foto auf 12,00 Uhr), die sich mit einer spitzen Pinzette entfernen lassen, aber auch leicht davonfliegen.

Über das Prinzip der per Sicherungsring gehaltenen statt eingepressten Deckscheiben konnte ich nichts finden. Vielleicht ist „Sicherungsring” auch nicht der richtige Begriff. Ebenso wenig ließ sich über den Schriftzug „PNB” finden. Eigentlich müsste das der Herstellername sein. Die KI konnte mir trotz verschiedener Anfragen zu beiden Themen nichts sagen. Vielleicht weiß das hier ja jemand?

Bei Einführung der überarbeiteten Achse sind die Lager zunächst die gleichen wie zuvor geblieben. Das habe ich bei einem Pedal mit neuer Achse und alten Schrauben selbst nachgesehen.

Die spätere Abkehr von Metalldeckscheiben zu Gunsten von Kunststoffdichtungen auf den Außenseiten der Kugellager bei den Straßenpedalen ist in Hinblick auf Dichtigkeit gegen Wasser ein Fortschritt. Wann der Übergang zu Kunststoffdichtungen war, kann ich (noch) nicht sagen. 1986 wäre naheliegend. Die Modellbezeichnung änderte sich von PL-4000 zu PL-SB00 und das XC Compe-Modell wurde neu eingeführt.

Die Käfigschrauben könnten zeitgleich ausgetauscht worden sein. Das XC Compe-Pedal habe ich noch nicht mit den älteren Käfigschrauben gesehen. Den 1986er Katalog gibt es nicht online, insofern ist das noch nicht genau nachzuweisen. Außer den beiden Varianten der Käfigschrauben auf dem Foto gab es noch eine goldfarbene Schraube mit Suntour-Gravur, aber keine weiteren. Da es M4-Senkschrauben mit 0,5 mm Feingewinde nicht zu kaufen gibt, ist davon auszugehen, dass anders als auf dem Foto aussehende Schrauben in gebrauchten Pedalen ein Regelgewinde mit 0,7 mm Steigung haben. Diese Schrauben kann man in die Schraubenlöcher reinwürgen. Das hält wahrscheinlich sogar dauerhaft, aber ich würde weder das selbst machen noch es haben wollen. Warum sich Suntour im Jahr 1979 für die speziellen Schrauben entschieden hat, dürfte wohl im Ingenieursdenken der Verantwortlichen begründet sein. Die Schrauben bewegen sich im Rahmen der ISO-Standards 724 (Regel- und Feingewinde), JIS B 0207 (Feingewinde Japan) und ISO 10642 (Senkkopfschrauben mit Innensechskant). In der Kombination mit M4 braucht solche Schrauben aber anscheinend niemand. Sonst könnte man sie kaufen.

Wann genau der Superbe-Schriftzug auf den Pedalkäfigen zu Gunsten von Superbe Pro aufgegeben wurde, ist schwer zu sagen. Die Bahnpedale haben Datumscodes. Das jüngste mit "Superbe", was ich bislang gesehen habe, ist von 1986, das älteste mit "Superbe Pro" pro von 1988.

In den 1980ern und 1990ern wurden auch Straßenpedale mit Titanachsen von Suntour angeboten, vermutlich nur in Japan.

Die Bahnpedale waren NJS zertifiziert, also für den Keirin-Sport zugelassen, was sonst nur MKS und KKT-Pedale vorzuweisen hatten.



Entwicklungsgeschichte der XC Pro-Pedale

Im November 1986 reichte Wilderness Bicycle Inc. einen Patentantrag für eine „Bicycle Hub Construction and Lubrication Therefor” ein, der im August 1988 bewilligt wurde. Bereits im Januar 1989 schloss Suntour eine Lizenzvereinbarung mit Wilderness Trail Bikes und stattete 1990 zunächst nur die XC-Pro-Naben mit dem „WTB SUNTOUR Grease Guard”-System aus. Pedale, Innenlager und Steuersatz sollten erst im Modelljahr 1991 folgen. Ob diese Komponenten überhaupt vom Patent abgedeckt sind, ist fraglich. Die Patentbeschreibungen sind sehr naben-spezifisch. Man könnte vermuten, dass die Verwendung des Namens „WTB” bei den anderen Komponenten aus Marketinggründen erfolgte.

Das XC 9000- bzw. XC Pro-Pedal ohne GG von 1989 bzw. 1990 ist so gut wie baugleich mit dem Superbe Pro-Straßenpedal. Die Teile sind untereinander austauschbar, ebenso mit dem Superbe Pro-Bahnpedal (PL-2000).

Das XC Pro-GG-Modell ab 1991 ist nur geringfügig modifiziert. Der Pedalkörper ist aber wegen des innenliegenden Dichtringes und der Nut für den Deckel nicht mehr austauschbar mit den Straßen- und Vorgängermodellen. Die Achse könnte man austauschen, verlöre aber mangels Bohrung die Grease Guard-Funktion.

Die Käfige zwischen Superbe Pro und allen XC Pro Pedalen sind austauschbar. Auch Straßenpedale mit Grease Guard sind also machbar. Dafür muss man den XC Pro-Pedalkörper nehmen, weil der innenliegende GG-Dichtring nicht in das normale Straßenpedal passt. Man darf sich nicht an den beiden Pins an der Unterseite des Pedals stören.

1995, als Suntour vom Markt verschwand, brachte WTB mit der Momentum Gruppe selbst Vorderradnaben, Steuersätze, Innenlager und Pedale mit einem Grease Guard-System heraus., "a little more budget orientated" Bei den WTB-Pedalen war das Nachschmieren ganz anders als bei Suntour gelöst, über Einspritzöffnungen an der Oberseite statt im Inneren der Achse.

Modellvielfalt?

Bevor ich mich selber eingehend mit dem Thema befasst habe, dachte ich, dass es viele verschiedene Varianten von den XC Pro-Pedalen gegeben hätte. Äußerungen, die das nahelegen finden sich überall. Wenn man die verschiedenen Käfigfarben mal außer Betracht lässt (drei oder vier beim Straßenpedal zzgl. ein paar anderer Sondereditionen, fünf beim BMX Pedal, drei bei XC Pro) bleiben streng genommen sogar über das ganze Suntour-Programm nur zweieinhalb Bauformen übrig:
  • Straße, Bahn und XC Pro ohne GG
  • XC Pro mit GG, mit den Besonderheiten am Pedalkörper für den Deckel am Ende und dem innenliegenden GG-Dichtring
  • BMX, XC Compe
US-amerikanische Wurzeln

Die Suntour-Pedale basieren in Bezug auf die X-Form des Pedalkörpers, die gegenüber althergebrachten Pedalen verkürzte Achse, die Rillenkugellager, das Konzept der untereinander austauschbaren Käfige und den Innensechskant in der Achse auf dem Vorbild des US-amerikanischen Weyless-Pedals von 1976. Dieses wurde von Bob Reedy im Jahr 1974 in seiner Garage in Livermore, Kalifornien, nebenberuflich entwickelt und gebaut.
Abgesehen von der Verwendung von Rillenkugellagern (die gab es zumindest in Frankreich schon Jahrzehnte zuvor) waren diese Merkmale m.W. bei Pedalen alle neu.
Weyless war nur eine sehr kurzlebige Firma, die vielleicht zwei oder drei Jahre existierte. In dieser Zeit hat sie jedoch ordentlich Marketing betrieben. Robert Paul Reedy hat die Pedale immer selbst gebaut und vor und nach der Weyless-Episode auch selbst vertrieben, ohne Marketing. Mit den Straßen- und Bahnpedalen war vermutlich 1978 oder 1979 Schluss. Eine 1977 eingeführte ansonsten baugleiche Variante mit BMX-Käfig wurde noch etwas weiterentwickelt und dürfte bis ca. 1981 verfügbar gewesen sein, zuletzt als "Futura X" von Demco. Um 1980 galten in BMX-Kreisen Reedy-Pedale als das Nonplusultra und werden heute gebraucht im hohen dreistelligen $-Bereich gehandelt, NOS vierstellig, wenn überhaupt welche zum Verkauf kommen.
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Die Suntour-Pedale sind gegenüber den Reedy-Pedalen weiterentwickelt. Insbesondere ist der Pedalkörper geschmiedet und nicht gefräst. Die Form der Pedale wurde für eine tiefere Kurvenlage optimiert (außer BMX). Die zölligen Schrauben wurden durch metrische ersetzt und es wurden zusätzliche Dichtungen vor die Kugellager platziert. Allerdings haben die Reedy-Pedale Kugellager mit RS-Dichtungen, Suntour nur ZZ Metallscheiben ohne richtige Dichtungsfunktion.


Ansonsten:

Das Schöne an den Suntour-Pedalen ist, dass das wesentliche Merkmal – der „samtweiche” Lauf – ein Feature von Norm-Rillenkugellagern ist und sich somit durch einen schlichten Lagertausch ewig erhalten lässt. Das sündhaft teure Campagnolo-Offroad-Pedal mit Konuslagern dagegen - auf dem Foto oben - hat Lagerverschleiß, unter anderem, weil die Staubkappen verloren gegangen sind. Den Verschleiß könnte ich noch eine Zeit lang durch Nachstellen der Lager kaschieren, aber einen ruhigen Lauf werden sie nie mehr haben, denn Ersatzteile gibt es eher nicht mehr.
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Der Text „Sunset for Suntour” von Frank Berto dürfte vielen von Euch geläufig sein. Vor fünf Jahren habe ich die originale Papierquelle mit vielen Grafiken und Fotos, die in der seit Ewigkeiten im Netz verfügbaren Version fehlen, eingescannt. Den Scan findet man im Nachbarforum. Ergänzt wird der Scan von Ausführungen eines SunTour USA Mitarbeiters, der dort in den 1980er Jahren gearbeitet hat.
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Wenn sich in diesem Beitrag etwas als falsch herausstellen sollte oder etwas zu ergänzen wäre, werde ich das ändern. Über das Spécialités TA-Pedal habe ich auch schon mal einen Forumsbeitrag verfasst, allerdings mehr historisch orientiert. Dort habe ich das ebenso gehandhabt.
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Und: Falls jemand XC Pro Pedale mit oder ohne GG in NOS hat, am Besten im Karton, mindestens jedoch mit Anleitung, und sich von denen trennen könnte, hätte ich Interesse. Nur das dunklere der GG-Pedale habe ich in NOS.

Anlagen:

– der Google-Gemini-Bericht. Zu hoffen bleibt, dass KI-Bots diesen Bericht zukünftig nicht als Grundlage heranziehen. Er enthält einfach zu viele Fehler.
– die Originalanleitung zum Suntour GG-Pedal auf Englisch sowie auf Japanisch.
– die Anleitung zum „Superbe Pedal Overhaul Tool” von SunTour USA, zusätzlich eine Skizze von mir für ein solches Werkzeug.

So, das war's.

Das war eine echte „Labour of Love” (Euphemismus für brotlose Kunst 😃 ), denn mir ist bewusst, dass nach 30 Jahren nur noch wenige Leute mit solchen Pedalen fahren und mit den Informationen hier etwas anfangen können. Ich selbst habe mein erstes Paar 1996 gekauft. Da mich die XC Pro-Pedale immer interessiert haben, hat sich im Laufe der Jahre einiges an Wissen angesammelt. Das habe ich hier zusammengetragen, nachdem ich noch einmal tief in alles eingetaucht bin, was das Netz zu bieten hat, und die Pedale selbst zerlegt habe.
 

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