Würde §15 Absatz 5, Satz 6 eigentlich dazu führen, dass geführte Touren eines kommerziellen Anbieters fortan einer Genehmigung bedürfen?
Das was schon immer so und hat sich somit auch nicht geändert
Nach § 14 Abs. 1 Bundeswaldgesetz und auch nach den Forst- und Waldgesetzen der einzelnen Bundesländer ist das Betreten des Waldes nur zum Zwecke der
Erholung gestattet. Nach der Rechtsprechung rückt allerdings bei Anbietern von kommerziellen Touren der Erholungszweck in den Hintergrund und steht im Vordergrund das Interesse an der Erzielung von Einkünften.
Für Anbieter von kommerziellen Touren bedeutet das, dass sie grundsätzlich die Zustimmung der betroffenen Waldbesitzer benötigen, die diese nach eigenem Ermessen dann auch von der Zahlung eines Entgelts abhängig machen können. Dass das unbefriedigend ist und erhebliche praktische Problem mit sich bringt, ist unbestritten, zumal nur meisten Anbieter von kommerziellen dies nur nebenberuflich machen und davon auch nicht leben könnten.
Bei der Abfassung unserer Stellungnahme zum ersten Gesetzesentwurf hatten wir uns dieses Problems angenommen. U. a. hatten wir folgende Formulierung gefordert:
"
Teilnehmern einer organisierten Veranstaltung steht das Betretungsrecht nur zu, wenn nach Art und Umfang der Veranstaltung und nach den örtlichen Gegebenheiten eine Beeinträchtigung der betroffenen Grundstücke nicht zu erwarten ist."
In der Begründung hatten wir dazu ausgeführt:
"
Die Regelung entspricht Art. 27 BayNatSchG. Damit würde eine in der Praxis schon bewährte Regelung übernommen, die nach der Kommentierung wie folgt zu verstehen ist:
Eine organisierte Veranstaltung liegt dann vor, wenn ein gemeinsames Erholungsvorhaben in der freien Natur für eine Mehrheit von Personen
geplant wird, die über den Freundes- und Bekanntenkreis hinausgeht. Nicht unter die organisierte Veranstaltung fallen Familienausflüge und die spontane Bildung von Wandergruppen. (Engelhardt,
Naturschutzrecht in Bayern, Art. 27 Rdnr. 1)
Falls eine organisierte Veranstaltung vorliegt, ist das Betretungsrecht nicht ausgeschlossen. Vielmehr bleibt die Veranstaltung zulässig, wenn eine Beeinträchtigung der betroffenen Grundstücke nach Art und Umfang der Veranstaltung und nach den örtlichen Gegebenheiten nicht zu erwarten ist. Im Regelfalls besteht das Betretungsrecht daher bei naturkundlichen Führungstouren oder Betriebswanderungen in kleineren Gruppen. Lehrausritte können gleichfalls zulässig sein
.. Nicht gedeckt sind dagegen solche organsierten Veranstaltungen, die mit Wahrscheinlichkeit Beeinträchtigungen erwarten lassen. Dies trifft vor allem dann zu, wenn
mit ehrheblichem Zulauf von nichtbeteiligten Schaulustigen zu rechnen ist.
Solche Veranstaltungen können durchgeführt werden, wenn nur öffentliche Wege benutzt werden oder die betroffenen Grundstückeigentümer zustimmen. (Engelhardt, a.a.O., Rdnr. 2)"
"Der Gesichtspunkt erwerbswirtschaftliche Zielsetzung wird auch in der Rechtsprechung in Abgrenzung vom Betretensrecht zum Zweck der Erholung angesprochen. Für Veranstaltungen von Vereinen, die gemeinnützige Zwecke verfolgen, kann dieses Merkmal jedoch zu Problemen führen. Insbesondere Vereine, die Lauftrainings, Nordic Walking Kurse, Wandertouren, Radtouren etc. anbieten und dafür über ihre Mitgliedsbeiträge hinaus Gebühren erheben, hätten hier ein Problem. Schließlich sollte auch das Thema Umweltbildung insofern privilegiert werden, dass man dies bei geringer Teilnehmerzahl aus der erwerbswirtschaftlichen Zielsetzung herausnimmt. Insgesamt stellt sich auch die Frage, wie man mit geführten Touren in Urlaubsregionen oder auf ausgeschilderten Radfernwegen und Radwanderwegen umgeht. Der Fahrradtourismus stellt einen wesentlichen Wirtschaftsfaktor dar. Er trägt mit jährlich 400 Mio Euro zur touristischen Wertschöpfung in Hessen bei. Die Radfernwege und die Radwanderwege werden von der Hessenagentur beworben. Das Land Hessen setzt jährlich mehrere Mio. Euro für die Verbesserung der Wegenetze ein. Die Durchführung von organisierten Touren auf den Radfernwegen / Radwanderwegen ist politisch gewollt. Die Erhöhung des Fahrradtourismus ist ein erklärtes Ziel des Landes. Einschränkungen würden den Fahrradtourismus in Hessen gegenüber anderen Bundesländern behindern und einschränken. Das Merkmal erwerbswirtschaftliche Zielsetzung sollte daher ggf. ganz entfallen."
Wenn man sich jetzt die Begründung zum neuen Gesetzesentwurf anschaut, so kann man feststellen, dass sehr viele der von uns angesprochenen Aspekte darin behandelt werden. Allerdings konnten wir uns nicht mit allen Punkten durchsetzen.
Mit unserer Formulierung, die jetzt so nicht zum Tragen gekommen ist, wollten wir insbesondere dem Umstand Rechnung tragen, dass bei kleineren Gruppen kein wesentlicher Unterschied zwischen geführten Touren von Vereinen und geführten Touren von kommerziellen Anbietern besteht; jedenfalls dann nicht, wenn man auf das Störpotential abstellt.
Allerdings muss man sich auch vor Augen halten, dass das Betretungsrecht der Allgemeinheit mit einer Duldungspflicht der Waldbesitzer verbunden ist. Die Duldungspflicht der Waldbesitzer ist Ausfluss der Sozialbindung des Eigentums ("Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.") und schränkt das verfassungsrechtlich garantiertes Eigentumsrecht (Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt) ein. Aber jede Einschränkung eines Rechts muss auch Grenzen haben, die durch eine Interessensabwägung zu ermitteln sind. Dass man darüber diskutieren kann, wo diese Grenzen zu ziehen sind, liegt auf der Hand.
Wenn man mit der Rechtsprechung bei kommerziellen Touren das Erwerbsinteresse des Tourenanbieters in den Vordergrund rückt, was legitim ist, dann fällt es schwer, hier eine Duldungspflicht der Waldbesitzer zu fordern bzw. sich damit durchzusetzen, denn ein solches Erwerbsinteresse dient halt nicht primär dem Wohl der Allgemeinheit. Insofern besteht dann auch ein grundlegender Unterschied zwischen Touren eines Vereins (gemeinnützig und dem Wohl der Allgemeinheit verpflichtet) und den Touren eines kommerziellen Anbieters (eigennützig auf Erwerbsinteresse ausgerichtet) und während die Vereinstour vom Waldbesitzer zu dulden ist, kann er bei der kommerziellen Tour nach eigenem Ermessen seine Zustimmung von der Zahlung eines Entgelts abhängig machen oder diese auch verweigern.
Dass dieser Befund bei kommerziellen Touranbietern nicht gerade auf Begeisterung stößt, kann ich nachvollziehen, aber nicht ändern. Was geht, zeigt die Gesetzesbegründung allerdings auch auf, wenn man sich die Mühe des gründlichen Lesens der Passagen, auf die ich schon hingewiesen habe (Seiten 36 und 37 der Gesetzesbegründung!!!!) macht