Weiter gehts: Fahreindrücke – gestern war Midsommer, da fahren wir immer eine ausgedehnte Heiderunde über den längsten Abend und die kürzeste Nacht des Jahres, perfekte Bedingungen für ein 29+: endlose Bandscheiben-Folter-Wurzeltrails, weites Tempogebolze über sandige Wege, kleine kurvige schnelle zugewachsene Trails und epische Heidewege durch wunderschöne Landschaften.
Sitzprobe und einrollen: bei 2m Größe redet man nicht von ob Überstand, sondern über wieviel. Da das Niner eine recht kurzes Steuerrohr hat, habe ich den optischen Frevel von 1cm Spacer begangen, um die Lenkzentrale ein klein wenig höher zu bekommen, ich sitze auf den ROS genauso wie auf dem SIR: kompakt und bequem. Den
Sattel hatte ich erst weit nach vorne geschoben, um das abgewinkelte Sattelrohr auszugleichen, dadurch wurde die Sitzposition zu kompakt, mit mittiger Einstellung passt es. XX1 und Fehlen von Federelementen macht das Fahren komplett leise, kein Kettengeschepper, kein Federgequietsche, selbst die
Reifen rollen ziemlich leise ab. Auch wenn Gewicht hier inzwischen ein sensibles Thema ist: beim Beschleunigen merkt man doch die schweren Laufräder, einmal auf Tempo gebracht, rollt das Rad gut und lässt sich top auf Tempo halten - hier merkt man die Erfahrung von Niner bei Geometrie: stimmig. Bei den ersten schnellen Kurven auf Sand dann die erste Offenbarung: der vom normalen ROS übernommene flache Lenkwinkel und die breiten
Reifen lassen unglaublich Kurvengeschwindigkeiten zu, das Rad geht ganz leicht über beide Räder gleichmäßig nach außen, nichts muss korrigiert werden – Sahne! (Hier merkt man den großen Unterschied zum SIR: der steile Lenkwinkel macht das Rad in schnellen Kurven eher nervös und ein wenig staksig, der Körper muss mehr korrigieren)
Dann Wurzelabfahrten: bei uns in der Gruppe immer mit der Ansage: »Fullis vor!« ist zwar noch nötig, aber das Tempo herab ist schon beachtlich, vor allem die Spurtreue. Wo mein SIR irgendwann mit ächzender Gabel anfing zu springen und die Spur zu verreißen, fängt das ROS zwar an leicht zu springen, es hält aber auch bei gröberen Wurzeln die angepeilte Spur. Klar, die Grenze setzt die fehlende Federgabel, aber das Limit beim ROS ist schon ziemlich hoch. Ich denke, das macht die stabile Gabel, der flache Lenkwinkel und die breiten
Reifen, wobei ich hier wegen der schmalen
Felgen noch keine richtige Aussage machen kann.
Der Hinterbau dämpft das, was bei breiten
Reifen möglich ist, verhält sich an sonst neutral. Ich habe beim EEB das lager weit nach hinten unten gestellt, um einen steileren Sitzwinkel und einen kürzeren Hinterbau zu simulieren, was ich merke, ist das tiefere Tretlager (ab und an Pedal-Stein-Kontakt)
Nach hinten raus bei der gestrigen Tour, als es dunkel wurde und ich müde, habe ich dem Rad bei wenig Licht un uneinnehmbaren Trails vertrauen können, es blieb sehr ruhig auf den Trails und rollte die gewünschte Spur, wo ich bei anderen Haarteile immer schon Tempo rausnehmen musste und um moderatere Fahrweise bat. Und nach 75 km ein weiterer Vorteil: keine Rückenschmerzen. Hatte ich bei der Runde und Hardtaileinsatz bisher immer (egal ob Alu 29er, Carbon29er oder StahlSSP), allerdings muss ich eingestehen: die Arme müssen schon ordentlich mitfedern, der Schulterbereich war zum Ende hin doch sehr verspannt.
Soviel zum ersten Eindruck, noch mal kurz zusammengefasst: Trailrakete mit sahnigen Fahreigenschaften. Aber eins ist klar, und das habe ich bei einem Sprung über ein mieses Wurzelfeld gemerkt: Das Rad ist kein Fully und fängt irgendwann an zu springen wie ein ungestümes Pony - ist zwar wieder zu fangen, zeigt aber die Grenzen des Konzepts auf.